BSG Urteil v. - B 7 AL 43/07 R

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LSG Bayern, L 8 AL 481/05 vom SG Augsburg, S 4 AL 456/03

Gründe

I

Im Streit sind die Anfechtung einer Aufrechnungserklärung und die daraus resultierende Zahlung von (zusätzlichem) Überbrückungsgeld in Höhe von 803,14 Euro.

Die Beklagte hatte dem Kläger im Jahr 1998 Auslagen für Reisekosten erstattet, im Jahr 2001 jedoch einen Betrag in Höhe von 803,14 Euro wieder zurückgefordert (bestandskräftiger Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom ; sofortige Vollziehbarkeit angeordnet im Juni 2003). Im Februar 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger anlässlich der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit Überbrückungsgeld für die Zeit vom 3.2. bis zunächst in Höhe von 1.160,31 Euro, dann von 2.090,96 Euro monatlich (Bescheid vom ; Änderungsbescheid vom ). Die Erstattungsforderung von 803,14 Euro rechnete sie gegen den Anspruch auf Nachzahlung des Überbrückungsgeldes (gemäß dem Änderungsbescheid) auf (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ) und zahlte dem Kläger nur den Restnachzahlungsbetrag aus.

Die gegen die Aufrechnung und auf Zahlung zusätzlichen Überbrückungsgeldes an den Kläger gerichtete Klage blieb erst- und zweitinstanzlich erfolglos (Urteil des Sozialgerichts [SG] Augsburg vom ; Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts [LSG] vom ). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Aufrechnung durch Verwaltungsakt sei zulässig und wirksam. Die Pfändungsfreigrenzen hätten nicht beachtet werden müssen; bei Erstattungsansprüchen wegen zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen würden andere Grenzen gelten, nämlich die Hälfte der Leistungen, die angesichts der Größenordnung von Hauptforderung und Gegenforderung bei der laufenden Geldleistung nicht überschritten sei, und die Höhe der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG); Sozialhilfebedürftigkeit könne jedoch rückwirkend nicht eintreten. Die Beklagte habe auch zutreffend festgestellt, dass die vom Kläger geltend gemachte Abtretung an die beigeladene Ehefrau des Klägers nicht wirksam gewesen bzw die Aufrechnung jedenfalls vorrangig sei.

Mit seiner Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) sowie der §§ 51, 53 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) iVm §§ 387, 406 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Bei der Aufrechnung handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X; sie dürfe auch nicht in der Form eines Verwaltungsaktes erklärt werden. Die Voraussetzungen für eine Aufrechnung hätten ohnedies nicht vorgelegen, insbesondere nicht die der §§ 53 SGB I, 406 BGB. Die Aufrechnungslage habe sich nur daraus ergeben, dass die Beklagte trotz Fälligkeit in unzulässiger Weise das höhere Überbrückungsgeld für Zeiten vom 3.2. bis nicht sofort bewilligt und ausgezahlt habe.

Der Kläger beantragt (nunmehr),

den Beschluss des LSG sowie das Urteil des SG aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom zu verurteilen, 803,14 Euro an die Beigeladene zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Der Kläger habe seinen Anspruch auf Überbrückungsgeld nicht wirksam an die Beigeladene abgetreten. Die Abtretungserklärungen hätten sich zunächst nicht auf das Überbrückungsgeld bezogen; im Jahr 1994 habe der Kläger nämlich bereits außer anderen Sozialleistungen angeblich auch künftige Ansprüche auf Überbrückungsgeld (§ 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - [SGB III]) an die Beigeladene abgetreten, obwohl § 57 SGB III erst mit Wirkung ab in Kraft getreten sei und dies zum Zeitpunkt der angeblichen ersten Abtretung dem Kläger überhaupt nicht habe bekannt sein können. Diese und spätere Abtretungen hätten nur als Reaktion auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Verschleierung der Einkommensverhältnisse gedient und seien deshalb gemäß § 117 Abs 1 BGB als Scheingeschäft nichtig.

Die Beigeladene hat sich weder geäußert noch einen Antrag gestellt.

