BAG Urteil v. - 8 AZR 718/07

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 242; BGB § 613a

Instanzenzug: LAG Düsseldorf, 7 Sa 655/07 vom ArbG Solingen, 5 Ca 1589/06 lev vom Veröffentlichungen: Für die Amtliche Sammlung: Nein

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1997 beschäftigt, zuletzt als Leiterin der Bilanz- und Geschäftsbuchhaltung am Sitz der Beklagten in L. Die Klägerin hatte Prokura erhalten und verdiente monatlich 5.200,00 Euro brutto. Sie war im Geschäftsbereich C I (CI) tätig.

Mit Schreiben vom informierte die Beklagte die Klägerin über die beabsichtigte Übertragung des Geschäftsbereichs CI auf die A GmbH. In diesem Schreiben heißt es ua.:

"...

die A-G AG plant, den Geschäftsbereich C I (CI) mit Wirkung zum auf die A GmbH zu übertragen.

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. § 613 a Absatz 5 BGB sieht eine schriftliche Information des von einem solchen Übergang betroffenen Arbeitnehmers vor, der nach § 613 a Absatz 6 BGB dem Übergang auch widersprechen kann.

Diese Bestimmungen lauten:

...

Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem auf A GmbH übergehen.

...

1. Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs:

Das Datum des geplanten Übergangs ist der .

2. Zum Grund für den Übergang:

Grund des Übergangs ist die rechtliche Verselbständigung des Geschäftsbereichs CI in der A GmbH und deren anschließende Veräußerung an N GmbH.

A GmbH mit Sitz in L umfasst das gesamte bisherige CI-Geschäft der A-G AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A GmbH übernimmt das Vermögen von CI. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

...

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

3. Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:

Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A-G AG, A GmbH, Gesamtbetriebsrat der A-G AG sowie die örtlichen Betriebsräte am eine Überleitungsvereinbarung 'zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen' abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:

- Die bei der A-G AG verbrachten und/oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A GmbH anerkannt.

- Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A GmbH bestehen, d.h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.

...

5. Zu Ihrer persönlichen Situation:

Ihr Arbeitsverhältnis wird von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 nicht betroffen sein.

6. Zum Widerspruchsrecht:

Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen.

Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden.

Sollten Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle Widerspruchsschreiben richten Sie bitte ausschließlich an:

...

7. Zu den Folgen eines Widerspruchs:

Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A-G AG und geht nicht auf die A GmbH über.

Da nach dem Übergang des Geschäftsbereichs CI auf A GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A-G AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Falle der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A-G AG rechnen.

Wir weisen Sie jedoch ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A-G AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A-G AG, noch gegenüber A GmbH.

Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Außerdem sind bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt.

Wir empfehlen Ihnen daher dringend, von einem Widerspruch abzusehen. ..."

Mit Wirkung zum wurde der Geschäftsbereich CI ausgegliedert und auf die neu gegründete A GmbH übertragen. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf diese GmbH zunächst nicht.

Im Mai 2005 stellte die A GmbH Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Daraufhin wandte sich die Klägerin unter dem mit folgendem Schreiben an die Beklagte:

"...

Mit Schreiben vom wurde mir der Betriebsübergang von der A-G AG auf die A GmbH mitgeteilt und eine Frist von 1 Monat zum Widerspruch eingeräumt.

Damals habe ich nicht widersprochen, weil die veröffentlichten Informationen sowohl im Schreiben selbst als auch in den vorangegangenen Kommunikationen, auf die das Schreiben ausdrücklich hinweist, einen ordnungsgemäßen Start und hinreichend langfristige Überlebenschancen für das neue Unternehmen zu gewährleisten schienen.

Inzwischen hat die A GmbH vorläufige Insolvenz angemeldet.

Sollte sich bei den weiteren Überprüfungen des vorläufigen Insolvenzverwalters bestätigen, dass die mir von Ihnen anlässlich des Betriebsübergangs erteilten Informationen den gesetzlichen Anforderungen des § 613a BGB nicht entsprochen haben, hat die tatsächliche Widerspruchsfrist noch nicht zu laufen begonnen. In diesem Fall werde ich mir sowohl einen nachträglichen Widerspruch als auch Schadensersatzansprüche gegenüber der A-G AG vorbehalten.

