EuGH Urteil v. - C-194/08

Schwangere Arbeitnehmerin, die während ihrer Schwangerschaft beurlaubt ist - Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub - Anspruch auf Zahlung einer Journaldienstzulage

Leitsatz

1. Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) entfaltet unmittelbare Wirkung und begründet für den Einzelnen Rechte, die dieser gegenüber dem Mitgliedstaat, der diese Richtlinie nicht oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat, geltend machen kann und zu deren Schutz die nationalen Gerichte verpflichtet sind.

2. Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die den Anspruch einer aufgrund der Schwangerschaft vorübergehend beurlaubten Arbeitnehmerin auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn ihrer Schwangerschaft unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

3. Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die den Anspruch einer Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn dieses Urlaubs unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

Instanzenzug: Verwaltungsgerichtshof (Österreich), Entscheidung vom

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 348, S. 1).

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Gassmayr und der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung (im Folgenden: Bundesministerin) wegen deren Weigerung, Frau Gassmayr während der Dauer des für diese geltenden schwanger- und dann mutterschaftsbedingten Urlaubs bzw. Beschäftigungsverbots weiter Journaldienstzulage zu zahlen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Die Erwägungsgründe 9, 16 und 18 der Richtlinie 92/85 lauten:

"Der Schutz der Sicherheit und der Gesundheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen darf Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht benachteiligen; er darf ferner nicht die Richtlinien zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen beeinträchtigen.

...

Die arbeitsorganisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der schwangeren Arbeitnehmerinnen, der Wöchnerinnen oder der stillenden Arbeitnehmerinnen hätten keine praktische Wirksamkeit, wenn nicht gleichzeitig die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte, einschließlich der Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder des Anspruchs auf eine angemessene Sozialleistung, gewährleistet wären.

...

Der Begriff der angemessenen Sozialleistung beim Mutterschaftsurlaub ist als ein technischer Bezugspunkt zur Festlegung des Mindestschutzstandards anzusehen; er darf keinesfalls als eine Gleichstellung von Schwangerschaft und Krankheit ausgelegt werden."

Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

"Im Sinne dieser Richtlinie gilt als

a) 'schwangere Arbeitnehmerin' jede schwangere Arbeitnehmerin, die den Arbeitgeber gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten von ihrer Schwangerschaft unterrichtet;

b) 'Wöchnerin' jede Arbeitnehmerin kurz nach einer Entbindung im Sinne der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten, die den Arbeitgeber gemäß diesen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten von ihrer Entbindung unterrichtet;

c) 'stillende Arbeitnehmerin' jede stillende Arbeitnehmerin im Sinne der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten, die den Arbeitgeber gemäß diesen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten darüber unterrichtet, dass sie stillt."

Art. 4 ("Beurteilung und Unterrichtung") dieser Richtlinie sieht in seinem Abs. 1 vor:

"Für jede Tätigkeit, bei der ein besonderes Risiko einer Exposition gegenüber den in der nicht erschöpfenden Liste in Anhang I genannten Agenzien, Verfahren und Arbeitsbedingungen besteht, sind in dem betreffenden Unternehmen und/oder Betrieb vom Arbeitgeber selbst oder durch die in Artikel 7 der Richtlinie 89/391/EWG [des Rates vom über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit] [ABl. L 183, S. 1] genannten Dienste für die Gefahrenverhütung Art, Ausmaß und Dauer der Exposition der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 zu beurteilen, damit

- alle Risiken für Sicherheit und Gesundheit sowie alle Auswirkungen auf Schwangerschaft oder Stillzeit der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 abgeschätzt und

- die zu ergreifenden Maßnahmen bestimmt werden können."

Art. 5 ("Konsequenzen aus der Beurteilung") der Richtlinie 92/85 bestimmt in seinen Abs. 1 bis 3:

"(1) Ergibt die Beurteilung nach Artikel 4 Absatz 1 das Vorhandensein einer Gefährdung für Sicherheit oder Gesundheit sowie eine mögliche Auswirkung auf Schwangerschaft oder Stillzeit einer Arbeitnehmerin im Sinne des Artikels 2, so trifft der Arbeitgeber unbeschadet des Artikels 6 der Richtlinie 89/391/EWG die erforderlichen Maßnahmen, um durch eine einstweilige Umgestaltung der Arbeitsbedingungen und/oder der Arbeitszeiten der betreffenden Arbeitnehmerin auszuschließen, dass die Arbeitnehmerin dieser Gefährdung ausgesetzt ist.

(2) Ist die Umgestaltung der Arbeitsbedingungen und/oder der Arbeitszeiten technisch und/oder sachlich nicht möglich oder aus gebührend nachgewiesenen Gründen nicht zumutbar, so trifft der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen für einen Arbeitsplatzwechsel der betreffenden Arbeitnehmerin.

(3) Ist der Arbeitsplatzwechsel technisch und/oder sachlich nicht möglich oder aus gebührend nachgewiesenen Gründen nicht zumutbar, so wird die betreffende Arbeitnehmerin während des gesamten zum Schutz ihrer Sicherheit und Gesundheit erforderlichen Zeitraums entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten beurlaubt."

Art. 8 ("Mutterschaftsurlaub") dieser Richtlinie sieht in seinem Abs. 1 vor:

"Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass den Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 ein Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen ohne Unterbrechung gewährt wird, die sich entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten auf die Zeit vor und/oder nach der Entbindung aufteilen."

Art. 11 ("Mit dem Arbeitsvertrag verbundene Rechte") lautet:

"Um den Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 die Ausübung der in diesem Artikel anerkannten Rechte in Bezug auf ihre Sicherheit und ihren Gesundheitsschutz zu gewährleisten, wird Folgendes vorgesehen:

1. In den in den Artikeln 5, 6 und 7 genannten Fällen müssen die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2, einschließlich der Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder des Anspruchs auf eine angemessene Sozialleistung, entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten gewährleistet sein.

2. In dem in Artikel 8 genannten Fall müssen gewährleistet sein:

a) die mit dem Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 verbundenen anderen Rechte als die unter dem nachstehenden Buchstaben b) genannten;

b) die Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder der Anspruch auf eine angemessene Sozialleistung für die Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2.

3. Die Sozialleistung nach Nummer 2 Buchstabe b) gilt als angemessen, wenn sie mindestens den Bezügen entspricht, die die betreffende Arbeitnehmerin im Falle einer Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen erhalten würde, wobei es gegebenenfalls eine von den einzelstaatlichen Gesetzgebern festgelegte Obergrenze gibt.

4. Es steht den Mitgliedstaaten frei, den Anspruch auf die Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder die in Nummer 1 und Nummer 2 Buchstabe b) genannte Sozialleistung davon abhängig zu machen, dass die betreffende Arbeitnehmerin die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen für das Entstehen eines Anspruchs auf diese Leistungen erfüllt.

