Leitsatz
Leitsatz:
1. Im Falle einer Planänderung muss nicht die Planänderung als solche im Sinne einer Planrechtfertigung erforderlich sein. Vielmehr muss jetzt für das Vorhaben in seiner geänderten Gestalt gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf bestehen.
2. Die Änderung eines Planfeststellungsbeschlusses genügt regelmäßig dem Abwägungsgebot, wenn das Vorhaben, so wie es jetzt geplant ist, mit denselben Erwägungen abwägungsfehlerfrei hätte zugelassen werden können, wenn es sogleich zur Entscheidung gestellt worden wäre.
3. Bei vorhandenen Überführungen ist ein Kreuzungsbeteiligter aus Anlass eines eigenen Ausbauvorhabens zu einer Verbesserung des jeweils anderen Verkehrsweges grundsätzlich nur verpflichtet, wenn der andere Kreuzungsbeteiligte dies verlangt und als Folge davon anteilig die Kosten trägt (§ 12 EKrG).
Gesetze: AEG § 18 Satz 2; EKrG § 12; VwGO § 42 Abs. 2; VwVfG § 76 Abs. 3
Gründe
I
Die Klägerin, die Dresdner Verkehrsbetriebe AG, wendet sich gegen die Änderung eines eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses, durch die das Eisenbahn-Bundesamt die abweichende Bauausführung einer Eisenbahnbrücke zugelassen hat.
Durch Beschluss vom stellte das Eisenbahn-Bundesamt den Plan der beigeladenen DB Netz AG für den Ausbau der Eisenbahnstrecke Leipzig-Dresden, Projektabschnitt 3 Bahnhof Coswig - Bahnhof Dresden-Neustadt, fest. In diesem Abschnitt überquert die Eisenbahn auf einer Brücke die Fritz-Reuter-Straße.
Bei der 1899 errichteten Eisenbahnbrücke handelte es sich um eine Trogbrücke mit zwei Reihen Stützen im Straßenraum. Die lichte Weite zwischen den Stützen betrug ursprünglich 12,80 m. Zwischen den Stützen verlaufen vier Fahrbahnen für den motorisierten Verkehr. In den beiden mittleren Fahrbahnen sind zusätzlich Gleise für die Straßenbahn verlegt. Das Straßenbahnnetz wird von der Klägerin betrieben.
In seiner ursprünglichen Fassung sah der Planfeststellungsbeschluss eine Brücke mit (nur noch) einer Reihe Stützen in der Achse der Straße vor. In der Fassung seiner 2. Änderung vom sah der Planfeststellungsbeschluss wiederum eine Brücke mit zwei Reihen Stützen vor. Die lichte Weite zwischen den Stützen sollte nunmehr 13,65 m betragen. Insoweit hatte die Beigeladene die neue Planung mit der Stadt Dresden als Trägerin der Straßenbaulast für die Fritz-Reuter-Straße vorabgestimmt. Eine von ihr gewünschte Kreuzungsvereinbarung mit der Stadt Dresden kam nicht zustande.
Unter dem beantragte die Beigeladene eine 3. Planänderung, die ausschließlich die Konstruktion der Brücke über die Fritz-Reuter-Straße betraf. Danach sollte die lichte Weite zwischen den Stützen nunmehr 13,00 m betragen. In diesen Abmessungen waren die Stützen zum Zeitpunkt des Antrags bereits errichtet.
Das Eisenbahn-Bundesamt übersandte die geänderten Planunterlagen der Klägerin sowie der Stadt Dresden und gab ihnen Gelegenheit zur Äußerung.
Die Klägerin erhob Einwendungen: Sie habe der 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses nur zugestimmt, weil dort eine lichte Weite der Brücke von 13,65 m vorgesehen gewesen sei. Diese hätte es, anders als die jetzt geplante lichte Weite von nur 13,00 m, ermöglicht, für die Straßenbahn einen gesonderten Bahnkörper anzuordnen und so Straßenbahn und Kraftfahrzeugverkehr zu trennen. Ohne diese Trennung werde die Fahrleitung der Straßenbahn im Bereich der Brücke gefährdet, wenn Kraftfahrzeuge mit einer Höhe von mehr als 4,00 m die Brücke passierten. Die Anordnung eines besonderen Bahnkörpers sei nach dem Gesetz über die Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG) förderungsfähig.
