Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB III § 131 Abs 1 Satz 2; SGB IV § 7 Abs 3 Satz 1; SGB IV § 7 Abs 3 Satz 2
Instanzenzug: LSG Rheinland-Pfalz, L 1 AL 47/07 vom SG Speyer, S 5 AL 386/05 vom
Gründe
I
Streitig ist, in welcher Höhe dem Kläger für die Zeit vom bis zum Arbeitslosengeld (Alg) zusteht.
Der seit Oktober 2000 als Schweißer beschäftigte Kläger bezog ein der Höhe nach wechselndes monatliches Arbeitsentgelt, das jeweils zum 15. des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt wurde.
Für die Monate April bis Juli 2003 belief sich das Arbeitsentgelt des Klägers auf 3.013,07 Euro, 3.096,32 Euro, 2.973,62 Euro und 3.276,05 Euro. Ab war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt, erhielt jedoch für die Monate August und September 2003 noch Arbeitsentgelt in Höhe von 2.698,14 Euro bzw 1.441,16 Euro. Ab bezog er von seiner Krankenkasse Krankengeld, ab vom Rentenversicherungsträger Übergangsgeld, danach ab wieder Krankengeld. Während des Krankengeldbezugs zahlte ihm sein Arbeitgeber am ein tarifliches Weihnachtsgeld in Höhe von brutto 1.356,83 Euro aus.
Am nahm der Kläger die Beschäftigung wieder auf und erzielte für April 2004 ein Arbeitsentgelt von 777,40 Euro und sodann für die Monate Mai bis Juli 2004 Entgelte von 3.228,32 Euro, 3.556,27 Euro und 2.337,07 Euro. Ab bezog der Kläger erneut vom Rentenversicherungsträger Übergangsgeld und ab bis einschließlich von der Krankenkasse Krankengeld. Am erhielt er von seinem Arbeitgeber das ihm tarifvertraglich zustehende Weihnachtsgeld in Höhe von brutto 1.359,34 Euro.
Nachdem sich der Kläger zum arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hatte, bewilligte ihm die Beklagte zunächst mit Bescheid vom Alg für 780 Kalendertage nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 45,85 Euro. Dem dagegen erhobenen Widerspruch half die Beklagte teilweise ab, legte der Bemessung einen zweijährigen Bemessungsrahmen vom bis zu Grunde, berücksichtigte bei der Berechnung des Bemessungsentgeltes die Entgeltzahlungen des Arbeitgebers für die Zeit von April bis September 2003 sowie von April bis Juli 2004 (insgesamt 254 Kalendertage) und bewilligte auf dieser Grundlage mit Bescheid vom Alg nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 103,93 Euro in Höhe von täglich 42,83 Euro. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom ).
Mit Bescheid vom wurde dem Kläger im Übrigen Alg nach unveränderten Berechnungsgrundlagen für die Zeit ab bewilligt. Seit bezieht der Kläger vom Rentenversicherungsträger eine laufende Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab ein tägliches Alg in Höhe von 43,92 Euro zu zahlen; im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Gegen das Urteil des SG haben beide Beteiligte Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung des Klägers hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom ).
Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger erfülle die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg bei Arbeitslosigkeit, habe aber keinen Anspruch auf eine höhere als die ihm von der Beklagten bewilligte Leistung. Nach den seit 2005 geltenden Bemessungsvorschriften des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (SGB III) sei ein erweiterter Bemessungsrahmen vom bis zum zu Grunde zu legen, da der Regelbemessungsrahmen von einem Jahr weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalte. Für die Bemessung zu berücksichtigen seien nur vollständig innerhalb des Bemessungsrahmens liegende und abgerechnete Entgeltabrechnungszeiträume, also nicht der Zeitraum April 2003. Anzusetzen sei somit das in den Entgeltabrechnungszeiträumen von Mai bis August 2003 sowie von April bis Juni 2004 erzielte und abgerechnete Arbeitsentgelt. Dagegen seien die für September 2003 und Juli 2004 erzielten Arbeitsentgelte nicht einzubeziehen, da sie beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis noch nicht abgerechnet gewesen seien. Nicht zu berücksichtigen seien auch die Weihnachtsgeldzahlungen aus Dezember 2003 bzw Dezember 2004. Denn die vom Gesetzgeber beabsichtigte Vereinfachung lasse nur noch die Berücksichtigung von Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu; außer Betracht blieben dagegen alle übrigen Versicherungspflichtverhältnisse, denen ein besonderes Entgelt zugeordnet sei. Bei Teilung des im Bemessungsrahmen insgesamt abgerechneten Arbeitsentgelts durch die Summe der berücksichtigungsfähigen Arbeitstage ergebe sich ein Bemessungsentgelt in Höhe von 103,74 Euro. Dieses sei niedriger als das von der Beklagten errechnete Bemessungsentgelt von 103,93 Euro.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die an ihn ausgezahlten Weihnachtsgelder seien bei der Bemessung zu berücksichtigen. Diese Jahressonderzahlungen seien beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und seien vom Bemessungszeitraum umfasst, da die jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse nur als abgerechnet anzusehen seien, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt vollständig errechnet habe. Eine vollständige Abrechnung liege erst vor, wenn auch die Sonderzahlungen errechnet seien. Es sei auch nach § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III zu prüfen, ob die Sonderzahlungen Arbeitsentgelte darstellten, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch gehabt habe.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des SG und des LSG abzuändern und die Beklagte unter Zurückweisung ihrer Berufung und unter Abänderung des Bescheids vom in der Gestalt des Bescheids vom und des Widerspruchsbescheids vom sowie des Bescheids vom zu verurteilen, ihm tägliches Alg in Höhe von 47,90 Euro vom bis zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Das LSG hat zu Recht der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils in vollem Umfang abgewiesen. Der Kläger hat für die Zeit ab keinen Anspruch auf höheres Alg.
1. Zu den Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg (§§ 117, 118 SGB III), ohne deren Vorliegen auch eine Klage auf höhere Leistung keinen Erfolg hätte (vgl zuletzt Urteil des Senats vom , B 11 AL 7/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 13 mwN), hat das LSG für das Bundessozialgericht (BSG) zunächst bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass sich der Kläger am zum arbeitslos gemeldet hat (§§ 118 Abs 1 Nr 2, 122 Abs 1 SGB III). Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Kläger nach dem Auslaufen des Krankengeldbezugs im Rahmen seines gesundheitlichen Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung gestellt, sodass auch davon auszugehen ist, dass er ab arbeitslos iS der §§ 118 Abs 1 Nr 1, 119 ff SGB III war. Den Feststellungen des LSG ist ferner zu entnehmen, dass der Kläger die Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§§ 118 Abs 1 Nr 3, 123, 124 SGB III).
2. Zur Höhe des Anspruchs hat das LSG zu Recht entschieden, dass dem Kläger lediglich Alg nach einem Bemessungsentgelt von 103,74 Euro zusteht. Die Leistungsbewilligung der Beklagten, der ein Bemessungsentgelt von 103,93 Euro zu Grunde liegt, verletzt den Kläger somit nicht in seinen Rechten.
a) Die Bemessung des dem Kläger ab zustehenden Alg richtet sich nach § 129 SGB III - hier anwendbar in der seit geltenden Fassung durch das Gesetz vom , BGBl I 266 - sowie nach §§ 130 und 131 SGB III, die durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 2848, mit Wirkung ab neu gefasst worden sind. Eine Anwendung der bis Ende 2004 geltenden Fassungen der §§ 130 und 131 SGB III kommt nicht in Betracht, da der Gesetzgeber des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zur Alg-Bemessung eine Übergangsregelung nur für die Neufestsetzung des Bemessungsentgelts bei vor dem entstandenen Ansprüchen auf Alg getroffen hat (§ 434j Abs 5 SGB III). Für den am entstandenen Anspruch des Klägers ist diese Übergangsregelung nicht einschlägig.
