BSG Urteil v. - B 7 AL 49/07 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB III § 22 Abs 3 Satz 2; SGB III § 155 Nr 2; GG Art 3 Abs 1; GG Art 14 Abs 1; SGB VI § 191 Satz 1 Nr 2

Instanzenzug: LSG Bayern, L 9 AL 387/01 vom SG Landshut, S 6 AL 147/99 vom

Gründe

I

Der Kläger begehrt (noch) höheres Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit vom bis und eine Korrektur der von der Beklagten an die Beigeladene zu 1 erteilten rentenversicherungsrechtlichen Meldung. Im Streit ist außerdem eine Korrektur der dem Kläger erteilten Bescheinigung über die von der Beklagten vorgenommene Meldung an die Beigeladene zu 1.

Der Kläger befand sich seit November 1996 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Straubing; er besaß nicht den Status eines Freigängers nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Am beantragte er bei der Beklagten, seine Teilnahme an der am beginnenden justizinternen Weiterbildung zum Elektroinstallateur zu fördern. Die Beklagte übersandte ihm daraufhin eine "Stellungnahme und Entscheidung" der zuständigen "Abteilungen zum Antrag auf Weiterbildungsförderung", in der sie die Fördervoraussetzungen für die Maßnahme bejahte.

Für die Dauer der Weiterbildung, die nach Aktenlage am beendet worden sein soll, zahlte das Land durch die JVA an den Kläger jeweils monatlich Uhg als "Vorauszahlung" in Höhe der gegenüber dem Uhg nachrangigen Ausbildungsbeihilfe nach dem StVollzG; bei deren Berechnung ging es von einem Stundensatz nach der Vergütungsstufe III der Strafvollzugsvergütungsverordnung in Höhe von zunächst 1,35 DM bzw ab von 1,37 DM aus und berücksichtigte nur die Tage der tatsächlichen Teilnahme an der Maßnahme; Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bzw Samstage und Sonntage blieben damit ausgeschlossen.

Auf der Grundlage von entsprechenden Abrechnungen erstattete die Beklagte die gezahlten Beträge und bewilligte dem Kläger Uhg in der Gesamthöhe der Ausbildungsbeihilfe (nur) für die Zeiten der tatsächlichen Teilnahme an der Weiterbildung unter Einbeziehung der Samstage und Sonntage (nach Maßgabe des Uhg-Rechts), nicht jedoch der Zeiten der Arbeitsunfähigkeit. Hinsichtlich der Höhe des wöchentlichen Leistungsbetrags, den sie aus dem gezahlten Monatsbetrag errechnete, waren die Bescheide jeweils mit dem Zusatz "vorläufig" versehen. Insgesamt ergingen folgende Bescheide:

- Bescheide vom und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom (Bewilligung von Uhg für die Zeit vom 1.12. bis ),

- Bescheid vom (Uhg für die Zeit vom 4. bis ), Bescheid vom (Uhg für die Zeit vom 26. bis ), Bescheid vom (Uhg für die Zeit vom 1. bis ), Bescheid vom (Uhg für die Zeit vom 17. bis ), Bescheid vom (Uhg für die Zeit vom 1. bis ), Bescheid vom (Uhg für die Zeit vom 15. bis ), Bescheid vom (Uhg für die Zeit vom 22. bis ) und Bescheid vom (Uhg für die Zeit vom 29. bis ), alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ,

- Bescheide vom (Uhg für die Zeiten vor dem ).

Der Beigeladenen zu 1 teilte die Beklagte die Bezugszeiten und die Höhe des dem Uhg zugrunde liegenden Entgelts mit; dem Kläger übersandte sie entsprechende "Leistungsnachweise/Entgeltbescheinigungen", denen - wie den Bewilligungsbescheiden - ein fiktives Arbeitsentgelt als Ungelernter nach dem Tarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer des Elektrohandwerks in Bayern zu Grunde lag.