II

Die Revision ist teilweise unzulässig (§ 169 Sozialgerichtsgesetz [SGG]); im Übrigen ist sie im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

Unzulässig ist die Revision, soweit sie sich gegen die Abweisung der Leistungsklage durch das SG und LSG richtet; denn der Kläger hat im Revisionsverfahren eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung vorgenommen (§ 168 Satz 1 SGG). Der Kläger hat erst- und zweitinstanzlich die Zahlung der 803,14 Euro ausschließlich an sich selbst geltend gemacht. Seiner Antragstellung und seinem tatsächlichen Vorbringen waren dabei keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass er - als Prozessstandschafter - einen fremden Anspruch (den der Beigeladenen) hätte geltend machen wollen. Er hat mithin erstmals, soweit es den Leistungsantrag betrifft, im Revisionsverfahren Ansprüche der Beigeladenen und damit erstmals ein fremdes Recht geltend gemacht. Hierin liegt eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung (vgl BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34 S 67 f), die zur Unzulässigkeit der Revision führt (vgl -, juris RdNr 63; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 168 RdNr 2d; Lüdtke in Handkommentar - SGG, 3. Aufl 2009, § 168 RdNr 6).

Gegenstand der sachlichen Prüfung im Revisionsverfahren ist damit nur noch die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom über die Aufrechnung in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom (§ 95 SGG), gegen den sich der Kläger mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) wehrt. Hier macht der Kläger, weil die Aufrechnung ihm gegenüber verfügt wurde, anders als bei seiner Leistungsklage ein eigenes Recht geltend (vgl BSG SozR 3-1200 § 52 Nr 3 S 32).

Allerdings kann der Senat aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht beurteilen, ob und inwieweit der Kläger seinen Anspruch auf Überbrückungsgeld wirksam an die Beigeladene abgetreten hat. Hierauf kommt es für eine abschließende Entscheidung jedoch an. Soweit die Abtretung nämlich unwirksam war, konnte die Beklagte zwar mit ihrem Erstattungsanspruch weiterhin gegenüber dem Kläger aufrechnen; die Anfechtungsklage wäre dann allerdings insoweit unzulässig. Für eine isolierte Klärung der insoweit allein noch offenen Frage, ob die Beklagte befugt war, die Aufrechnung in der Form eines Verwaltungsakts zu erklären, bestünde kein Rechtsschutzinteresse. Soweit die Abtretung hingegen wirksam war, wäre die Klage begründet, weil die Aufrechnung nicht - wie dies erforderlich wäre - gegenüber der Beigeladenen erklärt worden ist (BSG SozR 3-1200 § 52 Nr 3 S 36).

Für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung von Überbrückungsgeld wirksam an die Beigeladene abgetreten hat (§ 398 BGB, § 53 SGB I), fehlen Feststellungen insbesondere dazu, ob die auf den Abschluss eines Abtretungsvertrages gerichteten Willenserklärungen nicht nur zum Schein abgegeben worden sind (§ 117 Abs 1 BGB). Nach Aktenlage bestehen dafür Anhaltspunkte, worauf die Beklagte zu Recht hinweist. Sollte sich nicht bereits unter diesem Gesichtspunkt eine Nichtigkeit ergeben, wäre immer noch zu prüfen, inwieweit der Anspruch abgetreten werden sollte und abtretbar war.

Ansprüche auf Geldleistungen können nur nach Maßgabe des § 53 Abs 2 und 3 SGB I übertragen werden; laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, sind gemäß § 53 Abs 3 SGB I nur insoweit abtretbar, als sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Beim Überbrückungsgeld handelt es sich um eine laufende Geldleistung, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt ist (vgl § 57 Abs 1 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom - BGBl I 594). Wie hoch der für Arbeitseinkommen geltende pfändungsfreie Betrag (§§ 850c ff Zivilprozessordnung) im Fall des Klägers ist, müsste ggf - insbesondere unter Beachtung etwaiger Unterhaltsverpflichtungen - genau festgestellt werden.

