BGH Beschluss v. - 3 StR 452/09

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen "versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handel mit ebensolchen Betäubungsmitteln" zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch wegen versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Nach den - insoweit nicht zu beanstandenden - Feststellungen nahm die Angeklagte auf dem Flughafen in Montego Bay (Jamaika) von einer unbekannten Person zwei Bescheinigungen über eingeliefertes Fluggepäck entgegen. Sie betrafen zwei Koffer, die Dritte für den von ihr gebuchten Flug über Düsseldorf nach London aufgegeben hatten und die bereits bis zum Zielflughafen "durchgecheckt" waren. Die Angeklagte nahm in Kauf, dass sich in diesen Gepäckstücken illegale, zum gewinnbringenden Verkauf in Großbritannien bestimmte Drogen befanden. Tatsächlich enthielten sie insgesamt 30 Kilogramm Marihuana mit einem THC-Gehalt von mindestens 7,2 %. Eine während des Zwischenaufenthalts der Angeklagten im Düsseldorfer Flughafen ohne ihr Wissen durchgeführte zollamtliche Kontrolle des zur Weiterverladung bereitgestellten Gepäcks führte zur Sicherstellung der Betäubungsmittel.

b) Befördert der Täter während eines Fluges zwischen zwei im Ausland gelegenen Orten, der durch einen Transitaufenthalt in einem deutschen Flughafen unterbrochen wird, Betäubungsmittel in seinem Fluggepäck, so erfüllt dies den Tatbestand der (versuchten) Einfuhr im Sinne der § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG in subjektiver Hinsicht nur, wenn der Täter weiß oder wenigstens damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, er werde das betreffende Gepäckstück während des Zwischenaufenthalts jedenfalls auf Verlangen ohne Schwierigkeiten erhalten (BGHSt 31, 374, 376 ff.; BGH NStZ 2003, 92; Weber, BtMG 3. Aufl. § 29 Rdn. 780). Nimmt er dagegen eine solche tatsächliche Verfügungsgewalt über die Betäubungsmittel während der Flugunterbrechung in Deutschland nicht spätestens im Zeitpunkt der Landung (vgl. ) in seinen Vorsatz auf, so begeht er lediglich eine (versuchte) Durchfuhr nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 BtMG.

Dies hat das Landgericht nicht verkannt. Es hat festgestellt, dass der Angeklagten bereits bei Antritt des Fluges bewusst war, sie werde mit den ihr übergebenen Gepäckabschnitten während des - mindestens dreistündigen - Zwischenaufenthalts in Düsseldorf Zugriff auf die beiden Koffer haben. Indes fehlt es an einer diese Feststellung tragenden Beweiswürdigung. Worauf der Schluss auf die Vorstellungen der Angeklagten insoweit beruht, teilen die Urteilsgründe nicht mit. Die Kenntnis von den Möglichkeiten, bei einem Transit an das Fluggepäck zu gelangen, versteht sich auch bei einem erfahrenen Flugreisenden nicht von selbst, sondern bedarf der Feststellung auf Grund einer fehlerfreien Würdigung aller Umstände des Einzelfalles (BGH NStZ 2003, 92; StV 1987, 105; Weber aaO.).

2. Da die übrigen, von dem Rechtsfehler nicht erfassten Feststellungen eine Verurteilung wegen versuchter Durchfuhr von Betäubungsmitteln (in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) tragen, ändert der Senat den Schuldspruch. Dass in einer neuen Hauptverhandlung noch genügende Beweisanzeichen für einen auf Einfuhr der Betäubungsmittel nach Deutschland gerichteten Vorsatz der Angeklagten festgestellt werden könnten, schließt der Senat aus.

3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch. Ergänzend bemerkt der Senat, dass gegen die Bemessung der Strafe auch insoweit durchgreifende Bedenken bestehen, als das Landgericht der Angeklagten eine Milderung des Strafrahmens nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB mit der Begründung versagt hat, sie habe auf die Nichtvollendung keinen Einfluss gehabt (vgl. BGH StV 1985, 411).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
SAAAD-35085