Zivildienst; Leistungen im Bereich der sozialen Sicherheit
Leitsatz
1. Leistungen, die ein Verein aufgrund eines nach § 5a Abs. 2 ZDG abgeschlossenen Vertrages erbringt und die dazu dienen, dass Zivildienstleistende für amtliche Beschäftigungsstellen im sozialen Bereich tätig sind, können nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG als eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen steuerfrei sein.
2. Derartige Leistungen können auch dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen.
Gesetze: UStG 1991 §§ 4 Nr. 18, 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. aZDG § 5a Abs. 2Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein diakonisches Kirchenwerk in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, ist Mitglied in einem der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege. Nach seiner Satzung verfolgt er zahlreiche Aufgaben im Bereich der Diakonie, zu denen es nach § 4 Abs. 2 Buchst. c der Satzung auch gehörte, „übergemeindliche Aufgaben der Diakonie, namentlich auf dem Gebiet der Sozial- und Jugendhilfe, zu planen und zu fördern sowie in besonderen Einzelfällen Bedürftigen Hilfe zu leisten”. Er verfolgt nach § 5 Abs. 1 seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke.
Der Kläger war im Streitjahr 1992 für das Bundesamt für Zivildienst (Bundesamt) tätig. Es handelte sich um Tätigkeiten im Bereich von Verwaltungsaufgaben, die das Bundesamt nach § 5a Abs. 2 des Zivildienstgesetzes (ZDG) auf den Kläger übertragen hatte. Hierzu gehörte insbesondere die Beratung von Verbandseinrichtungen hinsichtlich der Anerkennung als Beschäftigungsstelle, die Beratung und Betreuung von Beschäftigungsstellen im Rahmen der übertragenen Verwaltungsaufgaben, die Versendung, Sammlung, Prüfung und Weiterleitung von Unterlagen im Zusammenhang mit Anträgen auf Anerkennung als Beschäftigungsstelle und bei Änderungen in der Platzzahl bei Beschäftigungsstellen, die Versendung von Antragsunterlagen und die Vollständigkeitsprüfung für die Gewährung von Aufwandszuschüssen, die Beratung von Zivildienstleistenden und die Mitwirkung bei deren Einplanung, die Fürsorge und Betreuung der Zivildienstleistenden, die Überwachung des Dienstantritts und die Durchführung der Entlassung, die Regelung des Wohnens in dienstlichen Unterkünften, die Prüfung und Regelung von Beschwerden von Zivildienstleistenden und Beschäftigungsstellen sowie die Mitwirkung bei Versetzung und Umsetzung sowie die Datenerhebung. Nach § 2 des zwischen dem Kläger und dem Bundesamt bestehenden Vertrages wurde der Kläger gegenüber den Beschäftigungsstellen tätig, die dem gleichen Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege angehörten.
Nach dem Vertrag führte der Kläger die Aufgaben im Auftrag und im Namen des Bundesamtes durch. Der Kläger erhielt hierfür einen Festpreis, der auf der Grundlage von Personal-, Sach-, Gemein- und Verwaltungskosten festgesetzt wurde.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ging davon aus, dass die vom Kläger gegenüber dem Bundesamt erbrachten Leistungen dem Regelsteuersatz unterlagen und erließ einen entsprechenden Umsatzsteuerjahresbescheid für das Streitjahr 1992. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass die Leistungen des Klägers nicht nach § 4 Nr. 18 des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) steuerfrei seien. Nicht die Zivildienstleistenden, sondern pflegebedürftige Personen sollten als notleidende und hilfsbedürftige Menschen durch den Kläger betreut und unterstützt werden. Bei der Pflege und Betreuung dieser Personen bediene sich der Kläger der Hilfe von Zivildienstleistenden. Die gegenüber dem Bundesamt übernommenen Verwaltungsleistungen kämen daher den Hilfsbedürftigen nur mittelbar zugute. Die Leistungen des Klägers unterlägen auch nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG. Die Verwaltungsleistungen gegenüber dem Bundesamt stellten einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar, bei dem es sich nicht um einen Zweckbetrieb handele. Der Kläger könne entgegen § 65 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) seine satzungsgemäßen Aufgaben auch ohne die gegenüber dem Bundesamt übernommenen Verwaltungsaufgaben erreichen. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien somit weder die den Zivildienstleistenden zugute kommenden Leistungen (20 % der Leistungen) steuerfrei noch auf die übrigen Leistungen der ermäßigte Steuersatz anzuwenden.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision, mit der er Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Es fehle bereits an einer Leistung gegen Entgelt. Der Kläger werde nicht bezahlt, sondern nur wie jede andere Behörde mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet. Dies erfolge ausschließlich im öffentlichen Interesse, um den Kläger in die Lage zu versetzen, die Verwaltungsaufgaben zu erfüllen. Weiter sei der Kläger zwar keine juristische Person des öffentlichen Rechts i.S. von § 2 Abs. 3 UStG, jedoch als Beliehener mit der Erbringung der Verwaltungsleistungen gegenüber dem Bundesamt nicht unternehmerisch tätig. Anders als in den bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen bestehe vorliegend die Besonderheit, dass der Zivildienst nach § 2 ZDG Teil der unmittelbaren Bundesverwaltung sei.