Um eine Entscheidung über meinen Widerspruch treffen zu können, bitte ich um Richtigstellung bzw. Ergänzung der Informationen zum Betriebsübergang.

Ich erwarte Ihre Stellungnahme bis spätestens ."

Mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag meldete die Klägerin bei der Beklagten ihren Bonusanspruch für das Jahr 2004 an:

"Nach § 613a BGB haftet die A-G AG gesamtschuldnerisch neben der A GmbH für die Erfüllung dieser Ansprüche."

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH wurde am eröffnet. Mit Schreiben vom mahnte die Klägerin bei der Beklagten eine Stellungnahme zu ihrer Bonusforderung 2004 - von ihr irrtümlich auf den datiert - wie folgt an:

"Bonus und Erfolgsprämie Carve-Out für das Jahr 2004/Mein Schreiben vom

Sehr geehrter Herr Z,

ich nehme Bezug auf Ihr E-Mail vom , mit dem Sie den Eingang meines oben aufgeführten Schreibens vom durch Frau D bestätigen lassen.

Ich bitte um Mitteilung, ob über die Empfangsbestätigung hinaus auch mit einer sachlichen Reaktion gerechnet werden kann. Ich hatte in meinem Schreiben eine Frist zur Zahlung bis zum gesetzt. Innerhalb dieser Frist ist weder eine Zahlung, noch eine Stellungnahme Ihrerseits erfolgt. Ich erwarte daher nunmehr Ihre Zahlung oder Stellungnahme bis spätestens ."

Unter dem kündigte die Klägerin sodann gegenüber der A GmbH ihr Arbeitsverhältnis "fristgerecht zum ". Sodann trat sie ab eine neue Stelle an. Sie wurde darüber informiert, dass die Kündigungsfrist von ihr nicht eingehalten worden sei. Die A GmbH hat jedoch die unfristige Kündigung akzeptiert. Mit anwaltlichem Schreiben vom ließ die Klägerin eine falsche Unterrichtung über den Betriebsübergang bei der Beklagten rügen. Dem Schriftsatz war in der Anlage ein Widerspruchsschreiben der Klägerin beigefügt, gerichtet an die Beklagte. Ob dieses unterschrieben war, ist zwischen den Parteien umstritten. Das Anwaltsschreiben erreichte die Beklagte am .

Die Klägerin meint, sie habe dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH noch im April 2006 wirksam widersprechen können, weil sie bis dahin nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über den Betriebsübergang unterrichtet worden sei. Der Erwerber sei unvollständig bezeichnet worden, ebenso sei die Information über die Haftungsverteilung unzureichend gewesen. Das Schreiben sei so formuliert, dass es die Folgen im Falle eines Widerspruchs als existenzvernichtend darstelle, weswegen sich die Klägerin genötigt gefühlt habe, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nicht zu widersprechen. Die Falschinformation insbesondere zur wirtschaftlichen Lage der Betriebserwerberin habe sie, die Klägerin, erst nach einer Gläubigerversammlung im Oktober 2005 erkennen können.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten über den hinaus Bestand hat.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat ihr Informationsschreiben vom als den Erfordernissen des § 613a Abs. 5 BGB genügend angesehen. Der Widerspruch der Klägerin sei verspätet, da er nicht innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist nach Zugang des Unterrichtungsschreibens (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) erklärt worden sei. Zumindest sei das Widerspruchsrecht der Klägerin verwirkt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass zwischen den Parteien das Arbeitsverhältnis über den hinaus Bestand hat und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Im April 2006 konnte die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin deswegen nicht mehr wirksam widersprechen, da sie das Widerspruchsrecht verwirkt hatte.