Nach diesen Bedingungen darf keinesfalls vorgesehen sein, dass dem voraussichtlichen Zeitpunkt der Entbindung eine Erwerbstätigkeit von mehr als zwölf Monaten unmittelbar vorangegangen sein muss."

Nationales Recht

Mutterschutzgesetz

Nach § 3 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes 1979 (MSchG) dürfen werdende Mütter in den letzten acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung (Achtwochenfrist) nicht beschäftigt werden.

§ 3 Abs. 3 MSchG sieht vor, dass eine werdende Mutter über die Achtwochenfrist hinaus auch dann nicht beschäftigt werden darf, wenn nach einem von ihr vorgelegten Zeugnis eines Arbeitsinspektionsarztes oder eines Amtsarztes Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet wäre.

§ 5 Abs. 1 MSchG mit der Überschrift "Beschäftigungsverbote nach der Entbindung" lautet:

"Dienstnehmerinnen dürfen bis zum Ablauf von acht Wochen nach ihrer Entbindung nicht beschäftigt werden. ... Ist eine Verkürzung der Achtwochenfrist ... vor der Entbindung eingetreten, so verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung im Ausmaß dieser Verkürzung, höchstens jedoch auf 16 Wochen."

§ 14 MSchG mit der Überschrift "Weiterzahlung des Arbeitsentgelts" lautet in der durch BGBl. Nr. 833/1992 und BGBl. Nr. 434/1995 geänderten Fassung:

"(1) Macht die Anwendung des § 2b, des § 4, des § 4a, des § 5 Abs. 3 und 4 oder des § 6, soweit § 10a Abs. 3 nicht anderes bestimmt, eine Änderung der Beschäftigung im Betrieb erforderlich, so hat die Dienstnehmerin Anspruch auf das Entgelt, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie während der letzten 13 Wochen des Dienstverhältnisses vor dieser Änderung bezogen hat. Fallen in diesen Zeitraum Zeiten, während derer die Dienstnehmerin infolge Erkrankung oder Kurzarbeit nicht das volle Entgelt bezogen hat, so verlängert sich der Zeitraum von dreizehn Wochen um diese Zeiten; diese Zeiten bleiben bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes außer Betracht. ...

(2) Dienstnehmerinnen, die gemäß § 3 Abs. 3 nicht beschäftigt werden dürfen, und Dienstnehmerinnen, für die auf Grund des § 2b, des § 4, des § 4a, des § 5 Abs. 3 und 4 oder des § 6 keine Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb besteht, haben Anspruch auf ein Entgelt, für dessen Berechnung Abs. 1 sinngemäß anzuwenden ist."

Gehaltsgesetz

Nach § 3 Abs. 1 und 2 des auf Bundesbeamte wie die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens anwendbaren Gehaltsgesetzes 1956 (GehG) gebühren Beamten Monatsbezüge, die aus dem Gehalt und allfälligen Zulagen bestehen.

§ 13c GehG mit der Überschrift "Ansprüche bei Dienstverhinderung" lautet:

"(1) Ist der Beamte durch Unfall (ausgenommen Dienstunfall) oder durch Krankheit an der Dienstleistung verhindert, gebührt dem Beamten ab einer Dauer der Dienstverhinderung von 182 Kalendertagen der Monatsbezug in der Höhe von 80 % des Ausmaßes, das dem Beamten ohne diese Dienstverhinderung gebührt hätte. Die Kinderzulage ist von einer solchen Kürzung ausgenommen.

...

(3) Die Kürzung gemäß Abs. 1 vermindert sich um 80 % der Bemessungsbasis gemäß Abs. 4, höchstens jedoch um das Gesamtausmaß der Kürzung gemäß Abs. 1.

(4) Bemessungsbasis im Sinne des Abs. 3 ist die Summe der Zulagen (ohne Sonderzahlung), Vergütungen, Abgeltungen und Nebengebühren (ausgenommen jene gemäß den §§ 19, 20b oder 20c), die der Beamte ohne Dienstverhinderung beziehen würde und die ihm zufolge der Abwesenheit vom Dienst nicht mehr gebühren. Bei nicht pauschalierten Nebengebühren im Sinne des ersten Satzes ist von einem Zwölftel der Summe dieser Nebengebühren auszugehen, die der Beamte für die letzten 12 Monate vor Beginn des ersten Krankenstandes der gemäß Abs. 2 zusammenzuzählenden Krankenstände bezogen hat.

(5) Die Verringerung des Monatsbezuges wird mit dem Tag des Beginns der jeweiligen Dienstverhinderung, frühestens aber mit dem auf den Ablauf der im Abs. 1 angeführten Frist von 182 Kalendertagen folgenden Tag, bis einschließlich zu dem Tag wirksam, der dem Tag des Wiederantritts des Dienstes unmittelbar vorangeht.

...

(8) Während eines Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG (sowohl vor als auch nach der Entbindung) sind die Abs. 1 bis 6 nicht anzuwenden. Ein solches Beschäftigungsverbot beendet alle in den Abs. 1 bis 6 angeführten Fristenläufe."

§ 15 ("Nebengebühren") Abs. 1, 2 und 5 GehG lautet:

"(1) Nebengebühren sind

1. die Überstundenvergütung (§ 16),

...

4. die Journaldienstzulage (§ 17a),

...

Anspruch auf eine Nebengebühr kann immer nur für Zeiträume bestehen, für die auch ein Anspruch auf Gehalt besteht.

(2) Die unter Abs. 1 Z 1, 4 bis 6 und 8 bis 11 angeführten Nebengebühren sowie die im Abs. 1 Z 3 angeführte Sonn- und Feiertagsvergütung können pauschaliert werden, wenn die Dienstleistungen, die einen Anspruch auf eine solche Nebengebühr begründen, dauernd oder so regelmäßig erbracht werden, dass die Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte möglich ist (Einzelpauschale). Die Pauschalierung bedarf in den Fällen des Abs. 1 Z 1, 3 bis 6 und 10 der Zustimmung des Bundeskanzlers. Die Festsetzung einheitlicher Pauschale für im Wesentlichen gleichartige Dienste ist zulässig (Gruppenpauschale). Bei pauschalierten Nebengebühren für zeitliche Mehrleistungen ist zu bestimmen, welcher Teil der Vergütung den Überstundenzuschlag darstellt.

...

(5) Der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren wird durch einen Urlaub, während dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder eine Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalles nicht berührt. Ist der Beamte aus einem anderen Grund länger als einen Monat vom Dienst abwesend, so ruht die pauschalierte Nebengebühr von dem auf den Ablauf dieser Frist folgenden Monatsersten bis zum Letzten des Monates, in dem der Beamte den Dienst wieder antritt."

