Leitsatz
Leitsatz:
§ 2 Abs. 1 2. BesÜV ist aufgrund des Art. 39 EGV im Hochschuldienst gemeinschaftskonform auszulegen.
Es stellt eine nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der Freizügigkeit nach Art. 39 EGV dar, Beamten, die von einem Dienstverhältnis als niederländischer Reichsbeamter in den Hochschuldienst eines neuen Bundeslandes gewechselt sind, nur die nach § 3 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 2. BesÜV a.F. abgesenkte Sonderzuwendung zu gewähren.
Gesetze: 2. BesÜV § 2 Abs. 1; 2. BesÜV a.F. § 3 Abs. 1 und 3; EGV Art. 39
Instanzenzug: OVG Berlin-Brandenburg, OVG 4 B 22.05 vom VG Frankfurt an der Oder, VG 2 K 1573/99 vom Veröffentlichungen: Amtliche Sammlung: nein; Fachpresse: ja
Gründe
I
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er wurde 1975 in den Niederlanden zum Universitätsprofessor in zeitlich unbefristeter Stellung als niederländischer Reichsbeamter ernannt.
1993 wurde er in Brandenburg unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe C 4 an der Universität "Viadrina" in Frankfurt (Oder) eingewiesen. 1994 wurde er zum Prorektor der Universität bestellt. Die Besoldung des Klägers wurde durch Zuschüsse gemäß Vorbemerkung Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Vorbemerkung Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a zur Bundesbesoldungsordnung C a.F. aufgestockt.
1996 wurde dem Kläger erstmals der bis dahin in voller Höhe gewährte Grundbetrag der jährlichen Sonderzuwendung nach den Vorschriften der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung - 2. BesÜV - auf 75 v.H. gekürzt. Die hiergegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Aus der Berufungszusage ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Zahlung der ungekürzten Sonderzuwendung. Nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverord-nung stehe ihm der Grundbetrag der Sonderzuwendung nur in abgesenkter Höhe zu, weil er von seiner erstmaligen Ernennung zum Beamten an ausschließlich im Beitrittsgebiet verwendet worden sei. Die Ernennung in den Niederlanden sei keine solche nach deutschem Beamtenrecht, wie dies § 2 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV verlange.
Auch das Gemeinschaftsrecht führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Absenkung beeinträchtige die Freizügigkeit gemäß Art. 39 EGV nicht, weil der Status eines Universitätsprofessors nach niederländischem Recht nicht dem deutschen Beamtenstatus entspreche, sondern demjenigen eines Angestellten. Es fehle in den Niederlanden an der Gewährleistung der lebenslangen Dauer des Dienstverhältnisses. Angestellte aus dem bisherigen Bundesgebiet erhielten aber ebenfalls abgesenkte Bezüge nach Maßgabe der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung.
Im Übrigen wäre ein etwaiger Eingriff in die Arbeitnehmerfreizügigkeit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Zahlung der vollen Besoldung für die bereits im früheren Bundesgebiet verwendeten Beamten habe dem Zweck gedient, dringend benötigtes qualifiziertes, mit dem Bundesrecht vertrautes Fachpersonal für den sofortigen Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung in den neuen Bundesländern zu gewinnen (vgl. auch die Vorgaben des Art. 20 Abs. 2 Einigungsvertrag). Es habe keinen Anlass gegeben, Arbeitnehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten durch finanzielle Anreize für einen Wechsel in die neuen Bundesländer zu gewinnen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision. Er rügt eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts und beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom sowie des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom zu verpflichten, dem Kläger für die Jahre 1996 bis 2003 die Sonderzuwendung ohne Anwendung der einschränkenden Regelung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung zu gewähren.
Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision ist begründet. Zwar hat das Berufungsgericht zutreffend entscheiden, dass der Grundbetrag der jährlichen Sonderzuwendung nach den Vorschriften der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung - 2. BesÜV - auf 75 v.H. des für Beamte aus dem früheren Bundesgebiet maßgeblichen Betrages zu kürzen wäre. Jedoch gebietet eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des § 2 Abs. 1 2. BesÜV, den Kläger mit denjenigen Beamten gleichzustellen, auf die diese Absenkungsregelung keine Anwendung findet.