Nach § 129 Nr 2 SGB III beträgt das Alg für Arbeitslose, für die - wie beim Kläger - keine Kinder zu berücksichtigen sind, 60 vH (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III in der hier anwendbaren Fassung umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst regelmäßig ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird jedoch auf zwei Jahre erweitert, wenn (ua) der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs 3 Nr 1 SGB III). Bemessungsentgelt ist nach § 131 Abs 1 Satz 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat.
b) In Konsequenz der maßgeblichen Regelungen ist das LSG zunächst zutreffend von einem Bemessungsrahmen ausgegangen, der mit dem endet. Denn der Kläger war vor Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg als Bezieher von Krankengeld versicherungspflichtig gemäß § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III. Unter einem Versicherungspflichtverhältnis iS des § 130 Abs 1 Satz 2 SGB III ist sowohl eine versicherungspflichtige Beschäftigung als auch ein anderes Versicherungspflichtverhältnis zu verstehen (vgl Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Juni 2005, § 130 RdNr 38, 40 ff; Winkler, info also 2006, 147). Der war folglich der letzte Tag des "letzten Versicherungspflichtverhältnisses" des Klägers vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III). Da der vom aus zu berechnende Regelbemessungsrahmen von einem Jahr (§ 130 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III) nach den getroffenen Feststellungen weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (Beschäftigungstage allenfalls in der Zeit von Ende April bis Mitte Juli 2004), ist der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre zu erweitern (§ 130 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III). Er umfasst somit den Zeitraum vom bis zum .
c) In Anwendung des § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III hat das LSG auch zu Recht bei der Bemessung des dem Kläger zustehenden Alg nur die vollständig im Bemessungsrahmen liegenden abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen berücksichtigt. Derartige abgerechnete Entgeltabrechnungszeiträume im Sinne des § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III liegen unzweifelhaft bei den Monaten Mai, Juni, Juli und August 2003 sowie den Monaten April, Mai und Juni 2004 vor.
Nicht für die Alg-Bemessung herangezogen werden kann dagegen der Entgeltabrechnungszeitraum April 2003, da er nicht vollständig von dem erst am beginnenden Bemessungsrahmen erfasst wird. Dass in den Bemessungsrahmen lediglich hineinragende Entgeltabrechnungszeiträume unter Geltung des SGB III im Gegensatz zum früheren Recht nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht zu berücksichtigen sind, hat das BSG schon entschieden (vgl BSG SozR 4-4300 § 133 Nr 3). Die vorgenannte Entscheidung betrifft zwar noch die bis zum geltende Fassung des § 130 Abs 1 SGB III, in der bestimmt war, dass Entgeltabrechnungszeiträume in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs "enthalten" sein mussten. Sie ist jedoch auch auf die seit geltende Fassung des § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III, die auf Entgeltabrechnungszeiträume "im Bemessungsrahmen" abstellt, zu übertragen. Denn die Erwägungen des BSG, wonach die frühere Rechtsprechung zu § 112 AFG (ua BSGE 77, 244 = SozR 3-4100 § 112 Nr 24) auf einem anderen Gesetzeswortlaut bzw dem Umstand eines äußerst kurzen dreimonatigen Bemessungsrahmens beruht (BSG SozR 4-4300 § 133 Nr 3 RdNr 21), gelten in gleicher Weise (ebenso Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 RdNr 50, Stand Juni 2005; Coseriu/Jakob in NK-SGB III, 3. Aufl, § 130 RdNr 27; Rolfs in Gagel, SGB III, § 130 RdNr 27, Stand Oktober 2008). Die ab geltende Fassung des § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III ist also ebenfalls so zu verstehen, dass der Bemessungszeitraum nur die vollständig im Bemessungsrahmen enthaltenen abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume umfasst.
