Berechnung der Einkommensteuer bei Zusammentreffen von außerordentlichen Einkünften mit solchen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, in den Fällen des § 34 Abs. 1 S. 3 EStG
Nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zur Frage der Berechnung der Einkommensteuer bei Zusammentreffen von außerordentlichen Einkünften mit solchen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen (§§ 32b, 34 EStG) ist entsprechend dem – wie folgt zu verfahren:
1. Verbleibendes zu versteuernde Einkommen ist unter Berücksichtigung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Bezüge weiterhin negativ
In Fällen des § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG, in denen das verbleibende zu versteuernde Einkommen unter Berücksichtigung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Bezüge weiterhin negativ ist, wird die Einkommensteuer für die außerordentlichen Einkünfte ohne Anwendung des Progressionsvorbehalts ermittelt.
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Abfindung (steuerpflichtiger Teil) | 100.000 € |
negative andere Einkünfte | – 20.000 € |
Arbeitslosengeld | 10.000 € |
Sonderausgaben | 10.000 € |
Da das verbleibende zu versteuernde Einkommen (70.000 € – 100.000 € = – 30.000 €) auch unter Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes negativ bleibt, ist die Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG ohne Anwendung des Progressionsvorbehalts zu berechnen. Das Arbeitslosengeld wird bei Berechnung der Einkommensteuer nicht berücksichtigt.
2. Verbleibendes zu versteuernde Einkommen ist unter Berücksichtigung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Bezüge positiv. Wird das verbleibende zu versteuernde Einkommen unter Berücksichtigung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Bezüge positiv, sind die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Bezüge nur insoweit für die Ermittlung des besonderen Steuersatzes für das verbleibende zu versteuernde Einkommen und das erhöhte verbleibende zu versteuernde Einkommen heranzuziehen, als sie das negative verbleibende zu versteuernde Einkommen übersteigen [vgl. auch H 34.2 (Beispiel 4) EStH 2006 ].
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Abfindung (steuerpflichtiger Teil): | 100.000 € |
negative andere Einkünfte: | – 20.000 € |
Arbeitslosengeld: | 33.000 € |
Sonderausgaben: | 10.000 € |
Berechnung der Steuer für den Veranlagungszeitraum 2004:
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zu versteuerndes Einkommen | 70.000 € |
1/5 des zu versteuernden Einkommens | 14.000 € |
+ dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte, soweit sie das negative verbleibende zu versteuernde Einkommen von – 30.000 € übersteigen | + 3.000 € |
= 17.000 € | |
Steuer (Grundtabelle 2004) auf 17.000 € | 2.089 € |
Steuersatz = 12,2882 % | |
12,2882 % von 14.000 € | 1.720 € |
multipliziert mit Faktor 5 | 8.600 € |
festgesetzte Einkommensteuer | 8.600 € |
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat mit , EFG 2007, S. 1947, abweichend von der o.a. Rechtsauffassung entschieden. Das Finanzgericht wendet die Vorschriften der §§ 34, 32b EStG zunächst getrennt an, um anschließend die jeweiligen steuererhöhenden und steuerermäßigenden Wirkungen auszugleichen (sog. Additive Methode). Hierdurch werde verhindert, dass eine der Vorschriften in ihrer Wirkung stärker berücksichtigt werde als die andere und so ihr Sinn und Zweck in ausgewogener Weise verwirklicht.
Die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision hat der BFH – die Verwaltungsauffassung bestätigend – mit amtlich nicht veröffentlichtem als unbegründet zurückgewiesen, da die vom FG zur Ermittlung der tariflichen ESt angewandte sog. additive Methode im Gesetz keine Grundlage finde.
Anhängige Rechtsbehelfsverfahren können wiederaufgenommen und entsprechend entschieden werden.
OFD Frankfurt v. - S 2290 A-21-St 216
Fundstelle(n):
BAAAD-43412