1. Die Höhe der Besoldung des Klägers als eines im Beitrittsgebiet verwendeten Beamten errechnete sich seit seiner Ernennung im Jahre 1993 nach der auf der Grundlage des § 73 BBesG erlassenen Zweiten Besoldungs-Übergangsverord-nung, vgl. § 1 2. BesÜV. Da dem Kläger von Beginn seiner Tätigkeit im Beitrittsgebiet an ein Amt verliehen worden war, fand auf ihn die Ausnahmevorschrift für Hochschullehrer in § 7 Abs. 3 Satz 1 2. BesÜV in der bis zum geltenden Fassung von vornherein keine Anwendung.
Die Absenkung des Grundbetrages der jährlichen Sonderzuwendung folgte aus § 3 Abs. 3 2. BesÜV in der im streitigen Zeitraum maßgeblichen Fassung. Sie setzte gemäß § 3 Abs. 1 2. BesÜV voraus, dass der Kläger zu denjenigen Beamten gehörte, die erstmals im Beitrittsgebiet ernannt worden waren, § 2 Abs. 1 2. BesÜV. Ausgenommen von der Absenkung der Besoldung sind danach nur diejenigen, die im früheren Bundesgebiet bereits als Beamte, Richter oder Soldaten ernannt worden waren. Die Begründung eines Dienstverhältnisses in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union stellt keine "erstmalige Ernennung zu einem Beamten" im Sinne dieser Vorschrift dar. Hierunter fallen nur Beamten- oder Amtsverhältnisse nach deutschem Recht und zu einem deutschen Dienstherrn (vgl. auch § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 BBesG). § 2 Abs. 1 BRRG a.F. (Art. 33 Abs. 5 und 4 GG, vgl. auch § 3 Abs. 1 BeamtStG) definiert das Beamtenverhältnis als öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis zu einem Dienstherrn. Die rechtliche Fähigkeit, Dienstherr zu sein, und damit das wesentliche Kriterium des Dienstherrnbegriffs erkennt § 121 BRRG a.F. nur juristischen Personen nach deutschem Recht zu (vgl. auch BVerwG 2 C 3.03 - [...] Rn. 12). Außerdem folgt aus der Einschränkung in § 2 Abs. 1 Satz 2 2. BesÜV, dass die vormalige Ernennung einen Anspruch auf Dienstbezüge begründet haben muss. Ausländische Beamtenverhältnisse können keinen Anspruch auf Dienstbezüge im Sinne des § 1 Abs. 2 BBesG begründen, wie unmittelbar aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 BBesG a.F. (geändert mit Wirkung vom ) folgt.
Um die Tätigkeit im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union wie die Verwendung in einem öffentlichen Dienst- oder Amtsverhältnis zu einem deutschen Dienstherrn behandeln zu können, bedarf es einer Gleich-stellungsvorschrift, wie sie § 29 Abs. 2 Nr. 1 BBesG in seiner ab geltenden Fassung für die Anwendung der Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes darstellt (vgl. Beschluss vom a.a.O. Rn. 13). Danach steht der Tätigkeit im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union - also auch für Deutsche - die ausgeübte gleichartige Tätigkeit im öffentlichen Dienst eines Mitgliedstaates der Europäischen Union - also auch der Niederlande - gleich.
Die Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung ist zwar aufgrund des Bundesbesoldungsgesetzes ergangen (§ 73 BBesG), damit im weiteren Sinne auch Bestandteil dieses Gesetzes; gleichwohl ist die Gleichstellungsvorschrift des § 29 Abs. 2 Nr. 1 BBesG nach ihrem Wortlaut aufgrund der besonderen Bedeutung des Wortlauts im Besoldungs- und Versorgungsrecht nicht geeignet, im Rahmen des § 2 Abs. 1 (oder § 3 Abs. 1 und 3) 2. BesÜV eine solche Gleichstellung zu bewirken. Sie knüpft an den Begriff "der Tätigkeit im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn" an, den die Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung an keiner Stelle verwendet. Tatbestandsvoraussetzung in § 2 Abs. 1 2. BesÜV ist die "erstmalige Ernennung" zum Beamten, nicht aber die erstmalige Tätigkeit bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn.
Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht aus § 4 2. BesÜV herleiten. Diese Vorschrift sieht zwar einen Zuschuss zu den Dienstbezügen für Beamte vor, die ihre Befähigungsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet oder im Ausland erworben haben. Nach den Begriffsbestimmungen des § 1 Abs. 2 und Abs. 3 BBesG gehörte die Sonderzuwendung jedoch nicht zu den Dienstbezügen, sondern zu den sonstigen Bezügen der Besoldung.
2. Nach Art. 39 Abs. 1 und 2 EGV ist es allerdings im Hochschulbereich geboten, den außerhalb des Beitrittsgebiets ernannten Beamten diejenigen Beamten gleichzustellen, die zuvor in einem Mitgliedstaat der EU in einem Dienstverhältnis gestanden haben, das dem Beamtenverhältnis nach deutschem Recht im Wesentlichen entspricht.
Aus dem Recht auf Freizügigkeit nach Art. 39 EGV ergibt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften für die Mitgliedstaaten das Gebot, alle Unionsbürger bei der Suche nach einer Beschäftigung und bei ihrer Ausübung gleich zu behandeln, und das Verbot, Arbeitnehmer bei der Wahrnehmung ihres Rechts zu beschränken, sich in einem Mitgliedstaat um eine angebotene Stelle zu bewerben, dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Mitgliedstaats geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften einer Beschäftigung nachzugehen und nach deren Beendigung weiter im Aufenthaltsstaat zu verbleiben (Beschluss vom a.a.O. Rn. 19).
a) Obwohl der Kläger deutscher Staatsangehöriger ist, kann er sich auf Art. 39 EGV berufen, weil er zuvor in den Niederlanden beschäftigt war. Zwar sind die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit und die zu ihrer Durchführung erlassenen Maßnahmen nicht auf Tätigkeiten anwendbar, die keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Gemeinschaftsrecht abstellt, und die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. , Terhoeve - Slg. 1999, I-00345 Rn. 26). Der erforderliche Gemeinschaftsrechtsbezug wird aber dadurch hergestellt, dass der Staatsangehörige eines Mitgliedstaats von seinem Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer Gebrauch gemacht und in einem anderen Mitgliedstaat eine Berufstätigkeit ausgeübt hat. Er unterfällt dann auch hinsichtlich der Rückkehr in den Heimatstaat den Bestimmungen über die Arbeitnehmerfreizügigkeit (vgl. a.a.O. Rn. 27).
Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter entscheiden, dass die Bereichsausnahme des Art. 39 Abs. 4 EGV für die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung auf den Kläger keine Anwendung findet. Er ist, da er gegen Entgelt seine wissenschaftlichen Dienstleistungen erbringt, ungeachtet seines Beamtenstatus nach deutschem Recht, Arbeitnehmer im Sinne des Art. 39 EGV. Wegen der grundlegenden Bedeutung, die nach dem Vertrag die Grundsätze der Freizügigkeit und Gleichberechtigung der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft haben, kann die Ausnahme nach Art. 39 Abs. 4 EGV nicht weiter reichen als es der Zweck erfordert, um dessen willen sie vorgesehen ist. Den Interessen, die zu schützen den Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung erlaubt ist, wird dadurch genügt, dass der Zugang ausländischer Staatsangehöriger zu gewissen Tätigkeiten in der öffentlichen Verwaltung beschränkt werden kann. Art. 39 Abs. 4 EGV kann jedoch keine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf Entlohnung oder sonstige Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer rechtfertigen, wenn diese einmal in den Dienst der Verwaltung aufgenommen sind. Denn bereits die Tatsache der Aufnahme in den Dienst der Verwaltung zeigt, dass die Interessen, die gemäß Art. 39 Abs. 4 EGV die Ausnahme vom Grundsatz der Nichtdiskriminierung rechtfertigen, nicht infrage stehen ( 152/73, Sotgiu - Slg. 1974, 153 ff., BVerwG 2 C 3.03 - [...] Rn. 19, bestätigt im nachfolgenden - veröffentlicht auf der Internetseite des EuGH).
