Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Tübingen vom
Gründe
I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Tübingen vom und Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Es hat ihn weiter wegen schwerer sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen zweier Fälle der Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
II. Der Schuldspruch im Fall II 3.2 der Urteilsgründe hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Zu den Fällen II 3.1 und II 3.2 der Urteilsgründe hat das Landgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Am frühen Morgen des schüttete der Angeklagte in einer Diskothek KO-Tropfen in das Getränk der ihm bis dahin unbekannten P., um deren Widerstandskraft zu schwächen und dann gegen deren erkennbaren Willen sexuelle Handlungen an ihr vorzunehmen. Es gelang ihm mehrfach mit der Hand in die Hose des Opfers zu gelangen und an dessen Scheide und Gesäß zu manipulieren, um sich sexuell zu erregen. Nach dem Verlassen der Diskothek rief der Angeklagte ein Taxi und ließ sich zusammen mit dem Opfer in der Nähe seiner Wohnung absetzen. Infolge der Wirkung der KO-Tropfen fiel P. zu Boden, wobei sie sich eine Schürfwunde an der Hand sowie eine Prellung an der Hüfte zuzog. Der Angeklagte hob sie auf, lehnte sie gegen eine Hauswand und küsste sie mehrfach, wobei er ihre eingeschränkte Widerstandsfähigkeit, wie von ihm durch die Gabe der KO-Tropfen beabsichtigt, ausnutzte.
2. Das Landgericht hat den Vorfall in der Diskothek (II 3.1 der Urteilsgründe) rechtsfehlerfrei als schwere sexuelle Nötigung (§ 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB; in Betracht gekommen wäre weiter § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB - vgl. hierzu ) gewertet. In dem Geschehen an der Hauswand hat das Landgericht eine selbständige Tat der Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gesehen.
3. Die Verurteilung im Fall II 3.2 der Urteilsgründe hat zu entfallen.
Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, dass außerhalb der Diskothek keine weitere (gefährliche) Körperverletzung begangen wurde. Der Sturz des Opfers mit den entsprechenden Verletzungen war Folge der Beibringung der KO-Tropfen, beruhte aber nicht auf einer neuen Handlung des Angeklagten.
Soweit der Angeklagte das Opfer gegen dessen Willen küsste, scheidet die Annahme von Tatmehrheit zu Fall II 3.1 aus, da dieser Tatbestand (§ 240 StGB) durch eine einheitliche Gewaltanwendung (KO-Tropfen) verwirklicht wurde, so dass eine einheitliche Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB vorliegt (vgl. u.a. BGH bei Janßen NStZ-RR 1998, 325; NStZ 2000, 419, 420). Diese einheitliche fortwirkende Gewaltanwendung hat zur Folge, dass es sich bei den erzwungenen Handlungen um eine schwere sexuelle Nötigung handelt.
Während die Einzelstrafe im Fall II 3.2 der Urteilsgründe (ein Jahr Freiheitsstrafe) durch die Aufhebung des Schuldspruchs ohne Weiteres in Wegfall kommt, hat der Senat auch die im Fall II 3.1 der Urteilsgründe verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die ohne den Angeklagten belastenden Rechtsfehler festgesetzt wurde, aufgehoben. Dem Tatrichter soll dadurch ermöglicht werden, dem nunmehr höheren Schuldgehalt dieser Tat Rechnung zu tragen. Denn die im Fall II 3.2 der Urteilsgründe festgestellten, vom Angeklagten verursachten, weiteren Folgen der Tat (Verletzungen des Opfers) und die weitere Tatbegehung (erzwungene Küsse) dürfen im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die für II 3. der Urteilsgründe neu zu bemessende Freiheitsstrafe die Summe der beiden aufgehobenen Einzelstrafen nicht überschreiten darf (vgl. ). Die Aufhebung dieser Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten nach sich. Die weiteren Einzelstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten sind von dem Rechtsfehler jedoch nicht betroffen und können bestehen bleiben.
Einer Aufhebung der zugehörigen Feststellungen bedarf es ebenfalls nicht, da diese rechtsfehlerfrei getroffen sind. Ergänzende Feststellungen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen, bleiben zulässig.
Nack
Wahl
Rothfuß
Hebenstreit
Elf
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAD-40304