§ 17a GehG mit der Überschrift "Journaldienstzulage" lautet:

"(1) Dem Beamten, der außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden zu einem Journaldienst herangezogen wird, gebührt für die im Journaldienst enthaltene Bereitschaftszeit und Dienstleistung an Stelle der Vergütungen nach den §§ 16 und 17 eine Journaldienstzulage.

(2) Die Höhe der Journaldienstzulage ist unter Bedachtnahme auf die Dauer des Dienstes und die durchschnittliche Inanspruchnahme während dieses Dienstes festzusetzen; ihre Bemessung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers."

Aus der Akte geht hervor, dass die Republik Österreich in Durchführung von § 17a GehG die Pauschalierungsverordnung für die Journaldienstzulage für die Ärzte an den Universitätskliniken (BGBl. II Nr. 202/2000) erlassen hat, die einen bestimmten Prozentsatz eines standardisierten Gehalts als Vergütung für jede geleistete Stunde Journaldienst vorsieht.

Beamten-Dienstrechtsgesetz

Nach § 50 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 kann ein Beamter aus dienstlichen Gründen verpflichtet werden, sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden in einer Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten und bei Bedarf oder auf Anordnung seine dienstliche Tätigkeit aufzunehmen (Dienststellenbereitschaft, Journaldienst).

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens arbeitete seit als Assistenzärztin an der Universitätsklinik für Anästhesie Graz (im Folgenden: Dienstgeber). Für über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus geleistete Stunden bezog sie eine Journaldienstzulage.

Ab wurde die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens zunächst gemäß § 3 Abs. 3 MSchG (Beschäftigungsverbot wegen Vorlage eines medizinischen Zeugnisses, wonach Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet wäre) und in weiterer Folge nach § 3 Abs. 1 MSchG (Beschäftigungsverbot während der Achtwochenfrist) und schließlich nach § 5 Abs. 1 MSchG (Beschäftigungsverbot bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung) nicht mehr beschäftigt.

In einem an ihren Dienstgeber gerichteten Schreiben vom vertrat sie die Ansicht, dass sie für die Zeit des schwanger- oder mutterschaftsbedingten Verbots, Journaldienst zu leisten, Anspruch auf Auszahlung der durchschnittlich geleisteten Journaldienste habe. Sie ersuchte daher um Anweisung dieser Zulage in entsprechender Höhe.

Mit Bescheid vom wies ihr Dienstgeber diesen Antrag ab. Er vertrat die Auffassung, dass die in den Monaten vor dem Beschäftigungsverbot aufgrund konkreter einzelner Dienstleistungen ausbezahlten Journaldienstabgeltungen nicht der Behalteklausel des § 14 MSchG unterlägen und auch keine pauschalierte Nebengebühr im Sinne des § 15 GehG darstellten. Während der Zeit des Beschäftigungsverbots habe die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens ihren Monatsbezug, nämlich Gehalt und Zulagen gemäß § 3 Abs. 2 GehG, ohne Einschränkung erhalten. Die Leistung von Journaldiensten habe aufgrund des Beschäftigungsverbots nicht mehr erfolgen dürfen, weshalb auch keine Vergütung von Journaldiensten in diesem Zeitraum angefallen sei. Die fraglichen Zulagen gebührten konkret im Ausmaß der tatsächlich geleisteten Dienste und stellten keine pauschalierten Nebengebühren dar. Eine Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte sei in keinem Fall erfolgt.

Die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens erhob gegen den Bescheid der Bundesministerin vom über die Ablehnung der Weiterzahlung der in Rede stehenden Zulage Beschwerde bei dem vorlegenden Gericht, in der sie sich auf den unionsrechtlichen Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen berief.

Vor dem vorlegenden Gericht vertrat die Bundesministerin die Auffassung, dass mit der uneingeschränkten Weiterzahlung der der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens zustehenden Gehaltsstufe eines Universitätsassistenten und der Zulagen gemäß § 3 Abs. 2 GehG für die Dauer ihres Beschäftigungsverbots die Anforderungen von Art. 141 EG und von Art. 1 der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (ABl. L 45, S. 19) erfüllt seien. Zwar sei im Urteil vom , Alabaster (C-147/02, Slg. 2004, I-3101), das Diskriminierungsverbot im Zusammenhang mit allgemeinen Lohnerhöhungen erläutert worden, doch beziehe sich der von der Betroffenen geltend gemachte Anspruch nicht auf ihren regelmäßigen Monatsbezug, also den Referenzlohn, oder eine allgemeine Erhöhung desselben.

Im Gegensatz zu der im Urteil vom , Lewen (C-333/97, Slg. 1999, I-7243), in Frage stehenden Weihnachtsgratifikation betreffe der vorliegende Fall jeweils im Einzelfall nach Maßgabe der tatsächlich erbrachten Leistungen ausbezahlte Journaldienstvergütungen. Mit dieser Nebengebühr solle ausschließlich die durch die konkrete Heranziehung zur Dienstleistung außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden entstehende Mehrbelastung abgegolten werden. Werde man zur Journaldienstleistung nicht herangezogen, entstehe daher, unabhängig von der Erbringung der Dienstleistung im regulären Dienst, kein Abgeltungsanspruch.

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens innerhalb des zunächst nach § 14 Abs. 1 MSchG maßgebenden Zeitraums vor Beginn des für sie geltenden Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 3 MSchG Journaldienste verrichtet hat und hierfür einzelbemessene Journaldienstzulagen nach § 17a GehG bezog.

Da der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung ist, dass die in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen, insbesondere zu Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85, nicht eindeutig beantwortet werden können, hat er beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. a) Kommt Art. 11 Nrn. 1, 2 und 3 der Richtlinie 92/85 unmittelbare Wirkung zu?

b) Sind - für den Fall ihrer unmittelbaren Wirkung - die genannten Bestimmungen dahin gehend auszulegen, dass während der Zeiten eines Beschäftigungsverbots für werdende Mütter und/oder des Mutterschaftsurlaubs ein Anspruch auf Fortzahlung einer Zulage für Journaldienste zusteht?

c) Gilt dies jedenfalls dann, wenn der Mitgliedstaat eine Systementscheidung zur Fortzahlung "eines Arbeitsentgelts" dahin gehend trifft, dass von diesem grundsätzlich das gesamte Einkommen, jedoch mit Ausnahme sogenannter (in § 15 des [österreichischen] Gehaltsgesetzes 1956 aufgezählter) verwendungsbezogen gebührender (verwendungsabhängiger) Nebengebühren wie die hier strittige Journaldienstzulage, erfasst ist?

