Bestimmung der Höhe des Veräußerungspreises bei Veräußerung von GmbH-Anteilen
Leitsatz
Gegenleistung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist bei einem Tausch der Wert des Wirtschaftsguts, das der Tauschende erhält, beim Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften der Wert der Anteile, die der Tauschpartner im Gegenzug hingibt.
Auf den Kurs eingetauschter Aktien beim Übergang des Eigentums veräußerter GmbH-Anteile kommt es für die Bestimmung der Höhe des Veräußerungspreises nicht an, wenn nicht die Aktien oder ein Anspruch darauf Gegenleistung sind, sondern ein jedenfalls bestimmbarer Euro-Betrag.
Gesetze: EStG § 17 Abs. 2, AO § 39 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
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I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger hielt 45 % der Anteile an der X GmbH. Er veräußerte —wie sein Mitgesellschafter— sämtliche Geschäftsanteile im August 1998, wobei zum 82 % des Stammkapitals, zum 9 % des Stammkapitals sowie zum weitere 9 % des Stammkapitals übertragen werden sollten. Am wurde in einem Nachtragsvertrag vereinbart, dass nicht mehr getrennt in den Jahren 2000 und 2002 eine Anteilsübertragung erfolgen sollte, sondern im Rahmen eines einheitlichen Verkaufs die noch ausstehenden —sog. „neuen 2002er— Anteile” übergehen sollten. Danach erfolgte der Verkauf wirtschaftlich zum 1. Januar des Streitjahres 2002. Die „neuen 2002er-Anteile” wurden mit allen Nebenrechten einschließlich der Gewinnbezugsrechte für nicht ausgeschüttete Gewinne für frühere Geschäftsjahre und der Gewinnbezugsrechte ab dem Geschäftsjahr 2002 verkauft und mit Wirkung zum 1. Januar des Streitjahres 2002 übertragen. Die Vertragsparteien legten den sog. zweiten Kaufpreis wie folgt fest: 18 % des 10,5-fachen durchschnittlichen Jahresgewinns der Gesellschaft nach Steuern bei unterstellter Vollausschüttung in den Geschäftsjahren 1999 bis 2001. Der 30 Tage nach Zustimmung der Verkäufer und der Käuferin zum Jahresabschluss 2001 fällige Kaufpreis war zu 33 % (nach den Feststellungen des Finanzgerichts —FG—: 322.747 €) in bar und zu 67 % in Form von Inhaberstammaktien der in den USA börsennotierten Gesellschaft Z zu leisten.
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In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger einen Veräußerungsgewinn i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 265.141 €. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) veranlagte zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 289.103 € und setzte die Steuer mit 239.837 € fest. Mit dem geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr setzte es die Einkommensteuer mit 326.613 € fest, indem es als Übertragungszeitpunkt des wirtschaftlichen Eigentums an den Z-Aktien den 1. Januar des Streitjahres 2002 annahm und den Veräußerungsgewinn unter Zugrundelegung des Kurswerts am entsprechend erhöhte. Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg.
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Das FG entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1611 veröffentlichten Urteil, dass der Veräußerungsgewinn am 1. Januar des Streitjahres entstanden sei und seine Höhe auf der Grundlage des Werts der übertragenen Wirtschaftsgüter zu diesem Zeitpunkt zu berechnen sei. Insbesondere sei ausschlaggebend für die Frage nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums und dem Entstehen des Veräußerungsgewinns nicht, wann die vertraglich vereinbarte Übertragung der Aktien tatsächlich stattgefunden habe, sondern wann der Anspruch auf die Lieferung der Anteile entstanden sei. Andernfalls würde sich in jedem Fall der Gegenleistung in Form von nicht bereits bei Vertragsschluss zu übergebenden Aktien die gesetzliche Grundentscheidung der Gewinnermittlung zum Stichtag der Veräußerung regelmäßig in ihr Gegenteil verkehren, nämlich in die Gewinnermittlung zum Zeitpunkt der Erlangung der Gesellschaftsanteile. Durch die vertragliche Bindung ohne weitere salvatorische Klauseln habe der Kläger als Veräußerer das Risiko einer für ihn negativen Entwicklung des Kurswerts, aber auch die Chance einer Wertsteigerung der erworbenen Aktien übernommen. Hinsichtlich der eingetretenen Kurswertänderung seien die Rechtsgrundsätze des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) nicht anzuwenden.