Soweit sich unter obigem Gesichtspunkt eine Unwirksamkeit der Abtretung ergeben sollte, der Kläger also Inhaber des Anspruchs geblieben ist, wäre die Klage unzulässig. Die Aufrechnung als solche bliebe nämlich materiellrechtlich unabhängig davon wirksam, ob sie als Verwaltungsakt ergehen durfte (BSG SozR 4-2500 § 255 Nr 1 RdNr 25 ff; BFHE 157, 8 ff). Auf die hier allein im Revisionsverfahren noch zu beurteilende Anfechtungsklage wäre dann nur noch die - umstrittene - rein formale Frage zu klären, ob die Aufrechnung durch Verwaltungsakt (BSGE 64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr 13 S 38; BSGE 78, 132 ff = SozR 3-1200 § 51 Nr 5 S 13 ff; SozR 3-1200 § 51 Nr 3 S 5) oder - wofür mehr spricht - durch öffentlich-rechtliche Willenserklärung (BSG SozR 4-1200 § 52 Nr 1 S 3 f; ; BVerwGE 66, 218, 220; BFHE 149, 482, 489; BFHE 178, 306 ff; BGHZ 5, 352 ff; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 43 RdNr 7; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 333 RdNr 17, Stand Februar 2008; Coseriu/Jakob in Nomoskommentar SGB III, 3. Aufl 2008, § 333 RdNr 23; Coseriu/Holzhey in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/Asylbewerberleistungsgesetz, § 43 SGB II RdNr 27, Stand Oktober 2007) zu erfolgen hat; dafür bestünde jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis.

Denn an einer abstrakten Klärung der Rechtsnatur der Aufrechnung hätte der Kläger wegen der materiell ohnedies wirksamen Aufrechnung objektiv kein rechtlich geschütztes Interesse (so im Ergebnis auch ). Ihm kann allein durch einen - formell - bestandskräftigen Verwaltungsakt unter den gegebenen Umständen offensichtlich kein Nachteil erwachsen (vgl zu diesem Gedanken BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 8 RdNr 11), weil die Aufrechnung - unabhängig davon, ob sie in der Form eines Verwaltungsaktes erklärt wurde - zum Erlöschen der sich gegenüberstehenden Forderungen geführt hat (vgl: BSG SozR 4-2500 § 255 Nr 1 RdNr 25 ff; BFHE 157, 8 ff; 149, 482, 489 f); die von der Behörde verfügten Regelungen würden sich mithin nicht von den Rechtsfolgen unterscheiden, die ohnehin kraft Gesetzes durch die Aufrechnungserklärung herbeigeführt worden wären. Bei dieser Rechtslage bedarf es keiner Entscheidung, ob dem 13. Senat des BSG in dessen Entscheidung vom (aaO) zu folgen ist, dass sich der Verwaltungsakt der Aufrechnung durch die materiellrechtlich wirksame Aufrechnung erledigt habe (§ 39 Abs 2 SGB X). Die Entscheidung widerspräche auch nicht der des 4. Senats des BSG (SozR 4-1200 § 52 Nr 1), weil dort die Verrechnung auch materiellrechtlich fehlerhaft war. Andere Entscheidungen des 4. Senats (BSG SozR 4-2500 § 255 Nr 1 RdNr 15 ff; Urteil vom - B 4 R 75/06 R) sind bereits von der rechtlichen Ausgangslage nicht vergleichbar (vgl die Entscheidungen des 12. Senats des BSG: BSGE 97, 292 ff RdNr 9 und 11 = SozR 4-3300 § 59 Nr 1; Urteil vom - B 12 R 11/06 R - RdNr 13 ff).

Die Beklagte hat ihre Aufrechnung zu Recht auf den die allgemeinen Regeln des BGB (§ 394) modifizierenden (Eicher in Eicher/Schlegel, aaO, § 333 RdNr 21, Stand September 2006) § 51 Abs 2 SGB I (in der hier anzuwendenden Neufassung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuches zum Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften vom - BGBl I 1229) iVm § 387 BGB gestützt. Die besonderen Voraussetzungen des § 51 Abs 2 SGB I sind erfüllt. Danach kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf zu Unrecht erbrachte Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, soweit der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des BSHG über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird.