Der Zivildienstleistende erfülle mit seiner Tätigkeit seine Wehrpflicht. Während der Ableistung des Zivildienstes bestehe ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Das Zivildienstverhältnis werde durch Verwaltungsakt begründet. Der Zivildienstleistende habe nach § 30 ZDG die dienstlichen Anordnungen seiner Vorgesetzten, zu denen auch der Kläger gehöre, zu befolgen. Der Kläger sei nach § 30a ZDG den Zivildienstleistenden persönlich verantwortlich. Der Kläger sei daher unmittelbar in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis mit dem Zivildienstleistenden eingebunden. Er erbringe weder gegenüber dem Bundesamt noch gegenüber dem Zivildienstleistenden eine Leistung, sondern sei unmittelbar Ausführender in einem ausschließlich öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis. Damit übe der Kläger originär öffentliche Gewalt als Teil der öffentlichen Verwaltung aus und sei kein Wirtschaftsteilnehmer. Dies entspreche auch Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Der Kläger sei eine Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne dieser Bestimmung, da dieser Begriff nicht rechtsformabhängig, sondern organisatorisch zu verstehen sei. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) komme es darauf an, ob die Person in die öffentliche Verwaltung eingegliedert sei. Hiervon sei auszugehen, wenn sie selbst und unmittelbar hoheitliche Gewalt ausübe. Er, der Kläger, werde dabei im eigenen Namen tätig. Weiter sei der Kläger auch im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig. Hierfür komme es nicht auf das Rechtsverhältnis zum Auftraggeber, sondern auf das Rechtsverhältnis zum Empfänger, hier den Zivildienstleistenden, an. Dieses sei öffentlich-rechtlich ausgestaltet.
Selbst wenn ein steuerbarer Leistungsaustausch vorläge, wäre die Leistung zumindest nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei. Die Zivildienstleistenden seien, wenn sie die Fürsorgeleistungen des Klägers in Anspruch nähmen, Personen, die infolge ihres seelischen Zustands auf Hilfe anderer angewiesen seien. Weiter ergebe sich die Steuerfreiheit zumindest aus Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG. Steuerfrei seien danach auch Nebenleistungen zu Hauptleistungen und damit im Streitfall die Verwaltungsleistungen insgesamt und nicht nur die Fürsorgeleistungen gegenüber den Zivildienstleistenden. Schließlich sei zumindest der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG zu gewähren. Es handele sich um einen Zweckbetrieb. Insoweit seien auch die dem Kläger angehörenden Beschäftigungsstellen für Zivildienstleistende einzubeziehen. Die Übernahme der Verwaltungsaufgaben sei notwendig für die reibungslose Organisation des Einsatzes der Zivildienstleistenden in den dem Kläger angehörenden Einrichtungen.
Der Kläger beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom dahingehend abzuändern, dass die für das Bundesamt erbrachten Leistungen in Höhe von ... DM umsatzsteuerfrei gestellt und im Übrigen ermäßigt besteuert werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Kläger habe nach der Präambel des mit dem Bundesamt abgeschlossenen Vertrages den Eindruck, dass er als staatliches Organ tätig werde, ausdrücklich verhindern wollen. Denn danach habe der Kläger „nur solche Tätigkeiten übernommen ..., bei denen der Eindruck, die Kirche eigne sich über ihren besonderen Auftrag hinaus [Aufgaben] staatlicher Art, staatliche Aufgaben und staatliche Würde an…nicht entstehen kann”. Der Kläger sei keine Einrichtung des öffentlichen Rechts, habe aber entgeltliche Leistungen erbracht, die nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei seien. Es liege auch kein eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundener Umsatz vor, da es sich um Verwaltungsleistungen handele. Diese Leistungen seien für die Erbringung steuerfreier Leistungen auch nicht unerlässlich. Die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb lägen anders als bei einer Werbung für freiwillige Blutspenden nicht vor, da der Zivildienst nicht freiwillig erfolge.
