Leitsatz
Ist über den Vorwurf der Patentverletzung im selbständigen Beweisverfahren ein Sachverständigengutachten erstellt worden, können möglicherweise berührte Geheimhaltungsinteressen des vermeintlichen Verletzers in aller Regel in der Weise gewahrt werden, dass der Schutzrechtsinhaber die Einsicht in das Gutachten (zunächst) auf namentlich benannte rechts- bzw. patentanwaltliche Vertreter beschränkt und diese insoweit umfassend zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.
Zur Einsicht durch den Schutzrechtsinhaber persönlich darf ein solches Gutachten nicht freigegeben werden, bevor der vermeintliche Schutzrechtsverletzer Gelegenheit hatte, seine Geheimhaltungsinteressen geltend zu machen. Er hat insoweit im Einzelnen darzulegen, welche Informationen im Gutachten Geheimhaltungswürdiges, namentlich Geschäftsgeheimnisse, offenbaren und welche Nachteile ihm aus der Offenbarung drohen.
Gesetze: BGB § 809; PatG § 140c Abs. 1 Satz 3
Instanzenzug: OLG München, 6 W 1380/08 vom LG München I, 21 OH 17787/07 vom Veröffentlichungen: Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja
Gründe
A.
Die Rechtsbeschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) ist Inhaberin des deutschen Patents 44 46 560, das ein Verfahren zum Schweißen von Werkstücken mit Laserstrahlung betrifft. Aufgrund des Inhalts einer Dissertationsschrift kam bei ihr der Verdacht auf, die Rechtsbeschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin), die Automobile herstellt, könne bei der Produktion jedenfalls eines ihrer Modelle vom geschützten Verfahren Gebrauch machen. Auf ihren Antrag "im selbständigen Beweisverfahren auf Sachverständigenbegutachtung und Duldungsanordnung" hat das Landgericht München I (Aktenzeichen 21 OH 17787/07) beschlossen, durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen Beweis darüber zu erheben, ob die in einer bestimmten Betriebsstätte der Antragsgegnerin befindlichen Laserstrahl-MIG-Hybrid-Schweißstationen das anhand folgender Merkmalsgliederung beschriebene Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents ausführen:
(1) Verfahren zum Schweißen von Werkstücken mit Laserstrahlung,
(2) die Laserstrahlung wird auf das relativbewegte Werkstück fokussiert,
(3) durch die Laserstrahlung wird eine Verdampfung von Werkstoff bewirkt,
(4) außer der Laserstrahlung wird ein im Laserstrahlschweißbereich des Werkstücks fußender Lichtbogen eingesetzt,
(5) Verwendung eines Werkstücks mit einer Oberflächenspur, die den Lichtbogen im durch den Strahlfleck der Laserstrahlung bestimmten Schweißbereich führt,
(6) die Oberflächenspur schnürt den Lichtbogen zusammen,
(7) die Oberflächenspur ist dielektrikumsfrei,
(8) der übrige Schweißbereich ist durchweg mit einer dielektrischen Schicht bedeckt.
Mit Beschluss vom selben Tage hat das Landgericht München I der Antragsgegnerin auf Antrag der Antragstellerin im Wege einstweiliger Verfügung und unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel aufgegeben zu dulden, dass ein gerichtlich bestellter, namentlich benannter Sachverständiger die in der besagten Betriebsstätte befindlichen Schweißstationen im Zuge der im Verfahren 21 OH 17787/07 angeordneten Begutachtung nach Maßgabe bestimmter, im Beschluss genannter Anweisungen darauf hin besichtigt und untersucht, ob das Verfahren nach Anspruch 1 des deutschen Patents 44 46 560 ausgeführt wird. Des Weiteren hat das Landgericht der Antragsgegnerin aufgegeben, bei den Untersuchungen des gerichtlichen Sachverständigen neben diesem und einem etwaigen von ihm benannten Assistenten die Anwesenheit dreier ebenfalls namentlich benannter Vertreter der Antragstellerin (Patent- und Rechtsanwälte) zu dulden. Diese hat das Landgericht (antragsgemäß) verpflichtet, Tatsachen, die im Zuge des selbständigen Beweisverfahrens zu ihrer Kenntnis gelangen und den Geschäftsbetrieb der Rechtsbeschwerdegegnerin betreffen, geheimzuhalten, und zwar auch gegenüber der Antragstellerin und deren Mitarbeitern.
Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten im Wesentlichen fünf Merkmale als ganz, ein weiteres nach Maßgabe einer kurzen Erläuterung teilweise, und Merkmal 5 nur mit Einschränkungen erfüllt gesehen. Eine Aussage darüber, ob Merkmal 6 erfüllt sei oder nicht, hat der Sachverständige nicht zu treffen vermocht; seine Verwirklichung lasse sich mit Hilfe der vorhandenen Messtechnik und den versuchstechnischen Randbedingungen nicht nachweisen; eine kurze Literaturrecherche habe auch nicht zu eindeutigen Hinweisen/Aussagen geführt.
