Beschäftigungsanspruch - Zustimmungsersetzungsverfahren
Leitsatz
Bindet der Arbeitgeber sich bei der Ausübung seines Weisungsrechts dahingehend, den Arbeitnehmer bei Vorliegen der fachlichen und persönlichen Voraussetzungen in bestimmter Weise einzusetzen, ist er nicht gehindert, von dem Einsatz abzusehen, falls der Betriebsrat formal wirksam seine erforderliche Zustimmung zu einer damit verbundenen Versetzung verweigert.Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, ein Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen.
Gesetze: § 106 S 1 GewO, § 99 Abs 1 S 1 BetrVG, § 99 Abs 4 BetrVG, § 95 Abs 3 S 1 BetrVG
Instanzenzug: Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven Az: 11 Ca 11047/07 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Bremen Az: 3 Sa 31/08 Urteil
Tatbestand
1Der Kläger verlangt im vorliegenden Verfahren von der Beklagten, ihn zum Containerbrücken-Fahrer auszubilden und ihn nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung entsprechend zu beschäftigen.
2Die Beklagte beschäftigt circa 1.000 zum Betriebsrat wahlberechtigte Arbeitnehmer. Der Kläger ist bei ihr seit 1989 tätig. Er ist Ersatzmitglied des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Nach dem Arbeitsvertrag vom wird der Kläger „als Hafenarbeiter ... eingestellt“.
3Im Rahmen seiner Tätigkeit als Hafenfacharbeiter wird der Kläger ua. als Springer eingesetzt. Dabei ist es als Mitglied des jeweiligen Teams zeitweise seine Aufgabe, dem Fahrer einer Containerbrücke Signale zu geben. Das erfolgt teilweise auch von Deck eines Schiffes aus. Das Bruttomonatsentgelt des Klägers betrug zuletzt 2.892,00 Euro.
4Der Kläger bemühte sich seit 1999, eine Ausbildung zum Containerbrücken-Fahrer bei der Beklagten zu absolvieren und eine dementsprechende Tätigkeit zu übernehmen. Seit dieser Zeit sind - auch während des laufenden Verfahrens - mehrere andere Arbeitnehmer als Containerbrücken-Fahrer ausgebildet worden und werden entsprechend eingesetzt. Containerbrücken-Fahrer werden bei der Beklagten schwerpunktmäßig mit dem Bedienen von Containerbrücken betraut. Wegen der mit dieser Tätigkeit verbundenen Belastung erfolgt das jedoch nicht vollschichtig. Im Übrigen werden ihnen je nach Arbeitsanfall auch andere Tätigkeiten zugewiesen. Für den Kläger wäre die Vergütung in der angestrebten Position um ca. 200,00 Euro brutto monatlich höher als derzeit.
Die für die Tätigkeit als Containerbrücken-Fahrer einschlägige Unfallverhütungsvorschrift vom in der Fassung vom (hiernach: BGV D 6 Krane) sieht ua. folgende Regelungen vor:
Auf die auch im Jahre 2005 wiederholt vorgetragene Bitte des Klägers, ihn zum Containerbrücken-Fahrer auszubilden, reagierte die Beklagte mit Schreiben vom , das auszugsweise wie folgt lautet:
Mit Schreiben vom teilte der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten ua. Folgendes mit:
Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, derzeit bestehe kein Bedarf an einer Ausbildung von Mitarbeitern zu Containerbrücken-Fahrern für die E- oder Z-Teams. Ferner heißt es dort:
9Der Kläger verlangte in der Folgezeit erneut von der Beklagten, ihn zum Containerbrücken-Fahrer auszubilden und erklärte dabei erstmalig seine Bereitschaft, in das N-Schichtsystem zu wechseln. Am besprachen Mitglieder der Personalabteilung, der Teamkoordination und des Betriebsrats den Ausbildungswunsch des Klägers.
