Leitsatz
[1] Sieht eine Ausschreibung in einem öffentlichen Vergabeverfahren vor, dass der Auftragnehmer spätestens 12 Werktage nach Zuschlag mit den Bauarbeiten zu beginnen hat, ist dies dahin zu verstehen, dass der vertraglich vorgesehene Baubeginn an die ausgeschriebene Zuschlagsfrist anknüpft, wenn der Zuschlag später erfolgt. In diesem Fall ist der tatsächliche Zuschlagstermin nicht maßgebend.
a)
Ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B kann dem der Verlängerung der Bindefrist zustimmenden Auftragnehmer wegen einer verzögerten Vergabe grundsätzlich nur erwachsen, wenn dies eine Änderung der Leistungspflichten zur Folge hat.
b)
Wird der Zuschlag nach Verlängerung der Bindefristen durch die Bieter später erteilt als in der Ausschreibung vorgesehen, kann ein Mehrvergütungsanspruch nicht allein daraus hergeleitet werden, dass sich im Hinblick auf die verspätete Zuschlagserteilung die Kalkulationsgrundlagen geändert haben.
c)
Maßgeblich für die in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B zu ermittelnde Höhe des Mehrvergütungsanspruchs, der auf einer durch eine verzögerte Vergabe verursachten Bauzeitverschiebung beruht, sind grundsätzlich nur diejenigen Mehrkosten, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind.
Instanzenzug: LG Essen, 4 O 168/07 vom OLG Hamm, 21 U 17/08 vom
Tatbestand
Die Klägerin fordert als Auftragnehmerin von der beklagten Bundesrepublik Deutschland eine Mehrvergütung auf Grund eines verzögerten Zuschlags im Vergabeverfahren und der sich daraus ergebenden Veränderung der Bauzeit.
Die Klägerin unterbreitete der Beklagten nach öffentlicher Ausschreibung am ein Angebot für den sechsstreifigen Ausbau eines Autobahnabschnitts der BAB 1 mit einer Angebotssumme von 11.135.966,99 EUR sowie vier Nebenangebote. Entsprechend den der Ausschreibung zugrunde liegenden Besonderen Vertragsbedingungen sollte die Ausführung der Arbeiten spätestens 12 Werktage nach Zuschlagserteilung beginnen und 445 Werktage nach Zuschlagserteilung vollendet sein.
Nach den Ausschreibungsbedingungen war die Klägerin bis , zugleich das Ende der Zuschlagsfrist, an ihr Angebot gebunden. Wegen Verzögerungen bei der Bereitstellung von Haushaltsmitteln erklärte sich die Klägerin auf Bitte der Beklagten vom mit einer Verlängerung der Bindefrist bis einverstanden. Am benachrichtigte die Beklagte alle Teilnehmer des Bieterverfahrens, dass die Klägerin das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe und daher den Zuschlag erhalten solle. Daraufhin wurde von einem Konkurrenten ein Vergabenachprüfungsverfahren eingeleitet, das am durch Antragsrücknahme beendet wurde. Anschließend erteilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom den Zuschlag auf ihr Hauptangebot in Verbindung mit den Nebenangeboten 2 und 3, wobei das Nebenangebot 3 eine Bauzeitverkürzung von 32 Werktagen betrifft.
