Anhörungsrüge; Anspruch auf rechtliches Gehör; Statthaftigkeit einer Gegenvorstellung
Gesetze: GG Art. 103, FGO § 115 Abs. 2, FGO § 116 Abs. 5, FGO § 133a, FGO § 62 Abs. 4, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, GG Art. 19 Abs. 4
Instanzenzug:
Gründe
Mit den Feststellungsbescheiden 1996 und 1997 ist der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) davon ausgegangen, dass die Klägerin, Beschwerdeführerin und Rügeführerin (Klägerin) einen gewerblichen Grundstückshandel unterhalten habe. Die Klage wurde abgewiesen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde wurde mit Senatsbeschluss vom IV B 74/08 (BFH/NV 2009, 919) zurückgewiesen.
Gegen den zuletzt genannten Beschluss hat die Klägerin die Anhörungsrüge nach § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhoben.
Die Rüge bleibt ohne Erfolg.
1. Der Vortrag, der Senat habe dadurch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) verletzt, dass er in der Begründung seines Beschlusses in BFH/NV 2009, 919 auf die Besonderheit des Streitfalles (Veräußerung sämtlicher Objekte außerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums) nicht eingegangen sei, ist unsubstantiiert. Zum einen deshalb, weil der Senat unter Bezugnahme auf das (BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914, dort unter II.2.b der Gründe) ausdrücklich dargelegt hat, dass (jedenfalls) bei branchenkundigen Steuerpflichtigen auch eine hohe Zahl von Veräußerungen außerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt der Anschaffung oder Errichtung (der Objekte) indiziere und damit die Annahme eines Gewerbebetriebes rechtfertige. Zum anderen lässt der Vortrag der Klägerin unberücksichtigt, dass bei der Entscheidung über eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der BFH nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO von einer Begründung seines Beschlusses absehen kann und eine hierauf gestützte Handhabung insbesondere keinen Anlass zu der Annahme gibt, der BFH habe das Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen (, BFH/NV 2007, 1670, m.w.N.). Nichts anderes kann gelten, wenn —wie vorliegend— der Senat die seiner Beschwerdeentscheidung zu Grunde liegenden rechtlichen Erwägungen nur in gestraffter Form schriftlich wiedergibt und im Übrigen von einer Begründung seines Beschlusses absieht.
2. Nicht durchzugreifen vermag weiterhin die Rüge, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sei darin zu sehen, dass der Klägerin kein Hinweis zur weiteren Substantiierung ihres Beschwerdevortrags gegeben worden sei und der beschließende Senat zudem ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Beschwerde entschieden habe. Der Vortrag lässt außer Acht, dass der BFH nicht verpflichtet ist, die durch eine nach § 62 Abs. 4 FGO postulationsfähige Person vertretene Klägerin darauf hinzuweisen, dass ihr Vorbringen nicht den Anforderungen an die Darlegung der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe genügt (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO; , juris, m.w.N.). Bereits hieraus ergibt sich, dass keine Bedenken dagegen bestehen, über eine Beschwerde, wie in den §§ 116 Abs. 5 Satz 1, 10 Abs. 3 FGO vorgesehen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Hinzu kommt, dass der aus Art. 103 Abs. 1 GG abgeleitete Anspruch auf rechtliches Gehör nicht (allein) dadurch verletzt wird, dass die Klägerin sich nicht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zum Streitstoff äußern oder ihren bisherigen Vortrag ergänzen konnte (vgl. , juris; , BFHE 154, 17, BStBl II 1988, 948).
3. Der Rechtsbehelf der Klägerin kann schließlich nicht deshalb Erfolg haben, weil ihre Prozessvertreter mit Schriftsatz vom —und damit nach Ablauf der für eine Anhörungsrüge zu beachtenden Frist (§ 133a Abs. 2 FGO)— geltend gemacht haben, dass der erkennende Senat mit seinem Beschwerdebeschluss gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen habe. Dabei kann der Senat offenlassen, ob neben der Anhörungsrüge, mit der ausschließlich die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht werden kann (vgl. § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO), die gesetzlich nicht geregelte Gegenvorstellung —mit dem Ziel der materiell-rechtlichen Überprüfung einer mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbaren Gerichtsentscheidung— noch statthaft ist. Denn ein solcher außerordentlicher Rechtsbehelf ist jedenfalls nur in Ausnahmefällen eröffnet, insbesondere bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder wenn die angegriffene Entscheidung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar erscheint und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. , juris, m.w.N.). Ein solcher schwerwiegender Rechtsverstoß kann den Erläuterungen des Schriftsatzes vom jedoch nicht entnommen werden. Abgesehen davon, dass für den Senat nicht erkennbar ist, weshalb es gegen den Gleichheitssatz verstoßen soll, wenn bei der Feststellung einer bedingten Veräußerungsabsicht die Branchenzugehörigkeit des Veräußerers berücksichtigt wird, scheint die Klägerin zu verkennen, dass der Senat keine abschließende Entscheidung darüber getroffen hat, ob —und ggf. unter welchen weiteren Voraussetzungen— auch bei branchenfremden Steuerpflichtigen eine besonders hohe Zahl von Veräußerungen nach Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums den Schluss auf das Vorliegen einer von Anfang an bestehenden Veräußerungsabsicht und damit eines gewerblichen Grundstückshandels zulässt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
KAAAD-30572