BFH Beschluss v. - II B 35/09

Erstmalige Einbringung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück in eine GbR und Veränderung der Miteigentumsanteile an einem Grundstück zwischen den Miteigentümern bedarf der notariellen Beurkundung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, GrEStG § 5 Abs. 1, BGB § 311b Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

I. Herr S, seine Schwester (SD) und deren Ehemann (D) erwarben im Juni 1996 ein bebautes Grundstück in Miteigentum, und zwar S zu 1/2 und SD sowie D zu je 1/4. Im Oktober 1996 vereinbarten sie privatschriftlich, dass S der „Gemeinschaft” ein unverzinsliches Darlehen von 140.000 DM zur Ablösung einer Rentenverpflichtung aus dem Kaufvertrag gewähre. Im Dezember 1996 vereinbarten sie —wiederum privatschriftlich—, das Grundstück gesamthänderisch zu halten, und zwar S zu 53/93 und SD sowie D zu je 20/93. Die Abweichung gegenüber den Miteigentumsanteilen sollte sich aus den unterschiedlichen Beiträgen zur Kaufpreisfinanzierung ergeben. Bis Ende November 2002 stockte S sein Darlehen um 21.250 € auf.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom wurde das Grundstück veräußert, der Vertrag jedoch nicht vollzogen. Nach Insolvenz der Erwerberin lehnte der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages im Dezember 2003 ab.

In der Zwischenzeit —nämlich am — hatten S, SD und D mit der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH & Co. KG, eine privatschriftliche „Einbringungsvereinbarung” getroffen, der die Präambel vorangestellt worden war, da die Erfüllung des Kaufvertrages vom Januar 2002 zweifelhaft erscheine, solle bezüglich des Grundstücks eine „anderweitige Verwertungsstrategie” entwickelt werden. Sie bestand darin, das Grundstück in die Klägerin „dem Werte nach einzubringen”, ohne ihr „ein Verfügungsrecht über das Eigentum” zu verschaffen. Die Klägerin sollte berechtigt sein, das Grundstück in Besitz zu nehmen, es beliebig und zeitlich unbeschränkt kostenlos zu nutzen und im Falle einer Veräußerung durch die Eigentümer den gesamten Veräußerungserlös zu vereinnahmen. Der „Einbringungswert” sollte 545.887,19 € betragen. Die Eigentümer verpflichteten sich, nur mit Zustimmung der Klägerin über das Grundstück zu verfügen. Die Klägerin verpflichtete sich, die Eigentümer von Verbindlichkeiten in Höhe von 568.332,31 € zu befreien.

An der Klägerin waren neben der Komplementär-GmbH als Kommanditisten lediglich S und seine Ehefrau (ES) beteiligt. Am Gesellschaftsvermögen waren die GmbH nicht und die Kommanditisten je zur Hälfte beteiligt.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nahm an, mit der „Einbringungsvereinbarung” habe die Klägerin gemäß § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) die Verwertungsbefugnis über das Grundstück erlangt, und zwar zu 50 v.H. steuerfrei und zweimal zu 25 v.H. steuerpflichtig. Der Erwerb von S sei gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG steuerfrei. Die Erwerbe von SD und D seien steuerpflichtig. Bezüglich letzterer Erwerbe erließ er am einen zusammengefassten Grunderwerbsteuerbescheid, den er mit Einspruchsentscheidung vom dahin änderte, dass er die Steuer bei einer Bemessungsgrundlage von zusammen 271.693 € auf 9.509 € herabsetzte. Als Bemessungsgrundlage war der halbe um Inventarkosten von 2.500 € bereinigte „Einbringungswert” des Grundstücks herangezogen worden. (Vom Standpunkt des FA aus hätte allerdings ein Betrag von 5.000 € abgezogen werden müssen.)

