Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StGB § 21; StGB § 66 Abs. 2
Instanzenzug: LG Kiel, vom
Gründe
Das Landgericht Kiel hatte den Angeklagten nach einer ersten Hauptverhandlung durch Urteil vom wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge (Fall 4. der Urteilsgründe) sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen (Fälle 1. bis 3. der Urteilsgründe) zur lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat mit Urteil vom (NStZ 2009, 258) das Urteil des Landgerichts im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, im Umfang der Aufhebung die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen sowie die weitergehende Revision verworfen. Nunmehr hat das Landgericht Kiel den Angeklagten wiederum zur lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die er auf Verfahrensrügen und die Sachrüge stützt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
I.
In den Fällen 1. bis 3. der Urteilsgründe hält der jeweilige Strafausspruch rechtlicher Prüfung nicht stand, weil er auf Feststellungen beruht, die vom Landgericht im zweiten Durchgang nicht getroffen worden sind.
1.
Wird ein Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, so bleiben alle den Schuldspruch tragenden Feststellungen bestehen. Diese umfassen in erster Linie die Tatsachen, in denen die Merkmale des angewandten Straftatbestandes zu finden sind. Aber auch die weitergehenden Feststellungen zum Tatgeschehen im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs sowie die Tatsachen, aus denen der Beweis hierfür abgeleitet wird, sind Grundlage des Schuldspruchs. Sie bleiben deshalb auch dann aufrechterhalten und binden den Tatrichter bei der neuen Entscheidung, wenn sie als so genannte doppelrelevante Feststellungen zugleich für den Strafausspruch Bedeutung haben. Durch die Entscheidung des Revisionsgerichts sind aber alle Feststellungen aufgehoben, die sich ausschließlich auf den Strafausspruch beziehen. Insoweit muss der neue Tatrichter umfassend eigene Feststellungen treffen und diese in den Urteilsgründen mitteilen (BGHSt 24, 274, 275).
2.
Diesen Maßstäben wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Durch die Aufhebung des im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen waren die Feststellungen zu den Vorstrafen des Angeklagten (vgl. BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 15), zu seinem Nachtatverhalten (vgl. BGH bei Becker NStZ-RR 2005, 262) und den Tatfolgen (vgl. BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 19; BGH StV 2007, 23) sowie zu den nicht verfahrensgegenständlichen Körperverletzungen entfallen, weil diese für den Schuldspruch nicht tragend waren. Deshalb hätte das Landgericht in der zweiten Hauptverhandlung insoweit eigene Feststellungen treffen und diese in den Urteilsgründen mitteilen müssen. Dies hat das Landgericht unterlassen. Dennoch hat es bei der Bemessung der Einzelstrafen wegen der Körperverletzungsdelikte u. a. zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er einschlägig vorbestraft war, in den Wochen vor den Taten - wenn auch geringfügigere - Körperverletzungen zum Nachteil des Tatopfers, eines neun Jahre alten Jungen, begangen und diesem im Fall 1. der Urteilsgründe mangels einer ordnungsgemäßen Versorgung der am Oberarm zugefügten Fraktur über einen Zeitraum von mehreren Wochen hinweg erhebliche Schmerzen zugefügt hatte.
3.
Wegen des dargestellten Rechtsfehlers waren die in den Fällen 1. bis 3. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und die lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe aufzuheben.
Die im Fall 4. der Urteilsgründe ausgesprochene lebenslange Freiheitsstrafe kann als Einzelstrafe dagegen bestehen bleiben, weil das Gesetz als Sanktion für Mord zwingend die lebenslange Freiheitsstrafe vorsieht. Insoweit hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere hat das Landgericht rechtsfehlerfrei eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten gemäß § 21 StGB zum Tatzeitpunkt verneint.
II.
Auch der Maßregelausspruch hat keinen Bestand.
Da der Senat in den Fällen 1. bis 3. der Urteilsgründe jeweils den Strafausspruch aufgehoben hat, fehlt es bereits an den formellen Voraussetzungen der nach § 66 Abs. 2 StGB angeordneten Sicherungsverwahrung. Darüber hinaus sind auch die materiellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Das Landgericht hat den Hang des Angeklagten mit dessen Gefährlichkeit begründet und damit nicht die erforderliche Differenzierung zwischen der Hangtätereigenschaft und der Gefährlichkeitsprognose vorgenommen (vgl. BGHSt 50, 188, 196). Außerdem hat es die Lebensgeschichte des Angeklagten, seine Persönlichkeitsentwicklung sowie seine Vorstrafen und die diesen zugrunde liegenden Taten nur lückenhaft erörtert, sodass es sowohl für den Hang als auch die Gefährlichkeitsprognose an der notwendigen Gesamtwürdigung der seine Persönlichkeit prägenden Umstände fehlt (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 66 Rdn. 25 a und 33 f.).
III.
Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch gemacht und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Lübeck zurückverwiesen.
Für die neue Hauptverhandlung nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Ausführungen im Urteil vom . Ergänzend weist er auf Folgendes hin:
Sollte das Landgericht in den Fällen 1. bis 3. der Urteilsgründe eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten infolge einer Alkoholisierung nicht ausschließen können, wird bei der Prüfung, ob die Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu versagen ist, auch zu untersuchen sein, ob der Alkoholkonsum dem Angeklagten möglicherweise deshalb nicht uneingeschränkt vorwerfbar ist, weil dieser nach dem Gutachten des Sachverständigen als Folge seiner Persönlichkeitsstörung in Konfliktsituationen regelmäßig Suchtmittel konsumiert (vgl. BGH StV 2004, 651, 652; Fischer aaO § 21 Rdn. 26).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
OAAAD-31521
1Nachschlagewerk: nein