Bayerisches Landesamt für Steuern - S 2706.1.1-13/12 St31

Körperschaftsteuer der kommunalen Verkehrsbetriebe;

I. Verdeckte Gewinnausschüttung bei Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs

Kommunale Verkehrsbetriebe des öffentlichen Personennahverkehrs (Eigenbetriebe, Eigengesellschaften) können ihre Pflichten nach dem Personenbeförderungsgesetz (Betriebs-, Fahrplan-, Beförderungs- und Tarifpflicht) oftmals nicht kostendeckend erfüllen. Die Trägergemeinden übernehmen in solchen Fällen vielfach die Verluste, die auf andere Weise nicht gedeckt werden können. Es ist gefragt worden, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung darin zu sehen ist, dass ein Verkehrsbetrieb seiner Beförderungspflicht aufgrund von Tarifen nachkommt, die schon in ihrer Anlage nicht kostendeckend sind und dadurch zu Verlusten führen.

Im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder bitte ich die Auffassung zu vertreten, dass in diesen Fällen keine Vorteilsgewährung an die Gemeinde (Gesellschafter) vorliegt. Ob die Übernahme des Verlustes durch die Gemeinde einen Ertragszuschuss oder eine gesellschaftsrechtliche Einlage darstellt, kann nur nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles entschieden werden.

FMS vom Az.: 33 - S 2742 - 1/5 - 42 355

II. Ertragsteuerliche Behandlung von Zuwendungen und Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen im ÖPNV

a) Steuerliche Auswirkungen der VO (EWG) Nr. 1191/69 i. d. F. der VO (EWG) Nr. 1893/91

Das BMF hat mit Schreiben an den Deutschen Städte- und Gemeindebund vom zu den steuerlichen Auswirkungen der VO (EWG) Nr. 1191/69 in der Fassung der VO (EWG) Nr. 1893/91 (kurz: EU-VO), soweit diese auch für den ÖPNV gilt, folgendes mitgeteilt:

Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben entschieden, dass eine Gebietskörperschaft als Anteilseignerin einer Verkehrsgesellschaft den von dieser nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelten Verlust auch bei Geltung der EU-VO auf gesellschaftsrechtlicher Basis wirtschaftlich durch (steuerneutrale) Einlagen ausgleichen kann. Insbesondere unter Berücksichtigung der verkehrsrechtlichen Auslegung der EU-VO bleiben die ertragsteuerlichen Wirkungen des Querverbunds – mit der Möglichkeit der Verlustverrechnung – im Bereich des ÖPNV bei allen Gestaltungen so lange erhalten, wie das Verkehrsunternehmen die Verkehrsleistungen eigenwirtschaftlich erbringt. Unter welchen Voraussetzungen Verkehrsleistungen eigenwirtschaftlich erbracht werden, regelt § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung des Artikels 6 Abs. 116 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes vom ( BGBl I S. 2378, ). Leistet die zuständige Behörde für gemeinwirtschaftlich erbrachte Verkehrsleistungen Ausgleichszahlungen nach der EU-VO, erhöhen diese als Betriebseinnahmen den Gewinn.

( Zusatz des BayLfSt: § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 des Personenbeförderungsgesetzes in der o. a. Fassung hat folgenden Wortlaut:

„Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind eigenwirtschaftlich zu erbringen. Eigenwirtschaftlich sind Verkehrsleistungen, deren Aufwand gedeckt wird durch Beförderungserlöse, Erträge aus gesetzlichen Ausgleichs- und Erstattungsregelungen im Tarif- und Fahrplanbereich sowie sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne.”)

b) Auswirkung des Inkrafttretens der EU-Verordnung (EU-VO) Nr. 1370/2007 auf die steuerliche Behandlung des ÖPNV

aa) Nach dem gilt zur Frage der Auswirkungen des Inkrafttretens der EU-Verordnung Nr. 1370/2007 folgendes:

Die EU-VO Nr. 1370/2007 vom (ABl. EU 2007 L 315/1) ist am in Kraft getreten. Sie löst die bisherige VO (EWG) Nr. 1191/69 (i. d. F. der VO (EWG) Nr. 1893/91) ab. Unter der Herrschaft der bisherigen Verordnung war verkehrsrechtlich zu unterscheiden, ob eigenwirtschaftliche Verkehre im Sinne des § 8 Abs. 4 S. 1 und 2 PBefG oder gemeinwirtschaftliche Verkehre im Sinne des § 8 Abs. 4 S. 3 PBefG vorliegen. Die bisherige Verordnung fand nur Anwendung auf gemeinwirtschaftliche Verkehre; für eigenwirtschaftliche Verkehre galt eine sog. Bereichsausnahme. Nach der neuen Verordnung ist eine Unterscheidung nach eigenwirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen Verkehren nicht mehr möglich, d. h., die bisherige Bereichsausnahme entfällt.

Sowohl die bisherige als auch die neue Verordnung hatten bzw. haben ihre Ursache in der Regelung beihilferechtlicher Fragestellungen; steuerliche Aspekte sind nicht Gegenstand der Verordnungen.

Gleichwohl hatte die Finanzverwaltung die bisherige Verordnung zum Anlass genommen, zu den Auswirkungen auf den steuerlichen Querverbund, d. h. konkret auf die ertragsteuerliche Behandlung von Leistungen der Gesellschafter bzw. Träger öffentlicher Verkehrsunternehmen an die Unternehmen Stellung zu nehmen (vgl.  – und  –). Im Ergebnis beider Schreiben können Leistungen der Gesellschafter bzw. Träger öffentlicher Verkehrsunternehmen an die Unternehmen ertragsteuerlich als Einlagen behandelt werden.

bb) Auf das Ersuchen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), klarzustellen, dass die „Einlagenfinanzierung” öffentlicher Verkehrsunternehmen auch unter der Herrschaft der neuen Verordnung steuerlich erhalten bleibt, hat das BMF wie folgt geantwortet:

Nach den u. , nach denen u. a. grundsätzlich nach eigen- und gemeinwirtschaftlichen Verkehren zu unterscheiden war, stand die bisherige Verordnung nicht entgegen, Leistungen der Gesellschafter bzw. Träger öffentlicher Verkehrsunternehmen an die Unternehmen im Ergebnis ertragsteuerlich als Einlagen zu behandeln.

Soweit Vereinbarungen von Gesellschaftern bzw. Trägern öffentlicher Verkehrsunternehmen mit den Unternehmen unter den Regelungsbereich der EU-VO Nr. 1370/2007 fallen, bedarf es einer Unterscheidung nach eigen- und gemeinwirtschaftlichen Verkehren nicht.

Im Übrigen lässt die Verordnung zu, dass die Vereinbarungen schuldrechtlich oder als gesellschaftsrechtlich ausgestaltet sind. Ist Letzteres der Fall, führen die Leistungen der Gesellschafter bzw. Träger ertragsteuerlich zu Einlagen. Maßgebend sind die Verhältnisse des Einzelfalles.

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2706.1.1-13/12 St31

Fundstelle(n):
ZAAAD-39630