Leitsatz
[1] Sieht der Anstellungsvertrag des Vorstands einer Aktiengesellschaft für den Fall der Beendigung der Organstellung die unveränderte Weiterführung des Anstellungsverhältnisses als Arbeitsverhältnis über die Fristen des § 84 Abs. 1 AktG hinaus vor, liegt eine objektive Gesetzesumgehung vor. Insoweit kommt ein Arbeitsverhältnis nicht zustande (§ 134 BGB).
Gesetze: AktG § 84 Abs. 1; BGB § 134
Instanzenzug: LAG Berlin-Brandenburg, 15 Sa 193/08 vom ArbG Berlin, 26 Ca 4062/07 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach der Beendigung einer Vorstandstätigkeit des Klägers ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen und ggf. beendet worden ist.
Der Kläger wurde ab für die Dauer von fünf Jahren zum Vorstandsmitglied der Beklagten bestellt. Die Beklagte firmierte damals noch als T-AG. Der Vorstandsbestellung lag ein unbefristeter Dienstvertrag vom zugrunde, der ab dem gelten sollte und eine Kündigungsfrist von drei Monaten vorsah. Der Kläger stand zuvor nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten.
Im November/Dezember 2004 verhandelte die F-AG mit der Muttergesellschaft der Beklagten wegen der Übernahme der Beklagten. In diesem Zusammenhang schlossen die Parteien am einen weiteren unbefristeten Dienstvertrag, der ua. folgende Vereinbarungen enthält:
"1. Vertragsgegenstand: Herr J ist Mitglied des Vorstands der Gesellschaft (Vorstandsbereich Finanzen). Dieser Vertrag regelt die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Parteien. ... Für den Fall einer Beendigung der Organstellung von Herrn J als Vorstand wird das durch diesen Vertrag geregelte Anstellungsverhältnis als Arbeitsverhältnis weitergeführt, es sei denn, Herr J legt sein Amt als Vorstand nieder.
...
17. Vertragsbeginn und Kündigungsfristen: Dieser Vertrag ist gültig ab Eintritt der unter Ziff. 22 beschriebenen aufschiebenden Bedingung. Die ordentliche Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Die Gesellschaft verzichtet auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung für einen Zeitraum von 60 Monaten ab Gültigkeit dieses Vertrages. Sämtliche Kündigungen bedürfen der Schriftform.
...
22. Aufschiebende Bedingung: Die Wirksamkeit dieses Vertrages ist aufschiebend bedingt auf den Eintritt eines Gesellschafterwechsels bei der Gesellschaft. Ein Gesellschafterwechsel liegt vor, wenn sämtliche oder die Mehrheit der Aktien der Gesellschaft auf einen Dritten übergehen, der im Zeitpunkt der Unterzeichnung dieser Vereinbarung nicht verbundenes Unternehmen der Gesellschaft im Sinne des § 15 AktG ist. Sollte die aufschiebende Bedingung nicht bis spätestens eingetreten sein, wird dieser Vertrag mit diesem Datum endgültig unwirksam.
..."
Gleichlautende Vereinbarungen wurden mit den übrigen Vorstandsmitgliedern getroffen.
Am erwarb die F-AG die 100 %-ige Beteiligung an der Beklagten. Im März 2005 erfolgte die Umfirmierung der Beklagten in S-AG. Der Kläger war weiter als Vorstandsmitglied tätig, ohne dass er erneut hierzu bestellt wurde. Am übergab der Aufsichtsrat der Beklagten dem Kläger eine Erklärung vom selben Tag, dass die faktische Bestellung zum Vorstandsmitglied mit sofortiger Wirkung widerrufen und der am geschlossene Dienstvertrag mit sofortiger Wirkung beendet werde. Zu diesem Zeitpunkt bezog der Kläger eine jährliche Vergütung in Höhe von 184.000,00 Euro einschließlich Tantieme.
Der Kläger hat geltend gemacht, nach Ende der Vorstandsmitgliedschaft sei aufgrund der Regelung im Dienstvertrag vom ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten entstanden. Diese Vertragsgestaltung müsse beurteilt werden wie ein ruhendes Arbeitsverhältnis, das nach Beendigung der Vorstandstätigkeit wieder auflebe. Zumindest bestimmte Aufgaben im Rahmen seiner Tätigkeit als Finanzvorstand hätte er auch unterhalb der Vorstandsebene sinnvoll fortführen können. Der damalige Vorstandsvorsitzende der F-AG habe von den Regelungen des zweiten Dienstvertrags gewusst und sie gebilligt. Die F-AG habe auf ein funktionierendes Management zurückgreifen wollen. Man habe sich die Tätigkeit des Klägers sichern wollen, ohne den Aufsichtsrat hinsichtlich der Amtsdauer zu präjudizieren. Ein unzulässiger Druck sei auf den Aufsichtsrat nicht ausgeübt worden. Das Schreiben vom enthalte keine wirksame Kündigung, weil hierfür der Vorstand und nicht der Aufsichtsrat zuständig sei.
