Bayerisches Landesamt für Steuern

Feststellungsfrist bei der Einheitsbewertung des Grundbesitzes

Bezug:

1. Anlaufhemmung nach § 181 Abs. 2 AO

1.1 Durch das Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz (StMBG) vom , BStBl I 1994 S. 50 (86, wurde § 181 Abs. 3 AO geändert und eine Anlaufhemmung für die Einheitsbewertung des Grundvermögens eingeführt).

Die Neuregelung gilt für alle am noch nicht abgelaufenen Feststellungsfristen (Art. 97 § 10 Abs. 5 EGAO).

Nach § 181 Abs. 1 i. V. m. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO beginnt die 4-jährige Feststellungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes beim Finanzamt eingeht, spätestens jedoch mit Ablauf des 3. Kalenderjahres das auf das Kalenderjahr folgt, auf dessen Beginn der Einheitswert festzustellen ist. Bisher galt die Anlaufhemmung in § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO nur für Fälle in denen eine Erklärung aufgrund gesetzlicher Vorschriften einzureichen war. Eine gesetzliche Erklärungspflicht besteht jedoch für die Einheitsbewertung des Grundbesitzes nur für den Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 BewG). Für Nachfeststellungen und Fortschreibugen der Einheitswerte innerhalb des Hauptfeststellungszeitraums besteht dagegen keine gesetzliche Erklärungspflicht. Demzufolge gab es bisher bei der Feststellung der Einheitswerte des Grundvermögens keine Anlaufhemmung.

Durch die Neuregelung in § 181 Abs. 3 AO wurde sichergestellt, dass in Fällen in denen keine Feststellungserklärung abzugeben ist, die 4-jährige Feststellungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt in dem die Erklärung eingereicht wird. Voraussetzung für das Eintreten der Anlaufhemmung ist also, dass eine Erklärungspflicht besteht.

Diese kann sich aus dem Gesetz (§ 149 Abs. 1 Satz 1 AO) oder aber aus einer Aufforderung der Finanzbehörde (§ 149 Abs. 1 Satz 2 AO) ergeben.

Die Aufforderung durch das Finanzamt, eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes auf einen Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt einzureichen, reicht für die Anlaufhemmung im Sinne des § 181 Abs, 3 Satz 2 AO aus. Für die Dauer der Anlaufhemmung ist regelmäßig der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts abgegeben wird.

Die Anlaufhemmung endet jedoch spätestens mit Ablauf des 3. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, auf dessen Beginn die Einheitswertfeststellung vorzunehmen ist.

Ergeht die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung nach Ablauf der 4-jährigen Festsetzungsfrist, führt dies wegen des Eintritts in die Feststellungsverjährung nicht zu einer Anlaufhemmung.

Beispiele:
  1. Die Bewertungsstelle des Finanzamts hat den Grundstückseigentümer A schriftlich zur Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts für sein bebautes Grundstück auf den aufgefordert. Die Aufforderung ist A am zuge gangen. Er reicht die Erklärung am beim Finanzamt ein.

    Lösung:

    Nach § 181 Abs. 3 AO beginnt die Feststellungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Feststellung beim Finanzamt eingegangen ist, mithin am .

    Dauer: 4 Jahre

    Eintritt der Feststellungsverjährung:

  2. Die Bewertungsstelle hat den Grundstückseigentümer A schriftlich zur Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts für sein mit einem Wochenendhaus bebauten Grundstück zum aufgefordert. Die Aufforderung ist am zugegangen. A reicht die Erklärung am beim Finanzamt ein.

    Lösung:

    Durch die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung auf den innerhalb der Feststellungsfrist wird eine Anlaufhemmung für die Feststellungsverjährung in Gang gesetzt. Diese Anlaufhemmung tritt bis zum Ende des Jahres ein, in dem die Feststellungserklärung dem Finanzamt eingereicht wird, somit dem . Für EW-Feststellungen auf den beginnt die Feststellungsfrist somit am und endet mit Ablauf des .

  3. Wie Beispiel b) jedoch reicht A die Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes erst am beim Finanzamt ein.

    Lösung:

    Durch die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung verschiebt sich der Beginn der 4 – jährigen Feststellungsfrist auf das Ende des Kalenderjahres, in dem die Feststellungserklärung beim Finanzamt eingeht. Dies wäre im konkreten Fall der . Da die Anlaufhemmung jedoch spätestens am , mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, auf dessen Beginn die Einheitswertfeststellung vorzunehmen ist, endet, beginnt die Feststellungsfrist am und endet am .

