Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder - S 0820 BStBl 2010 I S. 66

Umfang der Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine

Bezug:

I. Allgemeines

Die Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zur Hilfeleistung in Steuersachen ist in § 4 Nr. 11 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) geregelt.

Lohnsteuerhilfevereine sind Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern und demgemäß nur zur Hilfeleistung in Steuersachen für ihre Mitglieder befugt (§ 13 Abs. 1 StBerG). Die Hilfeleistung darf nur unter den in § 4 Nr. 11 StBerG genannten Voraussetzungen erfolgen. Sie schließt die Vertretung vor dem Finanzgericht ein, erstreckt sich jedoch nicht auf die Vertretung vor dem Bundesfinanzhof. Im Zusammenhang mit einer befugtermaßen erbrachten Hilfeleistung in Steuersachen ist auch eine Annexberatung in nichtsteuerlichen Rechtsgebieten als Nebenleistung i. S. d. § 5 Abs. 1 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG) vom (BGBl 2007 I S. 2840) zulässig.

Lohnsteuerhilfevereine dürfen für ihre Mitglieder nur geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, wenn diese Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sonstige Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG), Einkünfte aus Unterhaltsleistungen (§ 22 Nr. 1a EStG) oder Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 5 EStG erzielen (§ 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe a StBerG).

Die Hilfeleistung ist auch zulässig, wenn die Mitglieder (zusätzlich zu den vorgenannten Einkünften) Einnahmen – nicht Einkünfte – aus anderen Einkunftsarten i. S. d. § 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe c StBerG haben, die insgesamt die Höhe von 13 000 Euro, im Falle der Zusammenveranlagung von 26 000 Euro, nicht übersteigen. Bei der Ermittlung der vorgenannten Betragsgrenzen sind auch solche Einnahmen einzubeziehen, die im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Überschusseinkünften zu berücksichtigen sind. Dabei ist unbeachtlich, ob der Lohnsteuerhilfeverein für das Feststellungsverfahren eine Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hat (vgl. Abschnitt II). Einnahmen aus Einkünften, die im Veranlagungsverfahren nicht zu erklären sind und auch nicht auf Grund eines Antrags des Steuerpflichtigen erklärt werden, sind bei der Ermittlung der Betragsgrenze nicht einzubeziehen (vgl. Abschnitt IV, Beispiel 6).

Die Hilfeleistung in Steuersachen wird unzulässig, wenn

Dem Lohnsteuerhilfeverein ist in diesen Fällen die Hilfeleistung in Steuersachen nicht nur für diese (schädlichen) Einkünfte und Einnahmen, sondern insgesamt nicht gestattet.

Die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen kann in diesen Fällen auch nicht teilweise dadurch begründet werden, dass für die Gewinneinkünfte oder umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zusätzlich ein Steuerberater tätig wird oder der Arbeitnehmer diese Einkünfte selbst ermittelt und erklärt (Verbot der Mandatsteilung, vgl. BStBl 1989 II S. 384).

Die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen erstreckt sich nur auf die Hilfeleistung bei der Einkommensteuer und ihren Zuschlagsteuern. Somit sind Lohnsteuerhilfevereine nicht zur Hilfeleistung beim Steuerabzug von Vergütungen für im Inland erbrachte Bauleistungen (§§ 48 ff. EStG) und in Fällen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) befugt.

Sind die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG erfüllt, so umfasst die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen

  • die allgemeine Beratung bei den in § 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe a und c StBerG genannten Einkünften und Einnahmen,

  • die Hilfeleistung bei der Eintragung von Freibeträgen oder sonstigen Angaben auf der Lohnsteuerkarte,

  • die Hilfeleistung bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung einschließlich der erforderlichen Anlagen und

  • die Hilfeleistung bei Anträgen zur Freistellung oder Anrechnung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer.

Soweit die Hilfeleistung in Steuersachen nach § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG zulässig ist, berechtigt sie gemäß § 4 Nr. 11 Satz 3 StBerG auch zur Hilfeleistung bei

Mitglieder, die arbeitslos geworden sind, dürfen weiterhin beraten werden.

II. Besonderheiten der Hilfeleistung im Feststellungsverfahren

  • In Feststellungsverfahren i. S. d. §§ 179 ff. AO hinsichtlich Gewinneinkünften sind Lohnsteuerhilfevereine nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Der Lohnsteuerhilfeverein darf die Gewinneinkünfte auch nicht ungeprüft in die Einkommensteuererklärung übernehmen (§ 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe b StBerG).

  • Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Überschusseinkünften und mit ihnen im Zusammenhang stehenden anderen Besteuerungsgrundlagen, der steuererheblichen Sachumstände nach § 180 Abs. 5 AO sowie des Abzugsbetrags nach § 10e EStG ist die Hilfeleistung in Steuersachen nur zulässig, wenn alle Beteiligten Mitglieder des die Hilfe leistenden Lohnsteuerhilfevereins sind und jeder Beteiligte die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG erfüllt.

    Ist dies nicht der Fall, ist die Befugnis des Lohnsteuerhilfevereins zur Hilfeleistung im Feststellungsverfahren gegenüber sämtlichen Beteiligten ausgeschlossen. Der Lohnsteuerhilfeverein darf jedoch den gesondert und einheitlich festgestellten Überschuss bzw. Abzugsbetrag der Beteiligten, gegenüber denen die Hilfeleistung (außerhalb des Feststellungsverfahrens) zulässig ist, nachrichtlich in deren Einkommensteuererklärung übernehmen.

  • In Feststellungsverfahren i. S. d. §§ 179 ff. AO hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen für die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz ist ein Lohnsteuerhilfeverein zur Hilfeleistung in Steuersachen nur dann befugt, wenn alle Anspruchsberechtigten Mitglieder dieses Lohnsteuerhilfevereins sind und jeder Anspruchsberechtigte die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG erfüllt.

    Ist dies nicht der Fall, darf der Lohnsteuerhilfeverein lediglich den gesondert und einheitlich festgestellten Betrag der Anspruchsberechtigten, gegenüber denen die Hilfeleistung (außerhalb des Feststellungsverfahrens) zulässig ist, nachrichtlich in deren Eigenheimzulageantrag übernehmen.

III. Besonderheiten der Hilfeleistung beim Verlustabzug nach § 10d EStG

Liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG vor, so umfasst die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen auch die Übernahme des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d EStG, selbst wenn er aus den in § 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe b StBerG genannten Einkünften resultiert. Gleiches gilt für die Befugnis zur Hilfeleistung bei der Verteilung des Verlustabzugs.

IV. Beispiele

Einkünfte aus anderen Einkunftsarten

Beispiel 1: Der Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Arbeitslohn bezogen. Daneben hat er für eine schriftstellerische Tätigkeit ein Honorar von 300 Euro (ohne Umsatzsteuer) erhalten.

Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein ist gegenüber diesem Arbeitnehmer ungeachtet der Höhe der Einkünfte aus selbständiger Arbeit insgesamt nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Der Lohnsteuerhilfeverein darf diese und andere Gewinneinkünfte (z. B. gewerbliche Einkünfte als atypisch stiller Gesellschafter) auch nicht ungeprüft in die Einkommensteuererklärung übernehmen (§ 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe b StBerG).

Arbeitnehmerbereich

Beispiel 2: Ein Arbeitnehmer beschäftigt eine Hausangestellte, die für ihre Tätigkeit einen Bruttoarbeitslohn von monatlich 400 Euro erhält. Die Hausangestellte wird mit Reinigungsarbeiten und der Beaufsichtigung der Kinder beauftragt. Der Arbeitnehmer bittet den Lohnsteuerhilfeverein, ihm bei der Lohnsteuer-Anmeldung zu helfen.

Stellungnahme: Die Arbeitgeberaufgaben stehen im Zusammenhang mit einem haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnis i. S. d. § 35a Abs. 1 EStG und mit Kinderbetreuungskosten i. S. von § 9 Abs. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG. Der Lohnsteuerhilfeverein ist deshalb befugt, dem Mitglied Hilfe bei der Lohnsteuer-Anmeldung für die Hausangestellte zu leisten.

Beispiel 3: Ein Arbeitnehmer lässt in die von ihm vermietete Wohnung von einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmer neue Fenster einbauen. Der Arbeitnehmer bittet seinen Lohnsteuerhilfeverein, ihm bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung zu helfen.

Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein darf nicht tätig werden. Die Befugnis zur Hilfeleistung erstreckt sich nur auf die Einkommensteuer und ihre Zuschlagsteuern, nicht jedoch auf die Umsatzsteuer.

Beispiel 4: Ein Arbeitnehmer, der drei Eigentumswohnungen geerbt hat, lässt diese zum Zwecke späterer Vermietung für 18 000 Euro renovieren (Erhaltungsaufwendungen). Der Leistende legt keine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vor. Der Arbeitnehmer bittet den Lohnsteuerhilfeverein ihm bei der Anmeldung des einzubehaltenden Steuerabzugs zu helfen.

Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein darf nicht tätig werden. Die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen erstreckt sich nur auf die Einkommensteuer des jeweiligen Mitglieds. Die Vornahme des Steuerabzugs und die Abführung des Abzugsbetrags erfolgen hingegen für Rechnung des Leistenden.