Mit der am beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger beantragt
festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis in der Form des Vertrags der Parteien vom besteht und dieses insbesondere durch eine Kündigung der Beklagten vom weder mit sofortiger Wirkung noch fristgemäß beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Beide Dienstverträge seien auf unbestimmte Zeit geschlossen und deshalb gem. § 84 AktG unwirksam. Das gelte auch wegen der über ein Jahr hinaus befristeten aufschiebenden Bedingung. Das vereinbarte Arbeitsverhältnis sei eine reine Gefälligkeit gegenüber dem Kläger und nicht ernsthaft gewollt gewesen, da der Kläger nicht vernünftig hätte beschäftigt werden können. Er sei unterhalb der Vorstandsebene nicht sinnvoll einsetzbar, zumal der Leiter der Abteilung Rechnungswesen und Debitorenmanagement allenfalls jährlich 71.500,00 Euro verdiene.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter.
Gründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Klage ist unbegründet, weil zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist. Die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses im Dienstvertrag vom stellt eine Umgehung von § 84 Abs. 1 AktG dar und ist deshalb gem. § 134 BGB nichtig. Die Frage der Wirksamkeit der Kündigung stellt sich nicht.
I. Ein Arbeitsverhältnis ist nicht gem. Ziff. 1 Satz 5 des Dienstvertrags vom begründet worden.
1. Der Dienstvertrag vom ist nicht insgesamt unwirksam.
a) Die Parteien haben den Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen. Nach seiner Nr. 22 sollte er erst bei einem Gesellschafterwechsel wirksam werden, § 158 Abs. 1 BGB. Die aufschiebende Bedingung war bis zum befristet, § 163 BGB. Danach konnte sie nach dem Willen der Vertragsparteien keine Wirkung mehr entfalten. Die Bedingung ist am oder jedenfalls mit dem Vollzug des Gesellschafterwechsels am und damit vor Fristablauf eingetreten.
b) Der Wirksamkeit des Vertrags steht nicht entgegen, dass er unbefristet abgeschlossen wurde. Zwar wird der Anstellungsvertrag gem. § 84 Abs. 1 Satz 5 in Verb. mit Satz 1 AktG auf höchstens fünf Jahre geschlossen. Ein unbefristeter Vertrag ist auch dann nicht zulässig, wenn die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung vorgesehen wird. Der Zweck des Gesetzes, die Bestellung des Vorstands auf höchstens fünf Jahre (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG) wirtschaftlich abzusichern, erfordert aber lediglich die zeitliche Begrenzung des ohne Befristung abgeschlossenen Vertrags, nicht dessen Unwirksamkeit (vgl. Hüffer AktG 8. Aufl. § 84 Rn. 15; MünchKommAktG/Spindler 3. Aufl. § 84 Rn. 67 ff.; Seibt in Schmidt/Lutter AktG 2008 § 84 Rn. 28; Kort in Großkomm. AktG 4. Aufl. § 84 Rn. 332 f.; Münch. Hdb. GesR IV/Wiesner 3. Aufl. § 21 Rn. 20). Das ist unabhängig davon, wie der Verzicht der Beklagten auf das Recht zur ordentlichen Kündigung für die ersten fünf Jahre des Vertragsverhältnisses zu verstehen ist.
c) Der Dienstvertrag vom ist nicht deshalb unwirksam, weil er aus einem unbefristet abgeschlossenen Dienstverhältnis heraus abgeschlossen worden ist.
Es handelt sich um einen wiederholten Anstellungsvertrag iSv. § 84 Abs. 1 Satz 5 in Verb. mit Satz 2 AktG. Wird dieser für fünf Jahre geschlossen, bedarf es eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf des bisherigen Vertrags gefasst werden kann. Nur bei einem Vertragsschluss für weniger als fünf Jahre kann eine Verlängerung ohne neuen Aufsichtsratsbeschluss bis zu einer Dauer von insgesamt fünf Jahren vorgesehen werden. Darüber hinaus kann der Anstellungsvertrag eine Weitergeltung bis zum Ablauf einer etwa verlängerten Amtszeit regeln (§ 84 Abs. 1 Satz 5 in Verb. mit Satz 3 und 4 AktG).