Die Klage auf Aufhebung des Steuerbescheids blieb erfolglos. Die Klägerin hatte geltend gemacht, der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG sei nicht erfüllt. Zumindest sei die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 3 i.V.m. § 3 Nr. 4 GrEStG zu gewähren. Mit der Vereinbarung vom Dezember 1996 hätten S, SD und D ihre Miteigentumsanteile in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eingebracht. Das Finanzgericht (FG) war demgegenüber der Ansicht, die Klägerin habe die Verwertungsbefugnis unter der aufschiebenden Bedingung der Nichterfüllung des Veräußerungsvertrages vom erlangt. Die Bedingung sei mit der Erfüllungsverweigerung durch den Insolvenzverwalter eingetreten. Die Verwertungsbefugnis ergebe sich aus der Nutzungsmöglichkeit in Verbindung mit der Substanzbeteiligung bei einer Veräußerung. Eine Steuerbefreiung scheide aus, da SD und D nicht an der Klägerin beteiligt seien.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, „ob und inwieweit eine privatschriftliche Vereinbarung, welche eine Zuordnung über das Grundvermögen trifft und Einfluss auf die Verteilung des Veräußerungserlöses nimmt, die Höhe der steuerbegünstigten Beteiligung i.S. des § 5 Abs. 1 bzw. § 6 Abs. 1 GrEStG beeinflusst”. Davon verspricht sich die Klägerin bei Zulassung der Revision eine Minderung ihres anteiligen Erwerbs von SD und D auf zusammen 43 v.H. anstatt wie bisher 50 v.H., weil der Erwerb von S einen Anteil von 57 v.H. betroffen habe.

Außerdem rügt die Klägerin eine Divergenz der Vorentscheidung von dem (nicht veröffentlicht —n.v.—). Dort habe das FG Köln den Rechtssatz aufgestellt, erwerben mehrere Personen ein Grundstück, sei vorrangig festzustellen, ob es sich bei ihnen um eine Personengesellschaft handele. Denn gemäß dem Regelstatut des § 718 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bestehe eine Vermutung, dass ein von Gesellschaftern gemeinsam erworbenes Grundstück in Gesamthandseigentum erworben werden solle. Demgegenüber habe das FG im Streitfall unter Bezugnahme auf ein anderes Urteil des FG Köln (Urteil vom 11 K 4113/88, n.v.) ausgeführt, mehrere Personen, die als Bruchteilseigentümer im Grundbuch eingetragen seien, seien grunderwerbsteuerrechtlich auch dann nicht als übertragende Gesamthand anzusehen, wenn zwischen ihnen eine Innengesellschaft bestehe.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Rechtsfrage, der die Klägerin grundsätzliche Bedeutung beimisst, ist weder klärungsbedürftig noch im Streitfall klärungsfähig. Es bedarf zunächst der Auslegung, was die Klägerin unter „Zuordnung über das Grundvermögen” versteht. Aus der weiteren Beschwerdebegründung —insbesondere aus der Darstellung der begehrten steuerlichen Auswirkungen (S. 8 der Begründung)— lässt sich entnehmen, dass die Klägerin auf die Vereinbarung zwischen S, SD und D vom Dezember 1996 abhebt, wonach das Grundstück nunmehr gesamthänderisch gehalten werden solle, und zwar zu Anteilen von 53/93 bzw. zweimal 20/93. Dies läuft auf Beteiligungen von 57 v.H. für S und je 21,5 v.H. für SD und D hinaus.

2. Hätte diese Vereinbarung eine Grundstücksübertragung von einer Bruchteilsgemeinschaft auf eine Gesamthandsgemeinschaft bewirkt, wären die Eigentumsübertragung seitens des S gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG vollen Umfangs steuerfrei und die Eigentumsübertragungen von SD und D im Umfang von jeweils 3,5 v.H. steuerpflichtig gewesen, da SD und D zuvor zu je 25 v.H. an der Bruchteilsgemeinschaft beteiligt waren.