Das Landgericht hat der Antragsgegnerin Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, ob die Antragstellerin uneingeschränkt Einsicht in das Gutachten bekommen kann. Die Antragsgegnerin hat sich lediglich mit der Aushändigung der gutachterlichen Zusammenfassung, mit der der Sachverständige am Ende des Gutachtens kurz die Erfüllung der einzelnen Merkmale kommentiert hat, einverstanden erklärt, nicht aber mit der Weitergabe der übrigen Teile des Gutachtens an die Antragstellerin oder ihre Vertreter. Sie hat geltend gemacht, das Gutachten enthalte zahlreiche Informationen über geheimes technisches Know-how, das im Übrigen in keinem Zusammenhang zum Patent der Antragstellerin stehe und für die Verletzungsfrage unerheblich sei.
Durch seinen am erlassenen und am berichtigten Beschluss hat das Landgericht über die Zusammenfassung hinaus die Herausgabe der Abschnitte 2.2 und 4.6 des Gutachtens an die Antragstellervertreter ohne weitere Verschwiegenheitsverpflichtung angeordnet. Im Abschnitt 2.2 des Gutachtens erläutert der Sachverständige die Beschränkungen, die sich an der Betriebsstätte für die Untersuchungen ergaben; der Gliederungspunkt 4.6 enthält die Erläuterungen des Sachverständigen zu Merkmal 6. Die beantragte Herausgabe der übrigen Teile des Gutachtens an die namentlich benannten Vertreter der Antragstellerin unter Anordnung ihrer Verschwiegenheit gegenüber der eigenen Partei hat das Landgericht abgelehnt.
Mit ihrer dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Antragstellerin diesen Antrag weiterverfolgt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet die Antragstellerin sich mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
B.
I. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Das Beschwerdegericht hat sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). An die Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Die Bindung an die Zulassung entfällt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wenn die Rechtsbeschwerde kraft Gesetzes ausgeschlossen ist (vgl. , NJW 2002, 3554; Beschl. v. - VI ZB 27/02, NJW 2003, 211). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Unstatthaftigkeit der Rechtsbeschwerde lässt sich, anders als die Antragsgegnerin meint, nicht in Anlehnung an § 542 Abs. 2 ZPO bejahen, wonach gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, die Revision nicht stattfindet. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde könnte, wenn überhaupt, mit Blick auf § 542 Abs. 2 ZPO nur dann zu verneinen sein, wenn das mit der Rechtsbeschwerde verfolgte Petitum der Antragstellerin einem Verfahren der einstweiligen Verfügung zuzuordnen wäre und das Rechtsmittel schon wegen der Erschöpfung des Rechtsmittelzugs in der Hauptsache als unstatthaft angesehen werden müsste. Diese Voraussetzung liegt jedoch nicht vor. Das Landgericht hat die Anträge der Antragsgegnerin auf Sachverständigenbegutachtung im selbständigen Beweisverfahren und auf Duldung der Besichtigung (vgl. zur Kombination solcher Anträge Kühnen, GRUR 2005, 185 ff.) in getrennten Verfahren beschieden. Diese verfahrensmäßige Behandlung ist auch sachgerecht, weil die Duldung der Besichtigung ein von der Anordnung der Begutachtung verschiedener Verfahrensgegenstand ist und mit Letzterer nur insoweit zusammenhängt, als sie vorab, ohne das Verhalten der Antragsgegnerin abzuwarten, die rechtlichen Voraussetzungen für den Zugang des Sachverständigen und gegebenenfalls weiterer Personen (aus der Sphäre des Schutzrechtsinhabers) zum Gegenstand der Begutachtung eröffnet.
Das mit der Rechtsbeschwerde verfolgte Begehren der Antragstellerin bezieht sich auf das im selbständigen Beweisverfahren erstellte Sachverständigengutachten und nicht auf die im Vorfeld der Begutachtung im Verfügungsverfahren angeordnete Duldung der Besichtigung und Untersuchung der Schweißanlage durch den Sachverständigen, die verfahrensrechtlich vom selbständigen Beweisverfahren unabhängig ist. Dass die Rechtsbeschwerde in Bezug auf in selbständigen Beweisverfahren erlassene Beschlüsse unstatthaft wäre, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, für eine weitergehende Einsicht in das Gutachten bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Es sei nicht ersichtlich, welche Relevanz diese Angaben für die Beweisfrage hinsichtlich der vom Gutachter als zweifelhaft und nicht feststellbar bezeichneten Merkmale 5 und 6 hätten, und davon auszugehen, dass die dem Sachverständigen zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten bei der Besichtigung erschöpfend genutzt worden seien. Entscheidend für die Frage der Schutzrechtsverletzung sei die Feststellung des Sachverständigen, dass sich Merkmal 6 mit Hilfe der Messtechnik und der versuchstechnischen Randbedingungen nicht nachweisen lasse. Es sei kein Zusammenhang zwischen dieser Feststellung und den konkreten verfahrenstechnischen Parametern, gegen deren Bekanntgabe sich die Antragsgegnerin wehre, ersichtlich.
2. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts, dessen Entscheidung in GRUR-RR 2009, 191 veröffentlicht ist, scheitert die Beschwerde jedenfalls am Recht der Antragsgegnerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, dessen Schutzbereich geheimes Know-how einschließe. Eine Abwägung des Geheimhaltungsinteresses der Antragsgegnerin mit dem Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör führe zu keinem abweichenden Ergebnis, wobei dieser Anspruch der Partei und nicht ihren rechtlichen Vertretern zustehe und das Gutachten uneingeschränkt der Ersteren und nicht nur ausgewählten Vertretern zugänglich gemacht werden müsse. Gegen einen Verzicht der Partei darauf spreche insbesondere, dass damit ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse des Besichtigungsschuldners ausgehebelt werde. Auch wenn sie von ihren Vertretern nicht explizit über den Inhalt des Gutachtens informiert werde, könne die sachkundige Partei aus deren Stellungnahmen in Besprechungen möglicherweise Schlüsse auf das begutachtete Verfahren und sein technisches Umfeld ziehen. Es gebe im Übrigen keine Gewähr dafür, dass die Partei auf Dauer bei ihrem Verzicht auf eigene Kenntnisnahme bleibe und Gleiches gelte, wenn die Partei ihre Vertreter wechsle. Daraus erhelle, dass nachträgliche Maßnahmen, wie das Gesetz sie den Gerichten zu treffen überlasse, nicht zum Ziel führen könnten. Es gelte vielmehr auch hier der Vorherigkeitsgrundsatz. Wie den berechtigten Interessen beider Parteien bestmöglich entsprochen werden könne, sei, gegebenenfalls unter Einbeziehung eines Sachverständigen, vor Formulierung und Erlass eines Beweisbeschlusses schriftsätzlich oder in mündlicher Verhandlung zu klären.
III. Das Beschwerdegericht hat die begehrte Einsicht in das Beweissicherungsgutachten zu Unrecht verwehrt.
1. a) Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist ausschließlich, worauf zur Klarstellung hinzuweisen ist, ob in den Vorinstanzen zu Recht abgelehnt worden ist, das im selbständigen Beweisverfahren erstellte Gutachten aus Gründen des Geheimnisschutzes antragsgemäß auszuhändigen. Nicht verfahrensgegenständlich ist, unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen eine Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren wegen im Raum stehender Patentverletzung angeordnet werden kann und inwieweit die dafür erforderlichen Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind.
b) Wie zu verfahren ist, wenn der wegen Patentverletzung auf Vorlage einer Urkunde oder Besichtigung einer Sache bzw. eines Verfahrens in Anspruch genommene mutmaßliche Verletzer (nach dem Gesetzeswortlaut: vermeintliche Verletzer) in Bezug auf die Urkunde oder Sache bzw. das Verfahren Geheimnisschutz geltend macht, ist nunmehr in § 140c Abs. 1 Satz 3 PatG in der am gemäß Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom (BGBl. I S. 1191) in Kraft getretenen Fassung geregelt. Danach trifft, soweit der vermeintliche Verletzer geltend macht, es handle sich um vertrauliche Informationen, das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten.
c) Ob das Rechtsbeschwerdegericht seiner Beurteilung § 140c PatG zugrunde legen kann, obwohl die Besichtigung, in deren Zusammenhang Geheimnisschutzmaßnahmen angeordnet werden sollen, vor Inkrafttreten der Neuregelung stattgefunden hat und das Gesetz eine Übergangsregelung nicht vorsieht, kann offenbleiben. Denn die durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums geschaffene Rechtslage weicht materiell weder zu Lasten des Schutzrechtsinhabers noch des vermeintlichen Verletzers vom bisherigen Rechtszustand ab (vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 16/5048 S. 40). Der Besichtigungsanspruch war zur fraglichen Zeit mit Blick darauf, dass die Frist für die Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Durchsetzungsrichtlinie) abgelaufen war, in Anlehnung an die §§ 809 f. BGB zu gewähren (vgl. BGHZ 150, 377 - Faxkarte; Melullis, Festschrift für Tilmann, S. 843 unter Hinweis auf RGZ 69, 401 - Nietzsche-Briefe). Der Regelung in § 809 BGB kam zur Zeit der instanzgerichtlichen Entscheidungen auch die Funktion zu, die Maßnahmen zu verwirklichen, die nach Art. 6 der Durchsetzungsrichtlinie in Zusammenhang mit der Vorlage von Beweismitteln vorgesehen waren (BGHZ 169, 30 Tz. 41 - Restschadstoffentfernung). Dabei stand auch vor Inkrafttreten von § 140c PatG außer Frage, dass nur aufgrund einer umfassenden Abwägung der beteiligten Interessen bestimmt werden konnte, in welchem Umfang dem Schutzrechtsinhaber ein Anspruch auf Besichtigung eines möglicherweise verletzenden Gegenstands oder Verfahrens bzw. auf Auswertung der durch die Besichtigung gewonnenen Erkenntnisse zugebilligt werden kann (vgl. BGHZ 150, 377 - Faxkarte; Melullis aaO., S. 856). Die in diesem Zusammenhang gegebenenfalls vorzusehenden Schutzmaßnahmen waren so zu treffen, wie es nunmehr der Regelung in § 140c Abs. 1 Satz 3 PatG entspricht.