Die Klägerin bestätigte den Zuschlag mit Schreiben vom und meldete zugleich Mehrkosten wegen der Verschiebung der Ausführungszeit an. Sie macht Mehrkosten geltend, weil sich nach Ablauf der ursprünglichen Zuschlagsfrist bis zum tatsächlichen Zuschlag die Materialpreise für bituminöses Mischgut, Schüttgüter und Kanalbaustoffe stark erhöht hätten. Die Verkehrssicherungsmaßnahmen seien teurer geworden, weil das Angebot ihrer Nachunternehmerin bis befristet gewesen und das Preisniveau anschließend gestiegen sei. Außerdem seien nach Auftragserteilung Kosten für die Entsorgung von Fräsgut angefallen, während dieses zuvor von den Mischwerken noch vergütet worden wäre. Insgesamt macht die Klägerin Mehrkosten von 1.318.029,22 EUR geltend. Die Beklagte lehnt zusätzliche Zahlungen unter Hinweis auf das vorbehaltlos erklärte Einverständnis der Klägerin mit der Verlängerung der Bindefrist ab.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und das Verfahren wegen der Entscheidung über die Höhe des Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
Die Revision der Beklagten hat nur teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil war zu bestätigen, soweit die Klageforderung auf eine Veränderung der Ausführungsfristen gestützt wird. Die weitergehende Berufung der Klägerin war zurückzuweisen.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2008, 1622 veröffentlicht ist, hält den Anspruch der Klägerin dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs seien dem Grunde nach gegeben. Nach Aktenlage sei es auch sehr wahrscheinlich, dass die Forderung zumindest teilweise bestehe.
Mit dem am erteilten Zuschlag habe die Beklagte das Angebot der Klägerin vom unverändert angenommen. Weder aus dem Wortlaut des Schreibens vom noch aus dem Zustimmungsformular habe sich für die Klägerin ergeben, dass die Beklagte die Ausführungszeiten habe ändern wollen. Eine Auslegung dahingehend, dass der Auftraggeber dem Bieter eine zeitliche Verschiebung unter Verzicht auf eventuell in Betracht kommende Mehrkosten abverlangen wolle, sei nicht angezeigt, da dem Auftraggeber bei einer solchen Auslegung ein gegen das Nachverhandlungsverbot des § 24 Nr. 3 VOB/A verstoßendes vertragswidriges Verhalten unterstellt würde. Denn eine Verschiebung des Bauvorhabens unter Beibehaltung der Angebotspreise sei wegen der Bedeutung der Ausführungszeit für die Kalkulation bei Großvorhaben als wesentliche Änderung eines preisrelevanten Angebotsbestandteils anzusehen.
Die Beklagte habe das Angebot der Klägerin mit Schreiben vom mangels gegenteiliger Erklärung unverändert angenommen. Der Vertrag sei daher zu den ursprünglichen zeitlichen Festlegungen zustande gekommen. Insoweit sei er jedoch nicht mehr durchführbar gewesen. Ausgehend allein vom Wortlaut der Ausschreibungsbedingungen seien zwar die Zeiträume für Beginn und Vollendung der Arbeiten nicht ohne weiteres überholt gewesen, weil sie statt von dem zunächst bis vorgesehenen Zuschlag von dem tatsächlich am erfolgten Zuschlag hätten berechnet werden können. Eine solche Auslegung verbiete sich jedoch im Hinblick auf die den Parteien bekannte grundsätzliche Bedeutung des Zeitfaktors für die Kalkulation. Die Klägerin habe die Ausschreibung dahin verstehen können, dass sie ein Angebot für ein Bauvorhaben habe abgeben sollen, das in spätestens am beginnenden Zeiträumen auszuführen sei. Wäre die Ausschreibung dahin zu verstehen, dass trotz einer verfahrensmäßig bestimmten Zuschlagsfrist die Bieter nicht von einer damit gleichfalls erfolgten Festlegung im Hinblick auf den Beginn materieller Ausführungsfristen ausgehen dürften, wäre die Leistungsbeschreibung wegen §§ 9, 11 VOB/A vergaberechtlich bedenklich. Der Auftraggeber müsse wissen, dass der Bieter ein Angebot kalkuliere und abgebe, dessen zeitliche Komponente auf der ihm mitgeteilten Zuschlagsfrist beruhe und dass mit dem Angebot nicht darüber hinaus das Risiko eines verzögerten Zuschlags übernommen werden solle.