2. Zielen die genannten Bestimmungen andernfalls - für den Fall, dass ihnen keine unmittelbare Wirkung zukommt - auf ihre Umsetzung durch die Mitgliedstaaten dahin gehend ab, dass einer Arbeitnehmerin, die während der Zeit eines Beschäftigungsverbots für werdende Mütter und/oder während des Mutterschaftsurlaubs keine Journaldienste mehr erbringt, ein Anspruch auf Fortzahlung einer Zulage für solche Dienste zustehen soll?

Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens im Hinblick auf Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85

Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Frage nach der Zulässigkeit der Vorlagefragen aufwirft, soweit sie Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 betreffen, und deren Erheblichkeit für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits in Zweifel zieht. Sie hält diese Bestimmung in der vorliegenden Rechtssache für nicht relevant, weil es in diesem Rechtsstreit nicht um die in den Art. 5, 6 und 7 der Richtlinie normierten Rechte gehe, sondern nur um die Höhe des der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens für den Zeitraum zustehenden Arbeitsentgelts, in dem sie wegen ihrer Schwangerschaft und anschließend ihres Mutterschaftsurlaubs der Arbeit ferngeblieben sei.

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen hat, die es dem Gerichtshof stellt (vgl. u. a. Urteile vom , Bosman, C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Randnr. 59, und vom , Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., C-305/05, Slg. 2007, I-5305, Randnr. 18).

Ungeachtet dessen kann der Gerichtshof jedoch nicht über eine von einem nationalen Gericht zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage befinden, wenn offensichtlich ist, dass die Auslegung oder die Beurteilung der Gültigkeit einer Unionsvorschrift, um die das vorlegende Gericht ersucht, in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. Urteile Bosman, Randnr. 61, und vom , Idéal tourisme, C-36/99, Slg. 2000, I-6049, Randnr. 20).

Außerdem ist es unerlässlich, dass das nationale Gericht ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der unionsrechtlichen Bestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Bestimmungen und den auf den Ausgangsrechtsstreit anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften herstellt (vgl. u. a. Urteil vom 6. März 2007, Placanica u. a, C-338/04, C-359/04 und C-360/04, Slg. 2007, I-1891, Randnr. 34).

Das vorlegende Gericht hat im Ausgangsverfahren festgestellt, dass die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens während ihrer Schwangerschaft gemäß § 3 Abs. 3 MSchG, wonach eine werdende Mutter während ihrer Schwangerschaft nicht beschäftigt werden darf, wenn nach einem von ihr vorgelegten Zeugnis eines Arbeitsinspektionsarztes oder eines Amtsarztes Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet wäre, beurlaubt war.

Mit seinen auf Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85 gerichteten Fragen möchte das vorlegende Gericht feststellen, welches Einkommen dieser Arbeitnehmerin während des in der Schwangerschaft eingetretenen Beschäftigungsverbots nach Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie sowie während des Mutterschaftsurlaubs nach Art. 8 der Richtlinie zusteht.

Es ist darauf hinzuweisen, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 der Richtlinie 92/85 einen besonderen Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen bezüglich jeder Tätigkeit zum Ziel haben, bei der ein besonderes Risiko für ihre Sicherheit und ihre Gesundheit besteht oder die negative Auswirkungen auf Schwangerschaft oder Stillzeit haben kann (Urteil vom , Busch, C-320/01, Slg. 2003, I-2041, Randnr. 42). Der Unionsgesetzgeber hat mit dem Erlass dieser Richtlinie ein System der Beurteilung und Mitteilung der Risiken sowie das Verbot der Ausübung bestimmter Tätigkeiten durch eine solche Arbeitnehmerin eingeführt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Kommission/Österreich, C-203/03, Slg. 2005, I-935, Randnr. 44).

Ergibt die Risikobeurteilung nach Art. 4 der Richtlinie 92/85 das Vorhandensein einer Gefährdung für Sicherheit oder Gesundheit sowie eine mögliche Auswirkung auf Schwangerschaft oder Stillzeit einer Arbeitnehmerin, ist der Arbeitgeber nach Art. 5 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie verpflichtet, eine einstweilige Umgestaltung der Arbeitsbedingungen und/oder der Arbeitszeiten oder, wenn dies technisch und/oder sachlich nicht möglich oder aus gebührend nachgewiesenen Gründen nicht zumutbar ist, einen Arbeitsplatzwechsel vorzunehmen.

Nur dann, wenn sich ein solcher Wechsel gleichfalls als nicht möglich erweist, wird die betreffende Arbeitnehmerin nach Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie während des gesamten zum Schutz ihrer Sicherheit und Gesundheit erforderlichen Zeitraums entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten beurlaubt (Urteile vom , Høj Pedersen u. a., C-66/96, Slg. 1998, I-7327, Randnr. 57, sowie vom heutigen Tag Parviainen, C-471/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 32).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Vorlagebeschluss die Art. 4 und 5 der Richtlinie 92/85 betreffend die Risikobeurteilung sowie die im Anschluss an eine solche Beurteilung zu treffenden Maßnahmen angeführt und die Vorlagefragen in Bezug auf Art. 11 Nr. 1 dieser Richtlinie gestellt, der auf den genannten Art. 5 verweist.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat die österreichische Regierung in Beantwortung der von diesem gestellten Fragen bestätigt, dass werdende Mütter nach § 3 Abs. 3 MSchG nicht beschäftigt werden dürfen, wenn die Fortdauer der Erwerbstätigkeit Leben oder Gesundheit der Mutter oder ihres Kindes bedroht. Es handele sich um eine Bestimmung, die bei werdenden Müttern, die älter als 30 oder 35 Jahre seien, häufig Anwendung finde und die zur Vermeidung von Komplikationen eine Beurlaubung weit vor Beginn des regulären Mutterschaftsurlaubs zulasse. Es gehe nicht um ein mit der Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stehendes Verbot, sondern eher um ein solches, das von der persönlichen Situation der werdenden Mutter und ihrem Gesundheitszustand abhänge.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob bei der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens während ihrer Schwangerschaft eine Krankheit oder schwangerschaftsbedingte Komplikationen auftraten oder ob sie beurlaubt wurde, um ihre Sicherheit oder Gesundheit zu schützen, weil ein etwaiges berufliches Risiko diese oder die Gesundheit ihres Kindes gefährdete.

Es ist jedoch festzustellen, dass in diesen beiden Fällen der Grund für die Beurlaubung während der Schwangerschaft jedenfalls derselbe ist, nämlich der Schutz von Sicherheit und Gesundheit der schwangeren Arbeitnehmerin oder ihres Kindes. Zudem ist Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 die einzige Bestimmung dieser Richtlinie, in der die einer schwangeren Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft zustehenden Bezüge geregelt werden.