2. Was als Gegenstand von Maßnahmen zum Geheimnisschutz in Betracht kommt, hat auch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums nicht im Einzelnen festgelegt. Der bezweckte Schutz von Geheimhaltungsinteressen des mutmaßlichen Verletzers (vgl. BT-Drucks. 16/5048 S. 40) gebietet es jedenfalls, solche Geheimnisse einzubeziehen, die Gegenstand des Straftatbestands der Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) sind. Darunter fallen auch die im Zusammenhang mit Besichtigungsmaßnahmen wegen Schutzrechtsverletzung hauptsächlich betroffenen Geschäfts- und Betriebs- bzw. Fabrikationsgeheimisse des vermeintlichen Verletzers (vgl. Schönke/Schröder/Lenckner StGB, 27. Aufl., § 203 Rdn. 11). Dabei handelt es sich um betriebsbezogenes technisches und kaufmännisches Wissen im weitesten Sinne (vgl. BVerfGE 115, 205 Tz. 87), das allenfalls einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und von dem sich ein größerer Personenkreis nur unter Schwierigkeiten Kenntnis verschaffen kann (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 27. Aufl., § 17 UWG Rdn. 4 ff.), an dessen Geheimhaltung der Unternehmer ein berechtigtes (wirtschaftliches) Interesse hat und in Bezug auf das sein Geheimhaltungswille bekundet worden oder erkennbar ist (vgl. , GRUR 353, 356 m.w.N. - Präzisionsmessgeräte). Geschützt wird der Berechtigte gegen die Weitergabe von Informationen in jeglicher Form über alle im Zusammenhang mit der Besichtigung einer Sache oder eines Verfahrens zugänglichen oder wahrnehmbaren betrieblichen Gegenstände (z. B. Maschinen oder andere Vorrichtungen inklusive der mit ihnen gegebenenfalls ausgeführten Verfahren, Modelle, Verhältnisse, Zeichnungen und sonstige Unterlagen, Inhalte oder Daten) oder Urkundeninhalte, die, unmittelbar oder mittelbar, Erkenntnisse über den Gegenstand eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses vermitteln können.
3. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Geheimnisschutz (vorstehend B III 2) in Bezug auf die von der Antragsgegnerin als geheimhaltungsbedürftig bezeichneten Gegenstände diesen Voraussetzungen genügen, namentlich, inwieweit sie allenfalls einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und sich ein größerer Personenkreis von ihnen nur unter Schwierigkeiten Kenntnis verschaffen kann und inwieweit ein bekundetes Geheimhaltungsinteresse besteht, hat weder das Land- noch das Beschwerdegericht festgestellt. Der Senat kann gleichwohl selbst in der Sache entscheiden, weil die getroffenen Feststellungen eine ausreichende Grundlage für seine Entscheidung bieten (§ 577 Abs. 5 ZPO) und in diesem Rahmen zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt werden kann, dass das, wofür sie Geheimnisschutz beansprucht, den Tatbestand des Privatgeheimnisses erfüllt.
4. Die Antragstellerin begehrt die Herausgabe der ihr noch nicht bekannt gegebenen Teile des Gutachtens nicht an sich selbst, sondern an ihre benannten rechts- und patentanwaltlichen Vertreter unter deren Verpflichtung zur Verschwiegenheit gegenüber ihr selbst.
