Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft bei angeordneter Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung eines Grundstücks
Konsequenzen des BStBl 2009 II S. 1029
1 Mit , BStBl II 2009, 1029 – hat der BFH entschieden, dass die wirtschaftliche Eingliederung auf Grund der Vermietung eines Grundstücks, das die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet, entfällt, wenn für das Grundstück Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet wird.
Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:
2 Das BStBl II 2009, 1029 ist nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
3 Wirtschaftliche Eingliederung nach Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung
Die wirtschaftliche Eingliederung ist gegeben, wenn die Organgesellschaft nach dem Willen des Unternehmers im Rahmen des Gesamtunternehmens, und zwar in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesem, tätig ist. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzung ist auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Wird eine Organgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Grundstücks wirtschaftlich in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert, entfällt diese wirtschaftliche Verflechtung nicht bereits dadurch, dass für das betreffende Grundstück Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet wird. Eine Entflechtung vollzieht sich erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Nutzungsverhältnisses zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft.
4 Organisatorische Eingliederung nach Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung
Die organisatorische Eingliederung liegt vor, wenn der Organträger durch organisatorische Maßnahmen sicherstellt, dass sein Wille in der Organgesellschaft auch tatsächlich ausgeführt wird. Diese Unterordnung der Organgesellschaft unter den unternehmerischen Willen des Organträgers setzt jedoch voraus, dass der Organträger Entscheidungshoheit im eigenen unternehmerischen Bereich besitzt. Nur so ist sichergestellt, dass eine für beide Unternehmensteile einheitliche Willensbildung erfolgt und durchgesetzt wird.
5 Mit Anordnung der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung werden dem Organträger die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks sowie die Möglichkeit der Veräußerung entzogen (§ 23 Abs. 1 Satz 1, § 148 Abs. 2 ZVG). Bildet die Grundstücksüberlassung an die Organgesellschaft die einzige unternehmerische Betätigung des Organträgers, verliert dieser mit Anordnung der Zwangsmaßnahmen – sofern er als Eigentümer nicht selbst zum Verwalter bestellt wird – sämtliche Einflussmöglichkeiten auf seine gesamte eigene unternehmerische Sphäre.
6 Dem Zwangsverwalter ist ein Zugriff auf die die finanzielle Eingliederung vermittelnde Beteiligung an der Organgesellschaft verwehrt. Daher kann er seinen für das Unternehmen des Organträgers nunmehr maßgeblichen Willen nicht in der Organgesellschaft durchsetzen. Zwar hat der Verwalter das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen (§ 152 Abs. 1 ZVG). Dies gilt jedoch nur für das Unternehmen des Organträgers. Nach Anordnung der Zwangsverwaltung kann der Verwalter nicht ausschließen, dass in der Organgesellschaft Entscheidungen gefällt werden, die den unternehmerischen Interessen des Organträgers zuwiderlaufen.
7 Mit Anordnung der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung können weder Organträger noch Zwangsverwalter einen einheitlichen Betätigungswillen in beiden Unternehmensteilen durchsetzen. Beschränkt sich die unternehmerische Betätigung des Organträgers auf die Überlassung des von den Zwangsmaßnahmen betroffenen Grundstücks an die Organgesellschaft, wird das Organschaftsverhältnis durch Wegfall der organisatorischen Eingliederung beendet. Das Fortbestehen der Unternehmereigenschaft des Organträgers bleibt hiervon unberührt.
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110
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