Kein Verlustabzug bei Verlust der wirtschaftlichen Identität einer Kapitalgesellschaft bei mehr als hälftigem Wechsel der
Anteilseigner ohne Branchenwechsel und bei Zuführung von überwiegend neuem Aktivvermögen innerhalb von 18 Monaten nach dem
Gesellschafterwechsel
Ableitung des für die Unternehmensbewertung maßgeblichen Ertragswerts aus den Gewinnen der Vorjahre und Annahme eines Kapitalisierungszinsfußes
von 6,31 %
Leitsatz
1. Von einer Zuführung „überwiegend neuen Betriebsvermögens” i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 2 KStG 1999 ist dann auszugehen, wenn
das in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile der Kapitalgesellschaft
neu zugegangene Aktivvermögen den Bestand des vorher vorhandenen Restaktivvermögens übersteigt (im Streitfall: Bejahung eines
zeitlichen Zusammenhangs bei einem Zeitraum von 18 Monaten zwischen dem Wechsel der Anteilseigner und der letztmaligen Zuführung
neuen Betriebsvermögens). Dies ist anhand einer gegenständlichen Betrachtungsweise zu ermitteln; eine Verrechnung von Zu-
und Abgängen zu einem betragsmäßigen Saldo ist nicht vorzunehmen. Unerheblich für die Zuführung von „überwiegend neuem Betriebsvermögen”
ist, ob es sich bei dem neu zugeführten Anlagevermögen überwiegend um Ersatzbeschaffungen handelt.
2. Bei der Ermittlung des Firmenwerts nach der Ertragswertmethode ist für die Schätzung der für die Zukunft zu erwartenden
nachhaltigen Jahresgewinne von den in der Vergangenheit tatsächlich erwirtschafteten Gewinnen auszugehen. Das gilt auch dann,
wenn bis zur Anteilsübertragung erst rund drei Jahre seit der Unternehmensgründung vergangen sind und es sich damit um die
Anlaufphase des Unternehmens handelt, wenn die Gewinne aber auch in den Folgejahren nach der Anteilsübertragung nicht merklich
angestiegen sind. Der für das Ertragswertverfahren maßgebliche Kapitalisierungszinsfuß wird aus dem sog. Basiszinssatz (marktüblicher
Zinssatz für festverzinsliche Wertpapiere) und Zuschlägen, die dem mit dem Einsatz von Kapital verbundenen Risiko Rechnung
tragen sollen, ermittelt (im Streitfall: ausgehend von den Renditen im Umlauf befindlicher festverzinslicher inländischer
Wertpapiere von 4,21 % im Jahr 1998 und einem Risikozuschlag von 50 % erachtet das Gericht einen Kapitalzinsfuß von 6,31 %
für angemessen).
3. Auch unabhängig von den streitigen Berechnungsmodalitäten besteht für die Annahme eines Firmenwertes bereits drei Jahre
nach Gründung der Klägerin kein Raum. Einer der Gesellschafter hat mit Vertrag vom seinen Geschäftsanteil von 4.000,00
DM zum Nennbetrag veräußert. Sollte die Klägerin bereits im Juni 1998 tatsächlich einen Firmenwert gehabt haben, so ist davon
auszugehen, dass dieser auch bei der Anteilsveräußerung Berücksichtigung gefunden hätte. Dies ist nicht geschehen.
4. Mangels Vorliegens eines Firmenwerts konnte zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung offen bleiben, ob zum Betriebsvermögen
i. S. d. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1999 auch nicht bilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter und hierbei insbesondere ein originärer
Firmenwert gehören.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStR-Aktuell 2010 S. 8 Nr. 13 DStRE 2010 S. 799 Nr. 13 FAAAD-30406
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