Die mit diesem Antrag erstrebte Verschwiegenheitsauflage steht unabhängig neben der in der Duldungsverfügung (antragsgemäß) erlassenen Anordnung, dass die Rechts- und Patentanwälte Tatsachen, die im Zuge des selbständigen Beweisverfahrens zu ihrer Kenntnis gelangen und den Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin betreffen, geheimzuhalten haben. Damit ist trotz des missverständlich umfassenden Wortlauts ("im Zuge des selbständigen Beweisverfahrens") keine verfahrensübergreifende Geheimhaltungspflicht gemeint. Wie sich aus der Gesamtheit der Prozesshandlungen einschließlich der getrennten Einleitung von selbständigem Beweis- und Verfügungsverfahren ergibt, die sich ersichtlich an eine in der Fachliteratur vorgeschlagene (vgl. Kühnen GRUR 2005, 185 ff.) und auch andernorts praktizierte Verfahrensweise anlehnen, bezieht sich die in der einstweiligen Verfügung enthaltene Geheimhaltungsanordnung vielmehr nur auf Wahrnehmungen im Zusammenhang mit den Maßnahmen, die im Verfügungsverfahren angeordnet worden sind, um die Durchführung des Beweisverfahrens auch gegen den etwaigen Willen der Antragsgegnerin durchzusetzen. Nach dem Gesamtkonzept dieses Verfahrens sind in Bezug auf die Inhalte des im selbständigen Beweisverfahren zu erwartenden Gutachtens von vornherein eigenständige Entschließungen über etwa erforderliche Maßnahmen des Geheimnisschutzes vorgesehen, um die es auch im vorliegenden Verfahren geht.
Der Antrag der Antragstellerin ist so zu verstehen, dass das Gutachten ohne vorgeschaltete Erörterung und Prüfung etwaiger geheimhaltungswürdiger Inhalte und ohne eine Entschließung über deren Vorenthaltung herausgegeben werden soll. Die Geheimhaltungsinteressen der Antragsgegnerin sollen antragsgemäß - worauf zurückzukommen sein wird - unabhängig davon durch die Verpflichtung der Bevollmächtigten der Antragstellerin zur Verschwiegenheit gesichert werden. Damit geht der Antrag im Übrigen insoweit über die vorbezeichnete, im Verfügungsverfahren erlassene Geheimhaltungsanordnung hinaus, als er auf Verschwiegenheit über den gesamten Gutachteninhalt - soweit er vom Landgericht noch nicht freigegeben worden ist - zielt, und nicht nur selektiv auf "Tatsachen, die ... den Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin betreffen". Das ist mit Blick darauf, dass eine gerichtliche Prüfung der Geheimhaltungsinteressen nicht erfolgen soll, allerdings auch sachgerecht und konsequent, weil es sonst in das Ermessen der Vertreter der Antragstellerin gestellt wäre zu befinden, welche Informationen über den Betrieb des vermeintlichen Verletzers Geheimnisschutz verdienen und welche nicht.
Der Senat hat den mit der Rechtsbeschwerde verfolgten Antrag ferner so verstanden, dass damit nicht nur Verschwiegenheit gegenüber der eigenen Partei, sondern (erst recht) auch gegenüber außenstehenden Dritten angeordnet werden möge, und dies im Tenor durch eine Einfügung ("auch") klargestellt.
5. Die Aushändigung eines solchen Gutachtens an die rechts- oder patentanwaltlichen Vertreter des Schutzrechtsinhabers mit der Maßgabe, Verschwiegenheit auch gegenüber der von ihnen vertretenen Partei zu bewahren, wird in der Fachliteratur unter dem Gesichtspunkt des zu wahrenden Schutzes von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen des vermeintlichen Verletzers für unbedenklich erachtet (vgl. Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 140c Rdn. 62; eingehend Kühnen in GRUR 2005, 185 ff.). Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken, dieser Ansicht beizutreten.
a) Die etwaigen Geheimhaltungsinteressen des Besichtigungsschuldners antragsgemäß präventiv durch Anordnung der Verschwiegenheit der vom Besichtigungsgläubiger beauftragten Rechts- oder Patentanwälten zu wahren, ist aufgrund der Stellung gerechtfertigt, die das Gesetz diesen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Rechtspflege zuweist. Der Rechtsanwalt ist unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO), und dasselbe gilt für den Patentanwalt in dem ihm durch die Patentanwaltsordnung zugewiesenen Aufgabenbereich (§ 1 PAO), der hier berührt ist (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 PAO). Die ihnen gesetzlich zugewiesene Funktion, an einer rechtsstaatlichen, geordneten Rechtspflege mitzuwirken, und die ihnen dafür zugewiesene Stellung als unabhängige Organe der Rechtspflege rechtfertigen generell die Erwartung, dass Rechts- und Patentanwälte die Verpflichtung zur Verschwiegenheit, die ihnen auf von ihnen selbst vertretenen Antrag ihrer Partei vom Gericht - nunmehr auch auf ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage (§ 140c Abs. 1 Satz 3 PatG) - auferlegt worden ist, auch gegenüber der von ihnen vertretenen Partei nicht verletzen werden.