Nicht bei der Bemessung des Alg des Klägers zu berücksichtigen sind auch die Entgeltabrechnungszeiträume September 2003 und Juli 2004, da diese keine beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechnete Zeiträume im Sinne des § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III sind. Nach den getroffenen Feststellungen waren die Entgeltabrechnungen für die Monate September 2003 und Juli 2004 jeweils zu dem Zeitpunkt, ab dem der Kläger Krankengeld bzw Übergangsgeld bezog, noch nicht erstellt. Der Kläger war aber bereits mit Beginn des Bezugs von Krankengeld ab bzw von Übergangsgeld ab jeweils aus dem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden. Dies folgt bereits aus § 7 Abs 3 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), wonach bei Bezug von (ua) Krankengeld und Übergangsgeld eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt nicht als fortbestehend gilt, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert. Unabhängig von den genannten Regelungen des SGB IV ist jedoch der Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Beschäftigung anhand der Rechtsprechung des BSG zum leistungsrechtlichen Begriff des Beschäftigungsverhältnisses zu beurteilen, also unabhängig vom rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses (vgl Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 RdNr 57 und 59, Stand Juni 2005). Danach ist maßgebend, dass die Arbeitsleistung tatsächlich nicht mehr erbracht wird, weil der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet (vgl BSG SozR 4-4300 § 123 Nr 2 RdNr 9; SozR 4-4300 § 118 Nr 1 RdNr 22, jeweils mwN). Hiervon ist nach den Feststellungen des LSG auszugehen.
d) Wegen des Ausscheidens des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis im September 2003 bzw im Juli 2004 können entgegen der Auffassung der Revision auch die im Dezember 2003 bzw im Dezember 2004 vom Arbeitgeber ausgezahlten Weihnachtsgelder von 1356,83 Euro bzw 1359,34 Euro nicht bei der Alg-Bemessung berücksichtigt werden. Insoweit fehlt es sowohl an einer Entgeltabrechnung zur Zeit des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis als auch am Vorliegen eines Entgeltabrechnungszeitraums einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III.
Die Revision wendet insoweit ohne Erfolg ein, die jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse seien nur bei vollständiger Abrechnung als abgerechnet im Sinne des § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III anzusehen und eine vollständige Abrechnung liege erst vor, wenn auch Jahressonderzahlungen errechnet seien. Denn erfasst werden nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III nur die "beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis" abgerechneten Zeiträume; bei jeder Beschäftigung müssen daher die Entgelte aus der jeweiligen Tätigkeit bereits mit ihrem Ende abgerechnet sein (vgl Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 RdNr 58, Stand Juni 2005; Coseriu/Jakob in NK-SGB III, 3. Aufl, § 130 RdNr 32). Spätere Abrechnungen können folglich nicht rückwirkend einem früheren Abrechnungszeitraum zugeordnet werden. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn das Weihnachtsgeld - wie vorliegend vom LSG festgestellt - nicht anteilig für einzelne Beschäftigungszeiträume, sondern als Sonderzuwendung für das gesamte jeweilige Jahr gewährt wird.
Eine andere Sichtweise ist nicht deshalb geboten, weil es sich bei den ausgezahlten Weihnachtsgeldern um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handelt (vgl § 23a SGB IV). Denn bei der Prüfung, ob ein Entgeltabrechnungszeitraum einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III vorliegt, ist wiederum auf den Begriff der Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinne abzustellen. Es kann danach nicht auf die beitragsrechtliche Beurteilung ankommen; entscheidend ist allein, dass der Kläger tatsächlich nicht beschäftigt worden ist (vgl BSG SozR 4-4300 § 123 Nr 2 RdNr 9; SozR 4-4300 § 118 Nr 1 RdNr 22; SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 21).