II.
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Der Kläger hat als Unternehmer entgeltliche Leistungen erbracht. Der Senat kann aber nicht entscheiden, in welchem Umfang die Leistungen steuerfrei sind oder ggf. dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
1. Der Kläger hat gegenüber dem Bundesamt entgeltliche Leistungen erbracht.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine entgeltliche Leistung, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und gemäß Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt, vor, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. z.B. , BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, m.w.N. zur Rechtsprechung von EuGH und BFH). Steuerbar sind danach z.B. auch Leistungen, die gegen Aufwendungsersatz erfolgen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, m.w.N.).
Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen kann ein Leistungsaustausch fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Zahlungsempfängers allgemein —aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen— dient und nicht als Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber anzusehen ist. Derartige Zahlungen erfolgen zur Förderung des leistenden Unternehmers und nicht im überwiegenden Interesse des Leistungsempfängers. Ein steuerbarer Leistungsaustausch liegt aber auch hier vor, wenn die Zahlungen zur Ausführung bestimmter in einem gegenseitigen Vertrag vereinbarter Leistungen im Interesse des Zahlenden geleistet werden (vgl. , BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II.; vom V R 38/06, BFH/NV 2009, 1328).
b) Danach erbrachte der Kläger im Streitfall entgeltliche Leistungen gegenüber dem Bundesamt. Der Kläger handelte nicht nur auf der Grundlage eines mit dem Bundesamt geschlossenen gegenseitigen Vertrages, sondern führte mit seinen Tätigkeiten aufgrund der Übernahme der Verwaltungsaufgaben nach § 5a Abs. 2 Nr. 1 ZDG konkrete Leistungen aus, so dass es sich nicht um Zahlungen handelte, die den Kläger nur allgemein in die Lage versetzen sollten, „seine” wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben. Dass der Kläger nach seiner Auffassung nicht „bezahlt”, sondern nur mit den für die Aufgabendurchführung notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet wurde, ist unerheblich, da bereits die Gewährung von Aufwendungsersatz für die Durchführung bestimmter Leistungen zur Begründung eines steuerbaren Leistungsaustausches ausreicht.
2. Der Kläger war auch Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG; die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 UStG lagen nicht vor. Insbesondere war der Kläger nicht als sog. Beliehener tätig, so dass der Senat über die Frage, ob Beliehene nach Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG als Einrichtung des öffentlichen Rechts anzusehen sein können, nicht zu entscheiden hat.
a) Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG sind juristische Personen des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Abs. 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Allerdings gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG).
b) Im Streitfall war der Kläger als Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 1 UStG tätig. Aufgrund seiner Rechtsform als eingetragener Verein handelt es sich bei ihm nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts nach § 2 Abs. 3 UStG. Ob er aufgrund einer Beleihung als Einrichtung des öffentlichen Rechts i.S. von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen sein könnte, braucht der Senat nicht zu entscheiden, da der Kläger entgegen seiner Auffassung nicht als Beliehener tätig war.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) kann sich der Staat bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch privater Personen bedienen und ihnen dazu hoheitliche Befugnisse zur Wahrnehmung im eigenen Namen übertragen (, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report —NVwZ-RR— 1991, 330, m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerwG; ebenso , BGHZ 176, 222, unter II.2.b dd). Beliehene sind verwaltungsprozessual als Verwaltungsbehörde anzusehen (BGH-Beschluss in BGHZ 176, 222, unter II.2.b dd).
