Leitsatz
Leitsatz:
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Instanzenzug: LG Schwerin, DG 9/03 vom
Tatbestand
Die Antragstellerin ist Richterin am Amtsgericht. Sie wendet sich gegen Maßnahmen der Dienstaufsicht, durch die sie ihre richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt sieht.
Das Dezernat der Antragstellerin umfasste bis Frühjahr 2001 Strafsachen gegen Erwachsene, darunter Schöffen- und Haftsachen. Nachdem ihr zunächst ab Mai 2001 zusätzlich ein Teil der Bußgeldsachen übertragen worden war, wies das Präsidium des Amtsgerichts 2001 im Zusammenhang mit Personalabgängen den für Strafsachen zuständigen Richtern des Amtsgerichts alle Bußgeldverfahren zu. Auf die Antragstellerin entfielen 99 anhängige Ordnungswidrigkeitenverfahren sowie ein Teil der Neueingänge. Ihr Strafrechtsdezernat umfasste zu diesem Zeitpunkt 176 anhängige Einzelrichterstrafsachen und 14 Schöffengerichtsverfahren. Nachdem das Präsidium des Amtsgerichts der im Januar 2002 erhobenen Bitte der Antragstellerin auf Entlastung nicht nachgekommen war, zeigte sie dem Direktor des Amtsgerichts im März 2002 schriftlich an, sie werde wegen Strafsachen, die sie vorrangig zu bearbeiten beabsichtige, zu wenig Zeit für die Bearbeitung von 161 Ordnungswidrigkeitenverfahren haben, bei denen zu einem großen Teil der Eintritt der Verjährung drohe. Der Direktor des Amtsgerichts sah keine Möglichkeit zur Abhilfe und erklärte, dann verjährten die Verfahren eben. In der Folgezeit trat in 54 Bußgeldverfahren im Dezernat der Antragstellerin Verjährung ein.
Mit Bescheid vom hielt der Antragsgegner der Antragstellerin im Hinblick auf die verjährten Bußgeldverfahren die ordnungswidrige Art der Ausführungen der Amtsgeschäfte vor und ermahnte sie zur ordnungsgemäßen unverzögerten Erledigung auch der Ordnungswidrigkeitenverfahren. Sie habe die Reihenfolge der Bearbeitung nach der jeweiligen Dringlichkeit einzurichten und dabei auch eine etwa bevorstehende Verjährung zu beachten. Zur Begründung führte er aus, das Dezernat der Antragstellerin habe im Zeitraum vom bis eine Eingangsbelastung von 1,6 Pensen nach dem sog. Bundespensenschlüssel aufgewiesen. In diesem Zeitraum habe sie Verfahren im Umfang von 1,25 Pensen, vorrangig Strafverfahren, erledigt. Zwischen und seien 49 Bußgeldverfahren wegen Verjährung eingestellt worden, in fünf weiteren sei die Einstellung wegen Verjährung beabsichtigt.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin Widerspruch ein, in dem sie insbesondere geltend machte, ihr werde durch die angefochtene Maßnahme ein Arbeitsaufwand abverlangt, der objektiv ohne Qualitätsabstriche nicht mehr zu bewältigen sei. Der Präsident des Oberlandesgerichts R. wies den Widerspruch am zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der angefochtene Bescheid greife nicht in den Kernbereich der Rechtsprechung ein, sondern diene nur der Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs. Zur Frage der inhaltlichen Richtigkeit des Bescheids vom hat der Präsident des Oberlandesgerichts mit Widerspruchsbescheid vom Stellung genommen.
Die Antragstellerin hat am das Dienstgericht für Richter mit dem Antrag angerufen, festzustellen, dass die Verfügung des Antragsgegners in der Gestalt des Widerspruchsbescheids wegen Eingriffs in ihre richterliche Unabhängigkeit unzulässig sei. Zudem hat sie beim Verwaltungsgericht Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung der Bescheide begehrt. Dieses Verfahren hat das Verwaltungsgericht im Hinblick auf das Verfahren vor dem Dienstgericht ausgesetzt.
Das Dienstgericht hat dem Antrag mit Urteil vom stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die im Verlaufe etwa eines Jahres eingetretene Verjährung von 54 Ordnungswidrigkeiten im Dezernat der Antragstellerin weise einen objektiv nicht ordnungsgemäßen Geschäftsablauf aus. Dem dürfe die Dienstaufsicht grundsätzlich mit Mitteln des Vorhalts und der Ermahnung gegenüber dem Richter entgegenwirken, sofern ihm durch die Maßnahme der Dienstaufsicht nicht indirekt ein Arbeitsanfall abverlangt werde, der sich allgemein, also auch von anderen Richtern sachgerecht nicht mehr bewältigen ließe. Ob ein solcher Fall vorliege sei zweifelhaft, könne aber ebenso wie die Frage, ob die objektiv ordnungswidrige Ausführung der Amtsgeschäfte der Antragstellerin subjektiv zurechenbar sei, offen bleiben. Die Maßnahme des Antragsgegners erweise sich nämlich bereits wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als unzulässig. Die Erteilung des Vorhalts und der Ermahnung sei weder geeignet noch erforderlich gewesen, die Antragstellerin zur ordnungsgemäßen Art der Ausführungen der ihr übertragenen Amtsgeschäfte im Sachbereich des Ordnungswidrigkeitenrechts anzuhalten, da sie im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids bereits nicht mehr für die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren zuständig gewesen sei und durch ihr Schreiben an den Direktor des Amtsgerichts gezeigt habe, dass sie sich auch einer weniger gravierenden Maßnahme, etwa einem allgemeinen Hinweis, nicht verschlossen hätte. Es liege daher ein gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßender Ermessensfehlgebrauch der dienstaufsichtsführenden Stelle vor, der die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin verletze.
Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - auf die Revision des Antragsgegners mit Urteil vom - RiZ(R) 2/05 (NJW-RR 2007, 281) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Dienstgericht für Richter zurückverwiesen. Dieses habe mit der Aufhebung der dienstaufsichtlichen Maßnahme wegen Ermessensfehlgebrauchs seine Prüfungskompetenz überschritten. Gegenstand der Prüfung vor den Dienstgerichten sei allein die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit; die Prüfung, ob das dienstaufsichtliche Vorgehen wegen Ermessensfehlgebrauchs bei der Auswahl der dienstaufsichtlichen Maßnahmen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, sei den Verwaltungsgerichten vorbehalten.
Der in § 26 Abs. 2 DRiG vorgesehene Vorhalt einer verzögerten Erledigung der Amtsgeschäfte stelle grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar. Etwas anderes gelte nur dann, wenn dem Richter indirekt ein Pensum abverlangt werde, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern, in sachgemäßer Weise nicht mehr erledigen lasse. Es seien daher nach Zurückverweisung Feststellungen dazu zu treffen, ob mit der Dienstaufsichtsmaßnahme ein übermäßiger Erledigungsdruck bei der Antragstellerin geschaffen worden sei.
Das Dienstgericht hat nach Zurückverweisung der Sache Termin zur mündlichen Verhandlung auf den bestimmt. In diesem Termin hat die Antragstellerin nach Erörterung des Sach- und Streitstands und durchgeführten Vergleichsverhandlungen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der Vorsitzende hat, nachdem eine weitere Erörterung von den Beteiligten nicht gewünscht worden war, Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den bestimmt. Mit Beschluss vom hat das Richterdienstgericht unter Ausschluss des von der Antragstellerin abgelehnten Richters den Befangenheitsantrag als unbegründet zurückgewiesen.