Ebenfalls nicht durchdringen kann die Revision mit dem Vorbringen, die Jahressonderzahlungen seien gemäß § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III zu berücksichtigen, weil sie Arbeitsentgelt darstellten, auf das der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch gehabt habe. Denn § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III modifiziert nicht § 130 SGB III, sondern regelt nur die Frage, welches Arbeitsentgelt iS von § 129 SGB III iVm § 131 Abs 1 SGB III als erzielt gilt (vgl Behrend in Eicher/Schlegel, § 131 RdNr 55 ff, Stand September 2005 bzw Oktober 2006 zum Zuflussprinzip und RdNr 57 ff zur kombinierten Anspruchs- und Zuflusstheorie). Im vorliegenden Fall ist aber überhaupt nicht streitig, dass dem Kläger die Weihnachtsgelder zugeflossen sind; auf die sich stellende Frage der Zuordnung erzielter Entgelte zum Bemessungszeitraum gibt § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III keine Antwort. Es kann deshalb offen bleiben, ob der Kläger schon beim Ausscheiden aus den Beschäftigungen im September 2003 bzw Juli 2004 Anspruch auf die jeweilige Jahressonderzahlung hatte oder nicht.
Die Nichtberücksichtigung der dem Kläger erst nach seinem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis zugeflossenen Sonderzahlungen entspricht dem Ziel des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (vgl oben unter a), bei der Alg-Bemessung aus Vereinfachungsgründen nur noch Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu erfassen und alle übrigen Versicherungspflichtverhältnisse außer Betracht zu lassen (vgl BT-Drucks 15/1515 S 85). In diesem Zusammenhang hat das LSG mit Recht auf die Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers im Sinne der Typisierung und Pauschalierung sowie der zügigen Leistungsbewilligung hingewiesen (vgl hierzu auch B 11a AL 23/07 R, BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1, RdNr 41 ff, und vom , B 11 AL 7/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 25). Ebenso zu Recht hat das LSG ausgeführt, dass die gesetzliche Regelung nicht schlechthin zum Ausschluss der Berücksichtigung von Einmalzahlungen führt, sondern dass deren Einbeziehung von den Umständen des konkreten Falles abhängt. Folglich kann keine Rede von einem planmäßigen Außerachtlassen beitragspflichtiger Einmalzahlungen sein (vgl BVerfGE 92, 53 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6; BVerfGE 102, 127 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1). Es ist somit nicht ersichtlich, inwiefern die gesetzliche Regelung verfassungswidrig sein könnte.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Nichtberücksichtigung der Sonderzahlungen bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts bestehen unter den Umständen des vorliegenden Falles im Übrigen schon deshalb nicht, weil eine Einbeziehung sich für den Kläger nicht als vorteilhaft erweisen würde. Denn nach § 23a Abs 2 SGB IV ist einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das nach Beendigung oder bei Ruhen des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt wird, dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum des laufenden Kalenderjahres zuzuordnen, auch wenn dieser nicht mit Arbeitsentgelt belegt ist. Demnach wäre die jeweilige Sonderzahlung, wenn sie zu berücksichtigen wäre, dem Monat Dezember zuzuordnen mit der Folge, dass der Berechnung des durchschnittlich auf den Tag entfallenden Arbeitsentgelts gemäß § 131 Abs 1 Satz 1 SGB III zusätzlich 31 Tage für Dezember zu Grunde zu legen wären (vgl Urteil des Senats vom , B 11 AL 7/08 R, RdNr 19 mwN). Es ergäbe sich dann ein insgesamt geringeres Bemessungsentgelt, da die ausgezahlten Weihnachtsgelder der Höhe nach deutlich unter den sonst für die Bemessung maßgeblichen monatlichen Entgelten des Klägers liegen.
e) Das LSG hat somit zutreffend aus den nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGB III einzubeziehenden Entgeltabrechnungszeiträumen ein im Bemessungszeitraum insgesamt erzieltes Arbeitsentgelt von 19.606,12 Euro errechnet. Da Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende Arbeitsentgelt ist (§ 131 Abs 1 Satz 1 SGB III), ergibt sich nach Teilung der genannten Entgeltsumme durch die in den Abrechnungszeiträumen insgesamt enthaltenen 189 Tage ein gerundetes Bemessungsentgelt von 103,74 Euro. Dieses ist niedriger als das von der Beklagten errechnete Bemessungsentgelt. Die Leistungsbewilligung der Beklagten verletzt den Kläger somit nicht in seinen Rechten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Fundstelle(n):
IAAAD-34838