Insolvenzverfahren: Anwendbarkeit der Vorschrift über das Ruhen des Verfahrens; Beschwerderecht des Insolvenzverwalters im Zusammenhang mit der Verfahrenseröffnung
Gesetze: § 4 InsO, § 13 ZPO, § 251 ZPO
Instanzenzug: LG Aachen Az: 6 T 104/07 Beschlussvorgehend AG Aachen Az: 92 IN 9/07
Gründe
11. Einer Entscheidung steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin das Ruhen des Verfahrens beantragt hat. Die Vorschrift über das Ruhen des Verfahrens (§ 251 ZPO) ist im grundsätzlich eilbedürftigen, auf eine rasche Befriedigung der Gläubiger angelegten Insolvenzverfahren und damit auch im Verfahren über eine insolvenzrechtliche Rechtsbeschwerde nicht anwendbar (MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 4 Rn. 15; Jaeger/Gerhardt, InsO § 4 Rn. 57; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 4 Rn. 25; HmbKomm-InsO/Rüther, 3. Aufl. § 4 Rn. 57). Im Übrigen hat die weitere Beteiligte zu 1, die als Gläubigerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat, als Rechtsbeschwerdegegnerin dem Antrag nicht zugestimmt.
22. Dem weiteren Beteiligten zu 2 kann nach § 4 InsO in Verbindung mit §§ 114 ff ZPO keine Prozesskostenhilfe gewährt werden, weil er im Rechtsbeschwerdeverfahren gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine eigenen Rechte verfolgen kann. Im Ausgangspunkt kann Prozesskostenhilfe nur der "Partei" gewährt werden (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieser Begriff ist zwar weit auszulegen (vgl. Musielak/Fischer, ZPO 7. Aufl. § 114 Rn. 2); es ist deshalb anerkannt, dass die Vorschrift auch Antragsteller, Antragsgegner sowie die Streithelfer der Parteien erfasst. Der weitere Beteiligte zu 2 gehört im Streitfall als Insolvenzverwalter indes nicht zu diesem Personenkreis (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 4 Rn. 21; Jaeger/Gerhardt, aaO § 4 Rn. 48). Er ist nicht berechtigt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 13 Abs. 1 InsO). Auch ein Beschwerderecht räumt ihm die Insolvenzordnung im Zusammenhang mit der Verfahrenseröffnung nicht ein (, ZIP 2007, 792).
33. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 34 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4a) Die von der Rechtsbeschwerde für grundsätzlich erachtete Frage, ob eine nach dem Ausscheiden ihres vorletzten Gesellschafters erloschene, aber noch im Handelsregister eingetragene Kommanditgesellschaft nach dem Rechtsgedanken des § 15 HGB weiterhin insolvenzfähig ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, weil das Beschwerdegericht den Austritt der Gesellschafter aus der KG ohne zulassungsrelevanten Rechtsfehler als unwirksam nach § 117 BGB beurteilt hat; seine Rechtsauffassung zu § 15 HGB war daher nicht entscheidungserheblich.
5b) Auch die Ausführungen des Beschwerdegerichts zum rechtlichen Interesse der weiteren Beteiligten zu 1 an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 14 Abs. 1 InsO) begründen nicht die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde. Dass die Vorinstanzen den zugrunde liegenden Sachverhalt insoweit anders subsumiert haben als der zuständige Abteilungsrichter im Insolvenzverfahren betreffend das Vermögen des L. N., berührt nicht die Einheitlichkeit der Rechtsprechung i.S.v. § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (, NJW 2004, 1167).
6c) Dahinstehen kann schließlich, ob das Beschwerdegericht die Forderung der U. GmbH gegen die Schuldnerin bei der Beurteilung des Eröffnungsgrundes der Zahlungsunfähigkeit trotz der Erklärung des "Generalbevollmächtigten" der U. GmbH betreffend eine angebliche Stundung dieser Forderung berücksichtigen durfte. Denn die Beurteilung des Beschwerdegerichts zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin wird bereits durch die unstreitig bestehende Umsatzsteuerforderung des Finanzamts G. getragen. Die von der Rechtsbeschwerde insoweit gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor.
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Fundstelle(n):
ZIP 2010 S. 856 Nr. 17
KAAAD-36975