Das Dienstgericht hat mit Urteil vom den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein übermäßiger Erledigungsdruck auf die Antragstellerin sei nicht zu begründen. Die angefallene Arbeit wäre von einem erfahrenen und zügig arbeitenden Richter zu erledigen gewesen. Die Eingangsbelastung der Antragstellerin ohne die zusätzlich zugewiesenen Bußgeldsachen habe nach dem damals maßgeblichen Bundespensenschlüssel nur etwa 85 % eines normalen Pensums betragen. Selbst unter Berücksichtigung der Bußgeldsachen hätten ihre Eingänge, auf ein Jahr bezogen, nur 1,26 Pensen und damit einer bundesweit durchaus üblichen Eingangsbelastung von Strafrichtern entsprochen. Die Bestandsbelastung der Antragstellerin habe einem halben Jahrespensum entsprochen und sich damit ebenfalls im Vergleich mit anderen Richtern im überschaubaren Rahmen gehalten. Der Pensenschlüssel regle zwar nicht die individuelle Belastung einzelner Richter, faktisch werde aber danach gearbeitet. Die Pensen der Strafrichter bei den Amtsgerichten seien nach eigener Erfahrung der Kammermitglieder durchaus wohlwollend berechnet, so dass die Antragstellerin durch die Beurteilung anhand des Pensenschlüssels keinesfalls benachteiligt werde. Dafür, dass die Verfahren der Antragstellerin besonders schwierig gewesen seien, ergäben sich keine Anhaltspunkte. Das Vorbringen der Antragstellerin im Termin, unter den 99 übernommenen Bußgeldverfahren hätte eine Überzahl akut verjährungsbedrohter Sachen gewesen sein können, sei rein hypothetisch. Dagegen spreche, dass Verjährungsfälle nicht in den ersten Monaten nach der Übernahme aufgetreten seien, sondern die Richterin drohende Verjährung erstmals im März 2002 angezeigt habe.
Die Antragstellerin sei auch nicht, wie eine Überprüfung ihrer Verhandlungspraxis ergeben habe, durch Verhandlungstermine unzumutbar belastet gewesen. Bei einem Sitzungsbeginn um 09.00 Uhr und letzten Verhandlungen um 13.00 Uhr oder 14.00 Uhr wäre es zeitlich möglich gewesen, je Sitzungstag ein bis zwei Bußgeldsachen zusätzlich zu verhandeln und dadurch die verjährten Bußgeldsachen oder jedenfalls einen großen Teil davon nicht verjähren zu lassen. Dass dies aufgrund der besonderen Schwierigkeiten der tatsächlich verhandelten Verfahren nicht möglich gewesen wäre, habe die Antragstellerin weder substantiiert vorgetragen, noch ergäben sich hierfür Anhaltspunkte. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin bereits Anfang des Jahres 2002 Strafsachen aus demselben Jahr terminiert habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom Dienstgericht zugelassenen Revision. Wegen ihres Vorbringens wird auf die Revisionsbegründung in den Schriftsätzen vom 4. März und Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht Schwerin vom die Unzulässigkeit der mit Bescheid vom ausgesprochenen und mit Widerspruchsbescheid vom bestätigten Maßnahmen "Vorhalt" und "Ermahnung" festzustellen.
Der Antragsgegner verteidigt mit Schriftsätzen vom 14. April und , auf die ebenfalls Bezug genommen wird, das angefochtene Urteil.
Beide Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Gründe
Die zulässige Revision (§ 80 Abs. 2 DRiG, § 45 Abs. 2 RiG M-V) ist unbegründet.
I. Das Urteil des Dienstgerichts leidet nicht an einem revisionsrechtlich beachtlichen Verfahrensfehler.
1. Ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 138 Nr. 1 oder Nr. 2 VwGO liegt nicht vor.