bb) Der Zivildienst erfolgt nach § 3 ZDG in einer anerkannten Beschäftigungsstelle oder in einer Zivildienstgruppe. Den nach § 4 ZDG anzuerkennenden Beschäftigungsstellen wird ungeachtet ihrer rechtlichen Organisationsform durch die Anerkennung die Rechtsmacht verliehen, in ihrem Bereich den Zivildienst im eigenen Namen durchzuführen. Die anerkannten Beschäftigungsstellen sind hierfür mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet. Hierzu gehört z.B. die nach § 30 ZDG bestehende Befugnis, als Vorgesetzter dienstliche Anordnungen gegenüber dem Zivildienstleistenden zu erlassen. Diese nach § 4 ZDG durch die Anerkennung begründete Rechtsstellung, die zur Ausübung einzelner hoheitlicher Befugnisse im eigenen Namen gegenüber dem Zivildienstleistenden berechtigt, ist als Beleihung zu werten (, BGHZ 87, 253, unter I.1.b; , Neue Juristische Wochenschrift 1994, 77; ebenso , BGHZ 135, 341, unter II.2.).
cc) Nach § 5a Abs. 2 Nr. 1 ZDG können Verbände für die ihnen angehörenden Beschäftigungsstellen mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben beauftragt werden. Werden sie dabei nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Auftraggebers tätig, liegt, anders als bei einer anerkannten Beschäftigungsstelle, die im eigenen Namen handelt, keine Beleihung vor (Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11 S 2580/93, VGHBW-Ls 1995, Beilage 3, B1).
dd) Danach erbrachte der Kläger die ihm nach § 5a Abs. 2 Nr. 1 ZDG übertragenen Verwaltungsaufgaben nicht als Beliehener. Denn der Kläger handelte nach den Feststellungen des FG aufgrund des mit dem Bundesamt abgeschlossenen Vertrages „im Namen und im Auftrag des Auftraggebers”, so dass es an dem für eine Beleihung erforderlichen Handeln im eigenen Namen fehlt. Ob die für ein Handeln einer Einrichtung des öffentlichen Rechts i.S. von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG erforderliche Eingliederung in die öffentliche Verwaltung ( Kommission/Niederlande, Slg. 1987, I-1471 Rdnr. 22) aufgrund einer Beleihung vorliegen kann oder ob der Beliehene entsprechend der bisherigen BFH-Rechtsprechung als Unternehmer des privaten Rechts nach § 2 Abs. 1 UStG anzusehen ist, so dass die Sonderregelungen für Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht anwendbar sind (, BFH/NV 1994, 59, unter II.2.b zur Übernahme der Luftaufsicht auf einem Flugplatz; vom XI R 71/93, BFHE 177, 154, BStBl II 1995, 559, unter II.1.c zum Betrieb einer Rettungswache, und vom X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534, unter III.5. zu Rundfunkermittlern), braucht der Senat daher nach den Verhältnissen des Streitfalls nicht zu entscheiden.
3. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei.
a) Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG „die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, wenn
a) diese Unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen,
b) die Leistungen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigten Personenkreis zugute kommen und
c) die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben”.
b) Im Streitfall kamen die Leistungen des Klägers entgegen § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. b UStG dem begünstigten Personenkreis nicht unmittelbar zugute.
Das Merkmal der Unmittelbarkeit i.S. von § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG ist leistungsbezogen auszulegen, d.h. die Leistung selbst muss den nach der Satzung etc. begünstigten Personenkreis unmittelbar und nicht nur mittelbar zugute kommen (, BFHE 181, 532, BStBl II 1997, 366, und vom V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798, jeweils Leitsatz 1). Daher liegt keine steuerfreie Leistung vor, wenn ein unter § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. a UStG fallender Unternehmer in seiner Krankenhauswäscherei Wäsche für ein fremdes Krankenhaus wäscht (vgl. , BFHE 162, 502, BStBl II 1991, 157, unter II.2.c) oder aus seiner Krankenhausapotheke Arzneimittel an ein fremdes Krankenhaus liefert (, BFHE 162, 510, BStBl II 1991, 268, Leitsatz 1). Steuerfrei ist aber die Aufnahme von Personen in ein Obdachlosenheim, wenn die Personen durch das Sozialamt einer Gemeinde zugewiesen werden oder wenn ein Wohlfahrtsverband Personal für die Führung eines fremden Studenten- und Schullandheims abstellt (BFH-Urteil in BFHE 181, 532, BStBl II 1997, 366, unter II.2.c).