Da der zeitliche Rahmen des auf der Basis des ursprünglichen Angebots zustande gekommenen Vertrags bei Zuschlagserteilung überholt gewesen sei, habe es einer Anpassung des Vertrags bedurft. Der Klägerin stünden entweder in direkter oder unter Berücksichtigung des Kooperationsgebots in entsprechender Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B Mehrvergütungsansprüche zu.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an § 2 Nr. 5 VOB/B zu, soweit es infolge der verzögerten Vergabe zu einer Verschiebung der Ausführungsfristen gekommen ist. Soweit die Forderung der Klägerin allein auf einen veränderten Zuschlagstermin gestützt wird, ist die Klage unbegründet. Dementsprechend war die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung insoweit zurückzuweisen.
1.
Die Klägerin hat sich zur Begründung des mit der Klage geltend gemachten Mehrvergütungsanspruchs darauf berufen, dass es im Zeitraum zwischen dem Ablauf der ausgeschriebenen Bindefrist und der verzögerten Zuschlagserteilung zu einer Erhöhung der Preise einzelner für die Bauausführung benötigter Stoffe, Materialien und Subunternmehmerleistungen gekommen sei. Daneben hat sie eine auf Preissteigerungen beruhende Mehrvergütung auch deshalb beansprucht, weil es infolge der verzögerten Vergabe zu einer Verschiebung der ausgeschriebenen Bauzeit gekommen sei. Insoweit handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände, über die gesondert zu entscheiden ist.
a)
Der Streitgegenstand wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger geltend gemachte Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Zum Klagegrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat (, BGHZ 117, 1, 5; Urteil vom - VII ZR 46/07, BauR 2008, 869 = NZBau 2008, 325 = ZfBR 2008, 360).
Bei Anwendung dieser Grundsätze stützt die Klägerin ihre Mehrvergütungsforderung auf zwei unterschiedliche Streitgegenstände. Soweit sie sich auf eine durch die verzögerte Vergabe bedingte Bauzeitverschiebung beruft, beruht ihr Klagebegehren auf einer nach Vertragsschluss eingetretenen Veränderung ihrer rechtsgeschäftlich an die Einhaltung der Bauzeit geknüpften Leistungspflichten, die sie durch eine entsprechende Anpassung/Erhöhung der von der Beklagten nach dem Vertrag geschuldeten Vergütung (Gegenleistung) ausgeglichen wissen will. Zur schlüssigen Begründung eines solchen Anspruchs muss sie also Tatsachen vortragen, aus denen sich die Verpflichtung der Beklagten zur nachträglichen Anpassung der Vertragspreise wegen einer Störung des vertraglichen Äquivalenzgefüges ergibt (zur Herleitung eines solchen Anspruchs vgl.: , BauR 2009, 1131, 1136 f. Tz. 49 = NZBau 2009, 370, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Darauf kommt es für einen ausschließlich auf die verspätete Erteilung des Zuschlags gestützten Mehrvergütungsanspruch nicht an. Entscheidend ist insoweit vielmehr, ob die Klägerin allein deshalb eine Änderung der angebotenen Preise verlangen kann, weil sich im Zeitraum zwischen dem Ablauf der ausgeschriebenen Bindefrist und dem verspäteten Zuschlag ihre Einkaufspreise und damit die Kalkulationsgrundlagen geändert haben. Damit knüpft die Klägerin die begehrte Rechtsfolge an eine (unverschuldete) Störung der vorvertraglichen Rechtsbeziehungen der Parteien. Die hierfür maßgeblichen Tatsachen ergeben einen anderen Lebenssachverhalt als ihn die Klägerin nach obigen Erwägungen zur Begründung eines Mehrvergütungsanspruchs wegen einer durch die Vergabeverzögerung erzwungenen Änderung ihrer vertraglichen Leistungspflichten vortragen muss. Trotz eines einheitlichen Klageantrages handelt es sich folglich um unterschiedliche Streitgegenstände.