a) Rechtlicher Klärungsbedarf besteht insoweit nicht. Es ist geklärt, dass die Einbringung von Grundstücken in eine GbR der notariellen Beurkundung bedarf (Urteil des Reichsgerichts vom Rep. II. 616/07, RGZ 68, 260; Erman/ H. Grziwotz, BGB, 12. Aufl., § 311b Rz 9; Bamberger/Roth/ Gehrlein, BGB, § 311b Rz 7; Staudinger/Wufka (2006), § 311b Abs. 1 Rz 112). Formfrei sind lediglich Verträge, mit denen sich jemand verpflichtet, in eine Personengesellschaft mit Grundbesitz einzutreten, aus ihr auszuscheiden oder Anteile an ihr zu übertragen oder zu erwerben (so , BGHZ 86, 367, 369; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl. 2009, § 311b Rz 5). Im Streitfall wäre es aber um die erstmalige Einbringung eines Grundstücks bzw. von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück in eine GbR gegangen und nicht um den Erwerb eines Anteils an einer schon zuvor grundbesitzenden Personengesellschaft. Weiter ist geklärt, dass § 5 GrEStG allein auf die Beteiligung am Vermögen abhebt und nicht etwa auf eine abweichende Auseinandersetzungsquote oder auf die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesamthand (Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl. 2004, § 5 Rz 7; Pahlke/Franz, GrEStG, Kommentar, 3. Aufl. 2005, § 5 Rz 14).

b) Die Vereinbarung vom Dezember 1996 kann daher nicht zu einem Übergang des Grundstücks auf S, SD und D in Gemeinschaft zur gesamten Hand bei gleichzeitiger Veränderung der Anteile am gemeinschaftlichen Vermögen geführt haben. Eine Heilung des Formmangels nach § 313 Satz 2 BGB a.F. (nunmehr § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB) scheidet aus. Es fehlt nämlich nicht nur an einer formwirksam begründeten Einbringungsverpflichtung, sondern auch an einer formwirksamen Auflassung (§ 925 BGB) und an der Umschreibung im Grundbuch.

c) Damit gibt es die von der Klägerin in ihrer Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung vorausgesetzte (anderweitige) Zuordnung des Grundstücks im Streitfall nicht. Eine solche kann auch nicht in der Vereinbarung vom Oktober 1996 erblickt werden. Sie enthält —ungeachtet der auch in diesem Zusammenhang zu prüfenden Formbedürftigkeit— keine Regelung über eine Veränderung der Miteigentumsanteile von S, SD und D an dem streitbefangenen Grundstück gegenüber dem Zeitpunkt bei dessen Ankauf und dem grundbuchmäßigen Ausweis der Eigentumsverhältnisse. Abgesehen davon soll es dann, wenn der Grundstücksverkäufer den Erwerbern das Grundstück zu bestimmten Bruchteilen verkauft hat, nicht darauf ankommen, in welcher Höhe die Erwerber zum Kaufpreis beigetragen haben (, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2003, 529).

3. Auch die Divergenzrüge gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) greift nicht durch. Die geltend gemachte Abweichung besteht nicht. Der von der Klägerin wiedergegebene Rechtssatz aus dem bezieht sich auf eine Außengesellschaft, während die Ausführungen in der nunmehrigen Vorentscheidung einer Innengesellschaft gelten. Das FG Köln war seinerzeit der Ansicht, das Grundstück habe nach dem Willen der Vertragspartner bereits beim Erwerb Gesamthandseigentum werden sollen. Die Erwerber seien schon am Tag vor Abschluss des Erwerbsvertrages zusammengetreten, um „mit dem gemeinschaftlichen Erwerb des Grundstücks die GbR 'Eigentümergesellschaft' ...” zu gründen. Weiter heißt es in dem Urteil des FG Köln, ob die GbR bereits an diesem Tag oder erst am nächsten Tag „ipso jure mit dem Erwerb des Grundstücks existent” geworden sei, könne auf sich beruhen, jedenfalls ergäbe das Protokoll über jene Zusammenkunft den Willen, das Grundstück gesamthänderisch zu erwerben. Daran schließt sich der Satz an, erwerben die Gesellschafter einer GbR gemeinsam ein Grundstück, sei überdies zu vermuten, dass es Gesamthandseigentum werden solle. Angesichts dieser Ausführungen kann nicht zweifelhaft sein, dass das FG Köln damals von einer GbR als Außengesellschaft ausgegangen ist (s. dazu , n.v.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 2003 Nr. 12
VAAAD-29972