BAG Urteil v. - 6 AZR 556/07

Arbeitgeberdarlehen - Tarifliche Ausschlussfrist

Gesetze: § 1 TVG

Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 16/12 Ca 9514/05 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 17 Sa 1786/06 Urteilnachgehend Az: 1 BvR 908/10 Nichtannahmebeschluss

Tatbestand

1 Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückerstattung eines ihm zur Finanzierung einer Mitarbeiterbeteiligung gewährten Darlehens.

2 Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am über das Vermögen der Aero Lloyd Flugreisen GmbH & Co. Luftverkehrs-KG (Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren. Der Beklagte war bis zum Arbeitnehmer der Schuldnerin. Diese befand sich in den Jahren 1997/1998 in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. In dieser Situation wollte sich die B Landesbank bei der Schuldnerin als Gesellschafterin beteiligen, machte dies jedoch von einem Gehaltsverzicht der Mitarbeiter in Höhe von 10 % abhängig. Eine im Mai 1998 geschlossene Tarifvereinbarung regelte einen entsprechenden Gehaltsverzicht sowie den grundsätzlichen Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen bis zum . Zur Kompensation der Gehaltskürzung wurde eine Mitarbeiterbeteiligung eingeführt. Die Arbeitnehmer sollten die Möglichkeit erhalten, Gesellschafter einer Beteiligungsgesellschaft zu werden, die stille Gesellschafterin der Schuldnerin sein sollte. Arbeitnehmer, denen das Kapital für die Beteiligung fehlte, konnten zu deren Finanzierung ein von der Schuldnerin gewährtes Darlehen in Anspruch nehmen, das von der Bayerischen Landesbank refinanziert wurde. Die Konditionen der Ausreichung und der Rückführung eines solchen Darlehens ergeben sich aus einem Vertragswerk dreier ineinandergreifender Vereinbarungen, nämlich dem Gesellschaftsvertrag vom , mit dem sich die zur Beteiligung bereiten Arbeitnehmer zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschlossen, ferner dem „Vertrag über die Errichtung einer typisch stillen Gesellschaft“ mit Wirkung zum (Beteiligungsvertrag) und den mit den einzelnen Arbeitnehmern geschlossenen Darlehensverträgen. Dieses Vertragswerk ist in einer 14-seitigen Informationsschrift der Schuldnerin aus dem November 1998 dargestellt, deren Erhalt die Arbeitnehmer bei Zeichnung der Beteiligung schriftlich bestätigten. Zum Insolvenzrisiko ist darin unter Ziff. 3.1 ausgeführt, dass bei einer Insolvenz der Schuldnerin der Mitarbeiter sein Kapital größtenteils verliere, der Insolvenzverwalter aber gleichwohl ein zur Finanzierung der Beteiligung aufgenommenes Darlehen in voller Höhe des noch offenen Betrags zurückfordern werde. Außerdem fanden zwischen Oktober und Dezember 1998 mehrere Informationsveranstaltungen über die geplante Einführung einer Mitarbeiterbeteiligung statt.

Die Vertragsbeziehungen der Gesellschafter der „A M B Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung“ (AMB) untereinander bestimmten sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Zweck der Gesellschaft war die Beteiligung als typische stille Gesellschafterin an der Schuldnerin, die in dem Vertrag als „A KG“ bezeichnet wird. Gesellschafter konnten nur Mitarbeiter der Schuldnerin sein. Die Gesellschaft konnte frühestens zum gekündigt werden. Für den Fall des Ausscheidens eines Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin war bestimmt:

4 Hatte der Mitarbeiter seine Einlage über ein Darlehen finanziert, wurde bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft seine Einlage mit dem Darlehen verrechnet (§ 11 Ziff. 1 Buchst. a Gesellschaftsvertrag).

Aufgrund des zwischen der AMB und der Schuldnerin geschlossenen Beteiligungsvertrags beteiligte sich die AMB mit Wirkung zum an der Schuldnerin als typische stille Gesellschafterin. Der Vertrag war grundsätzlich erstmals zum kündbar. Die AMB erhielt aus dem vorläufigen Jahresüberschuss der Schuldnerin vorab eine ergebnisunabhängige Mindestverzinsung von 8,5 % p.a. der zum 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres bestehenden Einlage. Für den Fall eines positiven Jahresergebnisses der Schuldnerin floss ihr unter bestimmten Voraussetzungen als zusätzliche Gewinnbeteiligung eine Vorzugsverzinsung von weiteren maximal 10 % p.a. auf die zum 1. Januar des Kalenderjahres geleistete Einlage zu. Von dem danach verbleibenden vorläufigen Jahresüberschuss der Schuldnerin stand ihr eine  Gewinnbeteiligung in Höhe des Verhältnisses ihrer Einlage zu den festen Kapitalkonten der Kommanditisten der Schuldnerin zu (§ 7 Ziff. 2 bis 4 Beteiligungsvertrag). Die Mindestverzinsung nach § 7 Ziff. 2, die zusätzliche Gewinnbeteiligung nach § 7 Ziff. 3 sowie den verbleibenden Gewinnanteil nach § 7 Ziff. 4 Beteiligungsvertrag musste die AMB über einen Treuhänder an ihre Gesellschafter, die Arbeitnehmer der Schuldnerin, im Verhältnis ihrer Kapitaleinlagen ausschütten (§ 8 Ziff. 2 Gesellschaftsvertrag). Falls die Einlage über ein Darlehen der Schuldnerin finanziert worden war, regelten § 8 Ziff. 2 und 3 Gesellschaftsvertrag:

6 Die AMB war an den Verlusten der Schuldnerin nicht beteiligt (§ 7 Ziff. 6 Beteiligungsvertrag). Bei Beendigung der stillen Gesellschaft sollte der AMB ihr Guthaben unter Verrechnung mit den noch offenen Darlehen ihrer Gesellschafter, der Arbeitnehmer der Schuldnerin, ausgezahlt werden (§ 12 Ziff. 1 Beteiligungsvertrag). Schied ein Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin und deshalb aus der AMB aus (§ 9 Ziff. 4 Gesellschaftsvertrag), wurde dessen anteilige Einlage der AMB unter Verrechnung mit dem noch offenen Darlehensbetrag dieses Arbeitnehmers zurückgezahlt (§ 12 Ziff. 3 Beteiligungsvertrag). Für den Fall des Konkurses eines der Gesellschafter war jedem Gesellschafter ab Beginn des dritten Monats nach Eröffnung des Konkursverfahrens ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund eingeräumt (§ 10 Ziff. 3 Buchst. a Beteiligungsvertrag).

Alle 127 Arbeitnehmer der Schuldnerin, die ihre Einlage an der AMB über ein Darlehen der Schuldnerin finanzierten, schlossen mit der Schuldnerin einen - abgesehen von der Darlehenshöhe, die beim Darlehensvertrag mit dem Beklagten 30.000,00 DM (15.338,76 Euro) betrug - einheitlichen Darlehensvertrag, in dem die Schuldnerin wie im Gesellschaftsvertrag mit der AMB als „A KG“ bezeichnet wird. Danach diente das Darlehen ausschließlich zur Finanzierung der Beteiligung dieser Arbeitnehmer als Gesellschafter an der AMB. Sie erhielten den Darlehensbetrag nicht unmittelbar ausgezahlt, sondern er floss an einen Treuhänder, der ihn bei der AMB einzuzahlen hatte. Das Darlehen sollte bis zum laufen und konnte von der Schuldnerin nicht vorzeitig gekündigt werden. Es war mit 6,0 % p.a. zu verzinsen. Die Zinsen waren der Schuldnerin als Darlehensgeberin nicht direkt zu zahlen. Sie wurden vielmehr mit der dem Arbeitnehmer als Gesellschafter der AMB nach § 7 Ziff. 2 Beteiligungsvertrag zustehenden Mindestverzinsung von 8,5 % p.a. aus der stillen Beteiligung verrechnet (§ 4 Ziff. 2 Darlehensvertrag). Für den Fall des Ausscheidens des Darlehensnehmers als Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis mit der Schuldnerin vor dem bestimmte der Darlehensvertrag:

§ 5 Darlehensvertrag regelte die Rückzahlung des Darlehens:

In § 6 Darlehensvertrag heißt es:

Mit einem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom kündigte der Kläger das Darlehen und teilte dem Beklagten ua. mit, dass das Darlehen zur Rückzahlung fällig ist und die Darlehensvaluta laut Gesellschafterbuch vom 13.142,67 Euro beträgt. Nachdem der Kläger mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Rückzahlung des Darlehens verlangt hatte, behauptete der Beklagte im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am , dass arbeitsvertraglich die Anwendung des Manteltarifvertrags Nr. 1 vom für das Cockpit-Personal der Aero Lloyd Flugreisen GmbH & Co. Luftverkehrs-KG (MTV Nr. 1) vereinbart worden sei. Dieser Behauptung ist der Kläger nicht entgegengetreten. § 24 MTV Nr. 1 regelt:

11 Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei zur Rückerstattung des Darlehens verpflichtet, soweit dieses nicht getilgt sei. Sein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens sei kein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis und unterfalle deshalb nicht der Ausschlussfrist des § 24 MTV Nr. 1. Im Übrigen habe er die tarifliche Ausschlussfrist gewahrt. Von seiner noch in der Revisionsbegründung vertretenen Auffassung, wonach das Darlehen gemäß § 5 Ziff. 1 Darlehensvertrag mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Beendigung der stillen Gesellschaft zwischen der Schuldnerin und der AMB am zur Rückzahlung fällig geworden sei, ist der Kläger abgerückt; er vertritt nun die Ansicht, sein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens sei erst mit dem Ausscheiden des Beklagten aus der AMB mit Ablauf des entstanden und fällig geworden. Er habe deshalb den Rückzahlungsanspruch vor Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt:

13 Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Anspruch des Klägers sei erloschen. Der Kläger habe die tarifliche Ausschlussfrist nicht gewahrt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Darlehensrückzahlungsanspruch weiter.

Gründe

15 Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Anspruch auf Rückerstattung des Darlehens (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) kann vom Kläger gemäß § 24 Satz 2 MTV Nr. 1 nicht mehr geltend gemacht werden. Der Kläger hat die Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit zur schriftlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis nicht gewahrt (§ 24 Satz 1 MTV Nr. 1). Der Behauptung des Beklagten im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am , dass arbeitsvertraglich die Anwendung der Bestimmungen des MTV Nr. 1 auf das Arbeitsverhältnis vereinbart war, ist der Kläger nicht iSv. § 138 ZPO entgegengetreten.

16 I. Entgegen der Auffassung des Klägers unterfällt sein gesetzlicher Anspruch auf Rückerstattung des Darlehens (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) der Ausschlussfrist des § 24 Satz 1 MTV Nr. 1.

17 1. Diese Tarifvorschrift spricht von „Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis“. Sie erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut damit nicht nur tarifliche, sondern auch vertragliche oder gesetzliche Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass selbst unabdingbare gesetzliche Ansprüche tariflichen Ausschlussfristen unterworfen werden können ( - 5 AZR 430/00 - AP EntgeltFG § 3 Nr. 13 = EzA EntgeltfortzG § 12 Nr. 1). Eine tarifliche Ausschlussfrist betrifft nicht den Inhalt des Anspruchs, sondern dessen Geltendmachung und zeitliche Begrenzung.

18 2. Bei dem Darlehensrückerstattungsanspruch des Klägers handelt es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis iSv. § 24 Satz 1 MTV Nr. 1.