b)
Das Berufungsgericht nimmt diese Unterscheidung nach Streitgegenständen nicht vor. In der Sache sieht es die geltend gemachten Ansprüche für beide Sachverhalte dem Grunde nach als gegeben an und hält es nach Aktenlage für sehr wahrscheinlich, dass die mit der Klage geltend gemachte Forderung zumindest teilweise besteht. Insoweit geht das Berufungsgericht davon aus, dass wegen der zeitlichen Verschiebung des Bauvorhabens eine Vertragsanpassung erforderlich sei (dazu nachstehend 2.). Darüber hinaus gesteht es der Klägerin auch wegen der verzögerten Vergabe dem Grunde nach eine Mehrvergütung zu, weil sie ihr Angebot für die Beklagte erkennbar auf der Grundlage der ihr mitgeteilten Zuschlagsfrist kalkuliert und damit nicht das Risiko eines verzögerten Zuschlags übernommen habe (dazu nachstehend 3.).
2.
Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht wegen der infolge verzögerter Vergabe erforderlichen Bauzeitverschiebung dem Grunde nach einen Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an § 2 Nr. 5 VOB/B zugesprochen.
a)
Die Parteien haben einen Vertrag geschlossen, der den spätesten Ausführungsbeginn auf 12 Werktage nach dem , dem Ende der in der Ausschreibung vorgesehenen Zuschlagsfrist, festlegte. Die Klägerin hat ein entsprechendes Angebot abgegeben; die Beklagte hat dieses Angebot mit ihrem Zuschlagsschreiben vom unverändert angenommen.
aa)
In den Ausschreibungsunterlagen sind zwar keine kalendermäßig bestimmten Termine genannt. Beginn und Vollendung der Ausführung sind lediglich durch eine Höchstzahl von Werktagen nach Zuschlagserteilung festgelegt. Daraus will die Beklagte ableiten, dass der Beginn der Arbeiten an den Zuschlagstermin gekoppelt ist unabhängig davon, ob der Zuschlag später als in der Ausschreibung vorgesehen erteilt wird. Dies hätte zur Folge, dass in diesem Fall aus der Ausschreibung nicht zu erkennen wäre, wann die Bauarbeiten tatsächlich spätestens beginnen sollen. Denn im Zeitpunkt der Angebotsabgabe ist regelmäßig nicht zu übersehen, ob die Zuschlagsfrist geändert werden wird.
Diesem Verständnis der Ausschreibungsbedingungen kann, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, nicht gefolgt werden. Entscheidend ist, dass die Erklärungen des Auftraggebers im Rahmen eines formalisierten Vergabeverfahrens abgegeben wurden. Solche Erklärungen sind regelmäßig so zu verstehen, dass sie im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen stehen (vgl. , BGHZ 124, 64). Die von der Beklagten gewünschte Auslegung verstieße gegen § 9 Nr. 2 VOB/A. Nach dieser Vorschrift soll dem Bieter kein ungewöhnliches Wagnis für Umstände und Ereignisse aufgebürdet werden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus einschätzen kann. Ein solches ungewöhnliches Wagnis würde dem Bieter abverlangt, wenn ihm nicht sämtliche zur Preiskalkulation erforderlichen Informationen vollständig und richtig zur Verfügung gestellt würden, er sich die notwendigen Kenntnisse nicht selbst verschaffen könnte und er damit nicht in der Lage wäre, verlässliche Vorstellungen zur Preisbildung zu entwickeln. Ein derartiges unwägbares Risiko hätte die Beklagte den Bietern auferlegt, wenn die vertraglich an den Zuschlag gekoppelte Ausführungszeit über den vorgesehenen Zuschlagstermin hinaus völlig offenbliebe. Denn dann könnte eine Preiskalkulation nicht mehr auf der vom Auftraggeber gemäß § 9 Nr. 1 VOB/A zu stellenden, für alle Bieter eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung erfolgen; die Bieter könnten nur mutmaßen, wann im Hinblick auf ein eventuelles Vergabenachprüfungsverfahren oder wegen sonstiger verzögernder Umstände ein Zuschlag erfolgen werde, und aufgrund dieser Mutmaßungen ein Preisangebot erstellen.