Verlustabzug nach § 10d EStG

Beispiel 5: Die Eheleute beziehen beide Arbeitslöhne. Aus einer früheren Tätigkeit aus Gewerbebetrieb haben sie einen verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d EStG, der gesondert festgestellt wurde.

Stellungnahme: Der vom Finanzamt gesondert festgestellte Verlustvortrag darf in die Einkommensteuererklärung übernommen werden, obwohl er aus Einkünften aus Gewerbebetrieb resultiert.

Einnahmegrenze

Beispiel 6: Die Eheleute sind beide Arbeitnehmer und Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins. Neben ihrem Arbeitslohn haben sie im Kalenderjahr Zinseinnahmen von je 1 500 Euro bezogen. Außerdem sind sie Eigentümer eines Mietwohngrundstücks, das ihnen je zur Hälfte gehört. Die hieraus erwirtschafteten Mieteinnahmen betragen insgesamt 25 000 Euro. Gewinneinkünfte wurden nicht erzielt.

Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein ist insgesamt nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt, da die Einnahmen aus dem Mietwohngrundstück (25 000 Euro) zusammen mit den Einnahmen aus Kapitalvermögen (2 × 1500 Euro ohne Berücksichtigung der Freibeträge nach § 20 Abs. 4 EStG) die Betragsgrenze des § 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe c StBerG (26 000 Euro) übersteigen. Soweit ab dem Veranlagungszeitraum 2009 die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG besteuert werden (Abgeltungsteuer) und im Veranlagungsverfahren weder zu erklären sind noch auf Grund eines Antrags des Steuerpflichtigen erklärt werden (§ 32d Abs. 3 bis 6 EStG), sind die Einnahmen aus Kapitalvermögen bei Prüfung der Betragsgrenze des § 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe c StBerG nicht einzubeziehen. In diesem Fall wäre im vorliegenden Beispiel die Betragsgrenze nicht überschritten.

Feststellungsverfahren

Beispiel 7: Wie Beispiel 6, jedoch sind die Arbeitnehmer nicht verheiratet und die Einnahmen aus dem Mietwohngrundstück betragen 5 000 Euro.

Stellungnahme: Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind gesondert und einheitlich festzustellen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO). Der Lohnsteuerhilfeverein ist zur Hilfeleistung bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Vermietungseinkünfte und der Erstellung der Einkommensteuererklärungen befugt, da alle Beteiligten Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins sind, -jeder Beteiligte die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 Satz 1 StBerG erfüllt und die Betragsgrenze des § 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe c StBerG nicht überschritten wird.

Beispiel 8: Wie Beispiel 7, jedoch sind die Arbeitnehmer Mitglieder unterschiedlicher Lohnsteuerhilfevereine.

Stellungnahme: Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind gesondert und einheitlich festzustellen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO). Der Lohnsteuerhilfeverein ist nicht zur Hilfeleistung bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Vermietungseinkünfte befugt, da die Beteiligten Mitglieder verschiedener Lohnsteuerhilfevereine sind.

Der Lohnsteuerhilfeverein darf jedoch den gesondert und einheitlich festgestellten Überschuss seines Mitglieds, gegenüber dem die Hilfeleistung zulässig ist, nachrichtlich in dessen Einkommensteuererklärung übernehmen, da die anteiligen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (2 500 Euro) und die Einnahmen aus Kapitalvermögen (1 500 Euro) die Betragsgrenze des § 4 Nr. 11 Satz 1 Buchstabe c StBerG i. H. v. 13 000 Euro nicht übersteigen.

Diese Erlasse treten an die Stelle der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom (BStBl 2002 I S. 344).

Inhaltlich gleichlautend
Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. - S 0820
Finanzministerium Baden-Württemberg v. - 3 -S 0806/6
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen v. - 37 - S 0838 - 024 - 39 461/08
Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin v. - S 0820 - 4/1995
Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg v. - 36 - S 0838 - 3/08
Die Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen v. - - S 0820 - 105-5189
Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg v. - 51 - S 0838- 005/06
Hessisches Ministerium der Finanzen v. - S 0820 A - 17 - II 1a
Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern v. - IV 310 - S 0820 - 4/08
Niedersächsisches Finanzministerium v. - S 0820 - 70 - 33
Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen v. - S 0820 - 75 - V A 2
Ministerium für Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz v. - S 0820 A - 447
Ministerium der Finanzen des Saarlandes v. - B/1-3 - 268/2008 - S 0838
Sächsisches Staatsministerium der Finanzen v. - 31 - S 0820 - 7/124 - 53407
Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt v. - 41 -S 0820 - 10
Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein v. - 34 - S 0838- 37
Thüringer Finanzministerium v. - S 0820 A-25


Fundstelle(n):
BStBl 2010 I Seite 66
GAAAD-35627