19 a) Dazu gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben. Maßgeblich ist dabei der Entstehungsbereich des Anspruchs, nicht aber die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage. Entscheidend ist die enge Verknüpfung eines Lebensvorgangs mit dem Arbeitsverhältnis (Senat - 6 AZR 557/07 - ZInsO 2009, 1312 mwN; vgl. auch  (F) - Rn. 26, NJW 2009, 3529; - 8 AZR 105/08 - Rn. 45, NZA-RR 2009, 314). Hat also ein Anspruch seinen Grund in der arbeitsvertraglichen Beziehung der Parteien, ist er ein „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“ (vgl. - Rn. 21, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192 für eine tarifliche Ausschlussfrist, vgl. auch - 3 AZR 383/82 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 87 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 61 für eine Karenzentschädigung).

20 b) Bei einem Arbeitgeberdarlehen überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis Kapital zur vorübergehenden Nutzung (Gamillscheg AR-Blattei SD 570 Rn. 3). Wie eng ein solches Darlehen mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist und ob es deshalb von einer Regelung erfasst wird, die nicht auch Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis nur in Verbindung stehen, sondern nur Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis betrifft, hängt von der konkreten Ausgestaltung des Darlehensvertrags ab (Senat - 6 AZR 557/07 - ZInsO 2009, 1312; vgl. auch  - BAGE 97, 65; - 9 AZR 598/04 - BAGE 116, 104).

21 aa) Die Schuldnerin hat in ihrer schwierigen wirtschaftlichen Lage ihren Arbeitnehmern ein Arbeitgeberdarlehen zur Finanzierung einer Mitarbeiterbeteiligung gewährt. Dieses war an den Bestand des Arbeitsverhältnisses gekoppelt. Nach den zugrunde liegenden Verträgen war nicht nur das Darlehen selbst von der Schuldnerin finanziert. Darüber hinaus sollten von der Schuldnerin auch die Darlehenszinsen sowie die Tilgung des Darlehens in einem geschlossenen System getragen werden.

22 bb) Das Arbeitgeberdarlehen war zweckgebunden (§ 2 Ziff. 1 Darlehensvertrag) und wurde nicht unmittelbar an den Arbeitnehmer ausgezahlt, sondern der AMB von der Schuldnerin über einen Treuhänder zugeführt (§ 2 Ziff. 2 Darlehensvertrag). Die Mindestverzinsung aus der darlehensfinanzierten Beteiligung von 8,5 % p.a. gemäß § 7 Ziff. 2 Beteiligungsvertrag überstieg die gemäß § 4 Ziff. 1 Darlehensvertrag zu zahlenden Darlehenszinsen von 6 %, so dass daraus nicht nur die laufenden Zinsen, sondern auch die auf die Einnahmen aus der Mitarbeiterbeteiligung zu zahlende Kapitalertragssteuer beglichen werden konnte. Das Darlehen und die Mitarbeiterbeteiligung waren grundsätzlich an den Bestand des Arbeitsverhältnisses mit der Schuldnerin gebunden. Wurde es beendet, schied der Arbeitnehmer zum Ende des Geschäftsjahres aus der AMB aus. Lediglich im Fall des Ruhestands oder des Vorruhestands konnte er weiterhin Gesellschafter der AMB bleiben (§ 9 Ziff. 4 und 5 Gesellschaftsvertrag). Das Darlehen wurde in dem Zeitpunkt fällig, in dem die Gesellschafterstellung des Arbeitnehmers in der AMB endete (§ 3 Ziff. 2, § 5 Ziff. 1 Darlehensvertrag). Es wurde nicht aus dem Arbeitsentgelt oder dem Vermögen des Arbeitnehmers getilgt. Vielmehr sollte es im laufenden Arbeitsverhältnis und während des Bestandes der AMB aus etwaigen Gewinnen der Schuldnerin zurückgeführt werden (§ 7 Ziff. 3 und 4 Beteiligungsvertrag iVm. § 8 Ziff. 2 und 3 Gesellschaftsvertrag). Im Falle des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus der AMB oder der Beendigung der stillen Gesellschaft zwischen der AMB und der Schuldnerin sollte das Darlehen durch die Verrechnung mit der nach der vertraglichen Konstruktion stets gleich hohen Kapitaleinlage des Arbeitnehmers in der AMB getilgt werden (§ 5 Ziff. 1 Darlehensvertrag, § 11 Ziff. 1 Buchst. a Gesellschaftsvertrag, § 12 Ziff. 1 Buchst. a und Ziff. 3 Beteiligungsvertrag). An Verlusten der Schuldnerin war die AMB und damit der Arbeitnehmer als Gesellschafter der AMB nicht beteiligt (§ 7 Ziff. 6 Beteiligungsvertrag).