c) Danach sind die Leistungen des Klägers im Streitfall nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei. Sie kamen den bedürftigen Personen, die durch die Zivildienstleistenden betreut wurden, nur mittelbar zugute (vgl. auch , BFH/NV 2009, 867, unter II.1.). Im Übrigen braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Zivildienstleistenden entsprechend der Rechtsauffassung des Klägers als „Bedürftige” i.S. von § 4 Abs. 2 Buchst. c der Satzung des Klägers anzusehen sind. Auch wenn dies zugunsten des Klägers zu unterstellen wäre, teilt der Senat nicht die Auffassung des Klägers, dass seine an das Bundesamt erbrachten Leistungen steuerfrei seien, da der Kläger den Zivildienstleistenden seelsorgerische Unterstützung gewährt habe. Im Hinblick auf die Vielzahl der gegenüber dem Bundesamt übernommenen einheitlich zu beurteilenden Aufgaben kommt eine Steuerfreiheit einzelner Leistungsbestandteile nicht in Betracht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die seelsorgerischen Tätigkeiten des Klägers im Verhältnis zu den insgesamt für das Bundesamt übernommenen Aufgaben umsatzsteuerrechtlich Gegenstand einer eigenständigen Leistung sein könnten.
4. Die Leistungen des Klägers können aber nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sein. Diese dem Kläger begünstigende Regelung ist unbedingt und hinreichend genau mit der Folge, dass sie unmittelbar Wirkung entfaltet und der Kläger sich auf sie berufen kann ( Kügler, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30 Leitsatz 4). Die Bestimmung gilt für „die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen”.
a) Während allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen steuerpflichtig sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 867), können zu den eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen z.B. die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftiger Personen (EuGH-Urteil Kügler in Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30 Rdnr. 44) oder die Kinderbetreuung durch Tageseltern ( Kinderopvang Enschede, Slg. 2006, I-1385, BFH/NV Beilage 2006, 256 Rdnr. 17) gehören. Darüber hinaus ist auch die Vermittlung von Tageseltern nach dieser Bestimmung steuerfrei, wenn sich die Vermittlung nicht auf eine bloße Nachweistätigkeit beschränkt, sondern aufgrund weiter gehender Prüfungstätigkeiten hinsichtlich der Geeignetheit und Qualifikation der Tageseltern eine besondere Qualität des Kinderbetreuungsdienstes gewährleistet (EuGH-Urteil Kinderopvang Enschede in Slg. 2006, I-1385, BFH/NV Beilage 2006, 256 Rdnr. 27).
b) Danach kann es sich bei den auf den Kläger auf der Grundlage von § 5a Abs. 2 Nr. 1 ZDG übertragenen Verwaltungsaufgaben um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG handeln. Denn die durch den Kläger erbrachten Leistungen bezogen sich nicht allgemein auf Verwaltungstätigkeiten (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 867), sondern dienten ausschließlich dazu, den Einsatz von Zivildienstleistenden bei nach § 4 ZDG anerkannten oder noch anzuerkennenden Beschäftigungsstellen zu ermöglichen. Dementsprechend hatte es der Kläger übernommen, Verbandseinrichtungen bei der Anerkennung als Beschäftigungsstelle und bei der Zuweisung von Zivildienstleistenden zu unterstützen. Auch die Betreuung der nur im Rahmen des Zivildienstes und damit nur vorübergehend den amtlichen Beschäftigungsstellen zugewiesenen Personen kann den erforderlichen Bezug zur Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit aufweisen. Sowohl bei der nach dem Vertrag mit dem Bundesamt geschuldeten Unterstützung der Beschäftigungsstelle wie auch bei der vertraglich vorgesehenen Betreuung der Zivildienstleistenden während der Dienstzeit handelte es sich um Leistungen, die ausschließlich und unmittelbar darauf gerichtet sind, den Einsatz von Zivildienstleistenden im sozialen Bereich zu ermöglichen und durchzuführen. Derartige Leistungen weisen ebenso wie die qualifizierte Vermittlung von Tageseltern (EuGH-Urteil Kinderopvang Enschede in Slg. 2006, I-1385, BFH/NV Beilage 2006, 256 Rdnr. 27) die erforderliche Nähe zum sozialen Bereich auf, um als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistung steuerfrei sein zu können.