b) Der Rechtsanwalt, der ein solches Gutachten unter Verschwiegenheitspflicht entgegennimmt, vertritt dabei, entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung, keine widerstreitenden Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO). Vielmehr nimmt der Rechtsanwalt allein die Interessen der von ihm vertretenen Partei wahr; dies erfolgt lediglich unter den ihm gerichtlich auferlegten Beschränkungen. Diese ergehen aber auf Antrag der Partei, also mit deren Kenntnis und Billigung, und haben im Übrigen prinzipiell nur vorläufigen Charakter, weil es der Partei freisteht, die Bewilligung der persönlichen Einsicht in das Gutachten zu beantragen (unten B III 5 f und B III 6). Mehr als das, was ihr auf diesem Wege zur Kenntnis gelangt, könnte die Partei auch nicht auf dem Umweg über ihren vollständig informierten Rechtsanwalt in Erfahrung bringen.
c) Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die dem Rechts- oder Patentanwalt auferlegte Verschwiegenheitspflicht ein gewisses Spannungsfeld zu seinen berufsständischen und vertraglichen Pflichten entstehen lässt. Die Wahrnehmung anwaltlicher Aufgaben setzt, abgesehen von seiner Unabhängigkeit und Verschwiegenheit, einen den Interessen des eigenen Mandanten verpflichteten Rechts- bzw. Patentanwalt voraus (vgl. BGH, Senat für Patentanwaltssachen, Beschl. v. - PatAnwZ 1/03, WRP 2005, 226). Die Interessen des Mandanten kann der Anwalt vorliegend infolge der Verschwiegenheitspflicht nur bedingt wahrnehmen. Er muss den Inhalt des Gutachtens bei der Beratung völlig ausblenden bzw. darf ihn, wie im Streitfall, nur im Umfang der vom Landgericht erteilten Freigabe zur Grundlage von Erörterungen mit dem Mandanten machen. Das erfordert generell hohe Umsicht, zumal die Erörterung der effizienten Interessenwahrnehmung des Patentinhabers nach einer Schutzrechtsverletzung häufig nur schwierig völlig losgelöst von der Sphäre des vermeintlichen Verletzers, sei es in Bezug auf dessen Produktionsanlagen, sonstige Gerätschaften oder eigene Erzeugnisse, die selbst Gegenstand von Geschäftsgeheimnissen sein können etc., wird erfolgen können.
Deshalb muss der Rechts- oder Patentanwalt, dem Verschwiegenheit auferlegt ist, bei der weiteren Beratung des Patentinhabers, etwa über das weitere Vorgehen gegen den vermeintlichen Verletzer, sein besonderes Augenmerk darauf richten, keine Gutachteninhalte zu offenbaren oder Ausführungen zu machen, die dem - in der Regel sachkundigen - Patentinhaber Rückschlüsse darauf, insbesondere auf Privatgeheimnisse des vermeintlichen Verletzers ermöglichen könnten. Ist das nach Lage des Sachverhalts nicht möglich, bleibt dem Rechts- bzw. Patentanwalt nur übrig, zunächst darauf hinzuwirken, dass das Gutachten auch der Partei zugänglich gemacht werden darf und die Beratung danach auszurichten. Dem Rechts- oder Patentanwalt wäre es insbesondere verwehrt, selbst zu befinden, welche Informationen in dem ihm unter Anordnung der Verschwiegenheit überlassenen Dokument "wirklich" geheimhaltungswürdige Belange des vermeintlichen Verletzers betreffen und seine Verschwiegenheit nur auf diese zu beschränken.
d) Dem vermeintlichen Verletzer bleibt als Gewähr dafür, dass die gegnerischen Rechts- oder Patentanwälte die Verschwiegenheitsanordnung beachten, nicht nur der Verlass darauf, dass diese das in sie kraft ihrer Stellung als Organe der Rechtspflege gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen. Die Verpflichtung zur Bewahrung etwaiger aus dem Gutachten ersichtlicher Privatgeheimnisse des Besichtigungsschuldners ist auch strafbewehrt (§ 203 StGB).
aa) Solche Privatgeheimnisse sind dem Rechts- oder Patentanwalt bei dem hier in Rede stehenden Verfahren 'anvertraut' worden (§ 203 Abs. 1 StGB). Anvertraut ist ein Geheimnis dem Rechts- oder Patentanwalt, wenn es ihm in innerem Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs unter Umständen mitgeteilt worden ist, aus denen sich die Anforderung des Geheimhaltens ergibt (vgl. nur Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 203 Rdn. 13 m.w.N.). So verhält es sich hier. Dass der Anvertrauende und der Geheimnisträger dabei, wie vorliegend, nicht personenidentisch sind, steht der Tatbestandsmäßigkeit nicht entgegen (vgl. Cierniak in MünchKomm.StGB, § 203 Rdn. 45; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 203 Rdn. 9).