Das Sozialgericht (SG) Landshut hat die Beklagte "unter Abänderung der insoweit angefochtenen Bescheide und Widerspruchsbescheide" (allerdings unter Beibehaltung des Gesamtbetrags an Uhg) verurteilt, das von der Beklagten bewilligte Uhg auf die Gesamtzeit der Weiterbildung bis zu deren Ende am zu verteilen, und die Klage auf höhere Leistungen im Übrigen abgewiesen, ohne jedoch auf das Vorbringen des Klägers betreffend die Korrektur der Leistungsnachweise einzugehen (Urteil vom ). Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG gleichwohl "insoweit aufgehoben, als die Beklagte darin zur Zahlung von zusätzlichem Uhg verurteilt worden ist"; im Übrigen hat das LSG das Urteil des SG nur dahin abgeändert, dass es die Beklagte unter Abänderung sämtlicher Bescheide verurteilt hat, das dem Kläger in unveränderter Gesamthöhe gewährte Uhg auf die gesamte Zeit der Weiterbildungsmaßnahme vom bis einschließlich - mit Ausnahme des - zu verteilen, und die Beklagte auf entsprechenden Antrag des Klägers verpflichtet hat, dem Kläger den Inhalt der der Beigeladenen zu 1 auf dieser geänderten Grundlage noch zu erstattenden Meldungen zu bescheinigen (Urteil vom ).

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Beklagte, die in eigener Zuständigkeit zu prüfen habe, ob die JVA das dem Kläger zustehende Uhg richtig festgesetzt habe, habe die Leistung in Anlehnung an die Regelung des § 44 StVollzG der Höhe nach zutreffend ermittelt. Die angefochtenen Bescheide seien jedoch insofern zu ändern, als das Uhg in der bewilligten Höhe rechtstechnisch auf die gesamte Zeit der Weiterbildung, also auch auf Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, zu verteilen sei. Ausgenommen sei nur der , für den Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen sei. Die Beklagte müsse das maßgebliche Entgelt damit für sämtliche Tage an die Beigeladene zu 1 melden, weil nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderungsrecht - (SGB III) Uhg nicht nur für Zeiten der tatsächlichen Teilnahme an der Maßnahme und die Wochenenden, sondern auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu zahlen sei. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB III begrenze allerdings die Höhe des (insgesamt) zu leistenden Uhg für Strafgefangene auf den Betrag der Ausbildungsbeihilfe nach dem StVollzG. Über die Neuverteilung des gezahlten Uhg auf den gesamten Weiterbildungszeitraum ( ausgenommen) müsse die Beklagte dem Kläger einen korrigierten Leistungsnachweis erstellen.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 155 Nr 2 SGB III sowie von Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) und Art 14 Abs 1 GG. Die Begrenzung der Höhe des ihm als Strafgefangenen zu leistenden Uhg durch § 22 Abs 3 Satz 2 SGB III führe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung mit einem in Freiheit befindlichen Arbeitslosen bzw einem Strafgefangenen mit "Freigängerstatus", für deren Uhg diese Begrenzung nicht gelte. Die Beklagte sei auch verpflichtet, an die Beigeladene zu 1 höhere Entgelte für den gesamten Weiterbildungszeitraum zu melden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG sowie das Urteil des SG abzuändern und die Beklagte unter Änderung der im Tenor des Urteils des LSG genannten Bescheide zu verurteilen, ihm für die Zeit vom bis höheres Uhg zu zahlen und der Beigeladenen zu 1 das insofern maßgebliche Entgelt für den gesamten Zeitraum zu melden.

Die Beklagte beantragt,

1. die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG zurückzuweisen und

2. im Wege der Revision die Urteile des LSG und des SG aufzuheben, soweit sie unter Abänderung der im Tenor des LSG-Urteils genannten Bescheide zu einer anderen Verteilung des Uhg und zur Erteilung einer abweichenden Bescheinigung verurteilt worden ist, und die Berufung des Klägers insgesamt zurückzuweisen sowie die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagte rügt eine Verletzung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB III und des § 191 Satz 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI). Sie ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf Korrektur der Meldung an die Beigeladene zu 1 bzw der ihm erteilten Bescheinigung. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB III begrenze ohnedies nicht lediglich die Höhe des Uhg auf die Höhe der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 StVollzG, sondern bestimme gleichzeitig, dass für Tage, für die die Ausbildungsbeihilfe nicht zu zahlen sei, abweichend vom üblichen Uhg-Recht kein Anspruch auf Uhg bestehe, also auch bei gleichbleibender Gesamthöhe des gezahlten Uhg keine andere Verteilung des Monatsbetrags auf mehr Tage gerechtfertigt sei. Entgegen der Ansicht des LSG seien also die Bezugszeiträume des Uhg nicht zu korrigieren.

Der Kläger beantragt, soweit es die Revision der Beklagten betrifft,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beigeladene zu 1 hält die Klage auf Korrektur der Meldung für unzulässig und im Übrigen für unbegründet; es sei nachvollziehbar, dass das Uhg nur für die Tage gezahlt werde, an denen die Weiterbildung tatsächlich durchgeführt werde.

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG im Ergebnis zu Recht (teilweise) zurückgewiesen. Der Kläger hat schon deshalb keinen Anspruch auf Zahlung eines höheren Uhg gegen die Beklagte, weil nicht sie, sondern das Land Bayern eigenverantwortlich über die Höhe des Uhg zu entscheiden hat und die Beklagte lediglich im Innenverhältnis zum Land eine Förderzusage dem Grunde nach erteilt. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist es ohne Bedeutung, dass das LSG zu Unrecht davon ausgegangen ist, das SG habe die Beklagte zu höheren Leistungen verurteilt. Der Kläger hat auch kein subjektives Recht, auf Grund dessen er verlangen könnte, dass die Beklagte der Beigeladenen zu 1 eine korrigierte Meldung zur Rentenversicherung übermittelt. Demgegenüber ist die Revision der Beklagten begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, das dem Kläger bewilligte Uhg auf die gesamte Zeit seiner Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme - den ausgenommen -, also auf mehr Tage, zu verteilen und ihm den Inhalt der noch zu ändernden Meldung an die Beigeladene zu 1 entsprechend zu bescheinigen.

Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom und in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom sowie gemäß §§ 86, 96 SGG analog die Bescheide vom , , , , , , und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom sowie die ebenfalls in analoger Anwendung des § 96 SGG zum Gegenstand des Gerichtsverfahrens gewordenen Bescheide vom . Gegen diese Bescheide wehrt sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG), soweit ihm mit diesen Bescheiden höheres Uhg versagt wurde. Den Antrag auf Korrektur der rentenversicherungsrechtlichen Meldung sowie auf Korrektur der ihm erteilten Bescheinigung verfolgt der Kläger zusätzlich mit der echten Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG. Ggf ist hilfsweise in dem Antrag auf höheres Uhg auch ein Antrag im Sinne einer Verpflichtungsklage zu sehen, dass ohne Korrektur der Gesamthöhe des Uhg das Uhg bescheidmäßig auf die gesamten Tage der Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme zu verteilen ist. Dies kann indes dahinstehen, weil ein solcher Anspruch ohnedies nicht besteht.

Soweit es die Klage auf höhere Leistungen betrifft, ist für die Entscheidung der Umstand ohne Bedeutung, dass der wöchentliche Zahlbetrag in den angefochtenen Bescheiden mit dem Zusatz "vorläufig" versehen war, sodass es sich bei den Bewilligungsbescheiden um vorläufige Bescheide nach § 328 SGB III gehandelt hat. Der Kläger ist jedenfalls nicht gehalten, ebenfalls nur Leistungen in vorläufiger Höhe zu beantragen; vielmehr ist er berechtigt, unter Anfechtung des vorläufigen Bescheids Leistungen in endgültiger Höhe zu verlangen (vgl im Ergebnis Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 328 RdNr 315, Stand November 2008). Einer solchen Klage kann also nicht entgegengehalten werden, sie sei mangels einer endgültigen Entscheidung der Beklagten bereits unzulässig (§ 54 Abs 2 SGG); die Beklagte hat nur ein Element ihrer Bewilligungen als vorläufig bezeichnet (s dazu nur Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 RdNr 52 mwN, Stand Juni 2009).