A. Das Landesarbeitsgericht hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet:

Ob das dem Anwaltsschreiben vom beigefügte Widerspruchsschreiben von der Klägerin unterzeichnet gewesen sei oder ob die Unterschrift fehle, brauche nicht aufgeklärt zu werden. Die Prozessvertreterin habe gegenüber der Beklagten ihre Vollmacht angezeigt und das Widerspruchsschreiben ihrem Schriftsatz angefügt, womit dieses von der Unterschrift der Prozessvertreterin umfasst und dem Schriftformerfordernis (§ 126 BGB) genüge getan sei. Die Monatsfrist des § 613a Abs. 6 BGB sei wegen fehlerhafter Unterrichtung der Beklagten über den Teilbetriebsübergang noch nicht verstrichen gewesen. Daher sei der Widerspruch der Klägerin nicht verfristet, eine absolute Ausschlussfrist sehe das Gesetz nicht vor. Die Klägerin habe das Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt. Auch für das Zeitmoment gebe es keine Mindest- bzw. Höchstfrist. Der Lauf des Zeitmoments der Verwirkung beginne frühestens ab Kenntnis des Arbeitnehmers von der Unvollständigkeit der Unterrichtung. Damit habe die Klägerin frühestens aus der Beantragung eines Insolvenzverfahrens für die A GmbH Anhaltspunkte dafür gewinnen können, dass die Unterrichtung über den Betriebsübergang möglicherweise fehlerhaft gewesen sei. Diese Anhaltspunkte habe die Klägerin zum Anlass genommen, die Beklagte mit Schreiben vom darauf hinzuweisen, dass sie sich nicht ordnungsgemäß unterrichtet fühle und um eine Vervollständigung der Informationen bitte. Da die Beklagte trotz dieser Aufforderung untätig geblieben sei, sei bereits die Erfüllung des Zeitmoments zweifelhaft. Jedenfalls sei aber ein Umstandsmoment nicht gegeben. Denn eine Verwirkung sei bereits dann ausgeschlossen, wenn der Berechtigte in irgendeiner Weise zu erkennen gebe, dass er möglicherweise auf seinem Recht bestehe, was die Klägerin mit dem Schreiben vom getan habe. Mit der Eigenkündigung habe die Klägerin kein Umstandsmoment gesetzt, das die vertrauenszerstörende Wirkung ihres Schreibens vom beendet habe. Die Klägerin sei unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht lediglich bemüht gewesen, Gehaltsdifferenzen so gering wie möglich zu halten. Wenn sie bei der gegebenen unklaren Sach- und Rechtslage zum Zweck der Schadensminderung ein neues Arbeitsverhältnis eingehe, könne sich die Beklagte nicht auf einen vertrauensbegründenden Umstand berufen. Zudem sei die Eigenkündigung der Klägerin, die sie gegenüber der Erwerberin erklärt habe, der Beklagten gar nicht bekannt gewesen. Durch die Eigenkündigung habe die Klägerin keinen Verzicht auf ihr Widerspruchsrecht erklärt. Insoweit sei zwar § 144 BGB analog anzuwenden, die Klägerin habe aber nachvollziehbar dargelegt, warum sie die Eigenkündigung ausgesprochen habe. Sie habe eine neue Arbeitsstelle angenommen, um den wirtschaftlichen Schaden für sich und ggf. auch für die Beklagte möglichst gering zu halten. Damit habe sie keine Rechtspositionen gegenüber der Beklagten aufgegeben. Im Übrigen sei in Anbetracht des auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückreichenden Widerspruchs die Eigenkündigung der Klägerin "ins Leere" gegangen.

B. Dem folgt der Senat nicht. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft verkannt, dass ein etwa unter dem ausgeübtes Widerspruchsrecht der Klägerin bereits verwirkt war.

I. Die Unterrichtung der Klägerin durch die Beklagte mit Schreiben vom über den am erfolgenden Betriebsteilübergang entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB (vgl. Senat - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106 zu einer im Wesentlichen gleich gelagerten Unterrichtung). Daher war ihr Widerspruch nicht verspätet, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht mit dem Zugang der Unterrichtung zu laufen begonnen hatte (st. Rspr., vgl. Senat - 8 AZR 174/07 - aaO.).

II. Der Senat folgt der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, nach der die Schriftform des Widerspruchs (§ 126 Abs. 1 BGB) dadurch gewahrt sei, dass sich die Prozessvertreterin der Klägerin auf deren Widerspruch bezogen habe und daher selbst ein nicht unterzeichnetes Exemplar des Widerspruchsschreibens der Klägerin von der Unterschrift ihrer Prozessbevollmächtigten gedeckt sei. Das Erfordernis der Einheit einer Urkunde, das als Voraussetzung der Schriftform dem in § 126 Abs. 2 BGB vorgesehenen Regelfall eines Schriftstücks zu entnehmen ist, ist nicht bereits dann erfüllt, wenn eine bloß gedankliche Verbindung (Bezugnahme) zur Haupturkunde besteht. Vielmehr muss die Verbindung auch äußerlich durch tatsächliche Beifügung der in Bezug genommenen Urkunde zur Haupturkunde in Erscheinung treten. Deshalb müssen im Augenblick der Unterzeichnung die Schriftstücke als einheitliche Urkunde äußerlich erkennbar werden ( - mwN, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 80 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 68; - 2 AZR 55/98 - BAGE 88, 375 = AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 6). Dass das Widerspruchsschreiben der Klägerin irgendwie mit dem Anwaltsschreiben ihrer Prozessvertreterin vom verbunden gewesen wäre, ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Die Anwältin der Klägerin hat ausdrücklich auch selbst keinen Widerspruch erklärt, auch nicht in Vertretung der Klägerin, sondern nur auf deren Widerspruch verwiesen. Das reicht nicht aus, um durch die erfolgte Unterschrift der Anwältin unter das Schreiben auch die Schriftform des Widerspruchs nach § 126 BGB zu wahren.

III. Es kann jedoch dahinstehen, ob überhaupt ein Widerspruch erklärt wurde. Denn auch ein ausgeübtes Widerspruchsrecht wäre verwirkt gewesen.

1. Der Senat hat mehrmals entschieden, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers grundsätzlich verwirken kann (vgl. zB - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (Senat - 8 AZR 431/06 - mwN, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei (BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles (Senat - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64). Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsübergangs ( - 8 AZR 106/99 -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Zutreffend ist es weiterhin auch, die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat - 8 AZR 431/06 - mwN, aaO.).

3. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung liegen vor.

a) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt zwar grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben (so zB - DB 2007, 1034). Vom Revisionsgericht ist das Berufungsurteil aber darauf zu überprüfen, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. - mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1).

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts beginnt die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment nicht erst mit Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung zu laufen (vgl. Senat - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106).

Vor Ablauf eines Monats nach der Unterrichtung in Textform muss der Arbeitgeber wegen der in § 613a Abs. 6 BGB normierten Monatsfrist mit einem Widerspruch des Arbeitnehmers rechnen. Durch die Unterrichtung über den Betriebsübergang gibt der Arbeitgeber grundsätzlich zu erkennen, dass er mit dieser die Widerspruchsfrist von einem Monat in Gang setzen will und nach Fristablauf die Erklärung von Widersprüchen nicht mehr erwartet (Senat - 8 AZR 166/07 -; - 8 AZR 1020/06 -). Dies gilt auch, wenn die Unterrichtung unvollständig oder fehlerhaft war.

Die Klägerin hat jedoch seit dem , dh. einen Monat nach der erfolgten Unterrichtung, bis zur Einlegung ihres Widerspruchs - frühestens am - über 16 Monate verstreichen lassen. Dieser Zeitraum erfüllt insbesondere das Zeitmoment, weil die Klägerin durch die Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses ein besonders gewichtiges Umstandsmoment gesetzt hatte.

c) Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass ein Arbeitnehmer dadurch, dass er über sein Arbeitsverhältnis disponiert, das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment erfüllt. Eine derartige Disposition kann in dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit dem Betriebserwerber zu sehen sein ( - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106) oder auch darin, dass der Arbeitnehmer eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung nicht angreift ( - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347). Dies gilt erst recht, wenn ein Arbeitnehmer, wie hier die Klägerin, eine Eigenkündigung ausgesprochen hat. Denn dadurch disponiert der Arbeitnehmer von sich aus über den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Im Fall der Klägerin kommt hinzu, dass sie nicht einmal die von ihr selbst berechnete und in der Kündigung bezeichnete Kündigungsfrist () eingehalten, sondern bereits am die Arbeit für die Betriebserwerberin eingestellt hat. Zudem hat die Klägerin ein neues, anderes Arbeitsverhältnis mit einem dritten Unternehmen begründet und mit dem Hinweis darauf erreicht, dass die Betriebserwerberin die in der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist liegende Vertragsverletzung tolerierte. Damit hat die Klägerin gegenüber der Betriebserwerberin deutlich gemacht, dass sie an dem Arbeitsverhältnis nicht länger festhalten will und stattdessen den Neuanfang in einem anderen Arbeitsverhältnis bevorzugt.