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Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügen und geltend machen, das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Anteilen sei nicht vor dem zivilrechtlichen übergegangen; es sei von einer Übertragung erst am 3. Oktober des Streitjahres auszugehen. Selbst wenn aber der maßgebliche Zeitpunkt der Gewinnrealisierung der 1. Januar des Streitjahres sei, sei nicht der Verkehrswert der Z-Aktien zu diesem Zeitpunkt anzusetzen. Es habe zum 1. Januar lediglich eine Forderung auf Verschaffung einer noch unbestimmten Anzahl von Z-Aktien bestanden. Zu ermitteln sei der erzielbare Veräußerungspreis des Übertragungsanspruchs im Zeitpunkt seiner Einräumung unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Forderung erst erhebliche Zeit nach dem Übertragungsstichtag fällig gewesen sei. Ein gedachter Erwerber des Übertragungsanspruchs hätte berücksichtigen müssen, dass er die Verfügungsmacht über die Z-Aktien erst zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt erlangen würde. Jedenfalls wäre die Wertveränderung zwischen dem 1. Januar des Streitjahres und der Erfüllung der Gegenleistung in Form der Übereignung der die Beteiligung verkörpernden Aktienurkunde im Oktober des Streitjahres nach dem Rechtsgedanken des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu berücksichtigen.
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer nach einem um 174.076,91 € geminderten zu versteuernden Einkommen festgesetzt wird.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet. Unzutreffend hat das FG zwar —neben der Barleistung— die vom Kläger erlangten Z-Aktien statt des vertraglich vereinbarten Euro-Betrags als Gegenleistung im Rahmen der Veräußerung der X-Anteile eingeordnet. Da der vom FG danach bestimmte Veräußerungspreis jedoch geringer als der tatsächlich vereinbarte ist und sich hieraus ein geringerer Veräußerungsgewinn ergab, hat das finanzgerichtliche Urteil im Ergebnis Bestand (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
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1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb —unter weiteren, hier nicht problematischen Voraussetzungen— auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Veräußerungsgewinn ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.
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Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Wert der Gegenleistung, die der Veräußerer durch Abschluss des dinglichen Veräußerungsgeschäfts erlangt. Dazu gehört alles, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält. Der Veräußerungspreis ist grundsätzlich ohne Rücksicht darauf anzusetzen, ob die Veräußerung bedingt oder befristet ist oder ob der Kaufpreis gestundet ist (, BFH/NV 2008, 1658, m.w.N.). Gegenleistung ist bei einem Tausch der Wert des Wirtschaftsguts, das der Tauschende erhält, beim Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften der Wert der Anteile, die der Tauschpartner im Gegenzug hingibt (, BFH/NV 2009, 69, m.w.N.).
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2. Im Streitfall war der Veräußerungspreis nach den finanzgerichtlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) schon im Nachtragsvertrag als bestimmbarer Betrag in Euro vereinbart, nämlich in Höhe von 18 % des 10,5-fachen durchschnittlichen Jahresgewinns der Gesellschaft nach Steuern bei unterstellter Vollausschüttung in den Geschäftsjahren 1999 bis 2001. Der Kaufpreis war zu 33 % in bar und zu 67 % in Form von Inhaberstammaktien der in den USA börsennotierten Gesellschaft Z zu leisten. Dabei war aber nicht etwa die Anzahl der Aktien festgelegt; sie war vielmehr nach einem fixen Kurs zu bestimmen, nämlich dem durchschnittlichen Schlusskurs und dem durchschnittlichen Umrechnungskurs USD/DM auf der Basis der letzten fünf Handelstage des Jahres 2001. Der Kläger erhielt danach 19.760 Aktien der Z. Auf den Kurs der Z-Aktien bei Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den vom Kläger veräußerten X-Anteilen kam es nach der vertraglichen Vereinbarung für die Bestimmung der Höhe des Veräußerungspreises gerade nicht an. Nicht die Z-Aktien oder ein Anspruch darauf waren Gegenleistung, sondern ein jedenfalls bestimmbarer Euro-Betrag.
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Der Senat ist nicht nach § 118 Abs. 2 FGO daran gebunden, dass das FG trotz seiner insoweit eindeutigen Feststellungen von einem partiellen Aktientausch ausgegangen ist. Wollte man eine entsprechende Vertragsauslegung des FG annehmen, stünde sie im Widerspruch zu seinen tatsächlichen Feststellungen.
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Eine Korrektur des vereinbarten Veräußerungspreises nach Maßgabe des Rechtsgedankens von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO kommt nicht in Betracht. Im Streitfall hat sich der vereinbarte Veräußerungspreis nicht geändert, sondern wurde entsprechend den Vereinbarungen tatsächlich geleistet.
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3. Die Sache ist spruchreif.
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Das FA hat in seiner —vom FG bestätigten— Berechnung 33 % des Gesamtkaufpreises angesetzt und diesen Betrag mit 322.747 € (bezahlt per Scheck) ermittelt. Hieraus ergäbe sich zwar ein Gesamtkaufpreis von 978.021,21 €. Eine Korrektur des Veräußerungspreises zum Nachteil der Kläger kommt im Revisionsverfahren jedoch nicht in Betracht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
GAAAD-37367