BFH Beschluss v. - VI B 66/09

Kein Ansatz der Pauschbeträge für Auslandsübernachtungen bei offensichtlich unzutreffender Besteuerung

Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, LStR H 40

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Im finanzgerichtlichen Ausgangsverfahren war streitig, ob die in den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) vorgesehenen Pauschbeträge für Übernachtungen im Ausland als Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen sind.

2 Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatte im Streitjahr 2005 verschiedene beruflich veranlasste Reisen in das Ausland unternommen. Die ihm für diese Reisen entstandenen Aufwendungen machten er und seine Ehefrau, die Klägerin, mit ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend. Dazu setzte der Kläger die Übernachtungskosten mit den Pauschbeträgen der LStR an, rechnete Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen hinzu und stellte der Summe die steuerfreien Erstattungen seines Arbeitgebers gegenüber. Danach verblieb ein als Werbungskosten geltend gemachter Aufwand in Höhe von 2.870 €.

3 Nach den Ermittlungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) und auch nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) hatte der Arbeitgeber des Klägers die dem Kläger für die Auslandsdienstreisen entstandenen Übernachtungskosten jeweils erstattet. Das FA berücksichtigte daher die Pauschalen für die Auslandsübernachtungen nicht. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Dem Kläger stünden die Pauschbeträge nicht zu, da dessen Arbeitgeber sämtliche angefallenen Übernachtungskosten erstattet habe und daher der Ansatz der Pauschbeträge zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führte.

4 Das FG ließ die Revision nicht zu. Dagegen wenden sich die Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie machen die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) geltend. Grundsätzlich bedeutsam sei die Rechtsfrage, ob sich das Finanzamt auf das Merkmal einer „unzutreffenden Besteuerung” berufen dürfe, wenn mit dieser Argumentation jede Rechtsvorschrift durch das Finanzamt umgangen werden könne.

5 II. Es kann dahinstehen, ob die Beschwerde den Begründungs- und Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt. Denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund liegt nicht vor.

6 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2008, 45, m.w.N.).

7 Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Die als finanzamtliche Schätzungen (§ 162 der Abgabenordnung) zu behandelnden Verwaltungsanweisungen können zwar ungeachtet ihres fehlenden Rechtsnormcharakters wegen des Gebots der Gleichbehandlung zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen und grundsätzlich einen Anspruch des Steuerpflichtigen auf ihre Anwendung begründen. Zu Recht hatte allerdings das FG darauf hingewiesen, dass die einschlägigen Verwaltungsanweisungen (H 40 LStR 2005, „Übernachtungen im Ausland”) selbst davon ausgehen, dass die Pauschbeträge nicht anzusetzen seien, wenn sie im Einzelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führten. Und es entspricht der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Anwendung der für Auslandsdienstreisen vorgesehenen Pauschbeträge dann zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt, wenn die tatsächlich angefallenen Übernachtungskosten die in den LStR vorgesehenen Pauschbeträge in nicht unbeträchtlichem Umfang unterschritten haben könnten (, BFHE 160, 546, BStBl II 1990, 777; , BFH/NV 2005, 1550). Von einer solchen unzutreffenden Besteuerung war, so das FG zu Recht, auch im Streitfall auszugehen, nachdem der Arbeitgeber dem Kläger sämtliche Übernachtungskosten erstattet hatte. Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger aufgeworfene Frage in anderer Weise, als es das FG getan hatte, zu beantworten ist, dass nämlich das Finanzamt berechtigt ist, die Verwaltungsregelung nicht anzuwenden, wenn sie zu einer unzutreffenden Besteuerung führt.

8 Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2  2. Halbsatz FGO abgesehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 884 Nr. 5
JAAAD-40087