Durch Bescheid vom änderte das Eisenbahn-Bundesamt den Planfeststellungsbeschluss vom entsprechend den vorgelegten Planunterlagen. Es wies die Einwendungen der Klägerin zurück: Die Stadt Dresden als Baulastpflichtige für die Fritz-Reuter-Straße habe die Aufweitung der Brücke nicht im Sinne des Eisenbahnkreuzungsgesetzes verlangt. Deshalb bestehe kein Anspruch darauf, den Querschnitt der Eisenbahnüberführung zu verbreitern. Ein besonderer Bahnkörper für die Straßenbahn sei weder vorgeschrieben noch technisch zwingend erforderlich.
Die Klägerin hat gegen den Bescheid entsprechend der ihr erteilten Rechtsmittelbelehrung beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht Klage erhoben, das den Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen hat. Die Klägerin macht geltend: Die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses habe wegen ihrer Wesentlichkeit nicht in einem vereinfachten Verfahren zugelassen werden dürfen. Die Änderung diene allein dazu, die bereits realisierte abweichende Bauausführung nachzuvollziehen. Hierfür bestehe keine Planrechtfertigung. Das Eisenbahn-Bundesamt habe die betroffenen Belange nicht abgewogen. Es habe fehlerhaft die geänderte Planung mit dem Zustand vor der Planfeststellung verglichen. Maßgeblich sei der Vergleich mit der 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses. Das Eisenbahn-Bundesamt hätte sich mit der Notwendigkeit eines eigenen Bahnkörpers für die Straßenbahn und der von ihr beanspruchten Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz auseinandersetzen müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom zur 3. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom (Ausbaustrecke Leipzig - Dresden, BA Coswig(e) - Dresden Neustadt(a), km 101,700 - km 115,200) aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend: Die Klägerin sei nicht klagebefugt. Die 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses habe mit der dort vorgesehenen lichten Weite der Brücke von 13,65 m die Klägerin lediglich faktisch begünstig, ihr aber keine eigenen Rechte verliehen. Die Planänderung habe wegen ihrer nur unwesentlichen Bedeutung im vereinfachten Verfahren zugelassen werden dürfen. Die Planrechtfertigung sei gegeben. Die geänderte Planung sei aus statischen Gründen die bessere Lösung, die zudem im Vergleich mit möglichen Alternativen auch weniger aufwendig und deshalb kostengünstiger sei. Die Belange der Klägerin seien in der Abwägung berücksichtigt. Den Verkehrsbedürfnissen der Straßenbahn sei ausreichend Rechnung getragen. Die Beigeladene sei nicht verpflichtet, auf ihre Kosten den Verkehrsweg Straße zu verbessern. Sie dürfe ihn aus Anlass eines eigenen Ausbauvorhabens nur nicht verschlechtern. Die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs sei gewährleistet.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend: Die Klage sei mangels Klagebefugnis unzulässig. Sie sei jedenfalls unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss habe in einem vereinfachten Verfahren nach § 76 Abs. 3 VwVfG geändert werden können. Die Klägerin sei an diesem Verfahren ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Planrechtfertigung sei gegeben. Die Änderung des Plans sei aus statischen Gründen vernünftigerweise geboten. Die betroffenen Belange seien ordnungsgemäß abgewogen worden. Sie habe ohne ein hierauf gerichtetes Verlangen des Trägers der Straßenbaulast keine Veranlassung gehabt, ein Kreuzungsbauwerk zu errichten, das in seinen Abmessungen über das bestehende Bauwerk hinausgehe. Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sei weiterhin gewährleistet.
Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen.
II
Die Klage ist zwar zulässig, in der Sache aber unbegründet.
1. Die Klägerin ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie kann geltend machen, durch den Bescheid über die 3. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses in eigenen Rechten verletzt zu sein.
Als möglicherweise verletztes Recht kommt das Abwägungsgebot des § 18 Satz 2 AEG in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privater Belange, die für die Abwägung erheblich sind. Insoweit reicht aus, dass der Kläger Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (zum Planfeststellungsrecht: BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <66> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 19; BVerwG 4 VR 2000.05 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 22 <R. 28>; zu § 1 Abs. 6 BauGB und § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO: BVerwG 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 127). Nicht erforderlich ist, dass die eigenen Belange des Klägers ihrerseits zugleich subjektive Rechte darstellen.