  4. Das Finanzamt hat den Grundstückseigentümer H am zur Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den aufgefordert. H reicht trotz Erinnerung, Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld keine Feststellungserklärung beim Finanzamt ein.

    Lösung:

    Durch die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung auf den innerhalb der Feststellungsfrist wird die Anlaufhemmung in Gang gesetzt. Diese endet jedoch spätestens mit Ablauf des 3. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, auf dessen Beginn die Einheitswertfeststellung vorzunehmen ist. Dies gilt auch dann, wenn die Erklärung nicht abgegeben wird.

    Die Feststellungsverjährung beginnt also mit Ablauf des . Das Finanzamt kann die Schätzung des Einheitswerts auf den Feststellungszeitpunkt noch bis zum vornehmen.

  5. Das Finanzamt hat den Grundstückseigentümer S im Januar 1996 zur Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den aufgefordert.

    Lösung:

    Mit Ablauf des ist die Feststellungsverjährung eingetreten. Die Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung führt nicht zur Anlaufhemmung.

2. Durchführung von Einheitswertfeststellung trotz abgelaufener Feststellungsfrist nach § 181 Abs. 5 AO

2.1 Von dem Grundsatz, dass nach Ablauf der Feststellungsfrist Einheitswertbescheide nicht mehr ergehen dürfen, enthält § 181 Abs. 5 AO eine Ausnahme. Nach dieser Vorschrift kann eine Einheitswertfeststellung auch dann noch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als sie für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

Beispiel:

Es soll eine Nachfeststellung auf den durchgeführt werden. Die Feststellungsfrist begann mit Ablauf des und endete mit Ablauf des . Die Festsetzungsfrist für die Vermögensteuer auf den endet wegen einer Anlaufhemmung erst am . Die Nachfeststellung auf den kann trotz abgelaufener Feststellungsfrist somit noch erfolgen, hat aber steuerliche Wirkung nur für die Vermögensteuer. Auf diese eingeschränkte Wirkung ist im Einheitswertbescheid hinzuweisen.

Nach dem BStBl II 1998, S. 555) muss der Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Feststellungen nach Ablauf der Feststellungsfrist getroffen worden und nur noch für solche Folgesteuern von Bedeutung sind, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen war. Soweit der BFH in seinem Urteil vom ( BStBl II 1995, S. 302) darüber hinaus die genaue Angabe für erforderlich angesehen hat, für welche Steuerarten und Besteuerungszeiträume (Veranlagungsräume) den getroffenen Feststellungen Rechtswirkung zukommen soll, hält er daran nicht mehr fest.

Das Finanzamt braucht daher nicht konkret ermitteln, für welche Steuerarten, Steuerabschnitt und für welche Beteiligten der Feststellungsbescheid tatsächlich noch von Bedeutung ist. Vielmehr ist es ausreichend, in Bescheide über gesonderte und einheitliche Feststellung von einkommensteuer- und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften, die nach Ablauf der Feststellungsfrist erteilt werden, folgenden Erläuterungstext aufzunehmen:

„Der Feststellungsbescheid ist nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen. Nach § 181 Abs. 5 AO kann er deshalb nur solchen Steuerfestsetzungen zugrunde gelegt werden, deren Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen war.”

Der gleiche Erläuterungstext kann auch in Einheitswertbescheiden eingesetzt werden, weil weitergehende Einzelheiten der beschränkten Wirkung eines nach Ablauf der Feststellungsfrist ergehenden Einheitswertbescheides durch Auslegung diese Bescheides ermittelt werden können.

Die Vorschrift des § 181 Abs. 5 AO gilt nicht nur für erstmalige Feststellungen, sondern auch für Änderungen und Berichtigungen nach den Vorschriften der Abgabenordnung ( BStBl 1992 II, S. 454).

Beispiel:

Auf den wurde eine bestandskräftige Nachfeststellung durchgeführt. Die Feststellungsfrist endete am . Im April 1995 werden neue Tatsachen bekannt die eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO rechtfertigen. Die Festsetzungsfrist für die Vermögensteuer auf den endet wegen einer Anlaufhemmung am . Trotz Ablauf der Feststellungsfrist kann die Nachfeststellung auf den geändert werden.

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Fundstelle(n):
ZAAAD-37070