Die Beklagte ersuchte den Betriebsrat mit Schreiben vom , das dem Betriebsrat am Folgetag vorab per E-Mail und am im Original zuging, um die Zustimmung zur Ausbildung des Klägers. In dem Schreiben heißt es auszugsweise wie folgt:
Mit Schreiben vom , das am Folgetag in der Personalabteilung der Beklagten einging, verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zu dieser Maßnahme unter Darlegung folgender Begründung:
12Das Schreiben des Betriebsrats nahm die Beklagte zum Anlass, eine bereits festgelegte ärztliche Untersuchung über die medizinische Eignung des Klägers als Containerbrücken-Fahrer abzusagen. Unter dem teilte sie dem Kläger mit, wegen der ablehnenden Stellungnahme des Betriebsrats könne sie ihn nicht wie ursprünglich geplant ausbilden und in ein N-Team versetzen.
13Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei aufgrund einer bindenden Zusage verpflichtet, ihn auszubilden. Auf die Weigerung des Betriebsrats der Maßnahme zuzustimmen, könne sie sich erst berufen, wenn sie erfolglos versucht habe, die Zustimmung des Betriebsrats in einem Beschlussverfahren ersetzen zu lassen. Das Ermessen der Beklagten ein solches Verfahren einzuleiten, sei auf Null reduziert. Der Betriebsrat sei offensichtlich nicht berechtigt gewesen, die Zustimmung zu verweigern. In Wirklichkeit gestalte sich die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern - von üblichen Reibereien abgesehen - konfliktfrei. Er verfüge über hinreichendes Verantwortungsbewusstsein, wie sein langjähriger Einsatz als Springer belege. Zumindest folge eine Ausbildungspflicht jedoch aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die Beklagte andere Mitarbeiter zum Containerbrücken-Fahrer ausgebildet habe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
15Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
16Sie hat die Ansicht vertreten, ihre Zusage habe, was auch für den Kläger ersichtlich gewesen sei, unter dem Vorbehalt gestanden, dass der Betriebsrat der Ausbildung zustimme. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BGV D 6 Krane sei eine Ausbildungseignung unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Auszubildenden zu beurteilen. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass der Kläger insbesondere in Stresssituationen unkontrolliert und aufbrausend reagiere und damit ein Risiko für sich und andere darstelle. In dem Gespräch am habe der weit überwiegende Teil der Teammitglieder es abgelehnt, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten. Sie habe daher ohne Ermessensfehler entschieden, kein Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem zuständigen Arbeitsgericht einzuleiten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter, die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
18Die Revision hat keinen Erfolg. Die Klage ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.
19I. Der Klageantrag bedarf der Auslegung und ist ausgelegt zulässig.
201. Vor dem Hintergrund des Konfliktes der Parteien erstrebt der Kläger - für die Beklagte, wie der Prozessverlauf zeigt, ersichtlich - eine Verurteilung der Beklagten zu Folgendem: Sie soll alle Handlungen vornehmen, die erforderlich sind, damit er zum Containerbrücken-Fahrer ausgebildet werden kann und, falls dies erfolgreich ist, ihm eine entsprechende Tätigkeit zuweisen. Die Beklagte soll also ein notwendiges Zustimmungsersetzungsverfahren gegen den Betriebsrat durchführen, die gesundheitliche Eignung des Klägers feststellen lassen, bei Eignung die Ausbildung zum Containerbrücken-Fahrer durchführen und ihn im Fall der erfolgreichen Ausbildung entsprechend einsetzen.
21Nur eine solche Auslegung des Klageantrags entspricht der Interessenlage. Da der Antrag von der Beklagten entsprechend verstanden worden ist, stehen auch deren berechtigte Interessen einer derartigen Auslegung nicht entgegen. Das Revisionsgericht ist zur Auslegung von Prozesserklärungen befugt(vgl. zu den maßgeblichen Grundsätzen: - Rn. 11 f., AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 66 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 121).
222. So ausgelegt ist der Antrag zulässig. Dass der Kläger damit einen Beschäftigungsanspruch auf der Grundlage mehrfacher Bedingungen stellt, nämlich Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens, der medizinischen Eignung und der erfolgreichen Ausbildung, ist unschädlich. Es handelt sich um formalisierte Bedingungen, die - einer behördlichen Entscheidung gleich - Voraussetzungen für den vom Kläger letztlich erstrebten Einsatz durch die Beklagte sind. In derartigen Fällen kann, wenn die Voraussetzungen des § 259 ZPO vorliegen, abhängig von Bedingungen auf eine künftige Leistung geklagt werden(vgl. für den Fall der erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats: - zu A I 1 der Gründe, BAGE 104, 45). Etwas anderes würde zu Einschränkungen der Durchsetzung von Rechtsansprüchen führen, die mit dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar wären.
23II. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.
241. Der Kläger hat keinen vertraglichen Anspruch auf die begehrte Ausbildung. Eine solche Verpflichtung ergibt sich weder aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag der Parteien, der lediglich einen Einsatz als „Hafenarbeiter“ vorsieht, noch aus dem späteren Schriftwechsel. Davon geht das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aus. Die Revision erhebt auch keine Einwände.
252. Die Beklagte ist auch nicht aufgrund einer Selbstbindung verpflichtet, die vom Kläger begehrten Handlungen mit dem Ziel seines Einsatzes als Containerbrücken-Fahrer vorzunehmen, insbesondere nicht verpflichtet, die hier rechtlich erforderliche Zustimmung des Betriebsrats dafür einzuholen.
26a) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Regelung in § 106 Satz 1 GewO trägt der Gegebenheit Rechnung, dass Arbeitsverträge nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können( - Rn. 47, AP BGB § 307 Nr. 26). Das gesetzliche Weisungsrecht ermöglicht es dem Arbeitgeber, diese rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im Einzelnen nach zeitlicher Verteilung, Art und Ort unter Beachtung des billigen Ermessens zu konkretisieren (vgl. - Rn. 52, EzA GewO § 106 Nr. 4). Der Arbeitgeber kann das ihm zustehende Ermessen im Wege der Selbstbindung einschränken, zB wenn der Arbeitgeber die endgültige Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit an bestimmte Voraussetzungen knüpft. In diesem Fall verhielte er sich widersprüchlich und verstieße damit gegen das in § 242 BGB niedergelegte Gebot von Treu und Glauben, wenn er bei Vorliegen dieser Voraussetzung ohne das Hinzutreten neuer Umstände von seiner ursprünglichen Entscheidung Abstand nähme (vgl. - zu IV 3 der Gründe, BAGE 87, 311).
27b) Hier hat sich die Beklagte zwar durch das Schreiben vom dahingehend gebunden, den Kläger nach erfolgreichem Auswahlverfahren bei Vorliegen der fachlichen und persönlichen Voraussetzungen als Containerbrücken-Fahrer im N-System ausbilden zu lassen. Nach dem Wortlaut des Schreibens ging es lediglich um die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen, also die vom Kläger im Klageantrag angesprochenen Bedingungen der medizinischen Eignung und der erfolgreichen Ausbildung. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht jedoch angenommen, dass sich die Selbstbindung nicht auf diese ausdrücklich benannten Voraussetzungen beschränkte, sondern unter dem stillschweigenden Vorbehalt stand, dass der Betriebsrat der Maßnahme zustimme oder die Zustimmung aufgrund gesetzlicher Vorschriften als erteilt gelte.
28Allerdings kommt es für die Frage, ob die Beklagte ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG gegenüber dem Betriebsrat durchführen muss, allein auf die Rechtsbeziehung zwischen der Beklagten als Arbeitgeberin und dem Kläger als Arbeitnehmer an(vgl. MünchArbR/Matthes 2. Aufl. Bd. 3 § 352 Rn. 112; Raab GK-BetrVG 9. Aufl. § 99 Rn. 184; Thüsing in Richardi BetrVG 12. Aufl. § 99 Rn. 279). Eine dahingehende Selbstbindung wäre deshalb rechtlich denkbar. Hier besteht sie jedoch nicht.
29Die Selbstbindung bei Ausübung des Weisungsrechts nach § 106 GewO geht nur so weit, wie es ihr rechtlicher Ausgangspunkt erfordert: Nur in dem Umfang der Arbeitnehmer das Verhalten des Arbeitgebers berechtigt als widersprüchlich ansehen kann, ist der Arbeitgeber durch die Selbstbindung gehindert, von der seitens des Arbeitnehmers erstrebten Ausübung des Weisungsrechts abzusehen.
