Bewertung eines Grundstücks in den neuen Bundesländern mit baufälligen Gebäuden als unbebautes Grundstück bei Unmöglichkeit
der weiteren Nutzung zum vorgesehenen Zweck
Bindungswirkung einer unzutreffenden Artfeststellung für die Wertfeststellung
Leitsatz
1. Ein Grundstück, auf dem sich leer stehende, baufällige Gebäude befinden, ist bei der Feststellung des Einheitswerts des
Grundvermögens nach dem in den neuen Bundesländern geltenden Bewertungsrecht erst ab dem Zeitpunkt nicht mehr als bebautes
Grundstück, sondern als unbebautes Grundstück nur mit dem Grund und Boden zu bewerten, zu dem die Gebäudenutzung nicht mehr
„zumutbar” ist. Die Zumutbarkeit der Gebäudenutzung entfällt nicht erst dann, wenn das Grundstück (Gebäude) zerstört oder
dem Verfall preisgegeben und das Vorhandensein nutzbaren Raums fraglich ist, sondern bereits dann, wenn nach den tatsächlichen
Verhältnissen ein Gebäude bzw. Gebäudeteil sich in einem Zustand befindet, der aus Gründen der Bau- oder Gesundheitsaufsicht
eine dauernde, der Zweckbestimmung entsprechende Benutzung des Gebäudes bzw. des Gebäudeteils nicht mehr gestattet.
2. Ein ursprünglich zu Wohnzwecken bestimmter, leerstehender Gebäudeteil in den neuen Bundesländern kann nicht mehr als Wohnung
genutzt werden und ist als unbebautes Grundstück zu bewerten, wenn er über keinerlei Heizung und Sanitärräume wie Bad oder
Innen-WC mehr verfügt. Ein anderer, über Ofenheizung und Bad verfügender, bis vor kurzem noch vermieteter Gebäudeteil ist
dagegen auch dann noch als bebautes Grundstück zu bewerten, wenn er sich unstreitig in einem schlechten baulichen Zustand
befindet (u. a. undichtes Dach, Schäden an Außen- und Innenputz, kaputte Fensterscheibe eines Wohnraumes), wenn der Eigentümer
aber dem Bausachverständigen des Finanzamts eine Besichtigung der Wohnung von innen nicht ermöglicht hat und sich dieser daher
kein Bild über die Zumutbarkeit der weiteren Wohnnutzung machen konnte.
3. Waren Werkstatt- und Lagerräume am Bewertungsstichtag noch einem Dritten zur Nutzung überlassen, schließt das die Annahme
aus, dass eine Nutzung dieser Räume nicht mehr möglich gewesen sei.
4. Hat das Finanzamt durch eine bestandskräftige Artfeststellung als Gebäudeart nicht wie eigentlich richtig „Geschäftsgrundstück”,
sondern unzutreffend „gemischtgenutztes” Grundstück festgestellt, so ist die unzutreffende Artfeststellung auch für die Wertfeststellung
verbindlich und das Grundstück somit nach dem Ertragswertverfahren zu bewerten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): EFG 2010 S. 1014 Nr. 13 JAAAD-40800
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