b) Die Frage, ob der Wechsel in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis die Freizügigkeit einschränkende Nachteile mit sich bringt, ist unabhängig von den Umständen des Einzelfalls allein nach den Auswirkungen der diese Nachteile hervorrufenden Rechtsnorm zu beurteilen (vgl. 2 C 9.05 - ZBR 2006, 95). Deshalb ist es unerheblich, dass die Besoldung des Klägers gemäß den Vorbemerkungen Nr. 1 und Nr. 2 zur Bundesbesoldungsordnung C a.F., bis zur Höhe seiner niederländischen Bezüge aufgestockt wurde. Die gesetzliche Möglichkeit der Zuschussgewährung zur Besoldung ist lediglich eine Chance, die eine Gleichstellung in der Besoldung nicht gewährleistet und ist daher in diesem Zusammenhang unbeachtlich (vgl. , Köbler - Slg. 2003, I-10239 ff.).
Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 2. BesÜV kann die Freizügigkeit der Arbeitnehmer unter zwei Gesichtspunkten behindern:
In dem Erfordernis, aus dem Dienst eines anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn nach deutschem Recht (im früheren Bundesgebiet) überzutreten, um den ungekürzten Anspruch auf die Sonderzuwendung zu erhalten, kann zum einen eine Benachteiligung der Staatsbürger anderer Mitgliedstaaten gesehen werden. Ihnen gegenüber werden Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland (aus dem früheren Bundesgebiet) insoweit besser behandelt, als sie nach dem Ausscheiden aus einem Beamtenverhältnis in Deutschland (im früheren Bundesgebiet) auch beim Eintritt in ein anderes öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis im eigenen Land (im Beitrittsgebiet) Anspruch auf die ungekürzte Sonderzuwendung haben, Ausländer hingegen keinen derartigen Anspruch haben, wenn sie aus dem öffentlichen Dienst eines anderen EU-Staates in ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis in das Beitrittsgebiet wechseln (vgl. a.a.O. Rn. 73 und Urteil vom - Rs. C-187/96, Griechenland/Kommission - Slg. 1988, I-1095 Rn. 20 f.). Die Ungleichbehandlung der Inländer - aus dem Beitrittsgebiet einerseits und aus dem früheren Bundesgebiet andererseits - ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich (vgl. BVerwG 2 B 80.07 - [...] Rn. 10).
Gegen das Beschränkungsverbot nach Art. 39 EGV können § 3 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 2. BesÜV zum anderen dadurch verstoßen, dass die Vorschriften nur den Anspruch derjenigen, die in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis im Beitrittsgebiet übergetreten sind, kürzen, wenn das vorherige öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis kein solches nach deutschem Recht war. Eine verbotene Beschränkung kann nämlich auch eine Regelung sein, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats daran hindert oder davon abhält, sein Herkunftsland ( a.a.O. und vom - Rs. C-190/98, Graf - Slg. 2000, I-493) oder einen anderen Mitgliedstaat (, Bosman - Slg. 1995, I-4921 und vom - Rs. C-244/01, Köbler - Slg. 2003, I-10239 Rn. 74) zu verlassen, um in einem weiteren Mitgliedstaat zu arbeiten. Dies muss auch dann gelten, wenn die Regelung ihn zumindest im Vergleich zu Inländern davon abhält, in einem bestimmten Teil des anderen Mitgliedstaates (im Beitrittsgebiet) zu arbeiten.
Die Vorschriften in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung haben diese Wirkung. Die Kürzung der Sonderzuwendung kann einen Unionsbürger, der in einem Beamten- oder Amtsverhältnis in einem anderen Mitgliedstaat steht, davon abhalten, in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis im Beitrittsgebiet zu wechseln (zum Ganzen vgl. auch BVerwG 2 C 3.03 - [...] m.w.N., nachfolgend a.a.O. und a.a.O.).