Danach ist unerheblich, dass die 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses der Klägerin kein subjektives eigenes Recht darauf eingeräumt hat, dass die Brücke mit einer lichten Weite von 13,65 m errichtet wird. Für die Klagebefugnis reicht das Interesse der Klägerin aus, dass beim Ausbau der Eisenbahnstrecke die Eisenbahnüberführung in einer Weise gestaltet wird, die auf die Belange der Straßenbahn ausreichend Rücksicht nimmt. Dabei handelt es sich um eigene Belange der Klägerin, nicht (ausschließlich) um solche der Stadt Dresden. Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft auf der Grundlage einer ihr erteilten Unternehmergenehmigung nach §§ 3, 9 PBefG ein Straßenbahnnetz. Die Belange des Verkehrsträgers "Straßenbahn" gehören zu ihren unternehmensbezogenen Interessen, deren mangelnde Berücksichtigung sie deshalb geltend machen kann. Daran ändert sich nichts, wenn die Klägerin für die konkrete Ausgestaltung, etwa eine Verlegung der Gleise, auf die Mitwirkung der Stadt Dresden als Trägerin der Straßenbaulast angewiesen ist.
2. Der Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes über die 3. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
a) Die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses ist nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Das Eisenbahn-Bundesamt durfte über die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses in einem vereinfachten Verfahren nach § 18 Satz 3 AEG in Verbindung mit § 76 Abs. 3 VwVfG entscheiden, also insbesondere auf ein förmliches Anhörungsverfahren nach § 73 VwVfG verzichten.
Die Planänderung war von unwesentlicher Bedeutung im Sinne des § 76 Abs. 2 VwVfG. Unwesentlich ist die Änderung insbesondere dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleich bleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden sollen ( BVerwG 4 C 40.86 - BVerwGE 81, 95 <104> = Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 1). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Belange eines einzelnen Betroffenen durch die Änderung stärker berührt werden als durch die ursprüngliche Planung.
Gemessen hieran hat die 3. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses nur eine unwesentliche Änderung des festgestellten Vorhabens zum Gegenstand. Bezugspunkt ist dabei nicht die 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern der Planfeststellungsbeschluss insgesamt, denn die 2. Änderung ist mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu einem einheitlichen planfestgestellten Vorhaben verschmolzen. Bezogen auf den Ausbau eines 14 km langen Teilstücks einer Eisenbahnstrecke ist die hier in Rede stehende Änderung in der Bauausführung einer einzelnen Brücke unwesentlich.
Zwar konnte das Eisenbahn-Bundesamt trotz der nur unwesentlichen Änderung des Vorhabens nicht von einem neuen Planfeststellungsverfahren gänzlich absehen, denn die Klägerin und die Stadt Dresden hatten als Betroffene der Änderung nicht zugestimmt (§ 76 Abs. 2 VwVfG). Es durfte das deshalb erforderliche Planfeststellungsverfahren aber in der vereinfachten Form des § 76 Abs. 3 VwVfG ohne förmliches Anhörungsverfahren durchführen. Das Eisenbahn-Bundesamt hat den Betroffenen, nämlich der Stadt Dresden und der Klägerin, den geänderten Plan zur Kenntnis gegeben und ihnen die Gelegenheit eingeräumt, Einwendungen zu erheben. Damit waren die Verfahrensrechte der Klägerin gewahrt.
b) Der Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes ist materiell rechtmäßig.
aa) Dem Vorhaben der Beigeladenen fehlt nicht die erforderliche Planrechtfertigung. Sie ist gegeben, wenn für das Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern wenn es vernünftigerweise geboten ist ( BVerwG 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 <Rn. 45> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 27).
Im Falle einer Planänderung muss nicht die Planänderung als solche im Sinne einer Planrechtfertigung erforderlich sein. Vielmehr muss jetzt für das Vorhaben in seiner geänderten Gestalt gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf bestehen (vgl. BVerwG 9 VR 3.04 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 13).
Der ursprünglich festgestellte Plan wird durch den hier im vereinfachten Verfahren ergangenen Bescheid geändert. Der Änderungsbescheid geht in den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ein. Es entsteht ein einheitlicher Plan. Maßgeblich ist der ursprüngliche Plan in der Gestalt, die er durch den Änderungsbescheid erhalten hat. Beide Entscheidungen zusammen bilden eine einheitliche Planfeststellung. Die Planrechtfertigung muss jetzt für das geänderte Vorhaben gegeben sein.
Der Ausbau der vorhandenen Eisenbahnstrecke Leipzig-Dresden dient auch in dem hier in Rede stehenden Abschnitt den Zielen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, ein attraktives Verkehrsangebot im Sinne bester Verkehrsbedienung auf der Schiene zu gewährleisten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 AEG). Die Ausbaustrecke Leipzig-Dresden ist als vordringlicher Bedarf in den Bedarfsplan für die Bundesschienenwege aufgenommen. Dies ist in dem Planfeststellungsbeschluss vom im Einzelnen dargelegt und wird von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Die Planrechtfertigung für das Gesamtvorhaben trägt auch den Bescheid über die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses, der mit dem notwendigen Ausbau der vorhandenen Eisenbahnüberführung dem gleichen Planungsziel dient.
