BGH Beschluss v. - IX ZB 164/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 85 Abs. 2; ZPO § 574 Abs. 2; ZPO § 575 Abs. 3

Instanzenzug: OLG Hamburg, 6 U 42/08 vom LG Hamburg, 322 O 34/04 vom

Gründe

I.

Der Beklagte zu 2 hat gegen das klagestattgebende landgerichtliche Urteil mit am letzten Tag der Frist gefertigtem Schriftsatz Berufung eingelegt. Auf Weisung des Anwalts hat seine Bürokraft die Rechtsmittelschrift vorab durch Telefax übermittelt. Hierbei hat sie versehentlich der Handakte die Telefaxnummer des Landgerichts und nicht die des Berufungsgerichts entnommen; diese ist auch im Sendebericht vermerkt. Die Berufung ging per Telefax noch an diesem Tag gegen 11.16 Uhr beim Landgericht ein. Der Original-Schriftsatz erreichte das Berufungsgericht erst nach Fristablauf am Folgetag. Das Berufungsgericht hat nach einem Hinweis auf die Verfristung die Berufung als unzulässig verworfen und den gestellten Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte zu 2 mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 3 und 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO). Insbesondere ist entgegen der Auffassung des Beklagten zu 2 eine Entscheidung nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der Beschluss des Berufungsgerichts verletzt weder den Anspruch des Beklagten zu 2 auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. , NJW 2007, 601, 602) noch weicht die Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab.

Bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde prüft der Bundesgerichtshof nach § 574 Abs. 2 ZPO ebenso wie bei der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulassungsgründe, welche die Rechtsmittelbegründung nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (vgl. etwa , ZInsO 2005, 1162; v. - IX ZB 103/05, ZInsO 2006, 647). Solche sind hier nicht ersichtlich.

1.

Der gerügte Verfassungsverstoß, wonach es eine Überspannung der anwaltlichen Pflichten darstelle, die zugleich den Gleichheitssatz verletze, einerseits das Verschulden beim Anwählen einer zuvor falsch aus einem Schriftstück des Berufungsgerichts in den fristgebundenen Schriftsatz übertragenen Faxnummer zu verneinen (vgl. , NJW 2007, 1690, 1691 Rn. 11), andererseits es beim Anwählen einer unmittelbar aus einem - wenn auch aus einem falschen - in den Akten befindlichen gerichtlichen Schreiben zu bejahen, liegt nicht vor. Nach der in der Berufungsinstanz vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Bürokraft vom , auf die sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2 zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags bezogen hat, hat der Prozessbevollmächtigte den Sendebericht selbst kontrolliert. Die Kontrolle hat sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf die Person des Empfängers des Faxschreibens zu erstrecken (vgl. , NJW-RR 2002, 860, 861; v. - III ZB 80/07, NJW-RR 2008, 1379 Rn. 5; v. - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508, 2509 Rn. 11, jeweils m.w.N.). Da im Anschriftenfeld der Berufungsschrift keine Empfängernummer vermerkt war, konnte die im Sendebericht festgehaltene Faxnummer nur mit der Faxnummer verglichen werden, die sich aus den bei der Handakte befindlichen Schreiben des Berufungsgerichts ergab. Bei einem solchen Vergleich wäre sofort aufgefallen, dass die Berufung nicht an das Berufungsgericht gesandt worden war. Dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2 dies bei der von ihm selbst behaupteten Überprüfung nicht bemerkt hat, stellt ein Verschulden dar, welches dem Verschulden der Partei gleich steht (§ 85 Abs. 2 ZPO). Auf die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Überspannung der organisatorischen Anforderungen kam es deshalb nicht an.

2.

Von der von der Rechtsbeschwerde angesprochenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Überprüfung von Eingabefehlern bei der Versendung von Telefaxschreiben durch das Büropersonal (, aaO) ist das Berufungsgericht, wie die Rechtsbeschwerde selbst einräumt, nicht abgewichen. Der dort entschiedene Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Rechtsanwalt bei der Korrekturdurchsicht des fristgebundenen Schriftsatzes oder anlässlich seiner Unterschriftsleistung die auf dem Schriftsatz vermerkte Empfängernummer mit der aus der Handakte ersichtlichen Faxnummer des Rechtsmittelgerichts vergleichen und hierbei den Fehler bereits vor der Versendung des Faxschreibens ohne besondere Schwierigkeiten aufdecken kann. Dieser Fall ist mit dem hier gegebenen Sachverhalt, dass die Faxnummer des Empfängers auf der zu versendenden Schrift nicht erschien, nicht zu vergleichen.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

Fundstelle(n):
JAAAD-31579

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein