BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 2163/08

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: BGH, I ZR 131/05 vom OLG Stuttgart, 4 U 19/05 vom

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob § 54d Abs. 1 UrhG (in der bis geltenden Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Patentgebührengesetzes und anderer Gesetze vom , BGBl I S. 1739 - künftig: UrhG a.F.) in Verbindung mit Ziff. II. 1. der hierzu erlassenen Anlage aus verfassungsrechtlichen Gründen früher als tatsächlich geschehen hätte novelliert werden müssen.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie wirft keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen auf und ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt, weil sie im Hinblick auf die Grundrechtsrügen aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ohne Erfolgsaussicht ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG).

1. Der Vortrag der Beschwerdeführerin zu den auf Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG gestützten Rügen enthält weder eine Begründung, warum die frühere gesetzliche Regelung der Vergütungshöhe der Verfassung widerspreche (hierzu a), noch, worin die dem Gesetzgeber angeblich vorzuwerfende Verzögerung einer Novellierung liegen solle (hierzu b). Schließlich legt die Verfassungsbeschwerde auch nicht die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen dar (hierzu c).

a) Die Beschwerdeführerin beschränkt sich auf die Behauptung, die frühere Gesetzeslage verletze den Gleichheitssatz, weil Multifunktionsgeräte hinsichtlich der Gerätevergütung trotz wesentlicher Unterschiede mit Großkopierern gleichgesetzt würden. Insoweit hätte die Beschwerdeführerin zumindest darlegen müssen, worin die wesentlichen Unterschiede liegen sollen, die den Gesetzgeber ungeachtet seines weiten Gestaltungsspielraums (vgl. BVerfGE 79, 1 <25 ff.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1767/92 -, NJW 1997, S. 247) dazu zwängen, Multifunktionsgeräte anders - für deren Hersteller/Importeure günstiger - zu behandeln als Großkopierer.

Die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG möchte die Beschwerdeführerin anscheinend (allein) damit begründen, 2001 seien fast 30 % des Endverbraucherpreises eines Multifunktionsgerätes für die Urheberrechtsvergütung in Anspruch genommen worden, woraus Mehreinnahmen der VG WORT in Höhe von bis zu 35 Mio. € für das Jahr 2002 und von bis zu 50 Mio. € für das Jahr 2003 resultiert hätten. Die Angabe eines Anteils von 30 % harmoniert bereits nicht mit den vom Bundesgerichtshof zugrunde gelegten Feststellungen, deren Inkorrektheit die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Unabhängig davon erläutert die Verfassungsbeschwerde nicht, warum dies nicht mehr angemessen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 31, 229 <241>) sein soll. Die Verfassungswidrigkeit der früheren gesetzlichen Regelung folgt auch nicht ohne weiteres daraus, dass sich der Gesetzgeber mit Wirkung ab Januar 2008 für ein gänzlich anderes Vergütungsmodell entschieden hat. Die Beschwerdeführerin hätte darlegen müssen, dass dies nicht allein aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen sinnvoll, sondern auch verfassungsrechtlich zwingend geboten war.

b) Die Verfassungsbeschwerde wirft dem Gesetzgeber vor, die eigentlich schon früher gebotene Novellierung des Vergütungssystems zu spät unternommen zu haben. Eine Aussage dazu, wann dies hätte der Fall sein sollen, ist der Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zu entnehmen. Verwiesen wird zwar auf die beiden Vergütungsberichte der Bundesregierung aus den Jahren 1989 und 2000, aus denen sich bereits ergeben soll, dass das (Miss-)Verhältnis von Geräteabgabe und Gerätepreis "thematisiert" und die Starrheit der Vergütungsregelung in der Anlage zu § 54d UrhG a.F. "beklagt" worden sei. Unterstellt man die Verfassungswidrigkeit der früheren Regelung, würde hieraus zwar folgen, dass der Gesetzgeber in der Zeit ab Vorlage des zweiten Vergütungsberichts, also ab Mitte 2000, von Verfassungs wegen gehalten war, im Hinblick auf eine Novellierung tätig zu werden. Dass er mit diesem Vorhaben allerdings wesentlich vor dem , als die Novelle in Kraft trat, zu einem Ergebnis hätte kommen müssen, lässt sich der Verfassungsbeschwerde nicht nachvollziehbar entnehmen.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber aufgrund der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABlEG Nr. L 167 vom , S. 10) aufgefordert war, sich mit der Reform des Urheberrechts insgesamt zu befassen (vgl. zum Folgenden näher Kröber, in: Mestmäcker/Schulze, Urheberrechtskommentar, vor §§ 53 ff. UrhG Rn. 1 ff. <Dez. 2007>). Dabei sollten zunächst die zwingenden, fristgebundenen Vorgaben der Richtlinie umgesetzt werden, was durch das Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom geschah (BGBl I S. 1774). Für den so genannten "2. Korb", der auch eine Anpassung des pauschalen Vergütungssystems an die technischen Entwicklungen enthalten sollte, legte die Bundesregierung nach Vorarbeiten einer Expertengruppe im September 2004 einen ersten Referentenentwurf vor. Nach der vorgezogenen Bundestagswahl brachte die Bundesregierung den Entwurf - überarbeitet - erneut in das Gesetzgebungsverfahren ein. Der Gesetzesentwurf vom wurde im Juli 2007 durch den Deutschen Bundestag und im September 2007 durch den Bundesrat verabschiedet. Angesichts dieser Gesetzgebungsgeschichte liegt eine vorwerfbare Verzögerung durch den Gesetzgeber nicht nahe.

c) Schließlich legt die Verfassungsbeschwerde nicht die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen dar, denn im Ausgangsverfahren hatte der Bundesgerichtshof (soweit hier relevant) über Auskunftsansprüche zur Vorbereitung von Zahlungsansprüchen der VG WORT hinsichtlich Gerätevergütungen für einen Zeitraum bis zu entscheiden.

2. Im Hinblick auf die Rüge einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls ohne Erfolgsaussicht.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ist gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das nationale Gericht ist unter den Voraussetzungen des Art. 234 Abs. 3 EGV von Amts wegen gehalten, den EuGH anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>). Das Bundesverfassungsgericht überprüft allerdings nur, ob die Vorlagepflicht in offensichtlich unhaltbarer Weise gehandhabt worden ist (vgl. BVerfGE 82, 159 <195>). Letzteres ist hier nicht der Fall, da kein Anlass für eine Vorlage an den EuGH bestand. Eine Kollision des auf den Streitfall anzuwendenden nationalen Rechts mit Gemeinschaftsrecht oder auch nur eine zur Vorlage Anlass bietende Auslegungsunsicherheit ist nicht erkennbar.

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Fundstelle(n):
QAAAD-39205