Der Gesetzeszweck erfordert auch hier nicht die Unwirksamkeit des Vertrags, der unter Verstoß gegen die gesetzlichen Zeitbestimmungen geschlossen wird. Verboten ist nur die übermäßige zeitliche Bindung. Eine Änderung des Vertragsinhalts ist dagegen nicht ausgeschlossen. Es besteht kein Grund dafür, eine vertragliche Veränderung der gegenseitigen Rechte und Pflichten während des laufenden Anstellungsvertrags für dessen Dauer auszuschließen. Die etwaige Unwirksamkeit der Verlängerung des Anstellungsverhältnisses des Klägers führt nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags insgesamt. Es ist anzunehmen, dass die Parteien die inhaltliche Änderung auch ohne eine unwirksame Zeitregelung vorgenommen hätten, § 139 BGB. Der Vertrag vom kann deshalb den Vertrag von 2001 im Rahmen des gesetzlich Zulässigen mit Eintritt der Bedingung ersetzt haben.
d) Danach war der Anstellungsvertrag vom , der ab dem galt, von Gesetzes wegen auf fünf Jahre bis zum begrenzt. Eine Verlängerung bzw. ein wiederholter Anstellungsvertrag war nach § 84 Abs. 1 Satz 3 bis 5 AktG nur für die Dauer bis zum Ablauf der Amtszeit am möglich. Die zeitlich weitergehende Vertragsregelung verstößt mit der Folge des § 134 BGB gegen § 84 Abs. 1 AktG. Das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien endete spätestens am .
2. Ziff. 1 Satz 5 des Dienstvertrags vom stellt keine wirksame Grundlage für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses dar.
a) Nach der bezeichneten Vertragsbestimmung wird das durch den Dienstvertrag geregelte Anstellungsverhältnis des Klägers für den Fall einer Beendigung der Organstellung als Arbeitsverhältnis weitergeführt, wenn nicht der Kläger sein Vorstandsamt selbst niederlegt. Die Regelung umfasst zum einen das vorzeitige Ende der Organstellung, etwa bei Abberufung gem. § 84 Abs. 3 AktG. Das ergibt sich hinreichend deutlich aus der Ausnahmebestimmung für den Fall der Amtsniederlegung. Zum anderen ist auch der reguläre Abschluss des Vorstandsamts mit Ablauf der Bestellung gemeint, wenn eine wiederholte Bestellung oder die Verlängerung der Amtszeit unterbleibt. Der Begriff "Beendigung" der Organstellung betrifft nicht nur den einseitigen oder einvernehmlichen Abbruch der auf bestimmte Zeit eingegangenen Bindung. Nach dem von beiden Parteien übereinstimmend herausgestellten Sinn und Zweck der Regelung sollte im Anschluss an die Organstellung eine arbeitsvertragliche Beziehung hergestellt werden. Die Organstellung des Klägers hat in diesem Sinne geendet, ohne dass er das Vorstandsamt niedergelegt hat.
b) Der Dienstvertrag regelt nicht eindeutig, ob die Parteien nur die Umwandlung und Fortsetzung des Vertrags als Arbeitsvertrag beabsichtigten. In diesem Falle wäre das Arbeitsverhältnis von dem Fortbestand des Dienstvertrags abhängig. Dafür könnte der Wortlaut der Regelung sprechen, die gerade auf die Beendigung der Organstellung, nicht des Anstellungsverhältnisses abstellt. Vorstandsbestellung und Anstellungsvertrag liefen nach der Konzeption der Parteien nicht parallel. Es kommt in Betracht, dass sie angesichts der Nr. 17 des Vertrags den Fall der Beendigung des Dienstvertrags nicht berücksichtigt haben oder nicht einbeziehen wollten. Vorgesehen war jedenfalls die Weiterführung des durch den Vertrag geregelten Anstellungsverhältnisses als Arbeitsverhältnis. Sollte es auch insoweit auf die Bedingungen des bestehenden Anstellungsverhältnisses ankommen, wäre ein Arbeitsverhältnis schon deshalb nicht zustande gekommen, weil die Organstellung bis zum Bestand hatte und der Dienstvertrag spätestens mit diesem Datum geendet hat (oben 1 d).
c) Ziff. 1 Satz 5 des Dienstvertrags vom ist gem. § 84 Abs. 1 AktG in Verb. mit § 134 BGB nichtig, wenn man der Vertragsauslegung des Klägers folgt.
aa) Gegen die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses im Anschluss an das Anstellungsverhältnis der Parteien und unabhängig von dessen Dauer bestehen in rechtsgeschäftlicher Hinsicht keine Bedenken.
