BAG Urteil v. - 7 AZR 640/08

Befristung - vorübergehender Bedarf - Daueraufgabe - Haushalt

Leitsatz

Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer Daueraufgaben übertragen werden, die von dem in der Dienststelle beschäftigten Stammpersonal wegen einer von vornherein unzureichenden Personalausstattung nicht erledigt werden können.

Gesetze: § 14 Abs 1 S 2 Nr 1 TzBfG, § 14 Abs 1 S 2 Nr 7 TzBfG, § 611 Abs 1 BGB, Anh Rahmenvereinbarung § 5 Nr 1 Buchst a EGRL 70/99, § 71a Abs 1 S 1 SGB 4

Instanzenzug: ArbG Dresden Az: 6 Ca 3984/06 Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht Az: 7 Sa 710/07 Urteil

Tatbestand

1 Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am geendet hat.

Die Klägerin war vom bis zum als Sachbearbeiterin bei der Beklagten im Arbeitsamt D beschäftigt. Mit Arbeitsvertrag vom wurde sie für die Zeit vom bis zum nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG befristet als Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG der Beklagten in D eingestellt. Am schlossen die Parteien eine Änderungsvereinbarung. Danach wurde die Klägerin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG befristet bis zum weiterbeschäftigt. In einem von der Klägerin und einem Vertreter der Beklagten unterzeichneten Vermerk vom heißt es ua.:

3 In dem vom Vorstand der Beklagten am und vom Verwaltungsrat am aufgestellten Haushaltsplan für das Jahr 2006 sind in Kapitel 5/Titel 425 02 „Vergütungen der Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag“ Mittel in Höhe von 14,9 Mio. Euro ausgewiesen. In der Anlage 2 zum Haushaltsplan ist unter der Überschrift „Ermächtigungen für Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag und Arbeiter“ für die Dienststellen „RD, AA, bes. DSt.“ zu Titel 425 02 für das Jahr 2006 die Zahl 538 angegeben.

4 Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum gewandt und ihre Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt. Der Bedarf an ihrer Arbeitsleistung habe nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft bestanden. Das üblicherweise in der Bearbeitungsstelle anfallende Arbeitspensum könne mit den planmäßig Beschäftigten nicht bewältigt werden. Deshalb seien immer wieder Arbeitnehmer befristet eingestellt worden. Außerdem habe die Beklagte ihre Prognose zum Abbau der unbearbeiteten Widersprüche fehlerhaft erstellt. Auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG könne sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Befristung nicht berufen. Die Voraussetzungen für eine Befristung nach dieser Vorschrift lägen nicht vor.

Die Klägerin hat beantragt,

6 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Befristung sei sowohl wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung der Klägerin als auch aus haushaltsrechtlichen Gründen gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

8Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Dem Senat ist eine abschließende Sachentscheidung darüber, ob die in der Änderungsvereinbarung vom vereinbarte Befristung zum wegen eines vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung der Klägerin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt ist, nicht möglich. Dazu bedarf es weiterer Tatsachenfeststellungen seitens des Landesarbeitsgerichts. Die angefochtene Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

9A. Der Senat vermag nicht abschließend zu entscheiden, ob die Befristungskontrollklage begründet ist. Die bisherigen Feststellungen tragen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die in der Änderungsvereinbarung vom vereinbarte Befristung sei wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung der Klägerin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt, nicht. Die Befristung ist auch nicht aus haushaltsrechtlichen Gründen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG gerechtfertigt.

10I. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht.

111. Der vorübergehende betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung kann auf unterschiedlichen Sachverhalten beruhen. Er kann sich zB aus dem Umstand ergeben, dass für einen begrenzten Zeitraum in dem Betrieb oder der Dienststelle zusätzliche Arbeiten anfallen, die mit dem Stammpersonal allein nicht erledigt werden können, oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringern wird - etwa wegen der Inbetriebnahme einer neuen technischen Anlage (vgl. hierzu BT-Drucks. 14/4374 S. 19). Der vorübergehende Bedarf an der Arbeitsleistung kann auf einer zeitweise übernommenen Sonderaufgabe beruhen oder auf einer im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers vorübergehend angestiegenen Arbeitsmenge, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht ( - Rn. 13, AP TzBfG § 14 Nr. 45). Die Befristung eines Arbeitsvertrags kann dagegen nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gestützt werden, wenn der vom Arbeitgeber zur Begründung angeführte Bedarf an der Arbeitsleistung tatsächlich nicht nur vorübergehend, sondern objektiv dauerhaft besteht. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom und der inkorporierten EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom , deren Umsetzung die befristungsrechtlichen Vorschriften des TzBfG dienen. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung steht der Anwendung einer Regelung nationalen Rechts, die den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs gestattet, entgegen, wenn der Bedarf nicht nur zeitweilig, sondern ständig und auf Dauer besteht ( bis C-380/07 - [Angelidaki] Rn. 103).