c) Aus Art. 39 EGV folgt, dass der Kläger hinsichtlich seiner Besoldung nicht schlechter gestellt werden darf als ein Inländer. Er muss aber auch nicht besser gestellt werden. Geht es darum, ob eine bestimmte Norm des nationalen Rechts zu einer Diskriminierung oder Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit des Art. 39 Abs. 2 EGV führt, ist diese Norm in den Blick zu nehmen und zu prüfen, an welche Differenzierungskriterien die Norm bei Inländern anknüpft. Im Anschluss hieran ist festzustellen, ob die Tätigkeit, die der betroffene Wanderarbeitnehmer - hier also der Kläger - in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt hat, im Wesentlichen einer nach nationalem Recht zu berücksichtigenden Tätigkeit in der deutschen öffentlichen Verwaltung entspricht oder aber eher einer nach nationalem Recht nicht berücksichtigungsfähigen Tätigkeit ( a.a.O. Rn. 22 f.).
Nach § 2 Abs. 1 2. BesÜV erhielten bei einem Wechsel innerhalb Deutschlands aus dem ehemaligen Bundesgebiet in das Beitrittsgebiet nur diejenigen die volle Besoldung, die zuvor Beamte waren. Wer dagegen aus einem Angestelltenverhältnis oder als Selbstständiger in das Beitrittsgebiet gegangen ist, um dort Beamter zu werden, erhielt grundsätzlich abgesenkte Dienstbezüge, ggf. erhöht nach § 4 2. BesÜV, aber stets abgesenkte sonstige Bezüge. Unzutreffend ist hingegen der Ansatz des Berufungsgerichts, bei Inländern hätten nur Beamtenverhältnisse auf Lebenszeit zur ungekürzten Besoldung geführt. Die ungekürzte Sonderzuwendung erhielten alle nicht erstmals im Beitrittsgebiet ernannten Beamten im Sinne des § 2 Abs. 1 2. BesÜV. Von den in Satz 2 der Vorschrift genannten Ausnahmen (Beamte ohne Anspruch auf Dienstbezüge im Sinne des § 1 Abs. 2 BBesG: Ehrenbeamte, § 3 Abs. 2 BRRG a.F., und Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst oder nur nebenbei, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a und b Alt. 1 BRRG a.F.) abgesehen war nicht erforderlich, dass die Beamten auf Lebenszeit ernannt waren.
Davon ausgehend stand der Kläger in den Niederlanden in einem Dienstverhältnis, das dem Beamtenverhältnis nach deutschem Recht weitgehend angeglichen ist: Auch in den Niederlanden gab es im Jahre 1993 in der öffentlichen Verwaltung sowohl Beamte als auch Angestellte. Im formalen Sinne beruhte die Einstellung eines niederländischen Reichsbeamten auf einem einseitigen Verwaltungsakt. Seine Rechtsstellung war in Gesetzen und Erlassen geregelt. Demgegenüber konnte das durch Vertrag begründete Angestelltenverhältnis durch Kündigung und nicht ausschließlich aufgrund gesetzlicher Vorschriften beendet werden (vgl. zum Ganzen: Helsen, Das Recht des öffentlichen Dienstes in den Niederlanden, in: Magiera/Siedentopf <Hrsg.>, Das Recht des öffentlichen Dienstes in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, 1994, S. 605 ff. <insbes. S. 606, 609 f., 612 f., 618 f., 626, 650, 652 f., 654). Wollte man dies nicht bereits genügen lassen, so lassen sich viele weitere Ähnlichkeiten auch inhaltlicher Art zwischen dem deutschen und dem niederländischen öffentlichen Dienstrecht finden. Auch bezogen auf die Berufsbilder eines zum Reichsbeamten ernannten Hochschulprofessors in den Niederlanden und demjenigen eines zum Beamten ernannten Hochschulprofessors in Deutschland sind keine wesentlichen Unterschiede auszumachen, sodass diese bei Zugrundelegung der besonderen Anforderungen des § 2 Abs. 1 2. BesÜV als vergleichbar im Sinne des Art. 39 EGV anzusehen sind.
Damit liegt eine Ungleichbehandlung des Klägers als vormaliger Beamter eines EU-Mitgliedstaates gegenüber Beamten (Richtern oder Soldaten), die erstmals im früheren Bundesgebiet ernannt worden sind, vor.
d) Dieser Eingriff in die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist auch nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt.