Ob die konkrete Bauausführung für die danach notwendige Eisenbahnüberführung im Vergleich zu der zunächst geplanten Lösung mit Blick auf die betroffenen Belange der Klägerin vorzugswürdig ist und ob es demnach hinreichende Gründe gab, die ursprünglich geplante Lösung nicht zu verwirklichen, ist keine Frage der Planrechtfertigung, sondern der sachgerechten Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange. Für die Planrechtfertigung reicht aus, dass die Eisenbahnüberführung auch in ihrer geänderten Gestalt den Zielen des Eisenbahngesetzes und der Befriedigung eines Verkehrsbedürfnisses der Eisenbahn dient. Die Details der Bauausführung sind bei einer Änderungsplanung ebenso wenig wie bei der ursprünglichen Planung Gegenstand der Planrechtfertigung. Sie ist nicht auf diese Details der Bauausführung zu beziehen.
bb) Der Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes über die 3. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses verletzt nicht das Gebot der Abwägung. Nach § 18 Satz 2 AEG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.
Die Abwägung der betroffenen Belange ist nicht deshalb von vornherein fehlerhaft, weil der Änderungsbescheid zu einem Zeitpunkt beantragt und erteilt wurde, in dem die Baumaßnahme bereits weitgehend abgeschlossen war, insbesondere die Stützen, die für die lichte Weite der Brücke maßgeblich sind, bereits abweichend von dem Planfeststellungsbeschluss in der Gestalt seiner 2. Änderung errichtet waren. § 18 Satz 1 AEG geht zwar für den Regelfall davon aus, dass die Planfeststellung oder ihre Änderung dem Bau oder der Änderung der Betriebsanlage einer Eisenbahn vorausgeht. Diese Regelung schließt jedoch nicht die Möglichkeit aus, für eine bereits in Angriff genommene Maßnahme nachträglich eine rechtliche Grundlage zu schaffen. Allein der Umstand, dass eine rechtlich an sich gebotene Planfeststellung oder ihre Änderung zunächst unterblieben ist, bietet keinen Anlass für Sanktionen ( BVerwG 4 VR 3.98 - Buchholz 407.4 § 17 Fernstraßengesetz Nr. 149).
Für das Vorhaben auch in seiner geänderten Gestalt streitet als öffentlicher Belang die Notwendigkeit, im Zuge des Ausbaus der Strecke Leipzig-Dresden die Eisenbahnüberführung über die Fritz-Reuter-Straße zu erneuern.
Ob bei dem geänderten Vorhaben die öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander abgewogen sind, beurteilt sich durch einen Vergleich des Zustands vor der Planfeststellung mit dem nunmehr geplanten Vorhaben. Das gilt namentlich auch für die betroffenen privaten Belange. In die Abwägung sind insoweit die Belange einzustellen, die durch eine Änderung gegenüber dem Zustand vor der Planfeststellung nachteilig betroffen werden. Hingegen bedarf keiner besonderen Rechtfertigung die Abweichung von dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss. Die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses genügt dem Abwägungsgebot, wenn das Vorhaben, so wie es jetzt geplant ist, mit denselben Erwägungen abwägungsfehlerfrei hätte zugelassen werden können, wenn es sogleich zur Entscheidung gestellt worden wäre.
Zwar können ausnahmsweise durch eine Planfeststellung Bindungen eingetreten sein, die als solche abwägungserheblich sind. Sie können dabei unter Umständen ein Gewicht annehmen, dass sie auch abwägend nicht mehr überwunden werden können. Eine derartige Fallgestaltung liegt hier indes nicht vor.
Sie wäre denkbar, wenn eine bestimmte Ausführung des Vorhabens gerade dazu bestimmt ist, Nachteile zu verhindern oder auszugleichen, die durch das Vorhaben an anderer Stelle zu Lasten betroffener Dritter hervorgerufen werden können, wenn es sich also in diesem Sinne um drittschützende Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses handelt. Das ist insbesondere der Fall bei festgesetzten Schutzvorkehrungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. In solcher Hinsicht könnte der Planfeststellungsbeschluss nicht ohne besondere Begründung isoliert geändert werden, weil die Änderung das ursprünglich ausgewogene Plankonzept in Frage zu stellen geeignet ist. Darum geht es hier nicht. Die Festsetzung einer lichten Weite der Brücke von 13,65 m zwischen den Stützen in der 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses diente nicht dazu, Nachteile auszugleichen oder zu verhindern, die der Klägerin (erst) durch das Vorhaben entstehen. Drittschützend war diese Festsetzung nicht.
Eine abwägungserhebliche Bindung kann durch den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss insoweit eintreten, als eine bestimmte Ausführung des Vorhabens mit anderen Planungsträgern mit Blick auf deren Vorhaben abgestimmt ist. Haben andere Planungsträger im Vertrauen auf den Bestand des Planfeststellungsbeschlusses ihr Vorhaben ins Werk gesetzt, ist jedenfalls ein ihnen zu gewährender Vertrauensschutz als abwägungserheblicher Belang zu berücksichtigen. Er kann möglicherweise nur durch gewichtige, gerade für die Änderung streitende öffentliche Belange überwunden werden. Ein Vertrauensschutz der Klägerin mit Blick auf eigene Planungen besteht indes nicht. Ein solcher Vertrauensschutz besteht im Übrigen auch nicht für die Stadt Dresden, von deren Planungen für den Straßenraum die Klägerin ihrerseits abhängig ist. Die Stadt Dresden hat für den Straßenraum keine Planungen bereits ins Werk gesetzt, die an eine lichte Weite der Brücke von 13,65 m und damit an die Möglichkeit anknüpfen, in diesem Bereich für die Straßenbahn einen eigenen Gleiskörper zu schaffen.
Wie bei jeder Planfeststellung gehört es aber bei der Änderung eines Planfeststellungsbeschlusses zu einer ordnungsgemäßen Abwägung, dass sich die Planfeststellungsbehörde mit Alternativen etwa der Bauausführung auseinandersetzt, die ernsthaft in Betracht kommen und die Belange Dritter oder öffentliche Belange weniger berühren. Bei der Änderung eines Planfeststellungsvorhabens liegt auf der Hand, dass die ursprünglich geplante Bauausführung in diesem Sinne eine Alternative darstellt, die ernsthaft in Betracht kommt. Mit ihr muss sich die Planfeststellungsbehörde deshalb bei Änderung eines Planfeststellungsbeschlusses auseinandersetzen. Sie muss abwägend darlegen, warum die ursprünglich geplante Alternative nunmehr verworfen wird. Allerdings genügt es insoweit, wenn sie hierfür Gründe anführt, die es von vornherein gerechtfertigt hätten, die zunächst geplante und bereits planfestgestellte Alternative hinter die jetzt geplante Alternative zurückzustellen.
Die Ausführung der Brücke mit einer lichten Weite zwischen den Stützen von 13,65 m stellt eine Alternative dar, die den Belangen der Klägerin besser gerecht wird, als die jetzt durch den Änderungsbescheid zugelassene Bauausführung mit einer lichten Weite der Brücke zwischen den Stützen von nur noch 13,00 m. Bei einer lichten Weite von 13,65 m zwischen den Stützen wäre es möglich, für die Straßenbahn einen gesonderten Gleiskörper anzulegen, was - insoweit unstreitig - bei einer lichten Weite von 13,00 m nicht möglich ist.
Das Eisenbahn-Bundesamt als Planfeststellungsbehörde durfte die der Klägerin günstigere Variante aber schon mit der Erwägung verwerfen, die Beigeladene als Vorhabenträgerin sei nicht verpflichtet, aus Anlass ihres eigenen Ausbauvorhabens den Verkehrsweg Straße zu verbessern. Sie sei lediglich gehalten, die Brücke in solchen Abmessungen (wieder) zu errichten, die gegenüber dem früheren Zustand keine Verschlechterung darstellen. Dem Eisenbahnkreuzungsgesetz, namentlich § 12 EKrG, lässt sich der Grundsatz entnehmen, dass bei vorhandenen Überführungen jeder Kreuzungsbeteiligte die Verantwortung für seinen Verkehrsweg trägt. Zu einer Verbesserung des jeweils anderen Verkehrsweges aus Anlass eines eigenen Ausbauvorhabens ist ein Kreuzungsbeteiligter grundsätzlich nur verpflichtet, wenn der andere Kreuzungsbeteiligte dies verlangt und als Folge davon anteilig die Kosten trägt (§ 12 Nr. 2 EKrG). Ein Änderungsverlangen im Sinne des § 12 EKrG hat die Stadt Dresden nicht gestellt. Eine Verschlechterung des Verkehrswegs Straße bewirkt die Ausführung des Vorhabens in Gestalt der 3. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses nicht. Gegenüber dem ursprünglichen Zustand mit einer lichten Weite zwischen den Stützen von 12,80 m stellt die jetzt geplante Bauausführung sich nicht ungünstiger dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 4, § 162 Abs. 3 VwGO.
Fundstelle(n):
VAAAD-38201