Da zum einen nicht offensichtlich ist, dass die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung von Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, und zum anderen der Gerichtshof über genügend Anhaltspunkte verfügt, um die Bestimmungen dieser Richtlinie im Hinblick auf den Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits auszulegen, sind die Vorlagefragen, soweit sie diese Bestimmung betreffen, entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht als unzulässig anzusehen.

Unter diesen Umständen ist das Vorabentscheidungsersuchen, soweit es Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 betrifft, als zulässig anzusehen.

Zu den Vorlagefragen

Zur Frage 1a, betreffend die unmittelbare Wirkung von Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85

Mit seiner Frage 1a möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85 unmittelbare Wirkung entfalten und für den Einzelnen Rechte begründen kann, die dieser gegenüber dem Mitgliedstaat, der diese Richtlinie nicht oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat, geltend machen kann und zu deren Schutz die nationalen Gerichte verpflichtet sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat (vgl. u. a. Urteile vom , Becker, 8/81, Slg. 1982, 53, Randnr. 25, vom , Cooperativa Agricola Zootecnica S. Antonio u. a., C-246/94 bis C-249/94, Slg. 1996, I-4373, Randnr. 17, sowie vom , Flughafen Köln/Bonn, C-226/07, Slg. 2008, I-5999, Randnr. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (vgl. u. a. Urteile Cooperativa Agricola Zootecnica S. Antonio u. a., Randnr. 19, sowie vom , Pohl-Boskamp, C-317/05, Slg. 2006, I-10611, Randnr. 41).

Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85 erfüllt diese Kriterien, da er den Mitgliedstaaten in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung zur Erreichung eines bestimmten Ergebnisses auferlegt, die darin besteht, in der Folge einer Umgestaltung der Arbeitsbedingungen, einer einstweiligen Verwendung auf einer anderen Stelle und während der in den Art. 5 bis 7 dieser Richtlinie genannten Beurlaubungen in der Zeit der Schwangerschaft sowie während des Mutterschaftsurlaubs nach Art. 8 dieser Richtlinie die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte der schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen sowie die Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder den Anspruch auf eine angemessene Sozialleistung zu gewährleisten.

Zwar sieht Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 vor, dass bei schwangeren Arbeitnehmerinnen in den in Art. 5 dieser Richtlinie vorgesehenen Fällen - also bei solchen, die von einer vorübergehenden Umgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen, von einem einstweiligen Arbeitsplatzwechsel oder im äußersten Fall von einer Beurlaubung betroffen sind - diese Bezüge entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten sichergestellt sein müssen.

Die Genauigkeit und die Unbedingtheit von Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 werden durch die Bezugnahme auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten jedoch nicht berührt. Auch wenn diese Bestimmung den Mitgliedstaaten einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der Festlegung der Modalitäten für ihre Durchführung lässt, wird die Genauigkeit und die Unbedingtheit dieser Bestimmung dadurch nämlich nicht in Frage gestellt. Die Modalitäten einer solchen Durchführung dürfen sich keinesfalls auf den Inhalt selbst des in Art. 11 Nr. 1 verankerten Rechts erstrecken und können somit weder die Existenz dieses Rechts an Voraussetzungen knüpfen noch dessen Umfang einschränken (vgl. Urteile Parviainen, Randnr. 55, und, in Bezug auf Art. 10 der Richtlinie 92/85, vom , Jiménez Melgar, C-438/99, Slg. 2001, I-6915, Randnrn. 33 und 34, vgl. auch entsprechend Urteile vom , Pfeiffer u. a., C-397/01 bis C-403/01, Slg. 2004, I-8835, Randnr. 105, und vom , Impact, C-268/06, Slg. 2008, I-2483, Randnr. 67).

Auch sieht Art. 11 Nr. 3 der Richtlinie 92/85 hinsichtlich der in deren Art. 8 genannten Arbeitnehmerinnen im Mutterschaftsurlaub vor, dass die Sozialleistung, auf die in Art. 11 Nr. 2 Buchst. b Bezug genommen wird, als angemessen gilt, wenn sie mindestens den Bezügen entspricht, die die betreffende Arbeitnehmerin im Fall einer Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen erhalten würde.

Jedoch wird auch dadurch, dass für diese Bezüge nach dem Wortlaut von Art. 11 Nr. 3 der Richtlinie 92/85 eine vom einzelstaatlichen Gesetzgeber festgelegte Obergrenze vorgesehen sein könnte, so dass diese Leistung der Höhe nach von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variieren kann, die Genauigkeit und die Unbedingtheit weder dieser Bestimmung noch des Art. 11 Nr. 2 dieser Richtlinie in Frage gestellt. Da die Bezüge, die einer Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub zu gewährleisten sind, durch Gesetz festgelegt sind, beeinträchtigt die Anwendung der in Art. 11 Nr. 3 vorgesehenen Obergrenze nicht die Eignung von Art. 11 Nrn. 2 und 3 dieser Richtlinie, von einem Gericht auf einen Sachverhalt angewandt zu werden, über den dieses zu entscheiden hat, und kann daher der genannten Bestimmung nicht ihre hinreichende inhaltliche Bestimmtheit nehmen (vgl. entsprechend Urteil Impact, Randnr. 61).

Was die den Mitgliedstaaten nach Art. 11 Nr. 4 der Richtlinie 92/85 eingeräumte Möglichkeit angeht, den Anspruch auf die Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder die in Art. 11 Nrn. 1 und 2 Buchst. b genannte Sozialleistung davon abhängig zu machen, dass die betreffende Arbeitnehmerin die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen für das Entstehen eines Anspruchs auf diese Leistungen erfüllt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bedingungen für das Entstehen den in Art. 11 Nrn. 1 bis 3 vorgesehenen Mindestschutz nicht schmälern und auf jeden Fall gerichtlich überprüft werden können.

Somit ist festzustellen, dass Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85 alle Voraussetzungen für die Entfaltung einer unmittelbaren Wirkung erfüllt.

Demnach ist auf die Frage 1a zu antworten, dass Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85 unmittelbare Wirkung entfaltet und für den Einzelnen Rechte begründet, die dieser gegenüber dem Mitgliedstaat, der diese Richtlinie nicht oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat, geltend machen kann und zu deren Schutz die nationalen Gerichte verpflichtet sind.