Zwar hat der Gesetzgeber durch den finanziellen Anreiz die Gewinnung von Personal aus den alten Bundesländern fördern wollen, es ist aber nicht ersichtlich, dass er an Personal aus den EU-Mitgliedstaaten überhaupt gedacht hatte. Es ist auch nicht zu erkennen, dass diese den Aufbau im Beitrittsgebiet nicht ebenfalls beschleunigt hätten. Die Entscheidung des Gesetzgebers, nur die Beamten aus dem ehemaligen Bundesgebiet von der abgesenkten Besoldung auszunehmen, hat bewirkt (und sollte dies auch), dass sich insbesondere nationale Beamte auf die neuen Stellen im Beitrittsgebiet bewerben. Dies mag zum zügigen Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung im Beitrittsgebiet gerechtfertigt gewesen sein, aber insoweit nimmt (gerade deshalb) Art. 39 Abs. 4 EGV die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung von der Arbeitnehmerfreizügigkeit aus. Hierzu gehören aber Hochschulprofessoren nicht. Bei Berufsbildern, die - anders als etwa das Richteramt - nicht von nationalen Besonderheiten geprägt sind, liegt es nahe, auch Bewerbern aus anderen EU-Mitgliedstaaten einen Anreiz zu bieten. Dies gilt insbesondere im Hochschulbereich, der die besten Bewerber aus der gesamten Welt für sich gewinnen möchte. Um im internationalen Vergleich mithalten zu können, sieht deshalb das deutsche Besoldungsrecht hier besonders weite Ausnahmen vor, nämlich die Gewährung von Zuschüssen für Professoren an Hochschulen nach § 34 BBesG a.F und den Vorbemerkungen Nr. 1 und Nr. 2 zur Bundesbesoldungsordnung C a.F. In Anbetracht dieses Befundes ist es gerade im Hochschulbereich nicht möglich, mit der vom Berufungsgericht vertretenen Argumentation einen Eingriff in die Arbeitnehmerfreizügigkeit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses zu rechtfertigen. Denn das seinerzeit dringend benötigte qualifizierte Fachpersonal für den sofortigen Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung in Gestalt beamteter Hochschulprofessoren konnte und war nicht nur mit deutschen Beamten oder zumindest beamteten Hochschulprofessoren aus dem ehemaligen Bundesgebiet zu bewältigen. Gerade im Hochschulbereich bestand und besteht ein besonderes Interesse an der Gewinnung von Fachpersonal aus der gesamten Welt. Eine entgegenstehende Auslegung oder Deutung des Willens des deutschen Gesetzgebers würde sich zudem in einen Wertungswiderspruch zu den genannten Besonderheiten im Besoldungsrecht für (besonders vormals im Ausland tätige) Hochschulprofessoren setzen. Sie hätte außerdem die unerwünschte Folge, dass nur die Universitäten aus dem ehemaligen Bundesgebiet besonders fachkundiges Hochschulpersonal aus dem Ausland mit internationalem Renommee gewinnen könnten, während dies den Universitäten im Beitrittsgebiet schwer(er) fiele.
Auch sonstige Rechtfertigungsgründe, etwa der Gesichtspunkt der Diensttreue (die Sonderzuwendung ist schon keine Treueprämie, stRspr. vgl. zuletzt BVerwG 2 C 23.07 - m.w.N.), sind nicht ersichtlich.
e) Da eine Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch eine unzulässige Diskriminierung im Sinne des Art. 39 EGV vorliegt und keine Rechtfertigungsgründe ersichtlich sind, ist § 2 Abs. 1 2. BesÜV gemeinschaftskonform auszulegen. Eine erstmalige Ernennung zum Beamten im Beitrittsgebiet ist - im Hochschuldienst bzw. bei Hochschulprofessoren - dann nicht mehr gegeben, wenn diese bereits zuvor zu niederländischen Reichsbeamten ernannt worden waren. Bei einer solchen gemeinschaftskonformen Auslegung sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und 3 2. BesÜV nicht mehr gegeben, mit der Folge, dass der Kläger
Anspruch auf die ungekürzte Sonderzuwendung im geltend gemachten Zeitraum hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Fundstelle(n):
HAAAD-37011