a) Das Dienstgericht war entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan bei der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergangen ist, ordnungsgemäß besetzt (vgl. , NJW-RR 2009, 210). Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht B. war gemäß §§ 35, 36 a LRiG M-V mit Beschluss des Präsidiums des Landgerichts Schwerin vom für die Amtsperiode 2005 bis 2008 zum regelmäßigen Vertreter des ständigen Beisitzers des Richterdienstgerichts bestimmt worden. Im Hinblick auf die ihm bewilligte Elternzeit ist eine Änderung der Geschäftsverteilung nicht erfolgt. Eine solche Änderung war auch nicht erforderlich. Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht B. war wegen Bewilligung von Elternzeit nicht an der Ausübung seines Amtes als Mitglied des Dienstgerichts gehindert. Wie sich aus dem vorgelegten Schreiben des Justizministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom ergibt, war ihm die Ausübung dieses Amtes trotz bewilligter Elternzeit gestattet.
b) Ein absoluter Revisionsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass der von der Antragstellerin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnte Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht B. an der Entscheidung des Dienstgerichts mitgewirkt hat. Lehnt eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab, ergibt sich aus dessen Mitwirkung an der gerichtlichen Entscheidung gemäß § 138 Nr. 2 VwGO nur dann ein absoluter Revisionsgrund, wenn das Ablehnungsgesuch Erfolg hatte. Daran fehlt es. Das Dienstgericht hat den Befangenheitsantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom als unbegründet zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist gemäß § 146 Abs. 2 VwGO mit der Beschwerde nicht anfechtbar. Eine Überprüfung, ob die ablehnende Entscheidung zu Recht erfolgt ist, findet im Rahmen des § 138 Nr. 2 VwGO nicht statt (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 138 Rdn. 7). Ein Rechtsschutz gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs kommt allenfalls über ein Rechtsmittel gegen die gerichtliche Entscheidung in der Sache in Betracht (Kopp/Schenke, aaO., § 54 Rdn. 20; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 54 Rdn. 18).
2. Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Dienstgericht ihren Ablehnungsantrag zu Unrecht zurückgewiesen habe und das unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht B. - gefällte Urteil daher an einem Verfahrensmangel gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO leide.
a) Es ist bereits fraglich, ob die Entscheidung des Dienstgerichts über den Ablehnungsantrag überhaupt der revisionsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen ist. Gemäß § 557 Abs. 2 ZPO unterliegen zwar auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, der Beurteilung des Revisionsgerichts. Dies gilt aber nicht für solche Entscheidungen, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind. Insoweit hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass § 557 Abs. 2 ZPO eine Inzidentprüfung der Entscheidung des Berufungsgerichts über ein Ablehnungsgesuch im Revisionsverfahren selbst dann ausschließt, wenn eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss mangels Zulassung nicht möglich war (, NJW-RR 2007, 775; Beschluss vom - II ZB 24/03, NJW-RR 2005, 294). Da gemäß § 173 VwGO eine entsprechende Anwendung des § 557 Abs. 2 ZPO in Betracht kommt, könnte eine Überprüfung auch hier revisionsrechtlich ausgeschlossen sein (so Eyermann/Jörg Schmidt, VwGO, 12. Aufl., § 54 Rdn. 22).
b) Einer abschließenden Entscheidung bedarf es insoweit jedoch nicht, da die Verfahrensrüge der Antragstellerin auch dann nicht greift, wenn grundsätzlich eine Überprüfung der Entscheidung über den Ablehnungsantrag als zulässig angesehen wird. Ein nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rügbarer Verfahrensmangel kann vorliegen, wenn die fehlerhafte Entscheidung über den Ablehnungsantrag zugleich eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG beinhaltet (Kopp/Schenke, aaO., § 54 Rdn. 22; Redeker/v. Oertzen, aaO., § 54 Rdn. 18). Die Partei wird dem gesetzlichen Richter entzogen, wenn die gerichtliche Entscheidung über den Ablehnungsantrag nicht mehr verständlich erscheint oder offensichtlich unhaltbar ist (BVerfGE 29, 198, 207; 82, 159, 194; NJW 2005, 3410). So liegt der Fall hier nicht. Der Senat hat die Entscheidung überprüft und sie als im Ergebnis nicht willkürlich erachtet.