bb) Der Rechts- oder Patentanwalt könnte die Offenbarung eines ihm anvertrauten Geschäftsgeheimnisses nicht damit rechtfertigen, diese habe für eine ordnungsgemäße Wahrung der Belange seiner Partei unausweichlich erfolgen müssen. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass die Befugnis zur Offenbarung eines Geheimnisses in bestimmten Konfliktfällen bestehen kann (etwa wenn der Rechtsanwalt ohne Offenbarung nicht in der Lage wäre, eine Honorarforderung im Zivilprozess geltend zu machen oder sich in einem gegen ihn selbst gerichteten Strafverfahren sachgemäß zu verteidigen, vgl. BGHSt 1, 366). Ob daraus ein allgemeiner Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen hergeleitet werden könnte (ablehnend Cierniak aaO. Rdn. 84; Lenckner aaO. Rdn. 30; zweifelnd Fischer, StGB, 57. Aufl., § 203 Rdn. 45 [ab 51. Aufl.] m.w.N.), kann hier dahinstehen, weil die Befugnis zur Offenbarung nicht i.S. eines strafrechtlichen Rechtfertigungsgrunds unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Wahrnehmung berechtigter Interessen und erst recht nicht unter dem Aspekt des rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB) bejaht werden kann, wenn der Rechts- oder Patentanwalt unter den hier gegebenen Voraussetzungen zur Verschwiegenheit verpflichtet ist und in dem vorhersehbaren Geheimhaltungskonflikt eine Handlungsalternative besteht (Antrag auf Aushändigung des Gutachtens an die Partei nach Geheimnisprüfung und Interessenabwägung). Hinzu kommt, dass die Anerkennung eines dieser Rechtfertigungsgründe zu dem Wertungswiderspruch führen würde, dass der Patentinhaber durch Wahl der Aushändigung des Gutachtens an seine Anwälte unter Verschwiegenheitsanordnung anstatt an sich selbst Erkenntnisse gewinnen kann, die ihm aus Rechtsgründen vorzuenthalten sind und die er nicht hätte in Erfahrung bringen können, wenn er die Aushändigung des Gutachtens an sich selbst verlangt hätte.
cc) Überdies bleibt es dem vermeintlichen Schutzrechtsverletzer im Einzelfall unbenommen, gegen die beantragte Aushändigung eines Gutachtens an einen bestimmten, namentlich benannten Vertreter zu remonstrieren, wenn er aufgrund gerade diesen betreffender konkreter, dann allerdings substanziiert darzulegender Umstände Anlass zu der Befürchtung hat, dass die Verschwiegenheitsverpflichtung missachtet werden könnte.
e) Auch die weiteren, vom Beschwerdegericht erhobenen Bedenken gegen die Überlassung des Gutachtens (nur) an die Vertreter der Partei greifen nicht durch. Deren Anspruch als Patentinhaberin auf Gewährung rechtlichen Gehörs im vorliegenden Verfahren ist durch diese, ihrem eigenen Antrag voll entsprechende Entscheidung nicht verkürzt. Auch der Gesetzgeber des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums ist, wenn auch in anderem Zusammenhang, davon ausgegangen, dass der erforderliche Geheimnisschutz je nach Fall durch Beschränkung der Kenntnisnahme auf Dritte verwirklicht werden kann. Die Gesetzgebungsmaterialien führen insoweit als Beispiel zur Geheimniswahrung bei vorzulegenden Urkunden deren Vorlage an einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten an (BT-Drucks. 16/5048 S. 41). Im Übrigen bleibt es der Patentinhaberin unbenommen, einen weitergehenden Antrag auf Gestattung der eigenen Einsichtnahme in die jeweils in Rede stehenden Unterlagen zu stellen. Bei alledem darf unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht übersehen werden, dass im vorliegenden selbständigen Beweisverfahren nicht über den Streitstoff eines etwaigen Hauptsacheverfahrens und insbesondere nicht darüber entschieden wird, ob und bejahendenfalls welche Tatsachen dem Patentinhaber dort vorenthalten bleiben (vgl. dazu Bornkamm in Festschrift für Ullmann, 2006, 893 ff.; zur Problematik generell BVerfGE 101, 106 ff.; 115, 203 ff.).
Der Patentinhaber könnte entgegen den Befürchtungen des Beschwerdegerichts der Verschwiegenheitsanordnung auch nicht durch Sinneswandel oder Anwaltswechsel die Grundlage entziehen. Dem etwaigen vom Patentinhaber an sie gerichteten Ansinnen, das Gutachten ihm selbst oder anderen Bevollmächtigten zur Verfügung zu stellen, dürften die bisherigen Rechtsvertreter wegen der fortgeltenden, ihnen vom Gericht auferlegten Verschwiegenheitsverpflichtung ungeachtet der Weisungsbefugnis des Auftraggebers nicht entsprechen.
f) In verfahrensrechtlicher Hinsicht hält der Senat die Klarstellung für angezeigt, dass das im Zusammenhang mit der Besichtigung einer Sache oder eines Verfahrens wegen vermuteter Patentverletzung im selbständigen Beweisverfahren gefertigte Sachverständigengutachten den vom Patentinhaber bevollmächtigten Rechts- oder Patentanwälten nicht ohne Weiteres von Amts wegen mit der Auflage übermittelt werden kann, über den Inhalt Verschwiegenheit auch gegenüber der eigenen Partei zu bewahren (anders wohl Schulte/Kühnen aaO.).
