Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (hier: Verfassungswidrigkeit des § 33c EStG)
Gesetze: EStG § 33c, EStG § 32 Abs. 6, EStG § 31, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitig ist die Höhe des Abzugs von Kinderbetreuungskosten gemäß § 33c des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr 2004 geltenden Fassung.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist alleinerziehender Vater einer am . Juni 2000 geborenen Tochter. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger, der Kindergeld erhielt und als Berufskraftfahrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte, Betreuungsaufwendungen für seine Tochter in Höhe von 2.991 € geltend. Er beantragte ferner den Abzug eines vollen Kinderfreibetrags i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 6 2. Halbsatz EStG, da die Kindesmutter ihrer Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen war. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) berücksichtigte den Kinderbetreuungsaufwand zunächst nicht. Mit geändertem Einkommensteuerbescheid anerkannte er Kinderbetreuungskosten in Höhe von 1.443 €, da die Kinderbetreuungskosten nur im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge und nur insoweit gewährt würden, als die Aufwendungen den gesetzlichen Sockelbetrag von 1.548 € überstiegen. Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG (Kinderfreibetrag sowie der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- sowie Ausbildungsbedarf) blieben wegen der Günstigerprüfung gemäß § 31 EStG ohne Auswirkung. Nach erfolglosem Vorverfahren erhob der Kläger Klage. Kinderbetreuungskosten seien in voller Höhe zu berücksichtigen, da die Kürzung um den Sockelbetrag verfassungswidrig sei. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit vorliegender Nichtzulassungsbeschwerde.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
1. Die Darlegung der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) verlangt ebenso wie die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 66/06, BFH/NV 2007, 2067; vom VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25; vom V B 57/07, BFH/NV 2008, 611, und vom II B 42/08, BFH/NV 2009, 46). Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; vom V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, unter III.B.1., und in BFH/NV 2009, 46).
Derartige Ausführungen sind auch dann erforderlich, wenn die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht wird. In diesem Fall ist zur substantiierten Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts eine an den Vorgaben des Grundgesetzes sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich (BFH-Beschlüsse vom II B 104/06, BFH/NV 2007, 1280, und vom II B 95/06, BFH/NV 2007, 1829, je m.w.N.). In der Beschwerdebegründung ist zu erläutern, gegen welche Verfassungsnormen die angewandte Vorschrift verstoßen soll; der geltend gemachte Verfassungsverstoß ist näher zu begründen (BFH-Beschlüsse vom III B 1/04, BFH/NV 2005, 1080, und vom III B 59/04, BFH/NV 2005, 1081). Darüber hinaus muss aufgrund der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung und ggf. einschlägiger Äußerungen im Fachschrifttum dargelegt werden, dass die Verfassungsmäßigkeit der Regelung umstritten oder aus welchen vertretbaren, in der Beschwerdebegründung näher zu erläuternden Gründen sie zumindest zweifelhaft ist (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2000, 992).
2. Die Beschwerdebegründung entspricht diesen Anforderungen nicht.
Der Kläger rügt zwar die Verfassungswidrigkeit von § 33c EStG in der für die Jahre 2002 bis 2005 geltenden Fassung im Zusammenspiel mit dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf und macht geltend, dass die Entscheidung des FG den Vorgaben des ) nicht gerecht werde, weil es von den notwendigen Kinderbetreuungskosten in Höhe von 2.991 € lediglich 1.443 € steuerliche Erheblichkeit beigemessen habe. Das BVerfG habe jedoch entschieden, dass notwendige erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten ungemindert zu berücksichtigen seien. Die sog. Günstigerprüfung bzw. der Sockelbetrag in Höhe von 1.548 € führten jedoch zu einer Kürzung der notwendigen Kinderbetreuungskosten. Damit sei § 33c i.V.m. § 32 Abs. 6 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung verfassungswidrig.
Diesem pauschalen Vorbringen fehlt es an der erforderlichen substantiierten Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG, des BFH und der Literatur.
a) Soweit der Kläger rügt, dass die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und damit auch der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- sowie Ausbildungsbedarf wegen der sog. Günstigerprüfung nicht zur Anwendung gekommen seien, ist er nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG eingegangen, der zufolge es aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich ist, dass nach § 31 Satz 1 EStG die steuerliche Freistellung des Existenzminimums von Kindern einschließlich des Betreuungsbedarfs für Erziehung oder Ausbildung entweder durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das Kindergeld nach dem X. Abschn. des Einkommensteuergesetzes vom bewirkt wird. Das BVerfG hat es in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt, ob er die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung durch Steuerfreibeträge oder das Kindergeld herbeiführen will (BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C.III.1.; vom 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174, unter C.I.5. c, cc; vom 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33; vom 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260).
b) Soweit der Kläger die Verfassungswidrigkeit des wie ein Selbstbehalt wirkenden Sockelbetrags nach § 33c Abs. 1 EStG und damit die „Kürzung” der Kinderbetreuungskosten um 1.548 € rügt, fehlt es u.a. an der Auseinandersetzung mit Äußerungen im Fachschrifttum. Der Kläger hat weder zu der Literaturauffassung, nach der die Eigenbelastung für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten wird, weil § 33c EStG als zusätzlicher steuerlicher Fördertatbestand keinen uneingeschränkten Abzug von Kinderbetreuungskosten verlange (Schmidt/Glanegger, EStG, 23. Aufl., § 33c Rz 3; a.A. Kanzler, Deutsches Steuerrecht, Beihefter 11/2002), noch zu der Ansicht Stellung genommen, dass sich der Gesetzgeber bei der Bemessung des Selbstbehalts in Höhe von 1.548 € je Kind innerhalb seiner Typisierungsbefugnis gehalten habe, weil es sich bei Kinderbetreuungskosten um gemischt veranlasste Aufwendungen handele (Geserich, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33c Rz A 33). Ebenso fehlen Ausführungen des Klägers dazu, dass der „Eigenbehalt” zur Vermeidung einer Doppelbegünstigung gerechtfertigt sein könnte (Blümich/Oepen, § 33c EStG Rz 64) oder aber Kinderbetreuungskosten im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 33c EStG ohne den Ansatz eines nicht abzugsfähigen Mindestbetrags zu berücksichtigen sein könnten (Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 33c Rz 22).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 204 Nr. 2
KAAAD-34538