3. Das Dienstgericht hat auch nicht den Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 138 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor.
a) Eine Gehörsverletzung ist nicht darin zu sehen, dass das Dienstgericht die mündliche Verhandlung nach der Entscheidung über den Ablehnungsantrag nicht fortgeführt hat.
aa) Entgegen der Darstellung der Antragstellerin ist die mündliche Verhandlung nach Stellung des Ablehnungsantrags nicht unterbrochen, sondern fortgesetzt und anschließend gemäß § 45 Abs. 1 LRiG M-V, § 104 Abs. 3 Satz 1 VwGO vom Vorsitzenden geschlossen worden. Eine ausdrückliche Erklärung, dass die mündliche Verhandlung geschlossen ist, musste nicht abgegeben werden. Die Schließung kann auch konkludent erklärt werden (Redeker/v. Oertzen, aaO., § 104 Rdn. 3). Dies ist hier dadurch geschehen, dass Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt worden ist (vgl. Kopp/Schenke, aaO., § 104 Rdn. 8; Eyermann/Geiger, VwGO, 12. Aufl., § 104 Rdn. 12).
bb) Die Schließung der mündlichen Verhandlung war nicht deshalb unzulässig, weil die Sache entgegen § 86 Abs. 3 VwGO noch nicht hinreichend erörtert gewesen wäre (vgl. Kopp/Schenke, aaO., § 104 Rdn. 9). Der Vorsitzende hat - von der Antragstellerin nicht bestritten - nach Protokollierung des Befangenheitsantrags die Beteiligten gefragt, ob noch ergänzend vorgetragen werden solle. Erst nachdem dies verneint worden war, hat er einen Verkündungstermin bestimmt.
Die Antragstellerin beruft sich zu Unrecht darauf, dass sie nach Stellung des Ablehnungsantrags nicht habe weiter verhandeln können, weil sie sonst gemäß § 32 Nr. 4f, § 45 Abs. 1 Satz 1 LRiG M-V, § 54 Abs. 1 VwGO, § 43 ZPO ihr Ablehnungsrecht verloren hätte. Dies steht der vom Vorsitzenden konkludent erklärten Schließung der mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Wird - wie hier - der Richter während der Verhandlung abgelehnt, kann gemäß § 54 Abs. 1 VwGO, § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden, wenn die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde. Dies war hier ersichtlich der Fall. Eine weitere Erörterung der Sache hätte damit nicht zu den von der Antragstellerin behaupteten rechtlichen Nachteilen geführt.
Aus der gerichtlichen Verfügung vom kann nicht geschlossen werden, dass das Dienstgericht nach dem davon ausgegangen ist, die mündliche Verhandlung sei nicht geschlossen worden. Der Antragstellerin musste Gelegenheit zur Stellungnahme zur dienstlichen Äußerung des von ihr abgelehnten Richters auch nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingeräumt werden, denn gemäß § 47 Abs. 2 ZPO darf zwar die mündliche Verhandlung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden, eine Endentscheidung darf jedoch grundsätzlich erst nach Bescheidung des Ablehnungsgesuchs ergehen (, NJW-RR 2008, 216).
cc) Ein Verstoß gegen den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör ist auch nicht darin zu sehen, dass das Dienstgericht die Antragstellerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass gemäß § 47 Abs. 2 ZPO mit dem von ihr abgelehnten Richter ohne Rechtsnachteile weiter verhandelt werden konnte. Ein dahingehender Anlass hätte nur bestanden, wenn die Antragstellerin dem Gericht in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hätte, dass sie noch weiteres vortragen wolle, sich insoweit aber im Hinblick auf den gestellten Ablehnungsantrag aus Rechtsgründen daran gehindert sehe. Derartiges ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin nicht.
b) Das Dienstgericht hat auch nicht den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör verletzt, indem es bei seiner Entscheidung deren Vortrag in den Schriftsätzen vom 18. und nicht mehr berücksichtigt hat. Zu diesem Zeitpunkt war die mündliche Verhandlung bereits geschlossen. Weiteres Vorbringen war daher gemäß § 173 VwGO, § 296 a Satz 1 ZPO ausgeschlossen.