Diese Leistungen sind auch i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG unerlässlich, da ohne sie der Einsatz der Zivildienstleistenden bei den einzelnen Beschäftigungsstellen weder vorbereitet noch koordiniert oder überwacht werden kann.
c) Die nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG weiter erforderliche Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter kann sich nach der BFH-Rechtsprechung aus der Zugehörigkeit zu einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege nach § 4 Nr. 18 Einleitungssatz UStG ergeben (, BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.2.b). Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger.
d) Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif. Das FG hat weder Feststellungen zu den vom Kläger im Einzelnen erbrachten Leistungen noch zu den Aufgabenbereichen getroffen, in denen die vom Kläger betreuten Beschäftigungsstellen und Zivildienstleistenden tätig waren. Eine Steuerfreiheit auf der Grundlage von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG ist nur insoweit möglich, als die Beschäftigungsstellen mit den Zivildienstleistenden Aufgaben im sozialen Bereich durchführten, nicht aber auch bei einer Aufgabenerfüllung in den Bereichen Umwelt- oder Naturschutz oder Landschaftspflege, die nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 ZDG gleichfalls als Einsatzstellen für Zivildienstleistende in Betracht kommen. Hierzu sind weitere Feststellungen zu treffen, die ggf. zu einer nur anteiligen Steuerfreiheit der durch den Kläger erbrachten Leistungen führen könnten.
5. Soweit die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind, ist im zweiten Rechtsgang weiter zu beachten, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes entgegen dem FG-Urteil nicht an § 65 Nr. 2 AO scheitert.
a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer u.a. für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar u.a. gemeinnützigen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO). Der ermäßigte Steuersatz gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Auch bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bleibt die Steuerermäßigung aber erhalten, wenn es sich bei dem Geschäftsbetrieb um einen Zweckbetrieb handelt (§ 64 Abs. 1 AO). Der Zweckbetrieb setzt nach § 65 AO voraus, dass er in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt werden (vgl. , BFHE 149, 319, BStBl II 1987, 659).
b) Für die Beurteilung der Frage, ob die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO), kommt es darauf an, dass sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern vielmehr als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist (vgl. , BFHE 147, 299, BStBl II 1986, 831; in BFHE 149, 319, BStBl II 1987, 659; vom V R 21/01, BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438). Dabei kann der Satzungszweck auch in Zusammenarbeit mit anderen Körperschaften erreicht werden. So ist z.B. die Werbung für freiwillige Blutspenden, die Vorbereitung und Durchführung von Blutspendeaktionen sowie die Betreuung der Spender auch dann notwendige Voraussetzung für die Erfüllung des Satzungszwecks Blutspendedienst, wenn die Gewinnung der Blutspenden von der Blutabnahme bis zur Lieferung des Blutes an Krankenhäuser durch eine andere Person erfolgt (BFH-Urteil in BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798). Dementsprechend ist es auch im Streitfall entgegen dem FG-Urteil nicht erforderlich, dass Zivildienstleistende für den Kläger als Beschäftigungsstelle tätig waren. Die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 AO sind vielmehr unter Einbeziehung der Tätigkeiten der vom Kläger betreuten Beschäftigungsstellen zu prüfen.
Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass nach den Verhältnissen des Streitfalls ein Wettbewerb zu anderen, dem Regelsteuersatz unterliegenden Konkurrenten (§ 65 Nr. 3 AO) nicht in Betracht kommen dürfte. Denn nach § 5a Abs. 2 Nr. 1 ZDG können nur Verbände für die ihnen angehörenden Beschäftigungsstellen beauftragt werden. Die Entscheidung über die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes hängt daher davon ab, ob der Einsatz der durch den Kläger betreuten Zivildienstleistenden bei den gleichfalls vom Kläger betreuten Beschäftigungsstellen im jeweiligen Fall den steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecken des Klägers entsprach (§ 65 Nr. 1 AO).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 2015 II Seite 735
BFH/NV 2009 S. 2073 Nr. 12
BFH/PR 2010 S. 18 Nr. 1
BStBl II 2015 S. 735 Nr. 13
DStRE 2009 S. 1455 Nr. 23
DStZ 2010 S. 137 Nr. 5
HFR 2010 S. 53 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 45/2009 S. 3476
StB 2009 S. 420 Nr. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 1/2010 S. 36
UR 2009 S. 848 Nr. 23
UStB 2009 S. 352 Nr. 12
QAAAD-31020