Die entsprechenden Erklärungen waren ernsthaft gewollt. Von einer bloßen Gefälligkeit kann keine Rede sein. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte das vereinbarte Arbeitsverhältnis nicht wollte und der Kläger diesen Vorbehalt erkannt hatte (§ 116 BGB), dass die Parteien keine Rechtswirkungen herbeiführen, sondern nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen wollten (§ 117 BGB) oder dass die Willenserklärung nicht ernstlich gemeint war und in der Erwartung abgegeben wurde, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt (§ 118 BGB).
Durch Antrag und Annahme (§§ 145 ff. BGB) ist eine vertragliche Regelung über ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Weiterführung als Arbeitsverhältnis bedeutet nichts anderes als die Vereinbarung eines inhaltsgleichen Arbeitsverhältnisses im Anschluss an die Organstellung. Es liegt weder ein offener Einigungsmangel (§ 154 BGB) noch ein versteckter (§ 155 BGB) vor. Die Parteien haben sich auf die wesentlichen Punkte des Arbeitsvertrags (§ 611 BGB) geeinigt. Der Vertrag sollte zwar nicht mehr als Grundlage einer Organstellung dienen. Im Übrigen sollten aber die durch "diesen Vertrag geregelten" Bedingungen weitergelten. Der Kläger hatte der Beklagten seine gesamte Arbeitskraft zu widmen (Nr. 13). Näheres konnte die Beklagte bestimmen. Das genügt bei Vertragsverhältnissen der vorliegenden Art in Verbindung mit der den Parteien bekannten Aus- und Vorbildung des Klägers zur Kennzeichnung der versprochenen Dienste. Die Vergütung und die weiteren Arbeitsbedingungen waren im Dienstvertrag für das Dienstverhältnis im Einzelnen geregelt und sollten ebenso für das Arbeitsverhältnis gelten. Es liegt nicht lediglich ein Vorvertrag vor.
bb) Die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses im Anstellungsvertrag des Vorstands über Anstellungsvertrag und Organstellung hinaus wird nicht generell durch § 84 Abs. 1 AktG ausgeschlossen. Die zeitliche Begrenzung gem. § 84 Abs. 1 Satz 1 und 5 AktG gilt nur für den Anstellungsvertrag als Grundlage der Bestellung zum Vorstandsmitglied. Weil die Vorstandsbestellung befristet sein muss und an weitere zeitliche Bindungen geknüpft ist, gilt das sinngemäß auch für den Anstellungsvertrag. Vermieden werden sollen wirtschaftliche Zwänge aufgrund von vertraglichen Regelungen, die, wenn auch nicht rechtlich, so doch faktisch der Begrenzung der Vorstandsbestellung entgegenstehen. Nur insoweit kann und soll die Vertragsfreiheit durch § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG eingeschränkt werden. Der Ablauf des Anstellungsvertrags bedeutet nicht, dass alle Rechtsbeziehungen der Parteien enden müssen oder nur die gesetzlich erwähnten Rechtsbeziehungen (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG) zulässig sind. Allerdings kommt eine objektive Umgehung des Gesetzes in Betracht (unten cc). Die vorzeitige Bindung, sei es im Anstellungsvertrag, sei es in einem gesonderten Vertrag, kann für beide Seiten sinnvoll und nützlich sein, wenn arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten neu bestimmt werden. Sinn und Zweck des § 84 Abs. 1 AktG werden dann nicht zwangsläufig tangiert (vgl. Henssler RdA 1992, 289, 293; Kort in Großkomm. AktG § 84 Rn. 55; Mertens in Kölner Kommentar zum AktG 2. Aufl. § 84 Rn. 11; MünchKommAktG/Spindler § 84 Rn. 39, 49). Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis in den ersten sechs Monaten seines Bestands grundsätzlich nicht unter den allgemeinen Kündigungsschutz fällt (§ 1 Abs. 1 KSchG). Besteht vor dem Anstellungsverhältnis bereits ein Arbeitsverhältnis, können die Parteien dieses im Übrigen ruhend stellen.
cc) Die Vereinbarung des Arbeitsverhältnisses im Streitfall stellt eine Umgehung des Verbots in § 84 Abs. 1 AktG dar und ist deshalb gem. § 134 BGB nichtig.
§ 84 Abs. 1 AktG stellt ein gesetzliches Verbot iSv. § 134 BGB dar. Verboten sind die Vorstandsbestellung und die dem zugrunde liegende Anstellung für eine längere Zeit als fünf Jahre. Die längere Bindung ist unwirksam, wenn sich die Begrenzung nicht schon durch Auslegung erreichen lässt. Die Aktiengesellschaft soll nicht unbegrenzt an ihren Vorstand gebunden sein. Ihr soll nicht nur gestattet sein, den Vorstand nach Maßgabe des § 84 Abs. 3 AktG jederzeit abzuberufen. Vielmehr begrenzt § 84 Abs. 1 AktG gerade auch das wirtschaftliche Risiko, das mit Berufung und Abberufung verbunden ist.