Eine Auslegung der Ausschreibungsunterlagen dahingehend, dass für die Bauzeit in jedem Fall an einen noch nicht feststehenden tatsächlichen Zuschlagstermin angeknüpft wird, kommt daher nicht in Betracht. Vielmehr ergibt die Auslegung, dass Anknüpfungspunkt für den Baubeginn der in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehene späteste Zuschlagstermin ist, wenn der Zuschlag später erfolgt.
bb)
Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass das Angebot der Klägerin durch deren Zustimmung zu der von der Beklagten erbetenen Verlängerung der Bindefrist keine Änderung erfahren hat. Die Zustimmungserklärung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass die Klägerin ihr Angebot in preislicher Hinsicht trotz eines veränderten Ausführungsbeginns aufrechterhalten wollte. Mit der Erklärung des Bieters, der Verlängerung der Bindefrist zuzustimmen, wird lediglich das ursprüngliche Vertragsangebot inhaltlich konserviert und die rechtsgeschäftliche Bindungsfrist an das Angebot gemäß § 148 BGB, zugleich Bindefrist nach § 19 Nr. 3 VOB/A, verlängert. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom (VII ZR 11/08, BauR 2009, 1131 = NZBau 2009, 370, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) entschieden und ausführlich begründet. Hierauf wird Bezug genommen.
cc)
Die Auslegung des Zuschlagsschreibens der Beklagten vom durch das Berufungsgericht ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Mit ihm hat die Beklagte das vorliegende Angebot der Klägerin unverändert angenommen. Dies gilt unabhängig davon, dass der in dem Angebot für den Beginn der Ausführung vorgesehene späteste Termin zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war. Ein modifizierter Zuschlag gemäß § 150 Abs. 2 BGB scheidet aus, weil die Beklagte ihren eventuellen Willen, einen vom Vertragsangebot der Klägerin in zeitlicher Hinsicht abweichenden Vertrag zu schließen, in dem Zuschlagsschreiben nicht klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat (, BauR 1983, 252, 253 = ZfBR 1983, 119). Auch insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen zur Auslegung eines solchen Zuschlags im Urteil des Senats vom (VII ZR 11/08, aaO) verwiesen.
b)
Der Klägerin steht infolge der verzögerten Vergabe und einer daraus resultierenden Verschiebung der Ausführungszeiten ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an § 2 Nr. 5 VOB/B mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe zu.
aa)
Das Berufungsgericht stellt zu Recht fest, dass es nach dem Vertragsschluss der Parteien bei den vereinbarten Fristen nicht bleiben kann und der Klägerin ein Mehrvergütungsanspruch zusteht, wenn es durch die Verschiebung der Ausführungsfristen zu Kostensteigerungen gekommen ist. Das Verhalten der Parteien im Rahmen der Bindefristverlängerung und der Zuschlagserteilung ist dahin auszulegen, dass sie den Vertrag zwar bereits bindend schließen, über neue, dem eingetretenen Zeitablauf Rechnung tragende Fristen und dadurch bedingte Preissteigerungen jedoch noch eine Einigung herbeiführen wollten. Denn die Parteien haben den Vertragsschluss trotz des erkennbaren Erfordernisses einer späteren Anpassung der Ausführungsfristen gewollt. Die Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB greift in einem solchen Fall nicht (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 154 Rdn. 2 m.w.N.). Kommt es nicht zu der von den Parteien erwarteten nachträglichen Einigung, existiert eine zu füllende Regelungslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist (, aaO m.w.N.).
(1)
Nach dem mit Zuschlagsschreiben vom erfolgten Vertragsschluss konnte es nicht bei den vereinbarten Fristen verbleiben, weil der Termin für den Ausführungsbeginn bereits verstrichen war.
(a)
Den Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, ob die Parteien sich nach Zuschlagserteilung auf geänderte Ausführungsfristen geeinigt haben. Nach dem vom Berufungsgericht wiedergegebenen Vortrag der Klägerin ist eine Vertragsanpassung im Hinblick auf die verspätete Beauftragung erfolgt. Angaben zu deren Ausgestaltung lassen sich allerdings weder aus dem landgerichtlichen Urteil noch aus dem Berufungsurteil entnehmen. Dies wird im weiteren Verfahren gegebenenfalls noch aufzuklären sein.
(b)
Haben die Parteien entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine Vereinbarung im Hinblick auf den bei Erteilung des Zuschlags bereits erfolgten Ablauf des spätesten Termins zur Ausführungsaufnahme getroffen, ist der Vertrag ergänzend auszulegen. Dabei ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner für den von ihnen nicht geregelten Fall vereinbart hätten. Danach ist die Bauzeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls anzupassen. Besonderheiten, wie etwa Bauerschwernisse oder -erleichterungen durch jahreszeitliche Verschiebungen, sind unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen beider Parteien und vor dem Hintergrund, dass der Auftragnehmer der Bindefristverlängerung zugestimmt hat, zu berücksichtigen. Die Grundsätze des vereinbarten § 6 Nr. 3 und 4 VOB/B sind sinngemäß anzuwenden (, aaO).
(2)
Eine geänderte Preisvereinbarung haben die Parteien im Hinblick auf die geänderten Ausführungszeiten nicht getroffen. Im Hinblick auf die vereinbarten oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu ermittelnden geänderten Ausführungszeiten ist der vertragliche Vergütungsanspruch der Klägerin in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen. Diese Vorschrift haben die Parteien mit der Einbeziehung der VOB/B als angemessene Regelung bei einer durch den Auftraggeber veranlassten Änderung der Grundlagen des Preises vereinbart. Die Vermutung der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung gilt bei einem Bauvertrag nicht unabhängig von der vereinbarten Leistungszeit, weil diese regelmäßig Einfluss auf die Vereinbarung der Höhe der Vergütung des Auftragnehmers hat. Deshalb hat die durch ein verzögertes Vergabeverfahren bedingte Änderung der Leistungszeit auch zur Folge, dass die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, sich auf eine diesem Umstand angepasste Vergütung zu verständigen. Soweit die Verzögerung der Vergabe zu geänderten Leistungszeiten führt, ist dies einer nach Vertragsschluss vom Auftraggeber veranlassten Änderung der Leistung vergleichbar. In beiden Fällen besteht nach Treu und Glauben keine Veranlassung, das Risiko von Änderungen der Grundlagen des Preises dem Auftragnehmer zuzuweisen. Auch insoweit wird auf die Ausführungen des Senats in dem Urteil vom (VII ZR 11/08, aaO) Bezug genommen.
bb)
Die gegen die Einschätzung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe der geltend gemachte Mehrvergütungsanspruch "nach Aktenlage" sehr wahrscheinlich zumindest teilweise zu, zunächst erhobenen Rügen hat die Revision fallen gelassen.
3.
Soweit das Berufungsgericht der Klägerin dem Grunde nach eine Mehrvergütung allein aufgrund des Umstandes zugesprochen hat, dass der Zuschlag später erfolgte als in der Ausschreibung vorgesehen, hat das Berufungsurteil keinen Bestand. Umstände, die in der Zeit zwischen dem nach der Ausschreibung zu erwartenden spätesten Zuschlagstermin und dem tatsächlichen Zuschlag bei der Klägerin zu Kostensteigerungen geführt haben, sind, soweit der verzögerte Zuschlag keine Auswirkungen auf die Ausführungszeiten hatte, nicht zu berücksichtigen.
a)
Eine Preisanpassung auf der Grundlage einer ergänzenden Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht.