Zu den Fragen 1b und 1c, betreffend den Anspruch auf Zahlung der Journaldienstzulage

Mit seinen Fragen 1b und 1c möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85 dahin auszulegen ist, dass während der Zeiten einer Beurlaubung oder eines Beschäftigungsverbots für schwangere Arbeitnehmerinnen und/oder solche im Mutterschaftsurlaub der Anspruch auf Fortzahlung der Journaldienstzulage zustehen muss. In diesem Zusammenhang fragt das vorlegende Gericht auch danach, ob die Antwort auf diese Frage dadurch beeinflusst wird, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften den Anspruch einer während der Schwangerschaft beurlaubten Arbeitnehmerin oder einer solchen im Mutterschaftsurlaub auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor ihrer Beurlaubung während der Schwangerschaft sowie zu Beginn ihres Mutterschaftsurlaubs unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

Vorab ist klarzustellen, dass das vorlegende Gericht mit dieser Frage den Umfang des Entgeltanspruchs einer schwangeren Arbeitnehmerin während zweier verschiedener Zeiträume in Erfahrung bringen möchte, nämlich zum einen des Zeitraums der Beurlaubung während der Schwangerschaft und zum anderen des Zeitraums des dem Mutterschaftsurlaub entsprechenden Beschäftigungsverbots.

Angesichts dessen, dass diese beiden Zeiträume in unterschiedlichen Bestimmungen der Richtlinie 92/85 geregelt sind, ist die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage gesondert danach zu beantworten, ob sie den Entgeltanspruch einer Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft oder während des Mutterschaftsurlaubs betrifft.

Zum Anspruch einer schwangeren Arbeitnehmerin, die während der Schwangerschaft wegen einer Gefährdung der Sicherheit oder Gesundheit beurlaubt ist, auf die Journaldienstzulage

Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 ist zu entnehmen, dass in den von den Art. 5 bis 7 dieser Richtlinie erfassten Fällen die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte der schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen, einschließlich der Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder des Anspruchs auf eine angemessene Sozialleistung, entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten gewährleistet sein müssen.

Anders als die in Art. 5 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 92/85 genannten schwangeren Arbeitnehmerinnen, die tatsächlich weiter arbeiten und die Arbeitsleistungen erbringen, die ihnen von ihrem Arbeitgeber zugewiesen wurden, ist eine schwangere Arbeitnehmerin im Sinne von Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie während des gesamten Zeitraums beurlaubt, der erforderlich ist, um den Schutz ihrer Sicherheit und ihrer Gesundheit und implizit die ihres Kindes zu gewährleisten.

Indes werden alle in Art. 5 der Richtlinie 92/85 genannten Schutzmaßnahmen nicht auf Antrag der schwangeren Arbeitnehmerin, sondern aufgrund ihrer bestehenden Schwangerschaft getroffen. Sie sind das Ergebnis einer Risikobeurteilung und eines durch Art. 5 sowie durch die einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts festgelegten gesetzlichen Verbots, und sie sind darauf gerichtet, jede Gefährdung der Sicherheit oder Gesundheit dieser Arbeitnehmerin oder ihres Kindes auszuschließen. Daher bleibt das mit dieser Richtlinie verfolgte Ziel des Schutzes der in diesem Artikel genannten schwangeren Arbeitnehmerinnen unverändert, auch wenn das Ergebnis der Risikobeurteilung, zu deren Vornahme der Arbeitgeber nach Art. 4 dieser Richtlinie verpflichtet ist, unterschiedlich ausfällt, je nachdem, welcher Absatz von Art. 5 sich als anwendbar erweist. Darüber hinaus ist, wie sich aus dem Wortlaut von Art. 5 ergibt, der Arbeitgeber verpflichtet, die ausdrückliche Reihenfolge, in der die in diesem Artikel vorgesehenen Schutzmaßnahmen zu treffen sind, und die diese Reihenfolge regelnden Voraussetzungen zu beachten.

Eine Prüfung des Wortlauts des Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 und des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen ergibt, dass eine schwangere Arbeitnehmerin wie die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens, die vorübergehend beurlaubt wird und deren Entgelt sich in der Zeit vor dieser Beurlaubung aus einem Grundgehalt, bestimmten Vergütungen und einer Journaldienstzulage für über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus geleistete Stunden zusammensetzt, auf der Grundlage dieser Bestimmung keinen Anspruch auf Zahlung einer solchen Zulage hat.

Auch wenn es sich bei der Journaldienstzulage - da sie auf dem Arbeitsverhältnis beruht - um ein Entgelt im Sinne des Art. 141 EG handelt, ändert dies nichts daran, dass sich Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 in den meisten der zum Zeitpunkt des Erlasses der Richtlinie vorliegenden Sprachfassungen auf die Fortzahlung "eines" Arbeitsentgelts und nicht "des" Arbeitsentgelts der betroffenen Arbeitnehmerin bezieht.

Darüber hinaus steht es den Mitgliedstaaten nach Art. 11 Nr. 4 der Richtlinie frei, den Anspruch auf die Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder die in Nr. 1 dieser Vorschrift genannte Sozialleistung davon abhängig zu machen, dass die betreffende Arbeitnehmerin die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen für das Entstehen eines Anspruchs auf diese Leistungen erfüllt.

Zudem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass tatsächliche Umstände betreffend die Art der verrichteten Arbeiten und die Bedingungen, unter denen sie verrichtet werden, gegebenenfalls als objektive Faktoren angesehen werden können, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben und mögliche Unterschiede beim Entgelt zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne zu Art. 141 EG Urteil vom , JämO, C-236/98, Slg. 2000, I-2189, Randnr. 52).

Den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben zufolge wird im Ausgangsverfahren den Arbeitnehmern die Journaldienstzulage jedoch unter Bedachtnahme auf die Dauer des während der Überstunden geleisteten Dienstes und auf die durchschnittliche Inanspruchnahme des betreffenden Arbeitnehmers während dieses Dienstes gezahlt. Es steht fest, dass eine schwangere Arbeitnehmerin in der Zeit eines während ihrer Schwangerschaft eingetretenen Beschäftigungsverbots nicht die Leistungen erbringt, die den Anspruch auf Zahlung dieser Zulage begründen.

Wie der Gerichtshof in den Randnrn. 49 und 61 des Urteils Parviainen in Bezug auf eine schwangere Arbeitnehmerin, die gemäß Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 92/85 während und wegen ihrer Schwangerschaft vorübergehend auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt wurde, entschieden hat, sind die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Sozialpartner nach Art. 11 Nr. 1 dieser Richtlinie nicht verpflichtet, während dieser vorübergehenden Beschäftigung die Entgeltbestandteile oder die Zulagen weiter zu zahlen, die davon abhängen, dass die betroffene Arbeitnehmerin bestimmte Tätigkeiten unter besonderen Umständen ausübt, und mit denen im Wesentlichen die mit der Ausübung dieser Tätigkeiten verbundenen Nachteile ausgeglichen werden sollen. Das Gleiche gilt für eine schwangere Arbeitnehmerin, die nach Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie und den entsprechenden Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts beurlaubt ist.

Schließlich verweist Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 ausdrücklich auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten.