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel, die einer Sachentscheidung entgegenstehen, liegen nicht vor. Insbesondere war nicht mit Rücksicht darauf, dass das Land Bayern über einen höheren Uhg-Anspruch zu entscheiden hätte (s dazu später), dieses nach § 75 Abs 2 SGG notwendig beizuladen. Ein Fall der notwendigen echten Beiladung (1. Alt) wegen der Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung liegt nicht vor, weil die Entscheidung nicht unmittelbar in die Rechtssphäre des Landes eingreifen kann (vgl zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 75 RdNr 10 mwN). Ob eine notwendige Beiladung des Landes in entsprechender Anwendung des § 75 Abs 2 2. Alt SGG erforderlich gewesen wäre, bedarf keiner Entscheidung, weil ein entsprechender Verfahrensfehler des LSG im Revisionsverfahren nur auf Rüge zu beachten wäre (BSGE 97, 242 ff RdNr 15 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1) und eine Rüge weder vom Kläger noch der Beklagten erhoben worden ist.

Nicht zu beanstanden ist, dass das LSG auch den Antrag des Klägers auf Korrektur der von der Beklagten an die Beigeladene zu 1 gesandten Meldungen in seine Entscheidung einbezogen hat. Dabei kann dahinstehen, ob ein entsprechender Antrag bereits im erstinstanzlichen Verfahren gestellt worden war und das SG deshalb über diesen Antrag eigentlich hätte befinden müssen. Selbst wenn es versehentlich nicht darüber entschieden haben sollte, wäre dieser Verfahrensgegenstand in die Berufungsinstanz "heraufholbar" (vgl BSGE 97, 217 ff RdNr 27 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1), wenn die Beklagte - wie hier durch die Äußerung zu diesem Streitgegenstand im Berufungsverfahren - zumindest konkludent ihre Zustimmung dazu erteilt hat (BSGE aaO). Wenn das erstinstanzliche Klagebegehren des Klägers nicht so auszulegen wäre, dass es auch die Korrektur der an die Beigeladene zu 1 erteilten Meldungen umfasst hat, wäre eine entsprechende Klageerweiterung in der Berufungsinstanz durch § 99 SGG gedeckt. Dies könnte sich bereits aus Abs 3 dieser Vorschrift ergeben, wonach als Klageänderung nicht anzusehen ist, wenn der Klageantrag ohne Änderung des Klagegrundes in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird (Nr 2); zumindest ergibt sich die Zulässigkeit einer Klageänderung jedoch aus § 99 Abs 1 und 2 SGG, weil sich die Beteiligten auf die Klageänderung sachlich eingelassen haben und das Gericht die Änderung im Übrigen zumindest konkludent für sachdienlich erachtet hat.

Der Kläger hat weder einen Anspruch gegen die Beklagte auf höheres Uhg noch darauf, dass diese der Beigeladenen zu 1 ein höheres Bemessungsentgelt für den Uhg-Bezugszeitraum meldet. Der Anspruch auf höheres Uhg scheitert bereits daran, dass insoweit gegen die Beklagte überhaupt kein Anspruch besteht, weil für die Bewilligung und Zahlung dieser Leistung das Land Bayern zuständig ist. Der Anspruch des Klägers auf Korrektur der Meldung an die Beigeladene zu 1 scheitert daran, dass der Meldeverpflichtung der Beklagten kein dem Kläger zustehendes subjektives Recht gegenübersteht.

Einen Anspruch des Klägers auf höheres Uhg nach den §§ 153 ff SGB III aF steht § 22 Abs 3 SGB III (hier in der Fassung, die die Norm durch das Erste Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom - BGBl I 2970 - erhalten hat) entgegen. Danach gehen Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung und zur Förderung der beruflichen Weiterbildung - wie vorliegend -, soweit sie der Sicherung des Lebensunterhalts dienen - also auch Uhg -, in Abweichung von § 22 Abs 1, der einen Nachrang der Leistungen der aktiven Arbeitsförderung gegenüber Leistungen anderer Leistungsträger oder anderer öffentlich-rechtlicher Stellen zur Erbringung gleichartiger Leistungen vorsieht, der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 StVollzG vor (Satz 1). Die Leistungen für Gefangene dürfen (jedoch) die Höhe der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 StVollzG nicht übersteigen (Satz 2). Sie werden den Gefangenen nach einer Förderzusage des Arbeitsamtes (nunmehr: Agentur für Arbeit) in Vorleistung von den Ländern erbracht und von der Bundesanstalt (nunmehr: Bundesagentur für Arbeit [BA]) erstattet (Satz 3). Insoweit beinhaltet Abs 3 eine gegenüber Abs 1 speziellere Regelung (vgl nur Rademacher in Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsrecht [GK-SGB III], § 22 RdNr 38, Stand Mai 2009).