122. Eine Befristung wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers in dem Betrieb kein dauerhafter Bedarf mehr besteht (st. Rspr., vgl. etwa  - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 45). Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist Teil des Sachgrunds für die Befristung ( - zu 3 a der Gründe, AP BAT § 2 SR 2y Nr. 19 = EzA BGB § 620 Nr. 166).

13Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose über den nur vorübergehend bestehenden Arbeitskräftebedarf hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen ( - zu I 3 a der Gründe, BAGE 101, 262). Wird die Befristung auf einen zusätzlichen Arbeitskräftebedarf im Bereich der Daueraufgaben gestützt, hat der Arbeitgeber darzutun, aufgrund welcher Umstände bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags davon auszugehen war, dass künftig nach Ablauf der mit dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer vereinbarten Vertragslaufzeit das zu erwartende Arbeitspensum mit dem vorhandenen Stammpersonal würde erledigt werden können.

14Der Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG steht es nicht entgegen, wenn der prognostizierte vorübergehende Bedarf an der Arbeitsleistung noch über das Vertragsende des mit dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrags hinaus andauert. Die vom Arbeitgeber zu erstellende Prognose muss sich lediglich darauf erstrecken, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers nur zeitweise und nicht dauerhaft eröffnet ist ( - Rn. 16, AP TzBfG § 14 Nr. 45). Bei der Befristungskontrolle geht es nicht um die Zulässigkeit der vereinbarten Vertragsdauer, sondern um das Vorliegen eines sachlichen Grundes dafür, dass statt eines unbefristeten nur ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde ( - Rn. 18, aaO). Die vereinbarte Vertragsdauer erlangt nur Bedeutung im Rahmen der Prüfung, ob ein sachlicher Grund für die Befristung iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt. Die Vertragsdauer muss sich am Sachgrund der Befristung orientieren und so mit ihm im Einklang stehen, dass sie den behaupteten Sachgrund nicht in Frage stellt. Aus der Vertragslaufzeit darf sich nicht ergeben, dass der Sachgrund tatsächlich nicht besteht oder nur vorgeschoben ist. Das bloße Zurückbleiben der vereinbarten Vertragsdauer hinter der bei Vertragsschluss voraussehbaren Dauer des vorübergehenden Bedarfs ist daher nicht stets und ohne weiteres geeignet, den Sachgrund für die Befristung in Frage zu stellen. Der Arbeitgeber kann bei Befristungen, die auf die in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 3 und 7 TzBfG normierten Sachgründe gestützt sind, frei darüber entscheiden, ob er den Zeitraum des von ihm prognostizierten zusätzlichen Arbeitskräftebedarfs ganz oder nur teilweise durch den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen abdeckt. Ein Zurückbleiben der Vertragslaufzeit hinter der voraussichtlichen Dauer des Bedarfs kann das Vorliegen des Sachgrunds für die Befristung nur in Frage stellen, wenn eine sinnvolle, dem Sachgrund entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers nicht mehr möglich erscheint ( - Rn. 19, aaO; - 7 AZR 101/88 - zu III der Gründe, BAGE 59, 265).

153. Die Wirksamkeit einer Befristung wegen eines vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt des Weiteren voraus, dass der Arbeitnehmer gerade zur Deckung dieses Mehrbedarfs eingestellt wird. Dies erfordert jedoch nicht, dass der befristete beschäftigte Arbeitnehmer in dem Bereich eingesetzt wird, in dem der Mehrbedarf entstanden ist. Es genügt vielmehr, wenn zwischen dem zeitweilig erhöhten Arbeitsanfall und der befristeten Einstellung ein vom Arbeitgeber darzulegender ursächlicher Zusammenhang besteht. Der Arbeitgeber ist nicht gehindert, die vorhandene Arbeitsmenge zu verteilen, seine Arbeitsorganisation zu ändern oder die zusätzlichen Arbeiten anderen Arbeitnehmern zuzuweisen ( - zu 2 a der Gründe mwN, RzK I 9 a Nr. 132). Er darf einen zeitweiligen Mehrbedarf an Arbeitskräften nur nicht zum Anlass nehmen, beliebig viele Arbeitnehmer einzustellen. Vielmehr muss sich die Zahl der befristet eingestellten Arbeitnehmer im Rahmen des prognostizierten Mehrbedarfs halten und darf diesen nicht überschreiten ( - Rn. 20 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 45).