Bei dem Anspruch auf Überbrückungsgeld handelt es sich um einen Anspruch auf laufende Leistungen; dass die Leistungen nachgezahlt wurden, ändert daran nichts (BSGE 78, 132, 135 f = SozR 3-1200 § 51 Nr 5 S 17; Pflüger in juris PraxisKommentar SGB I [jurisPK-SGB I], § 51 RdNr 22; vgl auch BT-Drucks 7/868, S 31). Unabhängig davon, ob man für die Berechnung der Hälfte der Geldleistungen nur auf die nachträglich bewilligten Leistungen für den Zeitraum vom 3.2. bis oder die insgesamt für diesen Zeitraum bewilligten Leistungen abstellt, liegt die aufgerechnete Gegenforderung von 803,14 Euro in jedem Fall betragsmäßig unter der Hälfte der Leistungen. Da die Beklagte nur mit Leistungen aufgerechnet hat, die für zurückliegende Zeiträume gezahlt wurden, kann der Kläger durch die Aufrechnung von vornherein nicht "rückwirkend" hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften über die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG geworden sein. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Aufrechnung oder danach wegen dieser hilfebedürftig geworden wäre, weil ihm der Betrag von 803,14 Euro nicht zur Verfügung stand. Die Beklagte hat bei der Aufrechnung Ermessen ausgeübt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, sodass offen bleiben kann, ob die Aufrechnung als solche in Form einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung für deren Wirksamkeit überhaupt die Ausübung von Ermessen voraussetzt (s dazu nur Eicher in Eicher/Schlegel, aaO, § 333 RdNr 16 f mwN, Stand Februar 2009, und ders in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 43 RdNr 27 ff).

Auch die allgemeinen Voraussetzungen des BGB für eine Aufrechnung sind erfüllt. Nach § 387 BGB kann, wenn zwei Personen einander Leistungen schulden (Personenidentität), die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (Erfüllbarkeit). Zum Zeitpunkt der Aufrechnung konnte die Beklagte die ihr obliegende Leistung bewirken; das Überbrückungsgeld für den Zeitraum vom 3.2. bis war bei Bewilligung am fällig (vgl § 337 Abs 2 SGB III) und damit erfüllbar. Die Beklagte konnte auch die ihr gebührende Leistung fordern; sie hatte zum Zeitpunkt der Aufrechnung die sofortige Vollziehbarkeit ihrer Erstattungsforderung angeordnet. Auf die Frage, ob dies erforderlich war (s dazu nur Eicher in Eicher/Schlegel, aaO, § 333 RdNr 20 mwN, Stand September 2006, und ders in Eicher/Spellbrink, aaO, § 43 RdNr 9), kommt es deshalb nicht an.

Anders ist die Rechtslage, soweit der Kläger die Forderung wirksam abgetreten hat, die Beigeladene also Inhaberin der Forderung geworden ist. Dann durfte die Aufrechnung wegen fehlender Personenidentität (§ 387 BGB) nicht gegenüber dem Kläger erklärt werden (BSG SozR 3-1200 § 52 Nr 3 S 36; vgl auch BSGE 64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr 13 S 38 f), soweit nicht die Voraussetzungen des § 407 Abs 1 BGB vorliegen, der nach Abtretung eine wirksame Aufrechnung als Rechtsgeschäft mit dem bisherigen Gläubiger ermöglicht, wenn der Schuldner - vorliegend die Beklagte - bei der Aufrechnung von der Abtretung keine Kenntnis hatte. Dies wird das LSG ggf zu ermitteln haben. Auf die Voraussetzungen des § 406 BGB iVm § 53 Abs 5 SGB I kommt es nicht an. § 406 BGB erlaubt dem Schuldner - vorliegend der Beklagten - die Erklärung der Aufrechnung mit einer gegen den bisherigen Gläubiger gerichteten Forderung gegenüber dem neuen Gläubiger - vorliegend der Beigeladenen. § 53 Abs 5 SGB I modifiziert § 406 Halbsatz 2 1. Alt BGB (s nur Pflüger in jurisPK-SGB I, § 51 RdNr 83) nur im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Aufrechnung, nicht im Hinblick auf den Erklärungsadressaten. Nur angemerkt sei, dass gerade die Anwendung der §§ 406, 407 BGB als zivilrechtliche Normen gegen die Annahme einer Aufrechnung durch Verwaltungsakt spricht. Sie würden anderenfalls zur öffentlich-rechtlichen Eingriffsnorm.

Soweit die Abtretung an die Beigeladene wirksam war, kann dem Kläger anders als bei unwirksamer Abtretung, ein Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden. Die Aufrechnung ist dann nicht nur aus formalen Gründen, sondern materiell rechtswidrig.

Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Fundstelle(n):
NAAAD-37651