Wie aus Randnr. 48 des vorliegenden Urteils hervorgeht, belässt diese Bestimmung den Mitgliedstaaten einen gewissen Ermessensspielraum bei der Bestimmung der Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung des Entgeltanspruchs der in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 92/85 genannten schwangeren Arbeitnehmerinnen. Es ist somit Sache der Mitgliedstaaten, die Durchführungsmodalitäten dieses Anspruchs festzulegen, ohne jedoch bereits die Entstehung dieses sich unmittelbar aus der Richtlinie und dem Beschäftigungsverhältnis zwischen der schwangeren Arbeitnehmerin und ihrem Arbeitgeber ergebenden Anspruchs von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen zu können (vgl. entsprechend Urteil vom , BECTU, C-173/99, Slg. 2001, I-4881, Randnr. 53, und auch Urteil Parviainen, Randnr. 55).

Die Ausübung dieses Ermessens durch die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Sozialpartner bei der Festlegung des Entgelts, auf das eine schwangere Arbeitnehmerin, die während und wegen ihrer Schwangerschaft vorübergehend beurlaubt wurde, Anspruch hat, darf weder das mit der Richtlinie 92/85 verfolgte Ziel des Schutzes von Sicherheit und Gesundheit schwangerer Arbeitnehmerinnen beeinträchtigen noch außer Acht lassen, dass diese Beurlaubung eine letzte, nur dann gebotene Schutzmaßnahme ist, wenn die vorübergehende Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz technisch und/oder sachlich nicht möglich oder aus gebührend nachgewiesenen Gründen nicht zumutbar ist.

Nach dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 92/85 hätten die arbeitsorganisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der schwangeren Arbeitnehmerinnen, der Wöchnerinnen oder der stillenden Arbeitnehmerinnen nämlich keine praktische Wirksamkeit, wenn nicht gleichzeitig die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte, einschließlich der Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder des Anspruchs auf eine angemessene Sozialleistung, gewährleistet wären.

Bei im äußersten Fall nach Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie beurlaubten schwangeren Arbeitnehmerinnen können die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Sozialpartner die Bezüge in Form einer angemessenen Sozialleistung, eines Arbeitsentgelts oder einer Kombination aus beiden gewährleisten, doch darf die von ihnen insoweit getroffene Entscheidung und die Höhe, in der die Bezüge festgesetzt werden, diese praktische Wirksamkeit nicht beeinträchtigen.

Es liegt auf der Hand, dass die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 92/85 und die mit ihr verfolgten Ziele nicht gewährleistet wären, könnte ein Arbeitgeber aufgrund der Festsetzung der Bezüge in geringerer Höhe gemäß Art. 11 Nr. 1 dieser Richtlinie auf deren Art. 5 Abs. 3 zurückgreifen, um den finanziellen Schaden zu mindern, der ihm aufgrund der Abwesenheit der schwangeren Arbeitnehmerin während deren Schwangerschaft entstehen könnte.

Beschließen die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Sozialpartner, einer schwangeren Arbeitnehmerin, die beurlaubt ist oder für die nach Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 92/85 ein Beschäftigungsverbot gilt, gemäß deren Art. 11 Nr. 1 Bezüge in Form eines Arbeitsentgelts, einer angemessenen Sozialleistung oder einer Kombination aus beiden zu gewährleisten, müssen sich diese Bezüge auf jeden Fall aus dem monatlichen Grundgehalt dieser Arbeitnehmerin sowie den Bestandteilen ihres Entgelts oder den Zulagen zusammensetzen, die an ihre berufliche Stellung - die durch diese Beurlaubung in keiner Weise angetastet wird - anknüpfen, wie etwa die Zulagen, die an ihre leitende Position, an die Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit und an ihre beruflichen Qualifikationen anknüpfen (vgl. in diesem Sinne Urteil Parviainen, Randnr. 60).

Jede andere Auslegung des Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 hinsichtlich des Anspruchs der in Art. 5 dieser Richtlinie genannten schwangeren Arbeitnehmerinnen auf Zahlung von Bezügen könnte die praktische Wirksamkeit dieser Richtlinie beeinträchtigen und ihr einen wesentlichen Teil ihres Inhalts nehmen.

Der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ist zu entnehmen, dass das Arbeitsentgelt, das eine schwangere Arbeitnehmerin beanspruchen kann, für die während ihrer Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 3 MSchG bestand, nach § 14 Abs. 1 und 2 MSchG bemessen wird. Danach hat die schwangere Arbeitnehmerin Anspruch auf das Entgelt, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie während der letzten 13 Wochen vor dem Beschäftigungsverbot bezogen hat. Die Journaldienstzulage, die die Arbeitnehmerin während dieses Referenzzeitraums beanspruchen konnte, wird in die Berechnung dieses Durchschnittsverdienstes jedoch nicht einbezogen.

Aus den in den Randnrn. 60 bis 67 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen ist der Ausschluss der Journaldienstzulage vom Arbeitsentgelt, das die schwangere Arbeitnehmerin, die während ihrer Schwangerschaft vorübergehend beurlaubt wird, beanspruchen kann, nicht als Verstoß gegen Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 anzusehen.

Demnach ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die den Anspruch einer aufgrund der Schwangerschaft vorübergehend beurlaubten Arbeitnehmerin auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn ihrer Schwangerschaft unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

Zum Anspruch einer Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub auf die Journaldienstzulage

Das vorlegende Gericht möchte ferner wissen, ob Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die den Anspruch einer Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn dieses Urlaubs unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

Wie aus den Randnrn. 61 und 64 des vorliegenden Urteils hervorgeht, fällt die Journaldienstzulage, da sie auf dem Arbeitsverhältnis beruht und dem Arbeitnehmer unter Bedachtnahme auf die Dauer des während der Überstunden geleisteten Dienstes und auf die durchschnittliche Inanspruchnahme dieses Arbeitnehmers während dieses Dienstes gezahlt wird, unter den Begriff des Entgelts im Sinne des Art. 141 EG.

Daraus folgt aber nicht, dass eine Arbeitnehmerin, die wegen eines Mutterschaftsurlaubs der Arbeit fernbleibt, nach Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 sämtliche Vergütungen und Zulagen beanspruchen kann, die sie monatlich bezieht, wenn sie arbeitet und die Arbeitsleistungen erbringt, die ihr von ihrem Arbeitgeber zugewiesen wurden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs befinden sich Arbeitnehmerinnen während eines im nationalen Recht vorgesehenen Mutterschaftsurlaubs nämlich in einer besonderen Situation, die verlangt, dass ihnen ein besonderer Schutz gewährt wird, die jedoch nicht mit der Situation eines Mannes oder mit der einer Frau, die tatsächlich an ihrem Arbeitsplatz arbeiten oder sich im Krankheitsurlaub befinden, gleichgesetzt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Gillespie u. a., C-342/93, Slg. 1996, I-475, Randnr. 17, vom , Boyle u. a., C-411/96, Slg. 1998, I-6401, Randnr. 40, sowie Alabaster, Randnr. 46).