23 cc) Durch diese Regelungen war sichergestellt, dass in jedem denkbaren Fall - mit Ausnahme der Insolvenz - der Arbeitnehmer bei Darlehensfinanzierung der Mitarbeiterbeteiligung weder die laufenden Kosten aufbringen, noch das Darlehen aus seinem eigenem Vermögen tilgen musste. Die Schuldnerin gewährte also dem Arbeitnehmer nicht nur wie im typischen Fall eines Arbeitgeberdarlehens Kapital, dessen Zinsen der Arbeitnehmer selbst tragen und das er aus eigenen Finanzmitteln zurückzahlen muss. Auch trug der Arbeitnehmer nicht, wie etwa bei einem mit einem Darlehen des Arbeitgebers finanzierten Kauf von Belegschaftsaktien, das volle Risiko etwaiger Kursschwankungen oder des Scheiterns der Börseneinführung (vgl. zu einer derartigen Konstellation  - BAGE 116, 104). Vielmehr wurden sämtliche Kosten des Darlehens im Ergebnis vollständig von der Schuldnerin selbst aufgebracht und getragen, ebenso bei Erwirtschaftung von Gewinnen, wie in den ersten Jahren nach Einführung der Mitarbeiterbeteiligung, auch seine Tilgung. Das Mitarbeiterbeteiligungsmodell war bei einer Darlehensfinanzierung der Beteiligung letztlich von der Schuldnerin selbst finanziert. Aufgrund dieser atypischen Ausgestaltung des Darlehens durch die von der Schuldnerin vorformulierten Vertragsbedingungen standen die Ansprüche aus dem Darlehensvertrag aus der Sicht der Arbeitnehmer, die ihre Einlage bei der AMB über ein Darlehen finanzierten, nicht nur mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung, sondern waren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

24 c) Soweit der Kläger darauf verweist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts tarifliche Ausschlussfristen wegen der Schwere der mit ihrer Versäumung verbundenen Folgen eng auszulegen sind ( - 10 AZR 937/93 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 126 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 105), hilft ihm dies nicht weiter. Die enge Auslegung einer tariflichen Verfallklausel setzt voraus, dass der weitergehende Umfang der Ausschlussfrist nicht zweifelsfrei feststeht (vgl.  - AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 54 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 112). Dies ist hier nicht der Fall. Nach dem Wortlaut des § 24 Satz 1 MTV Nr. 1 besteht kein Zweifel, welche Ansprüche der Ausschlussfrist unterfallen. Die tarifliche Verfallklausel erfasst ohne jede Einschränkung „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Die Frage, ob der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung des Darlehens ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ist, ist keine Frage der Auslegung der tariflichen Verfallklausel. Die Beurteilung, ob ein Arbeitgeberdarlehen so eng mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch des Arbeitgebers ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ist, hängt von den Vertragsbedingungen des Darlehens und ihrer Auslegung ab.