Die Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung oder - wie hier - zur Förderung der beruflichen Weiterbildung, die der Sicherung des Lebensunterhalts dienen, werden ausschließlich nach Maßgabe des § 22 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB III gewährt. Sie dürfen also die Ausbildungsbeihilfe, die nach § 44 StVollzG zu zahlen wäre, nicht übersteigen; im Außenverhältnis zum Strafgefangenen wird die Leistung vom zuständigen Land bewilligt und gezahlt, weil es insoweit in einem gesetzlichen Auftragsverhältnis zur Beklagten steht, die ihrerseits (nur) im Rahmen eines im Gerichtsverfahren voll überprüfbaren Verwaltungsinternums dem Land gegenüber eine Förderzusage übermittelt und diesem die gezahlten Leistungen zu erstatten hat. § 22 Abs 3 SGB III belässt entgegen der Ansichten des SG und des LSG nicht die Kompetenz über die Bewilligung der Leistung bei der BA (so aber Rademacher, aaO, RdNr 43 f; Estelmann in Eicher/Schlegel, SGB III, § 22 RdNr 59, Stand Februar 2009; Steinmeyer in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB III RdNr 63, Stand Januar 2005). Die Regelung normiert vielmehr ein gesetzliches Auftragsverhältnis zwischen der BA und dem zuständigen Land (so auch Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 93 RdNr 3). Für die Annahme eines gesetzlichen Auftrags genügt es, dass das Gesetz die Aufgabe eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem anderen Verwaltungsträger überträgt und die Verpflichtung des ursprünglichen Trägers dem Grunde nach fortbesteht (BSGE 101, 42 ff RdNr 11 = SozR 4-2500 § 264 Nr 1; BSG SozR 2100 § 30 Nr 2 S 2); dabei ist es Sache des Gesetzgebers, das Auftragsverhältnis im Einzelnen auszugestalten (BSGE 101, 42 ff RdNr 19 = SozR 4-2500 § 264 Nr 1; vgl auch zum gesetzlichen Auftragsverhältnis der Krankenkasse als Einzugsstelle BSGE 51, 247, 249 = SozR 2200 § 1399 Nr 14 S 32 und BSG SozR 4-2400 § 28h Nr 1 S 7 ff mwN).

Für den Strafgefangenen, der einen nachrangigen Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe nach § 44 StVollzG besitzt, bleibt es mithin für die Gewährung des vorrangigen Uhg-Anspruchs gegenüber der Beklagten bei dem Land als seinem "Ansprechpartner". Das Land wäre ohnedies für die Ermittlung der Höhe der nach § 44 StVollzG nachrangig zu zahlenden Ausbildungsbeihilfe zuständig und zahlt - wie es im Gesetz ausgedrückt ist - das in derselben Höhe zu gewährende Uhg deshalb in "Vorleistung" für die BA an den Strafgefangenen, allerdings erst nach einer Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Uhg durch die BA und einer entsprechenden internen Förderzusage. Dieses gesetzliche Auftragsverhältnis kann nicht dadurch suspendiert werden, dass die BA eine Förderzusage nicht erteilt; vielmehr ist dann im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen die ablehnende Entscheidung des Landes die Rechtmäßigkeit der Ablehnung einer Förderzusage inzident zu überprüfen. Das Auftragsverhältnis entsteht also nicht erst mit der Förderzusage. Auch für die Zeit vor der Erteilung einer Förderzusage kann der Leistungsempfänger mithin die Leistung nicht von der BA, sondern lediglich vom Land verlangen.