16II. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt. Es ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass ein zeitweilig erhöhtes Arbeitsaufkommen im Bereich der dauerhaft zu bearbeitenden Widersprüche in der Bearbeitungsstelle SGG in D grundsätzlich geeignet sein kann, einen vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG zu begründen. Der Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin nicht oder nicht ausschließlich mit der Bearbeitung der rückständigen Widersprüche, sondern auch mit anderen in der Bearbeitungsstelle anfallenden Aufgaben befasst war. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen tragen jedoch nicht seine Würdigung, an der Beschäftigung der Klägerin habe kein dauerhafter, sondern nur ein vorübergehender Bedarf bestanden.

171. Die Rügen, mit denen die Klägerin die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Prognose hinsichtlich des Abbaus der rückständigen Widersprüche angreift, vermögen der Revision allerdings nicht zum Erfolg verhelfen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnte die Beklagte bei Abschluss der Änderungsvereinbarung am prognostizieren, die in der Bearbeitungsstelle SGG in D unerledigt gebliebenen 4.524 Widersprüche innerhalb von neun Monaten mit Hilfe von 75,4 bzw. - mit Personalreserve - 81 zusätzlichen Monatskräften so weit abbauen zu können, dass sich die Bearbeitungsdauer von 10,2 Monaten auf unter drei Monate verringerte. Diese Prognose wurde nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt, da die Rückstände zum auf 910 Widersprüche und eine Bearbeitungszeit von 1,4 Monaten reduziert wurden. Es kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht hierbei, wie die Klägerin rügt, deren Vorbringen unzureichend berücksichtigt hat. Denn für die Wirksamkeit der Befristung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob im Dezember 2005 die Prognose gerechtfertigt war, dass die unbearbeiteten Widersprüche bis zum insgesamt oder soweit abgebaut sein würden, dass sich die Bearbeitungszeit auf weniger als drei Monate verringerte. Die mit der Klägerin vereinbarte Vertragslaufzeit musste nicht mit der prognostizierten Dauer des vorübergehenden Mehrbedarfs übereinstimmen. Die Vertragslaufzeit konnte auch kürzer bemessen sein. Deshalb sind die verschiedenen von den Parteien angestellten und voneinander abweichenden Berechnungen zur Anzahl der zum Abbau der rückständigen Widersprüche bis September 2006 erforderlichen Arbeitnehmer nicht von maßgeblicher Bedeutung. Allenfalls wenn festgestellt werden könnte, dass die Beklagte bereits bei Vertragsschluss mit der Klägerin die Absicht gehabt hätte, die entstandenen Rückstände dazu zu nutzen, mehr Arbeitnehmer befristet einzustellen als zum Abbau der Rückstände nach ihrer Berechnung benötigt wurden, könnte dies das Vorliegen des Sachgrunds für die Befristung in Frage stellen. Hierzu hat jedoch weder das Landesarbeitsgericht tatsächliche Feststellungen getroffen noch hat dies die Klägerin behauptet. Die Klägerin hat sich lediglich darauf berufen, in der Zeit bis September 2006 seien tatsächlich mehr Arbeitnehmer befristet beschäftigt worden (87,55 Monatskräfte) als nach der Darstellung der Beklagten zum Abbau der Rückstände erforderlich gewesen wären (75,4 bzw. - mit Personalreserve - 81 Monatskräfte). Sie hat aber nicht geltend gemacht, dass dies bereits bei Abschluss der Änderungsvereinbarung am von der Beklagten beabsichtigt war.

182. Entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts rechtfertigt aber allein der prognostizierte Abbau der rückständigen Widersprüche nicht die Annahme eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung der Klägerin. Davon konnte nur ausgegangen werden, wenn bei Abschluss der Änderungsvereinbarung zu erwarten war, dass nach dem Vertragsende am künftig das regelmäßig anfallende Arbeitspensum in der Bearbeitungsstelle SGG mit dem üblicherweise vorhandenen Stammpersonal würde bewältigt werden können. Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann dies nicht beurteilt werden. Das Landesarbeitsgericht hat weder Feststellungen zu dem in der Bearbeitungsstelle SGG in D regelmäßig anfallenden Arbeitsaufkommen getroffen noch dazu, ob das in dieser Dienststelle vorhandene Stammpersonal zur Bewältigung dieses Arbeitsaufkommens üblicherweise in der Lage ist. Es ist auch nicht festgestellt, in welchem Zeitraum und aufgrund welcher konkreten Gegebenheiten die Bearbeitungsrückstände entstanden sind. Ohne Kenntnis dieser Umstände lässt sich nicht beurteilen, ob die Bearbeitungsrückstände auf einem vorübergehend angestiegenen Arbeitsaufkommen in der Bearbeitungsstelle SGG in D beruhen oder auf einer von vornherein zu geringen Personalausstattung der Dienststelle. Zwar besteht auch bei einer generellen personellen Unterbesetzung und dadurch verursachten Bearbeitungsrückständen ein Bedarf an der Beschäftigung zusätzlicher Arbeitskräfte zum Abbau der unerledigt gebliebenen Arbeiten. Hierbei handelt es sich jedoch um einen ständig auftretenden Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften, da das regelmäßig anfallende Arbeitspensum mit dem vorhandenen Stammpersonal dauerhaft nicht bewältigt werden kann und deshalb nach dem Ausscheiden der zum Abbau von Rückständen befristet beschäftigten Arbeitnehmer jeweils neue Bearbeitungsrückstände entstehen, zu deren Abbau erneut zusätzliche Arbeitskräfte benötigt werden. In einem solchen Fall besteht ein Dauerbedarf an der Beschäftigung zusätzlicher Arbeitnehmer, der die Befristung von Arbeitsverträgen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG nicht rechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht wird daher bei der neuen Verhandlung Feststellungen zu dem regelmäßig in der Bearbeitungsstelle SGG in D anfallenden Arbeitsaufkommen sowie dazu zu treffen haben, ob diese Arbeitsmenge von dem in der Dienststelle beschäftigten Stammpersonal üblicherweise bewältigt werden kann. Außerdem wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, wodurch die Rückstände entstanden sind und weshalb bei Abschluss der Änderungsvereinbarung am die Prognose gerechtfertigt war, dass nach dem Ende der mit der Klägerin vereinbarten Vertragslaufzeit das Arbeitsaufkommen mit dem in der Dienststelle beschäftigten Stammpersonal würde bewältigt werden können.

19III. Die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht erübrigt sich nicht deshalb, weil die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen zutreffend wäre. Die Befristung zum ist weder nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG wegen nur vorübergehend verfügbarer Haushaltsmittel für die Beschäftigung der Klägerin noch nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG aus haushaltsrechtlichen Gründen gerechtfertigt.

201. Die Befristung ist nicht wegen nur vorübergehend zur Verfügung stehender Haushaltsmittel für die Beschäftigung der Klägerin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt.

21a) Nach der bereits vor Inkrafttreten des TzBfG entwickelten Senatsrechtsprechung können im Bereich des öffentlichen Dienstes haushaltsrechtliche Gründe die Befristung eines Arbeitsvertrags wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung rechtfertigen, wenn der öffentliche Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund konkreter Tatsachen die Prognose erstellen kann, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen. Die Ungewissheit über die künftige haushaltsrechtliche Entwicklung genügt hierfür nicht ( - 7 AZR 208/99 - zu B II 3 b aa der Gründe mwN, EzA BGB § 620 Nr. 173; - 7 AZR 292/87 - zu I 3 b aa der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 116 = EzA BGB § 620 Nr. 97). Es ist aber grundsätzlich ausreichend für die Prognose des öffentlichen Arbeitgebers zu einem nur vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung, wenn der befristet eingestellte Arbeitnehmer aus einer konkreten Haushaltsstelle vergütet wird, die von vornherein nur für eine bestimmte Zeitdauer bewilligt worden ist und anschließend fortfallen soll ( - zu II 1 der Gründe, BAGE 92, 121). In einem derartigen Fall kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass sich der Haushaltsgesetzgeber mit den Verhältnissen dieser Stelle befasst und festgestellt hat, dass für die Beschäftigung eines Arbeitnehmers auf dieser Stelle nur ein vorübergehender Bedarf besteht ( - zu II 3 b der Gründe mwN, BAGE 94, 130). Diese Rechtsprechung beruht auf Parallelwertungen zur privatwirtschaftlichen Unternehmerentscheidung darüber, welche Arbeitsleistungen in welchem Zeitraum und in welchem Umfang durch die Beschäftigung von Arbeitnehmern erbracht werden sollen. Diese Entscheidung bestimmt sowohl beim privatwirtschaftlichen Unternehmen als auch bei der öffentlichen Hand den Bedarf an Arbeitskräften. Während eine solche Entscheidung in privatwirtschaftlichen Unternehmen in der Regel unmittelbar aufgrund der Feststellung eines unternehmerischen Bedürfnisses an der Verrichtung bestimmter Arbeiten getroffen wird, vollzieht sie sich bei der öffentlichen Hand wegen der Bindung an das Haushaltsrecht im Wege der Bereitstellung der zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Haushaltsmittel ( - zu II 2 a der Gründe mwN, BAGE 55, 1).