Im Regelfall wird ein im selbständigen Beweisverfahren erstelltes Gutachten den Parteien bzw. ihren Verfahrensbevollmächtigten vorbehaltlos übermittelt. Ist dies in Fällen der vorliegenden Art nicht ohne Weiteres tunlich, weil Geheimhaltungsinteressen im Raum stehen, kann nicht von Amts wegen im Sinne eines "Minus" auf eine Zustellung an die Bevollmächtigten des Schutzrechtsinhabers mit Verschwiegenheitsverpflichtung ausgewichen werden. Dafür besteht keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr kann der Patentinhaber, wozu ihm notfalls Gelegenheit zu geben ist, wählen, ob er (zunächst) diesen Weg beschreiten oder ob er sogleich die Überlassung des Gutachtens mit der Möglichkeit auch der eigenen Kenntnisnahme beantragen will. Gleichzeitig muss der Antragsgegner Gelegenheit erhalten, Geheimhaltungsinteressen geltend zu machen. Begehrt der Patentinhaber Aushändigung des Gutachtens an sich selbst, ist zu entscheiden, inwieweit schützenswerte Interessen des vermeintlichen Verletzers betroffen sind und das Geheimhaltungsinteresse überwiegt (dazu nachstehend B III 6). Dadurch wird Klarheit und Rechtssicherheit über die zu offenbarenden und die von einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse betroffenen Informationen hergestellt.
6. Für den Fall, dass dies im vorliegenden Verfahren noch geschieht, weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin.
a) Will der vermeintliche Verletzer aus Gründen des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen verhindern, dass das Gutachten der gegnerischen Partei vollständig zur Kenntnis gebracht wird, hat er nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen die tatsächlichen Voraussetzungen dafür darzutun. § 140c Abs. 1 PatG bringt dies eingangs von Satz 3 durch Verwendung der Konjunktion "soweit" zum Ausdruck. Dazu gehört, dass Tatsachen vorgetragen werden, aus denen der Schluss gezogen werden kann, dass Geschäfts- oder andere Privatgeheimnisse bzw. gegebenenfalls sonstige schützenswerte Geheiminteressen berührt sind. Wie ausgeführt (oben III 3) sind im vorliegenden Verfahren diesbezüglich keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen worden.
b) Die zur Wahrung des Geheimhaltungsinteresses in der Sache gebotenen Anordnungen sind alsdann aufgrund einer einzelfallbezogenen, umfassend alle beiderseitigen möglicherweise beeinträchtigten Interessen berücksichtigenden Würdigung zu treffen (für § 140c Abs. 1 PatG vgl. BT-Drucks. 16/5048 S. 41). Das bedeutet, dass, wenn aufseiten des vermeintlichen Verletzers ein den Tatbestand eines Privatgeheimnisses erfüllender Gegenstand berührt ist, dessen Schutz nicht obligatorischen Vorrang hat und das Interesse des Schutzrechtsinhabers an der Offenlegung nicht stets zurücktritt. Die an den Erfordernissen des Einzelfalls orientierte Prüfung schließt vielmehr die Abwägung ein, ob das Interesse an der Wahrung des jeweiligen Geheimnisses gegenüber dem Offenlegungsinteresse des Patentinhabers überwiegt oder umgekehrt. Das beruht darauf, dass bestimmten Informationen, namentlich im geschäftlichen Bereich, zwar objektiv der Status von Privatgeheimnissen zuerkannt werden kann, dass dem Unternehmen des vermeintlichen Verletzers, insbesondere hinsichtlich seiner wettbewerblichen Position, aus ihrer Offenlegung unter Umständen aber nur mehr oder weniger unerhebliche Nachteile drohen. Umgekehrt kann der prozessuale Nutzen, den der Patentinhaber aus den durch die Offenlegung eines Geheimnisses zusätzlich gewonnenen Erkenntnissen ziehen kann, im Einzelfall voraussichtlich als so gering einzuschätzen sein, dass das Offenlegungsinteresse hinter dem Geheimhaltungsbedürfnis zurücktritt.
Daraus ergibt sich für den vermeintlichen Verletzer, der die vorbehaltlose Offenlegung eines Sachverständigengutachtens verhindern will, die Notwendigkeit, nicht nur darzulegen, dass schützenswerte Geheiminteressen berührt sind, sondern auch aufzuzeigen, welcher Stellenwert diesen Interessen im Wettbewerb zukommt und welche Nachteile ihm aus der Offenbarung erwachsen könnten.
7. Eine vom Gesetz freigestellte (§ 128 Abs. 4 ZPO) mündliche Verhandlung durchzuführen hat der Senat nicht für erforderlich erachtet.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
XAAAD-37558