Der Mutterschaftsurlaub, den die Arbeitnehmerin erhält, soll zum einen den Schutz der körperlichen Verfassung der Frau während und nach der Schwangerschaft und zum anderen den Schutz der besonderen Beziehung zwischen der Mutter und ihrem Kind während der Zeit nach der Schwangerschaft und der Entbindung gewährleisten (vgl. Urteile vom , Hofmann, 184/83, Slg. 1984, 3047, Randnr. 25, vom , Thibault, C-136/95, Slg. 1998, I-2011, Randnr. 25, sowie Boyle u. a., Randnr. 41).

Die Arbeitnehmerinnen können daher nicht aufgrund von Art. 141 EG oder von Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 fordern, dass ihnen während ihres Mutterschaftsurlaubs ihr volles Entgelt weiter gezahlt wird, als ob sie wie die anderen Arbeitnehmer tatsächlich an ihrem Arbeitsplatz arbeiteten (vgl. in diesem Sinne Urteile Gillespie u. a., Randnr. 20, sowie Alabaster, Randnr. 46).

Wie aus der Richtlinie 92/85 und der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, wollte der Unionsgesetzgeber gewährleisten, dass die Arbeitnehmerin während ihres Mutterschaftsurlaubs Bezüge mindestens in Höhe der Sozialleistung erhält, die im nationalen Recht der sozialen Sicherheit bei einer Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen vorgesehen ist (Urteil Boyle u. a., Randnr. 32).

Bezüge in solcher Höhe müssen den Arbeitnehmerinnen während ihres Mutterschaftsurlaubs unabhängig davon gewährleistet bleiben, ob sie gemäß Art. 11 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 92/85 in Form einer Sozialleistung, eines Arbeitsentgelts oder einer Kombination aus beiden gewährt werden (Urteile Boyle u. a., Randnr. 33, sowie Lewen, Randnr. 22).

Nach Art. 11 Nrn. 2 und 3 dieser Richtlinie muss ein Arbeitgeber im Fall eines Mutterschaftsurlaubs die Fortzahlung eines Arbeitsentgelts und/oder den Anspruch auf eine angemessene Sozialleistung gewährleisten, wobei die Bezüge, die den Arbeitnehmerinnen während eines solchen Urlaubs gewährleistet sind, dann, wenn sie in Form einer Sozialleistung, eines Arbeitsentgelts oder gegebenenfalls einer Kombination aus diesen gewährt werden, angemessen im Sinne von Art. 11 Nr. 3 dieser Richtlinie sein müssen (vgl. Urteil Boyle u. a., Randnr. 34).

Bleibt eine Arbeitnehmerin der Arbeit fern, weil sie sich im Mutterschaftsurlaub befindet, umfasst der von Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 geforderte Mindestschutz daher weder die umfassende Fortzahlung des Arbeitsentgelts der Betroffenen noch die Zahlung der Journaldienstzulage.

Im Ausgangsverfahren fragt sich das vorlegende Gericht jedoch, welche Auswirkungen es auf den Entgeltanspruch einer Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub haben kann, dass der Mitgliedstaat den Anspruch dieser Arbeitnehmerin auf ein Arbeitsentgelt vorsieht, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn ihres Mutterschaftsurlaubs, allerdings unter Ausschluss der Journaldienstzulage, bezogen hat.

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 nur einen Mindestschutz in Bezug auf den Entgeltanspruch der schwangeren Arbeitnehmerinnen vorsieht, die während ihres Mutterschaftsurlaubs nach Art. 8 dieser Richtlinie beurlaubt sind. Die Mitgliedstaaten oder gegebenenfalls die Sozialpartner sind durch keine Bestimmung dieser Richtlinie daran gehindert, die Fortzahlung aller Bestandteile des Arbeitsentgelts und sämtlicher Vergütungen, einschließlich der Journaldienstzulage, vorzusehen, die die schwangere Arbeitnehmerin vor ihrer Schwangerschaft und ihrem Mutterschaftsurlaub beanspruchen konnte.

Die Richtlinie 92/85, die auf Art. 118a EG-Vertrag gestützt ist (die Art. 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Art. 136 EG bis 143 EG ersetzt worden), hindert nämlich einen Mitgliedstaat - wie aus Art. 137 Abs. 4 EG hervorgeht - nicht daran, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu treffen, sofern sie mit diesem Vertrag vereinbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Jiménez Melgar, Randnr. 37).

Da die in nationalen Rechtsvorschriften wie denen des Ausgangsverfahrens vorgesehene Regelung der Entgeltfortzahlung eine Schutzmaßnahme darstellt, die für die Arbeitnehmerinnen im Mutterschaftsurlaub günstiger ist als die von der Richtlinie 92/85 geforderte, kann der Ausschluss bestimmter Entgeltbestandteile von der Berechnung der während dieses Urlaubs zustehenden Bezüge nicht als Verstoß gegen Art. 11 Nrn. 2 und 3 dieser Richtlinie angesehen werden.

Demnach ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die den Anspruch einer Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn dieses Urlaubs unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

Zur zweiten Frage, betreffend die Folgen des Fehlens einer unmittelbaren Wirkung

Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 für den Fall, dass ihm keine unmittelbare Wirkung zukommt, durch die Mitgliedstaaten dahin gehend umgesetzt werden muss, dass einer Arbeitnehmerin, die während der Zeit eines Beschäftigungsverbots für werdende Mütter und/oder während des Mutterschaftsurlaubs keine Journaldienste mehr erbringt, ein Anspruch auf Fortzahlung einer Zulage für solche Dienste zustehen soll.

Angesichts der Antwort auf Frage 1a ist die zweite Frage nicht zu beantworten.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 11 Nrn. 1 bis 3 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) entfaltet unmittelbare Wirkung und begründet für den Einzelnen Rechte, die dieser gegenüber dem Mitgliedstaat, der diese Richtlinie nicht oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat, geltend machen kann und zu deren Schutz die nationalen Gerichte verpflichtet sind.

2. Art. 11 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die den Anspruch einer aufgrund der Schwangerschaft vorübergehend beurlaubten Arbeitnehmerin auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn ihrer Schwangerschaft unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

3. Art. 11 Nrn. 2 und 3 der Richtlinie 92/85 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die den Anspruch einer Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub auf ein Arbeitsentgelt vorsehen, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie in einem Referenzzeitraum vor Beginn dieses Urlaubs unter Ausschluss der Journaldienstzulage bezogen hat.

Fundstelle(n):
ZAAAD-48540