Diese Rechtsfolgen ergeben sich im Wesentlichen aus Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung und der Systematik der Gesamtregelung. Dem steht nicht der Wortlaut entgegen, soweit § 22 Abs 3 SGB III die Formulierung "Vorleistung" enthält. Diese Formulierung ist nicht in dem Sinne wörtlich zu verstehen, dass das Land im Außenverhältnis nur im Vorgriff auf die noch zu erfolgende Bewilligung bzw Leistung der BA Leistungen zu erbringen hat. Wäre dies gemeint gewesen, hätte eher formuliert werden müssen: "als vorläufige Leistung auf die Leistung der BA".

Insbesondere die Gesetzesmaterialien zu § 22 SGB III unterstreichen die Annahme eines gesetzlichen Auftragsverhältnisses. Danach soll die Regelung des § 22 Abs 3 SGB III der Verwaltungsvereinfachung dienen, indem die Länder, um zu einer verwaltungseinfacheren Förderung von Gefangenen zu gelangen, hinsichtlich der von der Höhe der Ausbildungsbeihilfe abhängigen Leistungen nach einer Förderzusage des Arbeitsamtes in Vorleistung treten und sie von der BA erstattet erhalten sollten (BT-Drucks 13/8012 S 19). Ergänzend kann zur Auslegung die Begründung des § 22 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (BT-Drucks 13/4941) herangezogen werden, mit dem bereits eine der jetzigen Regelung inhaltsgleiche Vorschrift des § 22 Abs 3 Satz 3 SGB III eingefügt werden sollte, die jedoch im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen und erst mit dem Ersten SGB-III-Änderungsgesetz normiert wurde. In jener Begründung wird betont, dass sich die bisherige Regelung, die eine Leistungserbringung auch durch die BA an den Gefangenen vorsah, in der Verwaltungspraxis als sehr verwaltungsaufwändig erwiesen habe (vgl BT-Drucks 13/4941 S 157), weil die BA die Höhe der Ausbildungsbeihilfe erst habe ermitteln müssen. Gerade der Hinweis auf diese verwaltungsaufwändige Verwaltungspraxis belegt, dass insgesamt eine einfachere, geänderte Leistungserbringung und Bescheiderteilung gewollt war. Nach dem Normzweck der Regelung sollte mit der Entscheidungsbefugnis des Landes die für die Ermittlung der Höhe der Leistung sachnähere Stelle auch mit der Erbringung der Leistung betraut werden. In ausdrücklicher Abkehr von der bisherigen Rechtslage sollte dies nur gekoppelt sein an eine Förderzusage zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Zahlung von Uhg durch die insoweit sachkompetente Arbeitsverwaltung. Das für alle Beteiligten, insbesondere aber für den Strafgefangenen, einfachste Modell ist dann aber die oben bezeichnete Lösung, die eine einheitliche Überprüfung aller Voraussetzungen in einem einheitlichen Verfahren im Rahmen einer sachgerechten Kompetenzverteilung vorsieht. Müsste demgegenüber die BA weiterhin über die Bewilligung der Leistung entscheiden, wäre die im Gesetz vorgesehene Förderzusage überflüssig. Wäre die im Gesetz vorgesehene Förderzusage ein Verwaltungsakt, also eine Regelung mit Außenwirkung, ergäbe sich hieraus für den Strafgefangenen uU die Notwendigkeit mehrfacher Prozesse. Zudem wäre die Aufgabe des Landes bei der Auszahlung des Uhg rechtlich völlig ungeklärt.

Der Kläger besitzt auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte das dem Beigeladenen zu 1 gemeldete Entgelt in irgendeiner Weise korrigiert. Hierfür fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Als Bezieher von Uhg stand dem Kläger zwar gegen die Beklagte ein subjektives Recht auf Information über den Inhalt der Meldung an den Rentenversicherungsträger (§ 191 Satz 2 SGB VI iVm § 28a Abs 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - [SGB IV]) zu, nicht jedoch ein solches auf Abgabe einer Meldung, geschweige denn auf die Korrektur einer abgegebenen Meldung. Nach dem allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommenden § 191 Satz 1 Nr 2 SGB VI haben zwar Leistungsträger für Personen, für die Beiträge aus Sozialleistungen zu zahlen sind, eine Meldung nach § 28a Abs 1 bis 3 SGB IV zu erstatten. Der Zweck des § 191 Satz 1 Nr 2 SGB VI liegt aber allein darin, die ansonsten dem Arbeitgeber obliegenden Pflichten bei dem aufgeführten Personenkreis auf die jeweiligen Stellen zu übertragen, denen die Zahlung der Beiträge obliegt. Sie sollen alle für die Beurteilung des Sachverhalts notwendigen Auskünfte geben und Änderungen der Verhältnisse mitteilen (vgl BT-Drucks 11/4124, S 189). Die Vorschrift regelt dabei allein den Verfahrensablauf bei der Meldung von Beiträgen aus Sozialleistungen; Interessen des Klägers werden durch diese Norm nicht unmittelbar geschützt (vgl BSG SozR 4-2600 § 191 Nr 1 RdNr 8). Die Regelung sieht allein den Rentenversicherungsträger als Gläubiger der in Frage stehenden Forderung in der Pflicht, die rechtzeitige und vollständige Zahlung an ihn zu entrichtender Pflichtbeiträge zu überwachen (BSG aaO). Nach § 212 Satz 2 SGB VI sind die Träger der Rentenversicherung insoweit zur Prüfung der Beitragszahlung berechtigt und verpflichtet. Hat der Leistungsbezieher Zweifel an der Richtigkeit einer Meldung der Beklagten bzw an der Entrichtung der Beiträge in zutreffender Höhe, muss er sich an den sachlich zuständigen Rentenversicherungsträger wenden (BSG aaO).

Während die Revision des Klägers mithin unbegründet ist, ist die Revision der Beklagten - wie sich zwangsläufig aus dem Vorstehenden ergibt - begründet. Das LSG hat die Beklagte unter Änderung der im Tenor des LSG genannten Bescheide in der Sache verurteilt, das dem Kläger bewilligte Uhg in (veränderter) Weise auf die gesamte Zeit seiner Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme mit Ausnahme des so zu verteilen, dass keine Unterbrechungen im Leistungsbezug gegeben sind, und dem Kläger den Inhalt der geänderten Meldung an den Rentenversicherungsträger zu bescheinigen. Dabei hat das LSG über eine Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage entschieden. Es kann dahinstehen, ob diese Verurteilung überhaupt von den vom Kläger gestellten Klageanträgen erfasst ist. Jedenfalls besteht kein Anspruch im Sinne des Urteilsausspruchs des LSG. Dahinstehen kann auch, ob eine Verpflichtungsklage mit dem Ziel einer anderen Verteilung der Gesamtleistung ohne Änderung des Gesamtleistungsbetrages überhaupt zulässig wäre.

Wie bereits oben dargestellt, war die Beklagte überhaupt nicht verpflichtet und berechtigt, dem Kläger gegenüber die Uhg-Leistung zu bewilligen. Schon aus diesem Grund war eine Änderung der angefochtenen Bescheide und eine Verurteilung der Beklagten zu einer abweichenden Verteilung des Uhg unzulässig. Wie ebenfalls bereits oben dargelegt, hat der Kläger - entgegen der Ansicht des LSG - auch keinen Anspruch auf eine geänderte Mitteilung an den Rentenversicherungsträger, weil ihm als Bezieher von Uhg gegen die Beklagte zwar ein Recht auf schriftliche Mitteilung des dem Rentenversicherungsträger tatsächlich gemeldeten Entgelts, nicht aber auf die Abgabe der Meldung selbst zusteht (BSG SozR 4-2600 § 191 Nr 1 RdNr 8).

Vorsorglich weist der Senat jedoch darauf hin, dass das LSG in der Sache zutreffend davon ausgegangen sein dürfte, dass die Beklagte sich ungeachtet der Regelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB III über die höhenmäßige Begrenzung des Uhg bei der rentenrechtlichen Meldung an den üblichen Regelungen für die Bemessung des Uhg zu orientieren hat. Die höhenmäßige Begrenzung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB III dürfte also lediglich die Bewilligung des Zahlbetrags insgesamt betreffen, nicht jedoch die beitragspflichtigen Einnahmen nach § 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI und den Zeitraum, für den Leistungen zu erbringen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
NAAAD-33419