4. Entgegen der von der Revision vertretenen Rechtsauffassung hat die Klägerin durch ihre Eigenkündigung ohne einen zuvor erklärten Widerspruch nicht nur erklärt, dass sie lediglich das Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin nicht fortsetzen, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zur Betriebsveräußerin jedoch offenlassen wolle.

Zum einen stellt die Verwirklichung des Umstandsmoments grundsätzlich keine Willenserklärung dar. Bei einer ausdrücklichen oder konkludenten Willenserklärung wäre zu prüfen, ob und mit welchem Inhalt diese wirksam geworden ist. Im Rahmen der Verwirkung kommt es dagegen darauf an, ob gegenüber dem Schuldner Umstände verwirklicht worden sind, die dessen Vertrauen rechtfertigen, das Recht oder der Anspruch werde nicht mehr geltend gemacht. Zum anderen hat selbst in Anbetracht eines noch fortbestehenden Widerspruchsrechts die Klägerin nur ein Arbeitsverhältnis. War die Belehrung falsch und hat deswegen die Widerspruchsfrist des § 613 Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen, so besteht zwar zunächst ein de-facto-Wahlrecht für die Arbeitnehmer. Dieses ist aber grundsätzlich der Verwirkung ausgesetzt, dh. die Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses lässt das Recht zum Widerspruch nicht unberührt.

5. Aufgrund des Geschehensablaufs durfte die Beklagte davon ausgehen, die Klägerin werde ihr Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Es ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unerheblich, ob und ggf. ab wann die Beklagte von der Eigenkündigung der Klägerin Kenntnis hatte.

Auf die Verwirkung darf sich die Beklagte berufen, unabhängig davon, ob ihr alle von der Klägerin verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann.

Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB trifft als Gesamtschuldner sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Betriebsinhaber. Der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erlangt die Fortdauer seines Widerspruchsrechts sowohl durch Informationsfehler des einen wie des anderen. Wenn das Gesetz in der Frage der Informationspflicht zum Betriebsübergang den alten und neuen Arbeitgeber als Einheit sieht, liegt es nahe, Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auch hinsichtlich des Informationsstands zum Arbeitnehmerverhalten einheitlich aufzufassen. Auch Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/23/EG fingiert einen gleichen Informationsstand von Veräußerer und Erwerber über die Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse. Entscheidend kommt hinzu, dass nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB der Arbeitnehmer den Widerspruch sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber (Betriebsveräußerer) als auch gegenüber dem neuen Inhaber (Betriebserwerber) erklären kann. Der Widerspruch kann aber nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber verwirkt sein, weil dieser die eingetretenen "Umstände" subjektiv kennt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber wegen dessen Unkenntnis jedoch nicht. Für das Schuldverhältnis von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber als Gesamtschuldner gegenüber dem Arbeitnehmer als Berechtigtem ist in § 613a BGB, insbesondere in dessen Abs. 6, "ein anderes" normiert (§ 425 Abs. 1 BGB). Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen. Eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106; - 8 AZR 220/07 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 6; so auch Gaul/Niklas DB 2009, 452).

6. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann dem Schreiben der Klägerin vom keine generell vertrauenszerstörende Wirkung zugesprochen werden. Durch den geschilderten Geschehensablauf hat sich vielmehr die Klägerin in Widerspruch zu der Ende Juni 2005 eingenommenen Position gesetzt, dh. sie hat die angekündigte Entscheidung über den Widerspruch - trotz gerügter Fehlerhaftigkeit - nicht getroffen, im weiteren Verlauf ersichtlich die Frage des Bestands eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nicht mehr berührt und stattdessen einer unfristigen eigenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Betriebserwerberin und einem Neubeginn bei einem anderen Arbeitgeber den Vorzug gegeben.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Fundstelle(n):
GAAAD-39389