22An diesen Grundsätzen hat der Senat auch nach Inkrafttreten des TzBfG zu dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG geregelten Sachgrund festgehalten ( - 7 AZR 162/08 - Rn. 19 u. 20, NZA 2009, 1257; - 7 AZR 360/07 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 56 = EzA TzBfG § 14 Nr. 53). Dabei handelt es sich nicht, wie die Beklagte meint, um einen sonstigen, in der Aufzählung in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG nicht genannten Sachgrund. Vielmehr ist der Tatbestand dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG geregelten Sachgrund zuzuordnen.

23b) Diese Voraussetzungen erfüllt die in der Änderungsvereinbarung vom vereinbarte Befristung nicht. Die Klägerin wurde nicht aus einer konkreten Haushaltsstelle vergütet, die von vornherein nur für eine bestimmte Zeitdauer bewilligt worden war und anschließend wegfallen sollte. Die Klägerin erhielt vielmehr nach der Darstellung der Beklagten lediglich Vergütung aus Mitteln, die für die befristete Beschäftigung bestimmt waren.

242. Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG gerechtfertigt. Die in der Änderungsvereinbarung vom vereinbarte Befristung erfüllt die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nicht. Daher kommt es nicht darauf an, ob unter den Begriff „Haushaltsmittel“ in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nur in einem Haushaltsgesetz ausgewiesene Haushaltsmittel fallen (zuletzt offengelassen in  - Rn. 12, NZA 2009, 1257).

25a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird. Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG erfordert nach der Rechtsprechung des Senats - wie bereits die wortgleiche Vorschrift des § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG in der bis zum geltenden Fassung - die Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung versehen sind. Die für die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers verfügbaren Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer vorgesehen sein ( - 7 AZR 907/07 - Rn. 37; - 7 AZR 419/05 - Rn. 11, BAGE 120, 42). Dabei müssen die Rechtsvorschriften, mit denen die Haushaltsmittel ausgebracht werden, selbst die inhaltlichen Anforderungen für die im Rahmen der befristeten Arbeitsverträge auszuübenden Tätigkeiten oder die Bedingungen, unter denen sie auszuführen sind, enthalten ( - 7 AZR 907/07 - aaO; - 7 AZR 419/05 - Rn. 22, aaO). Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegen nicht vor, wenn Haushaltsmittel lediglich allgemein für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen bereitgestellt werden (vgl. dazu ausführlich  - Rn. 11 ff., aaO).

26b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Haushaltsplan der Beklagten für das Jahr 2006 weist für die Dienststellen „RD, AA, bes. DSt“ lediglich 538 Stellen für „Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag und Arbeiter“ aus. Es fehlt die erforderliche konkrete Zweckbestimmung für die Beschäftigung mit einer Aufgabe von vorübergehender Dauer.

B. Der auf vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits gerichtete Klageantrag zu 2) ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Der Antrag steht unter der innerprozessualen Bedingung des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1). Demzufolge hat das Landesarbeitsgericht - aus seiner Sicht konsequent - über den Weiterbeschäftigungsantrag nicht entschieden, da es die Befristungskontrollklage abgewiesen hat. Durch die Aufhebung dieser Entscheidung wird der Rechtsstreit in die Lage zurückversetzt, in der er sich nach dem erstinstanzlichen Obsiegen der Klägerin befand.

Fundstelle(n):
BB 2010 S. 1212 Nr. 20
BB 2010 S. 1415 Nr. 23
DB 2010 S. 16 Nr. 17
DStR-Aktuell 2010 S. 13 Nr. 19
NJW 2010 S. 10 Nr. 20
NJW 2010 S. 2232 Nr. 30
LAAAD-40886