Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen - Verwirkung
Leitsatz
Der schwerbehinderte Arbeitnehmer hat das Recht, sich gegenüber seinem Arbeitgeber auf den gesetzlichen Sonderkündigungsschutz zu berufen, in der Regel nicht nach § 242 BGB verwirkt, wenn er die Unwirksamkeit der Kündigung innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich geltend gemacht hat.
Gesetze: § 242 BGB, §§ 85ff SGB 9, § 4 KSchG, § 1 KSchG
Instanzenzug: Az: 1 Ca 467/06 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 16 Sa 87/07 Urteil
Tatbestand
1Die Klägerin macht die Unwirksamkeit zweier ordentlicher, von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützter Kündigungen geltend. Dabei streiten die Parteien vor allem um die Frage, ob in den jeweiligen Kündigungszeitpunkten eine hinreichend sichere Prognose für die von der Beklagten behauptete Betriebsstilllegung bestand, ferner um die Auslegung von § 18 Abs. 4 KSchG sowie darum, ob die Klägerin den ihr zustehenden Sonderkündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch rechtzeitig geltend gemacht hat.
2Die Klägerin trat am als Arbeiterin in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Die Beklagte stellte in ihrem Betrieb in B mit angeschlossenem Betriebsteil in K Gummidichtungen für die Automobilindustrie her und beschäftigte zum Jahresende 2006 etwa 170 Arbeitnehmer.
3Mit Schreiben vom unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über ihre Absicht, den gesamten Betrieb bis zum zu schließen und die Produktion teilweise nach H, teilweise nach Ungarn zu verlagern. In H betreibt die weltweit agierende Konzernmutter der Beklagten ein weiteres Unternehmen.
4In der Folgezeit führte die Beklagte mit dem Betriebsrat Verhandlungen, die am zum Abschluss eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans führten. Gem. Ziff. 2.1 des Interessenausgleichs sollte die gesamte Produktion einschließlich der „Mischerei“ und der „Oberflächenbeschichtung“ schrittweise bis zum stillgelegt werden.
5Mit Schreiben vom informierte die Beklagte den Betriebsrat über eine geplante Massenentlassungsanzeige gem. § 17 Abs. 2 KSchG. Der Betriebsrat nahm hierzu am Stellung.
6Unter dem teilte die Beklagte der Agentur für Arbeit mit, sie beabsichtige am 29. und insgesamt 157 Arbeitnehmer zu entlassen, bat um Mitteilung des Beginns und des Endes der Sperrfrist und beantragte die Zustimmung zu deren Abkürzung. Mit Schreiben vom , das der Klägerin am folgenden Tag zuging, sprach sie gegenüber der Klägerin die Kündigung zum aus.
Am erteilte die Agentur für Arbeit der Beklagten einen Bescheid mit folgendem Wortlaut:
8Die Klägerin legte am Kündigungsschutzklage ein. Mit Schriftsatz vom 20. Dezember, der bei Gericht am 21. Dezember einging und der Beklagten zusammen mit der Klage am zugestellt wurde, machte die Klägerin geltend, die Kündigung sei auch deshalb unwirksam, weil das Integrationsamt nicht über sie unterrichtet worden sei. Die Beklagte beantragte daraufhin die Zustimmung des Integrationsamts zu einer beabsichtigten weiteren Kündigung. Die Zustimmung wurde mit Bescheid vom erteilt. Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum erneut. Auch gegen diese Kündigung erhob die Klägerin rechtzeitig Kündigungsschutzklage.
9Zum übertrug die Beklagte den Betriebsteil, in welchem die „Oberflächenbeschichtung“ durchgeführt wurde, auf ein Drittunternehmen. Zum wurde die Abteilung „Mischerei“ einschließlich der dazugehörigen Instandhaltung und Qualitätssicherung auf die H Schwestergesellschaft übertragen, die allerdings vorübergehend in der bisherigen Betriebsstätte in B weiterarbeiten ließ.
10Die Klägerin hält die Kündigungen für unwirksam. Die Kündigung vom sei schon mangels Zustimmung des Integrationsamts nach § 85 SGB IX unwirksam. Beide Kündigungen seien sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte sei im Zeitpunkt des Ausspruchs noch nicht fest entschlossen gewesen, den gesamten Betrieb zum zu schließen. Außerdem scheiterten die Kündigungen an § 18 Abs. 4 KSchG. Die Beklagte habe eine weitere Anzeige gegenüber der Agentur für Arbeit erstatten müssen, weil die Kündigungen zu einem weit nach Ende der Freifrist liegenden Termin hätten wirken sollen.
Die Klägerin hat beantragt
12Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, ihr Arbeitsdirektor und rechtsgeschäftlicher Vertreter ihrer Alleingesellschafterin habe gemeinsam mit ihrem Geschäftsführer und dem Chef der europäischen Sealing-Produktgruppe in Absprache mit dem Mutterkonzern die Entscheidung getroffen, den gesamten Produktionsbetrieb in B einschließlich der Verwaltung bis spätestens zum einzustellen. Diese unternehmerische Entscheidung habe sich sowohl im Informationsschreiben vom als auch in den beiden Betriebsvereinbarungen vom widergespiegelt. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung habe sie noch nicht erwogen und auch noch nicht erkennen können, dass zu Beginn des Folgejahres zwei Betriebsteile, nämlich die „Mischerei“ und die „Oberflächenbeschichtung“ aufgrund von Teilbetriebsübergängen weiter fortbestehen würden. Erstmals im Februar/März 2007 habe sie Verhandlungen mit dem Drittunternehmen aufgenommen. Die Entscheidung, die „Mischerei“ mit Wirkung vom durch das Schwesterunternehmen in H weiterführen zu lassen, sei erst in der zweiten Maihälfte 2007 getroffen worden. Die übrige Produktion sei, wie ursprünglich geplant, zum stillgelegt worden. Die Massenentlassungsanzeige sei ordnungsgemäß erstattet worden. Die Kündigung vom sei nicht nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB unwirksam. Das Schreiben der Klägerin vom lasse schon nicht hinreichend erkennen, dass damit Sonderkündigungsschutz geltend gemacht werden solle. Außerdem sei es ihr erst Anfang Januar und damit zu spät zur Kenntnis gelangt.
Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme die Unwirksamkeit der Kündigung vom festgestellt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Mit der von ihr eingelegten Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.
Gründe
14Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg(I.). Die Kündigung vom ist unwirksam nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB. Die Revision der Klägerin ist zulässig (II.) und begründet (III.). Ob die Kündigung vom sozialwidrig iSd. § 1 KSchG ist, steht noch nicht fest.
15I. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Kündigung vom ist nichtig nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB. Sie bedurfte der Zustimmung des Integrationsamts nach § 85 SGB IX.
161. Hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer - wie hier - im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits einen Bescheid über seine Schwerbehinderteneigenschaft erhalten, so steht ihm der Sonderkündigungsschutz nach §§ 85 ff. SGB IX - abgesehen von den sich aus § 90 SGB IX ergebenden Ausnahmen - nach dem Wortlaut des Gesetzes auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Antragstellung nichts wusste(vgl. - Rn. 15, AP SGB IX § 85 Nr. 3 = EzA SGB IX § 85 Nr. 5). Allerdings unterliegt das Recht des Arbeitnehmers, sich nachträglich auf eine Schwerbehinderung zu berufen und die Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung geltend zu machen, der Verwirkung (§ 242 BGB). Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird ausgeschlossen, Rechte illoyal verspätet geltend zu machen (Senat - 2 AZR 295/03 - zu II 3 b der Gründe, AP MuSchG 1968 § 9 Nr. 36 = EzA MuSchG § 9 nF Nr. 40). Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn der Gläubiger sich längere Zeit nicht auf seine Rechte berufen hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr wahrnehmen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist ( - Rn. 42, BAGE 121, 289). Nach den vom Senat hierzu aufgestellten Grundsätzen muss sich der Arbeitnehmer, wenn er sich den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX erhalten will, nach Zugang der Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist, die drei Wochen beträgt ( - BAGE 125, 345; - 2 AZR 539/05 - Rn. 45, aaO), gegenüber dem Arbeitgeber auf seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft berufen. Unterlässt der Arbeitnehmer die entsprechende Mitteilung, so hat er den besonderen Kündigungsschutz verwirkt. Die Dreiwochenfrist ist eine Regelfrist. Sie konkretisiert den Verwirkungstatbestand. Ihre Überschreitung führt danach regelmäßig, aber nicht zwingend zur Verwirkung ( - aaO).
172. Im Streitfall hat die Klägerin das Recht, die Nichtigkeit der Kündigung geltend zu machen, nicht verwirkt.
18a) Die Klägerin hat sich mit ihrem Schreiben vom ausreichend auf das Bestehen von Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX berufen. Nach dem Wortlaut des Schreibens führte die Klägerin aus, die Kündigung „sei auch deshalb unwirksam, da das Integrationsamt nicht über die Kündigung unterrichtet wurde.“ Einer Einschaltung des Integrationsamts zur Vermeidung der Unwirksamkeit einer Kündigung bedarf es nach dem Gesetz ausschließlich bei schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen. Das war offenkundig auch der Beklagten geläufig. Sie hat das Schreiben jedenfalls in diesem Sinn verstanden und umgehend die Zustimmung des Integrationsamts beantragt.
19b) Die Klägerin hat das Recht, sich auf die Nichtigkeit der Kündigung zu berufen, nicht illoyal verspätet geltend gemacht. Illoyal verspätet ist eine Berufung auf die Schwerbehinderung gegenüber dem Arbeitgeber jedenfalls dann nicht, wenn sie - wie hier - zugleich mit der Zustellung der fristgerecht erhobenen Klage erfolgt.
20aa) Die ursprünglich vom Senat angenommene Monatsfrist wurde zu einer Zeit als Regelfrist aufgestellt, als das Fehlen einer Zustimmung der zuständigen Behörde noch als sonstiger Unwirksamkeitsgrund außerhalb der Klagefrist geltend gemacht werden konnte. Die Frist sollte einer Überforderung des Arbeitgebers durch den Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer entgegenwirken. Nachdem der Arbeitnehmer nunmehr auch die sonstigen Unwirksamkeitsgründe einschließlich der Schwerbehinderung innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich geltend machen muss, konnte es bei der Monatsfrist nicht bleiben: Die materiellrechtliche Verwirkungsfrist konnte sinnvoller Weise nicht länger sein als die mit denselben Wirkungen des Rechtsverlustes ausgestattete Versäumung der Klagefrist.
21bb) Dem entspricht es, dass auch umgekehrt die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht länger sein kann als die materiellrechtliche Verwirkungsfrist. Es liegt nicht in der Absicht des Gesetzes, Arbeitnehmer, die ihren Sonderkündigungsschutz als schwerbehinderte Menschen geltend machen wollen, schlechter zu stellen als zB Arbeitnehmer, die sich auf andere vom Arbeitgeber unerkannte Unwirksamkeitsgründe stützen wollen. Das Gesetz will alle Unwirksamkeitsgründe, was die Frist, sie gerichtlich geltend zu machen, betrifft, gleichbehandeln. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG soll den Arbeitgeber schützen. Er soll nach einer angemessenen Zeit, die vom Gesetzgeber auf drei Wochen zuzüglich der zur Zustellung der Klageschrift erforderlichen Zeit bemessen wurde, davon geschützt sein, sich mit dem Begehren nach Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auseinandersetzen zu müssen. Umgekehrt mutet das Gesetz jedenfalls bis zum Ablauf dieser Zeitspanne dem Arbeitgeber zu, die Wirksamkeit der Kündigung verteidigen und alle etwa geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe entweder entkräften oder gegen sich gelten lassen zu müssen. Dies erfasst nach der Neuregelung des § 4 Satz 1 KSchG auch die fehlende Zustimmung des Integrationsamts. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn sich ein Arbeitnehmer, der innerhalb der betreffenden Zeitspanne die Unwirksamkeit der Kündigung nach § 85 SGB IX geltend macht, gleichwohl den Einwand der Verwirkung entgegenhalten lassen müsste.
22II. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie richtet sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, soweit es ihre Berufung zurückgewiesen und damit die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt hat.
231. Das am verkündete Berufungsurteil wurde der Klägerin am zugestellt. Revisionsschrift und Revisionsbegründung gingen am beim Bundesarbeitsgericht ein. Dass dieser Zeitpunkt vor dem der Zustellung des Berufungsurteils lag, ist unschädlich(für die Berufungsbegründungsfrist: - NJW 1999, 3269).
242. Die Revision ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb unzulässig, weil die Klägerin - soweit sie Revision eingelegt hat - nicht beschwert wäre. Allerdings scheint sich der in der Revisionsbegründung enthaltene Sachantrag gegen - so der Wortlaut - „die Kündigung vom … zum “ zu wenden. Indes ist der Antrag auslegungsbedürftig und auslegungsfähig. Die Klägerin hatte keinerlei Anlass, das Berufungsurteil hinsichtlich der Kündigung vom anzugreifen. Insoweit hatte sie obsiegt. Wenn sie gleichwohl Rechtsmittel gegen das Urteil einlegte, dann war für jedermann offenkundig, dass es sich bei der Angabe „die Kündigung vom “ um einen Irrtum in der Bezeichnung(falsa demonstratio) handelte. Nach Lage der Dinge konnte die Revision sich allein gegen die - die Berufung der Klägerin zurückweisende - Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Kündigung vom zum richten. Das liegt trotz des Fehlgriffs im Wortlaut auf der Hand und kann von der Beklagten schwerlich verkannt worden sein.
25III. Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang ihrer Einlegung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
261. Ob die Kündigung vom sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG ist, steht noch nicht fest. Die bisherige Würdigung des Landesarbeitsgerichts steht nicht im Einklang mit § 1 Abs. 2 KSchG.
27a) Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist der des Kündigungszugangs(st. Rspr., vgl. Senat - 2 AZR 241/04 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 114, 258). Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund, nämlich der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit, vorliegen. Das Gestaltungsrecht Kündigung kann nur bei Vorliegen eines im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorhandenen Kündigungsgrundes rechtswirksam ausgeübt werden.
28b) Diesem Maßstab wird das Berufungsurteil nicht gerecht, soweit es die Abweisung der Klage bestätigt hat. Das Landesarbeitsgericht hat die am ausgesprochene Kündigung nach den Verhältnissen bei Zugang der vorausgegangenen Kündigung - am - beurteilt. Dies ist im Streitfall kein marginaler Unterschied, der vernachlässigt werden könnte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich prognosewirksame Tatsachen Anfang 2007 geändert haben. Es ist daher denkbar, dass bei Zugang der zweiten Kündigung Ende Februar 2007 die Prognose einer vollständigen Betriebsstilllegung nicht mehr gerechtfertigt war. Das Landesarbeitsgericht ist ersichtlich - und fälschlich - davon ausgegangen, die von ihm zu überprüfende Kündigung sei der Klägerin bereits Anfang Dezember 2006 zugegangen. So ist unter A I 2 der Entscheidungsgründe von „Ende November 2006 und … Anfang Dezember 2006, also … den jeweiligen Beurteilungszeitpunkten des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigungen“ die Rede. In den die Betriebsbedingtheit der Kündigung betreffenden Passagen bezieht sich das Landesarbeitsgericht zudem mehrfach darauf, etwaige Änderungen am unternehmerischen Konzept der vollständigen Betriebsstilllegung hätten sich erst „nach der Kündigung“ ergeben. Den Zeitraum „nach der Kündigung“ sieht es, wie sich aus dem Zusammenhang seiner Ausführungen ergibt, als identisch mit Anfang 2007 an. Die hier zur Entscheidung stehende Kündigung wurde der Klägerin jedoch erst am ausgesprochen. Zu der Frage, ob zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung (noch) vorlagen, verhält sich das Berufungsurteil nicht.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Ob die Kündigung vom sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG ist, kann der Senat auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes nicht beurteilen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es seit Anfang 2007 bei der Beklagten Zweifel gab, ob sich das ursprüngliche Stilllegungskonzept würde durchhalten lassen. Die Beklagte selbst hat vorgetragen, entsprechende Verhandlungen mit einem Teilübernehmer Februar/März 2007 begonnen zu haben. Ob sich diese Unsicherheiten auf die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin - etwa bei der Frage der Sozialauswahl - ausgewirkt haben, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit keine Feststellungen getroffen. Auch seine Ausführungen zu der Frage, ob die Unwirksamkeit der Kündigung aus einem Verstoß gegen §§ 17, 18 KSchG folgen könne, beruhen auf der irrtümlichen Vorstellung, die Kündigung sei Ende November/Anfang Dezember 2006 erfolgt. Ob für die Kündigung vom eine Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 1 KSchG bestand, ist nicht festgestellt.
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PAAAD-47272