Bei Anwendung des § 134 BGB ist von Inhalt und Zweck der Verbotsnorm auszugehen. Verbietet diese nur einen bestimmten Weg zur Erreichung eines an sich zulässigen Erfolgs, ist das den gleichen Erfolg auf andere Weise herbeiführende Geschäft wirksam. Es ist dagegen unwirksam, wenn es einen verbotenen Erfolg durch Verwendung von Gestaltungsmöglichkeiten zu erreichen sucht, die nur scheinbar nicht von der Verbotsnorm erfasst werden. Eine objektive Umgehung der zwingenden Rechtsnorm liegt vor, wenn deren Zweck dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich, dh. ohne einen im Gefüge der einschlägigen Rechtsnorm sachlich rechtfertigenden Grund, verwendet werden. Die Nichtigkeit setzt dann keine Umgehungsabsicht voraus. Immerhin können bei der Prüfung des Umgehungstatbestands subjektive Momente den Ausschlag geben. Die Nichtigkeit des Umgehungsgeschäfts ergibt sich bereits im Wege der Auslegung aus der umgangenen Verbotsnorm (Senat - 5 AZR 355/08 - Rn. 17 mwN, NZA 2009, 663; - BGHZ 110, 47, 64; - VIII ZR 85/05 - NJW 2006, 1066, 1067; Palandt/Ellenberger BGB 68. Aufl. § 134 Rn. 28; MünchKommBGB/Armbrüster 5. Aufl. § 134 Rn. 11 f., 15 - 17).
Im Streitfall wollten sich die Parteien durch das Arbeitsverhältnis wirtschaftlich wie durch den Dienstvertrag binden. Der Kläger sollte zwar nicht mehr Vorstand sein, die Beklagte hatte aber alle wirtschaftlichen Belastungen unverändert weiter zu tragen. Es handelte sich gerade nicht um die Vereinbarung eines Übergangsgelds oder eines Ruhegehalts. Da eine der Vergütung entsprechende konkrete Arbeitsstelle weder vereinbart noch überhaupt realistisch war, ergab sich die von § 84 Abs. 1 AktG gerade ausgeschlossene Bindung. Die Beklagte hätte bei Wirksamkeit des Vertrags nur mittels einer Verlängerung der Amtszeit wenigstens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wirtschaftlich handeln können. Diesen Zwang will § 84 Abs. 1 AktG ausschließen. Dabei kommt es auf die Dauer der Kündigungsfrist nicht an. Deshalb liegt zwar nicht der nach dem Gesetzeswortlaut geregelte, aber der nach dem Zweck des Gesetzes einschlägige Fall vor.
d) Es bedarf demnach keiner Entscheidung, ob die unter der Bedingung eines Gesellschafterwechsels stehende Vertragsklausel sich als unzulässige Erschwerung einer Übernahme durch andere Gesellschaften darstellt.
II. Durch die weitere Tätigkeit des Klägers nach Ablauf des Anstellungsvertrags und der Amtszeit ist kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die Bestellung zum Organ und die Beendigung der Organstellung haben als solche keinen Einfluss auf den Bestand des zugrunde liegenden Anstellungsvertrags. Dessen rechtlicher Charakter ändert sich nicht durch den Verlust der Organstellung ( - WM 2003, 551, 552; - II ZR 251/98 - NJW 2000, 1864, 1865). Ein Arbeitsverhältnis bestünde auch dann nicht, wollte man § 625 BGB auf den Anstellungsvertrag des Vorstands anwenden (hierzu ablehnend Hüffer § 84 Rn. 17; MünchKommAktG/Spindler § 84 Rn. 69, jeweils mwN). Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien nachträglich konkludent ein Arbeitsverhältnis vereinbart haben. Allenfalls liegt ein "faktisches Dienstverhältnis" vor. Aber selbst dann, wenn der faktische Vertrag sich nach Arbeitsrecht richten würde, wäre er durch das Schreiben des Aufsichtsrats vom mit sofortiger Wirkung beendet worden.
III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
AG 2009 S. 827 Nr. 22
BB 2010 S. 128 Nr. 3
DB 2009 S. 2480 Nr. 46
SJ 2009 S. 39 Nr. 22
WM 2009 S. 2387 Nr. 50
ZIP 2009 S. 2073 Nr. 43
WAAAD-30918
1Für die amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein