Provisionsanspruch des Wohnungsmaklers: Anforderungen an eine Nachweistätigkeit; Vereinbarung eines erfolgsunabhängigen Entgelts
Gesetze: § 652 BGB, § 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB, § 1 Abs 1 WoVermRG, § 3 Abs 3 S 1 WoVermRG, § 5 Abs 1 S 1 WoVermRG
Instanzenzug: Az: 309 S 107/08 Urteilvorgehend Az: 4 C 157/08
Tatbestand
1Die Kläger schlossen mit der Beklagten jeweils einen eigenen, auf ein Jahr befristeten und mit "Immobilien Publikation für courtagefreie Mietobjekte" überschriebenen Vertrag über die Zusendung von Mietangeboten. Zugleich erstellten sie ein persönliches Profil für den von ihnen gewünschten Wohnraum. In den Vereinbarungen wird zunächst darauf hingewiesen, die Beklagte biete Vermietern eine kostenlose Möglichkeit, ihr Mietobjekt zu inserieren und zu bewerben, um so schnellstmöglich einen Mieter oder Nachmieter zu finden. Ihre Leistung gegenüber den Vertragspartnern wird sodann dahin beschrieben, dass sie lediglich in der Zurverfügungstellung von Mietangeboten (öffentlich und nicht öffentlich zugängliche) gegen Zahlung eines Service-Entgelts in Höhe von 179 € beziehungsweise 189 € (inkl. MWSt.) bestehe. Ferner heißt es in den Verträgen unter anderem:
"… Weitere Zahlungen dürfen von der W. nicht gefordert werden. ... Dem Kunden von W. (…) wird somit die Möglichkeit gegeben, sich selbst mit dem Vermieter -und ohne Einschaltung eines courtagepflichtigen Vermittlers- in Kontakt zu setzen. Die Firma W. handelt ausschließlich als Publikationsmedium von Mietangeboten und beschränkt sich darauf, Mietobjekte nach An- bzw. Vorgaben der Vermieter zu veröffentlichen, bzw. zu bewerben. Zwischenvermietung bleibt dem Vermieter vorbehalten. Die Gebühr wird nur für die Herausgabe der Mietobjektlisten erhoben. Die Firma W. greift unter keinen Umständen in die Verhandlung zwischen dem werbenden Vermieter (…) und dem Mietsuchenden ein. Die Angaben zum Mietobjekt basieren auf den Angaben Dritter, weswegen die Firma W. keine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit übernehmen kann. …"
2Die Kläger zu 1 bis 4 zahlten jeweils 189 €, die Kläger zu 5 bis 9 179 € an die Beklagte. Dafür erhielten sie verschiedene Mietobjektlisten, die von ihnen telefonisch oder per E-Mail abgerufen werden konnten. Darin waren Angebote zu verschiedenen, näher beschriebenen Mietobjekten, überwiegend mit Adresse, enthalten, wobei auch der jeweilige Vermieter mit Telefonnummer benannt wurde.
3Mit der Begründung, die Geschäftspraxis der Beklagten verstoße gegen das Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung, wonach für Dienstleistungen der vorliegenden Art keine erfolgsunabhängige und im Voraus zu zahlende Vergütung geltend gemacht werden dürfe, verlangen die Kläger die geleisteten Beträge zurück. Das Amtsgericht hat ihre Klage abgewiesen; auf ihre Berufung hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Gründe
4Die Revision ist nicht begründet.
I.
5Das Berufungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, die von der Beklagten vertraglich geschuldete Leistung sei als eine Nachweistätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 WoVermittG anzusehen. Denn sie habe nach dem von den Klägern bei Abschluss der Verträge unstreitig erstellten individuellen Profil nicht nur allgemeine Listen von Wohnungsangeboten aus dem Großraum H., sondern auf dieses Profil abgestimmte Angebote übersenden sollen. Da sich den von den Klägern vorgelegten Listen unter anderem die Person des Vermieters, seine Telefonnummer und neben der konkreten Beschreibung der jeweiligen Wohnung auch überwiegend die Adresse des Mietobjekts hätten entnehmen lassen, seien die Kläger in der Lage gewesen, sich mit den Vermietern, deren Vertragsbereitschaft habe angenommen werden dürfen, zum Zwecke von Vertragsverhandlungen in Verbindung zu setzen. All dies gehe über den Inhalt von Zeitungsannoncen deutlich hinaus und genüge, um die Erbringung des Nachweises einer Vertragsgelegenheit annehmen zu können. Mit dem Verlangen nach Zahlung eines Service-Entgelts habe die Beklagte einen nach § 2 Abs. 4 WoVermittG unzulässigen Vorschuss eingefordert; die geschlossenen Vereinbarungen seien deshalb nach § 2 Abs. 5 dieses Gesetzes unwirksam und die gezahlten Beträge somit zurückzugewähren.
II.
6Dies hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
71. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, wonach die vertraglich geschuldete Leistung der Beklagten, ihren Kunden, orientiert an deren individuellem Profil, öffentlich und nicht öffentlich zugängliche Mietangebote gegen Zahlung eines einmaligen Service-Entgelts zukommen zu lassen, als Nachweistätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 WoVermittG anzusehen ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
8a) Nach dieser Vorschrift ist Wohnungsvermittler, wer den Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume vermittelt oder die Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume nachweist. Diese Begriffsbestimmung ist in bewusster Anlehnung an die Tätigkeitsmerkmale des § 652 BGB erfolgt und entspricht inhaltlich dem sich aus dieser Vorschrift ergebenden gesetzlichen Leitbild des Nachweis- und Vermittlungsmaklers, wenn auch gegenständlich auf Mietverträge über Wohnräume beschränkt (vgl. - NJW-RR 1995, 880; Amtl. Begr. BT-Drucks. VI/1549, S. 12; Baader/Gehle, Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 1993, § 1 Rn. 1; Schulz, WoVermG, 2010, § 1, Rn. 2).
9b) Auf der Grundlage der getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht die fragliche Betätigung der Beklagten rechtsfehlerfrei als für die Annahme eines Nachweises im Sinne des § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB ausreichend bewertet.
10aa) Der nach dieser Bestimmung für das Entstehen eines Provisionsanspruchs erforderliche "Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags" (des so genannten Hauptvertrags) ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erbracht, wenn aufgrund der Mitteilung des Maklers an seinen Kunden und Auftraggeber dieser in die Lage versetzt wird, in konkrete Verhandlungen mit dem potentiellen Vertragspartner über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Unverzichtbare, aber auch ausreichende Voraussetzung für einen Nachweis ist dabei, dass der Makler dem Kunden einen möglichen Vertragspartner, der zum Vertragsschluss bereit ist, grundsätzlich mit vollständigem Namen und Anschrift, zur Kenntnis bringt und damit auf eine konkrete Vertragsgelegenheit hinweist (vgl. zu den Anforderungen an einen Nachweis z.B. die Senatsurteile BGHZ 141, 40, 46; vom - III ZR 256/07 - NJW-RR 2008, 1281, Rn. 11; vom - III ZR 52/06 - NJW-RR 2007, 402, 403, Rn. 13; vom - III ZR 379/04 - NJW 2006, 3062 f; Rn. 13; vom - III ZR 16/95 - NJW-RR 1996, 113, 114; Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht, 5. Aufl. 2008, Rn. 235 f; MünchKommBGB/Roth, 5. Aufl. 2009, § 652, Rn. 96; Staudinger/Reuter, BGB, Neubearbeitung 2003, §§ 652, 653, Rn. 35; Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl. 2010, § 652, Rn. 25, 26). Demgegenüber handelt es sich um keinen Nachweis, sondern nur um die Verschaffung einer Ermittlungsmöglichkeit, wenn etwa einem Verkaufsinteressenten eine Namensliste von ca. 500 Personen übersandt wird, die der Auftraggeber anschreiben muss, um zu ermitteln, ob sich unter diesen Personen jemand befindet, der sich konkret für das Objekt interessiert (vgl. Staudinger/Reuter, aaO, Rn. 39; Schwerdtner/Hamm, aaO, Rn. 257).
11bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht zutreffend auf die vorliegende Fallgestaltung angewandt. Es hat festgestellt, dass die den Klägern an die Hand gegebenen Objektlisten auf das jeweils angegebene individuelle Profil zugeschnitten waren und ins Einzelne gehende, individuelle Informationen, so die Person des Vermieters, seine Telefonnummer und neben der konkreten und detaillierten Beschreibung der Räumlichkeiten auch überwiegend die Adresse des jeweiligen Mietobjekts enthielten. Die darauf beruhende Annahme, die von der Beklagten übersandten Angebotslisten gingen danach über den Inhalt von Zeitungsannoncen weit hinaus und es handele sich deshalb nicht nur um allgemeine Ermittlungsmöglichkeiten, sondern bereits ausreichend konkrete Hinweise auf Vertragsgelegenheiten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Anders als bei Tageszeitungen und vergleichbaren Publikationsorganen wurde bei der hier zu beurteilenden Tätigkeit eine Auswahl der Mietobjekte ausdrücklich nach den von dem einzelnen Interessenten angegebenen Kriterien geschuldet, um die Wohnungssuchenden durch eine gezielte Adressenauswahl in die Lage zu versetzen, sich selbst mit dem Vermieter in Verbindung zu setzen, und ihnen so zur Miete einer Wohnung zu verhelfen (vgl. BVerwG, NVwZ 1991, 267, 268 zu § 34c Abs. 1 Nr. 1a GewO).
12Weiterhin ist aus Rechtsgründen auch nichts gegen die Einschätzung des Berufungsgerichts einzuwenden, die Kunden der Beklagten hätten auch von einer grundsätzlich bestehenden Vertragsbereitschaft der Vermieter ausgehen können. Im Hinblick auf die ausdrückliche Erwähnung des Angebots der Beklagten in den mit den Klägern geschlossenen Verträgen, Vermietern die kostenlose Möglichkeit bieten zu wollen, einen Mieter oder Nachmieter zu finden, ist die Annahme gerechtfertigt, dass sich Wohnungseigentümer mit einer entsprechenden Absicht an die Beklagten gewandt haben und damit regelmäßig deren Bereitschaft zum Abschluss eines Mietvertrags vorausgesetzt werden konnte. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Beklagte im Vertragstext deutlich macht, nicht in die Verhandlungen zwischen den Wohnungssuchenden und den Vermietern einzugreifen. Eine derartige Mitwirkung gehört nicht mehr zur Erbringung eines Nachweises im Sinne des § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB und des § 1 Abs. 1 WoVermittG. Auch der Umstand, dass möglicherweise die eine oder andere der in den übersandten Listen enthaltenen Wohnungen schon vermietet gewesen sein mag, führt zu keiner anderen Bewertung. Im Rahmen der Maklertätigkeit ist nicht immer zu vermeiden, dass manche noch im Bestand geführte Vertragsgelegenheit nicht mehr besteht, weil die entsprechende Wohnung bereits vergeben ist, der Makler darüber aber noch nicht informiert wurde. Deshalb lässt letztlich auch der Hinweis der Beklagten in den Verträgen, eine Zwischenvermietung bleibe dem Vermieter vorbehalten und sie übernehme keine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zum Mietobjekt, die Einstufung der Dienstleistung der Beklagten als Nachweistätigkeit und damit die Anwendbarkeit der Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung nicht entfallen.
132. Da die Tätigkeit der Beklagten vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als Nachweistätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 WoVermittG angesehen wurde, steht den Klägern ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihnen jeweils gezahlten 179 € oder 189 € zu.
14Allerdings sind die zugrunde liegenden Vereinbarungen zwischen den Parteien nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, nach § 2 Abs. 5 WoVermittG unwirksam; die geleisteten Zahlungen stellen keinen Vorschuss im Sinne des § 2 Abs. 4 WoVermittG dar. Diese Vorschrift ist nur auf den in ihrem Absatz 1 geregelten und vom Abschluss eines Mietvertrags abhängigen Entgeltanspruch bezogen; um ein solches Entgelt und einen darauf etwa gezahlten Vorschuss geht es hier jedoch ersichtlich nicht.
15Der Rückzahlungsanspruch ergibt sich jedoch aus § 5 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 3 Satz 1 WoVermittG i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Außer einem stets erfolgsabhängigen Entgelt dürfen nach § 3 Abs. 3 Satz 1 WoVermittG für Tätigkeiten, die mit der Vermittlung oder dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume zusammenhängen, sowie für etwaige Nebenleistungen keine Vergütungen irgendwelcher Art, insbesondere keine Einschreibgebühren, Schreibgebühren oder Auslagenerstattungen vereinbart oder angenommen werden. Dieser Vorschrift handelt die Beklagte zuwider, wenn sie ein von einem späteren Mietvertragsabschluss unabhängiges "Service-Entgelt" für die Zurverfügungstellung der fraglichen Objektlisten von ihren Vertragspartnern fordert. Dass vorliegend die Ausnahmeregelungen des § 3 Abs. 3 Satz 2 oder 3 WoVermittG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen der Wohnungsvermittler Erstattung nachgewiesener Auslagen verlangen kann, eingreifen könnten, ist weder von der Beklagten aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Tombrink
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
NJW-RR 2010 S. 1385 Nr. 20
RAAAD-42841