25 d) Auch der Hinweis des Klägers auf die - 9 AZR 11/00 - BAGE 97, 65) und vom (- 9 AZR 598/04 - BAGE 116, 104) geht fehl. Diesen Entscheidungen lagen andere Sachverhalte zugrunde. Im Fall, über den der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts am zu entscheiden hatte, war die Verwendung des Darlehens nicht wie im Entscheidungsfall zweckgebunden. Ferner hatte jener Arbeitnehmer ebenso wie der Arbeitnehmer in dem Fall, über den der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts am zu entscheiden hatte, die Zinsen für das Darlehen selbst aufzubringen. Da die Beurteilung, ob ein Darlehensrückzahlungsanspruch des Arbeitgebers ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ist oder nur mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung steht, von den Umständen des Einzelfalls abhängt, nämlich davon, wie eng das Arbeitgeberdarlehen mit dem Arbeitsverhältnis jeweils verknüpft ist, überrascht es nicht, dass Darlehensrückzahlungsansprüche von Arbeitgebern in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht ausnahmslos als Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder als Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, beurteilt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssachverhalte begründet diese unterschiedliche Einordnung jedoch keine Divergenz. Die einzelfallbezogene Würdigung, wie eng ein Arbeitgeberdarlehen mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist, ist auch keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung iSv. § 45 Abs. 4 ArbGG, so dass von der vom Kläger angeregten Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts abzusehen war.

26 II. Der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung des Darlehens ist nach § 5 Ziff. 1 Darlehensvertrag mit der Auflösung und Beendigung der stillen Gesellschaft zwischen der Schuldnerin und der AMB und damit mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am fällig geworden (Senat - 6 AZR 557/07 - ZInsO 2009, 1312).

27 1. Dies hat auch der Kläger seit Klageerhebung und noch in seiner Revisionsbegründung so gesehen. Soweit er zuletzt gemeint hat, das Darlehen sei nach dem Ausscheiden des Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis am erst mit Ablauf des zur Rückzahlung fällig geworden, die Regelung in § 5 Ziff. 1 Satz 1 Darlehensvertrag, wonach das Darlehen spätestens bei Beendigung der stillen Gesellschaft zwischen der Schuldnerin und der AMB fällig ist, erfasse nur den „Normalfall“, aber nicht den Fall der in § 728 Abs. 2 BGB normierten Auflösung der stillen Gesellschaft bei Insolvenz, trifft dies nicht zu. Nach dem Wortlaut des § 5 Ziff. 1 Satz 1 Darlehensvertrag ist das Darlehen bei Beendigung der stillen Gesellschaft unabhängig von den Gründen zur Rückzahlung fällig, die zur Beendigung der stillen Gesellschaft geführt haben. Einschränkungen der Art, dass in bestimmten Fällen trotz der Beendigung der stillen Gesellschaft das Darlehen nicht zur Rückzahlung fällig ist, enthält diese Bestimmung nicht. Solche ergeben sich auch nicht aus anderen Vorschriften des Darlehensvertrags.

28 2. Allerdings räumt § 6 Darlehensvertrag jeder Seite für den Fall des Konkurses eines Vertragspartners ab Beginn des dritten Monats nach Eröffnung des Konkursverfahrens ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund ein. Damit wurde jedoch lediglich sichergestellt, dass bei einer späteren Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses, die den Auflösungsgrund entfallen lässt, keine Seite gegen ihren Willen am Vertrag festgehalten werden konnte (Senat - 6 AZR 557/07 - ZInsO 2009, 1312).

29 III. Der Kläger hat seinen am fällig gewordenen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht. Mit dem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom , mit dem der Kläger das Darlehen gekündigt hat und in dem er erklärt hat, das Darlehen sei „zur Rückzahlung fällig“, hat er die Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit des Anspruchs nicht gewahrt (§ 24 Satz 1 MTV Nr. 1). Deshalb kann er den Darlehensrückerstattungsanspruch gemäß § 24 Satz 2 MTV Nr. 1 nicht mehr geltend machen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
DB 2010 S. 675 Nr. 12
DStR-Aktuell 2010 S. 11 Nr. 13
NJW 2010 S. 10 Nr. 17
IAAAD-39400