c) Eine Verletzung des Anspruchs der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist schließlich auch nicht darin zu sehen, dass das Dienstgericht im Hinblick auf das Vorbringen der Antragstellerin in den Schriftsätzen vom 18. und nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO beschlossen hat. Das Gericht muss wiedereröffnen, wenn Gründe vorliegen, die jede andere Entscheidung als ermessensfehlerhaft erscheinen ließen (Kopp/Schenke, aaO., § 104 Rdn. 12). Das ist der Fall, wenn das rechtliche Gehör verletzt ist oder Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 153 VwGO vorliegen. Beides ist nicht der Fall.
Mangels vorheriger Verletzung rechtlichen Gehörs der Antragstellerin stand die Wiedereröffnung der Verhandlung im Ermessen des Gerichts (Kopp/Schenke, aaO., § 104 Rdn. 11). Dessen Ermessen ist grundsätzlich revisionsrechtlich nicht nachprüfbar (Kopp/Schenke, aaO., § 137 Rdn. 21; BVerwG, NVwZ-RR 91, 587 und NVwZ-RR 2002, 217, 219). Vorliegend gilt nichts anderes. Insoweit kann zudem darauf hingewiesen werden, dass die Antragstellerin hinreichend Gelegenheit hatte, ihr Vorbringen bis zur mündlichen Verhandlung vom in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgten Sinne zu ergänzen. Dazu hatte sie insbesondere Veranlassung, nach- dem sie - worauf sie in anderem Zusammenhang selbst hinweist - bereits mit Verfügung des damaligen Vorsitzenden des Dienstgerichts vom darauf aufmerksam gemacht worden war, dass zu der Frage, ob ihr ein Arbeitspensum abverlangt wurde, das sich nicht mehr sachgerecht bewältigen ließ, weitere Angaben gemacht werden sollten.
II. Die Entscheidung des Dienstgerichts hält auch in der Sache einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Wie der Senat bereits im Urteil vom - RiZ(R) 2/05, (NJW-RR 2007, 281 m.w.N.) näher ausgeführt hat, umfasst die Dienstaufsicht gemäß § 26 DRiG die Befugnis, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und ihn zu unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen, soweit nicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird (§ 26 Abs. 1 und 2 DRiG). Ein solcher Vorhalt und eine solche Ermahnung stellen grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar. Anders ist dies nur zu werten, wenn dem Richter indirekt ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern, in sachgerechter Weise nicht mehr erledigen lässt (st. Rspr. vgl. RiZ(R) 5/87, NJW 1988, 421, 422 und vom - RiZ(R) 5/04, NJW 2006, 692 f.). Das ist hier nicht der Fall.
2. Nach den Feststellungen des Dienstgerichts hat der Antragsgegner auf die Antragstellerin durch den Vorhalt und die Ermahnung keinen unzulässigen Erledigungsdruck ausgeübt und sie infolgedessen auch nicht in ihrer richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
a) Ausgangspunkt der Wertung des Dienstgerichts, auf die Antragstellerin sei kein übermäßiger, ihre richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigender Druck ausgeübt worden, ist die sich nach dem damaligen Pensenschlüssel für sie ergebende Belastung. Dies ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht zu beanstanden. Das Dienstgericht verkennt nicht, dass sich aus dem Pensenschlüssel nicht die individuelle Belastung des einzelnen Richters ergibt (vgl. RiZ(R) 4/87, NJW 1988, 419). Der Pensenschlüssel dient einer möglichst gleichmäßigen Justizversorgung der Bevölkerung einerseits und einer möglichst gleichmäßigen Verteilung der Arbeitslast auf die zur Verfügung stehenden Richter andererseits ( RiZ(R) 4/87, aaO.).
Das Dienstgericht musste vom Ansatz her nicht überprüfen, ob die Antragstellerin individuell der durch die Zuweisung von Ordnungswidrigkeiten eingetretenen Belastung gewachsen war, sondern ob ihr indirekt ein Pensum abverlangt wurde, das auch von anderen Richtern in sachgerechter Weise nicht mehr erledigt werden konnte. Insoweit durfte das Dienstgericht feststellen, welches Pensum üblicherweise von einem Strafrichter bewältigt werden kann. Dabei durfte es auch auf die sich aus dem Pensenschlüssel ergebende, auf Erfahrungswerten beruhende Einschätzung des Arbeitsaufwands für die einzelnen Amtsgeschäfte zurückgreifen. Dies gilt insbesondere, weil das Dienstgericht - von der Antragstellerin nicht bestritten - aus eigener Erfahrung der erkennenden Richter die Pensen der Strafrichter bei den Amtsgerichten als wohlwollend berechnet gewertet hat.
Das Dienstgericht hat die einjährige Eingangsbelastung der Antragstellerin für den Zeitraum vom bis mit 1,26 Pensen errechnet und dazu festgestellt, dass diese Belastung einer bundesweit üblichen Eingangsbelastung von Strafrichtern entsprach und nach eigener Erfahrung der Kammer ein solches Pensum sachgerecht zu bewältigen ist. Auch hinsichtlich des Bestandes des Dezernats der Antragstellerin nach Zuweisung von 99 Bußgeldsachen und der Zahl der Verhandlungstermine hat das Dienstgericht keine über den üblichen Rahmen hinausgehende Belastung der Antragstellerin feststellen können. Das Dienstgericht ist unter der Annahme, dass die Verfahren der Antragstellerin keine besonderen Schwierigkeiten aufgewiesen haben, abschließend zu der Wertung gelangt, dass die in ihrem Dezernat angefallene Arbeit von einem erfahrenen und zügig arbeitenden Richter zu bewältigen gewesen sei.
b) Soweit die Antragstellerin demgegenüber vorträgt, sie sei bereits vor der Zuteilung der weiteren Bußgeldsachen nicht nur voll ausgelastet, sondern sogar überlastet gewesen, ist dies im dienstgerichtlichen Verfahren ohne Bedeutung. Wie bereits mehrfach ausgeführt, kommt es für die Frage, ob die Maßnahmen des Antragsgegners als Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit zu werten sind, nicht auf die individuelle Belastbarkeit der Antragstellerin an, sondern darauf, ob ihr ein Arbeitspensum abverlangt wurde, das sich allgemein nicht mehr hätte erledigen lassen.
c) Soweit die Antragstellerin geltend macht, das Dienstgericht habe die Prüfung, ob ihr indirekt ein Pensum abverlangt worden sei, das auch von anderen Richtern in sachgemäßer Weise nicht mehr habe erledigt werden können, nicht unter Zuhilfenahme des Pensenschlüssels, sondern anhand des ihr konkret auferlegten Arbeitspensums überprüfen müssen, hat auch die darin liegende Aufklärungsrüge gemäß § 86 Abs. 1 VwGO keinen Erfolg.
aa) Das Dienstgericht ist unter Berücksichtigung der von dem Antragsgegner vorgelegten Justizstatistiken und der Kopien des Geschäftskalenders für das erste Halbjahr 2002 zu dem Ergebnis gelangt, dass das ihr abverlangte Pensum allgemein sachgemäß zu bewältigen war. Das Dienstgericht musste, ohne dass dafür konkrete Gründe vorlagen, nicht sämtliche von der Antragstellerin im Zeitraum ab Zuweisung der zusätzlichen Bußgeldverfahren zu bearbeitende Akten einer Überprüfung dahingehend unterziehen, ob sich daraus Besonderheiten ergaben, die eine abweichende Beurteilung erforderten. Eine dahingehende Notwendigkeit ergab sich insbesondere nicht aus der von der Antragstellerin herangezogenen Verfügung des Direktors des in der es lediglich heißt: "Umverteilung der OWis auf die Strafrichter, evtl. unter Berücksichtigung der in diesem Jahr relativ höheren Strafsacheneingänge bei G. ". Entgegen der Auffassung der Antragstellerin legt dies nicht den Schluss nahe, dass die Belastbarkeitsgrenze bereits vor der zusätzlichen Zuteilung der Ordnungswidrigkeitenverfahren erreicht gewesen sei.
bb) Die Antragstellerin hat zu einem nach Umfang und/oder Schwierigkeit erheblich vom Durchschnitt abweichenden Schwierigkeitsgrad der von ihr zu bearbeitenden Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, der eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch das Dienstgericht erfordert hätte, nichts Konkretes vorgetragen. Sie ist damit zum eigenen Nachteil ihrer Mitwirkungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nachgekommen.
(1) Die Antragstellerin konnte sich entgegen der Auffassung der Revision im dienstgerichtlichen Verfahren nicht auf die Behauptung beschränken, die Maßnahmen des Antragsgegners beeinträchtigten sie in ihrer richterlichen Unabhängigkeit. Eine solche Behauptung ist lediglich für die Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen eine Maßnahme der Dienstaufsicht ausreichend ( RiZ(R) 1/65, BGHZ 46, 66, 68; Urteil vom - RiZ(R) 5/89, NJW 1991, 425; Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 26 Rdn. 60).
(2) Das Dienstgericht hat auch entgegen der Auffassung der Revision die Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt.
Gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Verfahrensbeteiligten bei der von Amts wegen vorzunehmenden Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen. Da der in § 26 Abs. 2 DRiG vorgesehene Vorhalt einer verzögerten Erledigung der Amtsgeschäfte grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit darstellt, oblag es in erster Linie der Antragstellerin, durch Aufzeigen von Besonderheiten der von ihr zu tätigenden Amtsgeschäfte darzulegen, dass im konkreten Fall eine solche Beeinträchtigung vorlag. Aus den der Aufklärung des Sachverhalts dienenden Verfügungen des früheren Vorsitzenden des Dienstgerichts vom 14. und lässt sich nicht ableiten, dass das Dienstgericht damals der Auffassung gewesen wäre, die Sachverhaltsaufklärung habe allein oder vorrangig der Antragsgegner zu leisten. Die Verfügung vom richtete sich an die Antragstellerin und wurde dem Antragsgegner nur mitgeteilt. Erst nachdem die Antragstellerin hatte mitteilen lassen, dass sie zur Beantwortung eines Teils der gestellten Fragen nicht verpflichtet sei, wurde der Antragsgegner mit Verfügung vom um Mitwirkung gebeten.
d) Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin eine unzureichende Tatsachenermittlung, weil das Dienstgericht ihrem Antrag auf Beiziehung der von ihr bearbeiteten Gerichtsakten gemäß § 45 Abs. 1 LRiG M-V, §§ 99 f. VwGO nicht nachgekommen sei. Dieser Antrag ist - wie bereits ausgeführt - erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom gestellt worden und war daher gemäß § 173 VwGO, § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.
3. Wie der Senat bereits in der Entscheidung vom - RiZ(R) 2/05 (NJW-RR 2007, 281) ausgeführt hat, ist im dienstgerichtlichen Verfahren ausschließlich die Vereinbarkeit der dienstaufsichtlichen Maßnahmen mit der richterlichen Unabhängigkeit der Antragstellerin zu prüfen. Es ist daher nicht zu klären, ob die angefochtenen Maßnahmen trotz ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit wegen Verstoßes gegen Rechtsgrundsätze oder andere Gesetze rechtswidrig sind. Die auf derartige Umstände gestützten Rügen der Antragstellerin sind daher unbeachtlich.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Wert des Streitgegenstands für das Revisionsverfahren war auf 5.000,00 € festzusetzen (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG).
Fundstelle(n):
IAAAD-36672