Mehrzahl gewerblicher Betätigungen als ein Gewerbebetrieb
Gesetze: EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, EStG § 15 Abs. 2, GewStG § 2
Instanzenzug:
Gründe
1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist an zwei Standorten, die 20 km voneinander entfernt liegen, als Busunternehmerin tätig. Auch wenn für die beiden Standorte getrennte Jahresabschlüsse gefertigt wurden, ging der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) nur von einem Betrieb aus und ließ Rücklagen nach § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lediglich in Höhe von 154.000 € je Streitjahr zu. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
2 Das Finanzgericht (FG) entschied, bei den beiden Standorten handele es sich zwar möglicherweise um zwei mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Teilbetriebe, die jedoch bei Gesamtabwägung aller Umstände nur einen Betrieb i.S. des § 7g Abs. 3 EStG bildeten.
3 Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu klären sei die Rechtsfrage, ob das Vorliegen nur eines Betriebes nur dann angenommen werden könne, wenn die Betätigungen kumulativ in finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht zusammenhingen, oder ob es reiche, wenn nur eines dieser Kriterien alternativ erfüllt sei. Das FG sei insofern von den Urteilen des (BFHE 138, 90, BStBl II 1983, 425), vom VIII R 310/83 (BFH/NV 1986, 363, BStBl II 1986, 719), vom X R 130/87 (BFHE 158, 80, BStBl II 1989, 901) und vom XI R 63/96 (BFHE 182, 369, BStBl II 1997, 573) abgewichen, als die Gleichartigkeit der gewerblichen Tätigkeit und die räumliche Nähe der Standorte keine entscheidenden Kriterien für das Vorliegen wirtschaftlicher, finanzieller oder organisatorischer Verflechtungen sein könnten. Es liege ein Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen Entscheidung vor, da das FG keine Abwägung vorgenommen, sondern die vermeintlich gegen die Klägerin sprechenden Punkte kumuliert habe, ohne die für sie sprechenden Punkte wie getrennte Buchführung, Abschlüsse, Konten und Kassenabrechnungen, getrenntes Personal und Ortsverschiedenheit zu berücksichtigen.
4 II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
5 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Durch die Rechtsprechung ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen mehrere gewerbliche Betätigungen eines Steuerpflichtigen als ein Gewerbebetrieb oder als Mehrzahl von Gewerbebetrieben anzusehen sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 38/96, BFH/NV 1997, 229; vom II B 57/98, BFH/NV 1999, 1455; vom XI B 23/04, BFH/NV 2005, 1134). Aus diesem Grunde bedarf es auch keiner Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO).
6 2. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) ist nicht erforderlich. Die gerügte Abweichung der angefochtenen Entscheidung von der Rechtsprechung des BFH liegt nicht vor. Eine Divergenz setzt voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den tragenden Rechtsausführungen in den Divergenzentscheidungen nicht übereinstimmt (z.B. Senatsbeschluss vom III B 178/07, BFH/NV 2009, 1809, m.w.N.). Dagegen genügt eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen nicht (vgl. , BFH/NV 2008, 1674).
7 Das FG hat sich der ständigen BFH-Rechtsprechung angeschlossen, dass mehrere gewerbliche Betätigungen eines Steuerpflichtigen eine wirtschaftliche Einheit bilden können, sofern sie sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen. Kriterien hierfür sind nach dem BFH-Urteil in BFHE 182, 369, BStBl II 1997, 573 die Art der gewerblichen Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Geschäftsleitung, die Arbeitnehmerschaft, die Betriebsstätte, die Zusammensetzung und Finanzierung des Aktivvermögens sowie die Gleichartigkeit der Betätigung. Hierzu hat das FG Feststellungen getroffen, hat jedoch aus diesen andere Schlussfolgerungen gezogen, als es die Klägerin für geboten hält. Ein offensichtlicher Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht, der die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO begründen könnte, ist hierin nicht zu erkennen. Eine Entscheidung ist nur dann objektiv willkürlich, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Greifbare Gesetzwidrigkeit ist anzunehmen, wenn das Urteil jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (z.B. Senatsbeschluss vom III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116). Hiervon kann im Streitfall keine Rede sein.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 642 Nr. 4
NAAAD-38260