30Geht es um die gesetzlich vorgesehene Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme iSd. §§ 99 ff. BetrVG, kann der Arbeitnehmer - ohne besondere Umstände - nicht davon ausgehen, dass der Arbeitgeber sich hinsichtlich seines Verhaltens gegenüber dem Betriebsrat selbst binden wolle. Kein Arbeitnehmer kann ohne besondere Umstände darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber sich ohne weiteres verpflichten wolle, gegenüber dem Betriebsrat einen rechtlichen Konflikt durchzustehen lediglich deshalb, weil er diesen gewinnen würde. Eine derartige Herangehensweise widerspräche einer rationalen und die Funktion des Betriebsrats als Organ der Betriebsverfassung achtenden Vorgehensweise des Arbeitgebers. Um eine derart weitgehende Selbstbindung des Arbeitgebers gegenüber einem einzelnen Arbeitnehmer anzunehmen, müssen besondere Anhaltspunkte gegeben sein.
31Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des Neunten Senats des - 9 AZR 481/01 - BAGE 104, 45). Dort hat der Neunte Senat allerdings angenommen, dass einem schwerbehinderten Arbeitnehmer, der die Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes begehrt, grundsätzlich ein Anspruch auf Durchführung des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens zusteht, falls der Betriebsrat die Zustimmung zur dafür erforderlichen Versetzung verweigert. Das ergibt sich jedoch daraus, dass ein schwerbehinderter Arbeitnehmer in diesem Fall einen gesetzlichen Beschäftigungsanspruch aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX hat. Dieser ist allein dadurch begrenzt, dass der Einsatz - und damit gegebenenfalls das Zustimmungsersetzungsverfahren - dem Arbeitgeber zumutbar sein muss. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um einen gesetzlichen Anspruch des Klägers, sondern darum, was er aufgrund des Verhaltens der Beklagten berechtigt erwarten konnte.
32Ebenso wenig sind die Entscheidungen des Zweiten Senats vom (- 2 AZR 9/96 - BAGE 85, 107) und vom (- 2 AZR 519/04 - BAGE 116, 7) einschlägig. Der Zweite Senat hat sich darin mit der Frage befasst, inwieweit dem Arbeitgeber auferlegt werden kann, ein Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen, bevor er eine Kündigung ausspricht. Im vorliegenden Fall ging es nicht darum, ob die Beklagte von einem Kündigungsrecht Gebrauch machen kann, sondern inwieweit sie gegenüber dem Kläger während des laufenden Arbeitsverhältnisses Vertrauenstatbestände gesetzt hat.
33Nach allem erforderliche besondere Umstände hat der Kläger ebenso wenig vorgetragen wie ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat.
34c) Im vorliegenden Fall lag eine Versetzung vor, der der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zuzustimmen hatte, da die in dieser Vorschrift vorgesehene Arbeitnehmerzahl von in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern erreicht ist. Diese Zustimmung gilt auch nicht als erteilt, da der Betriebsrat hier wirksam seine Zustimmungsverweigerung erklärt hat(§ 99 Abs. 3 BetrVG).
35aa) Die vom Kläger erstrebte Maßnahme, auch schon die erstrebte Ausbildung, stellt eine zustimmungspflichtige Versetzung nach § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 BetrVG dar.
36Versetzung in diesem Sinne ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die die voraussichtliche Dauer von einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. „Arbeitsbereich“ sind die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs. Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen( - Rn. 28, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 48 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 13). Er umfasst neben dem Ort der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation (vgl. - Rn. 21, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 47 = EzA BetrVG 2001 § 95 Nr. 8). Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine „andere“ anzusehen ist ( - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 45 = EzA BetrVG 2001 § 95 Nr. 7). Dies kann sich aus dem Wechsel des Inhalts der Arbeitsaufgaben und der mit ihnen verbundenen Verantwortung ergeben, kann aus einer Änderung des Arbeitsorts oder der Art der Tätigkeit, dh. der Art und Weise folgen, wie die Arbeitsaufgabe zu erledigen ist, und kann mit einer Änderung der Stellung und des Platzes des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation durch Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit verbunden sein ( - Rn. 21, aaO). Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs erfüllt für sich allein den Versetzungsbegriff des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG aber auch nur dann, wenn sie für längere Zeit als einen Monat geplant ist.
37Diese Voraussetzungen sind durch den Eintritt in die Ausbildung zum Containerbrücken-Fahrer, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts länger als einen Monat dauert, erfüllt. Durch die Ausbildung ändert sich gegenüber der normalen Tätigkeit der Arbeitsbereich im funktionalen Sinn.
38bb) Der Betriebsrat der Beklagten hat seine Zustimmung zu dieser Versetzung auch formal ordnungsgemäß verweigert.
39(1) Die Zustimmungsverweigerung ging am bei der Beklagten ein und damit innerhalb einer Woche nach Eingang des Zustimmungsantrags per E-Mail beim Betriebsrat am .
40(2) Das Zustimmungsverweigerungsschreiben war auch in ausreichender Weise mit Gründen versehen.
41Der Betriebsrat kann einer Versetzung als personeller Einzelmaßnahme mit in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend bestimmten Gründen seine Zustimmung verweigern. Seine Verweigerung ist wirksam, wenn es möglich erscheint, dass er mit seiner schriftlich gegebenen Begründung einen der in § 99 Abs. 2 aufgeführten Verweigerungsgründe geltend macht(vgl. - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 14). Die Begründung des Betriebsrats braucht nicht schlüssig zu sein; konkrete Tatsachen und Gründe müssen nur für die auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 BetrVG gestützte Verweigerung abgegeben werden ( - Rn. 48, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 36 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 11). Unbeachtlich ist jedoch eine Begründung, die sich in der Benennung einer der Nummern des § 99 Abs. 2 BetrVG oder in der Wiederholung von deren Wortlaut erschöpft sowie eine solche, die offensichtlich auf keinen der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug nimmt (vgl. - Rn. 12, AP AÜG § 3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 12).
42Hier hat das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die vom Betriebsrat gegebene Begründung der Zustimmungsverweigerung es möglich erscheinen lässt, der Betriebsrat mache den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG iVm. § 29 BGV D 6 Krane geltend. Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat ua. dann die Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme verweigern, wenn sie gegen eine Unfallverhütungsvorschrift verstoßen würde. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BGV D 6 Krane, wonach der Unternehmer mit dem selbständigen Führen oder der Instandhaltung eines Krans nur Arbeitnehmer betrauen darf, von denen zu erwarten ist, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben zuverlässig erfüllen, ist eine Unfallverhütungsvorschrift in diesem Sinne. Zwar nennt das Zustimmungsverweigerungsschreiben des Betriebsrats vom diese Vorschrift nicht ausdrücklich. Die Ausführungen des Betriebsrats lassen jedoch mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass der Betriebsrat dem Kläger die für das Führen einer Containerbrücke erforderliche Zuverlässigkeit abspricht. Anders ist es nicht zu verstehen, wenn der Betriebsrat auf das für das Führen einer Containerbrücke notwendige hohe Verantwortungsbewusstsein und darauf verweist, dass - aus der Sicht des Betriebsrats - der Kläger in der Vergangenheit bewiesen habe, in Stresssituationen unkontrolliert zu reagieren, und somit im Falle seines Einsatzes als Containerbrücken-Fahrer ein Risiko darstelle.
43Auf die Frage, ob diese Annahmen des Betriebsrats richtig sind oder nicht, kommt es nicht an.
44d) Der Kläger kann auch nichts Weitergehendes daraus herleiten, dass die Beklagte überhaupt versucht hat, die Zustimmung des Betriebsrats zu seiner Ausbildung einzuholen. Das Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG dient gerade dazu, festzustellen, ob aus der Sicht des Betriebsrats Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegen und danach etwaige weitere Maßnahmen erst zu prüfen.
3. Eine Verpflichtung der Beklagten ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Kläger hat nichts dafür vorgetragen, dass die Beklagte andere Arbeitnehmer, hinsichtlich derer der Betriebsrat die Zustimmung zur Ausbildung und zum Einsatz als Containerbrücken-Fahrer verweigert hat, trotzdem als Containerbrücken-Fahrer ausgebildet hat und sie entsprechend einsetzt.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2010 S. 1980 Nr. 33
DB 2010 S. 1710 Nr. 31
NJW 2010 S. 3259 Nr. 44
BAAAD-47670