Die ergänzende Vertragsauslegung setzt eine zu füllende Regelungslücke im Vertrag voraus. Eine solche Lücke kann bestehen, wenn sich im Vertrag keine Regelung für den Fall findet, dass sich durch die Verzögerung des Vergabeverfahrens die im Vertrag festgelegten Leistungspflichten, zum Beispiel durch eine Verschiebung der Bauzeit, ändern. Ändern sich dagegen lediglich die Kalkulationsgrundlagen eines Bieters infolge einer Verschiebung des Zuschlags, ohne dass dies zu einer Änderung der Leistungspflichten führt, kommt eine Preisanpassung nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht in Betracht. Der Vertrag enthält keine Regelungslücke. Der in der Ausschreibung vorgesehene Zeitpunkt des Zuschlags ist nicht Vertragsbestandteil. Gegenteiliges lässt sich dem Urteil vom (VII ZR 11/08, aaO) nicht entnehmen. Dort ist zwar ausgeführt, dass die Verzögerung des Vergabeverfahrens nicht zu Lasten des Bieters gehen darf, der sich im Wettbewerb durchgesetzt hat und die Einrichtung des Vergaberechtsschutzes die Rechtstellung des Auftragnehmers stärken, nicht schwächen soll. Auch ist dort herausgestellt, dass dem Bieter Nachteile aus der Verlängerung der Bindefrist nicht entstehen dürfen, weil er keine andere Möglichkeit hat, die ihm günstige Position im Wettbewerb zu bewahren. Diese Erwägungen stehen im Zusammenhang mit der durch eine Veränderung der Bauzeit veranlassten ergänzenden Vertragsauslegung und der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung. Sie enthalten keinen allgemeinen Grundsatz, dass die mit der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens oder einer aus sonstigen Gründen erfolgenden Verzögerung des Zuschlags verbundenen Nachteile stets zu einer Vertragsanpassung führen müssten.
b)
Eine Preisanpassung kann auch nicht aus § 2 Nr. 5 VOB/B abgeleitet werden. § 2 Nr. 5 Satz 1 VOB/B ist eine Vertragsbestimmung, die eine Vereinbarung eines neuen Preises unter der Voraussetzung vorsieht, dass durch die Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden. Diese Regelung ist nur auf solche Änderungen des Bauentwurfs oder Anordnungen des Auftraggebers anwendbar, die den geschlossenen Vertrag abändern. Ihnen liegt zugrunde, dass das Äquivalenzverhältnis des geschlossenen Vertrags erhalten bleiben muss, wenn der Auftraggeber durch Ausübung eines einseitigen Bestimmungsrechts den Leistungsinhalt ändert. Es liegt auf der Hand, dass § 2 Nr. 5 VOB/B nicht den Fall regelt, dass der Auftraggeber eine Bindefristverlängerung erbittet. Denn in diesem Fall wird der Leistungsinhalt des Vertrags nicht berührt. Es ändern sich möglicherweise durch die Bindefristverlängerung des Bieters seine Kalkulationsgrundlagen. § 2 Nr. 5 VOB/B bietet keine Grundlage, deswegen eine Preisanpassung zu verlangen. Etwas anderes lässt sich aus dem bereits erwähnten Urteil vom nicht ableiten. Soweit dort ausgeführt ist, dass bereits die ausschließlich von der Beklagten verursachte und schon deshalb den Fällen des § 2 Nr. 5 VOB/B vergleichbare erste Bindefristverlängerung zu berücksichtigen sei, ist nicht ausgesagt, dass jede Verlängerung der Bindefrist zu einem Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an § 2 Nr. 5 VOB/B führt. Aus dem Sachzusammenhang ergibt sich vielmehr, dass nicht nur die auf ein Nachprüfungsverfahren zurückzuführende zeitliche Verzögerung des Zuschlags, sondern jede vom Auftraggeber zu vertretende Verzögerung der Zuschlagserteilung zu einem Mehrvergütungsanspruch führen kann, wenn diese zu einer Bauzeitverschiebung geführt hat.
c)
Auch eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) kommt bei einer verzögerten Zuschlagserteilung ohne Änderung der Ausführungszeit für die Bauleistung nicht in Betracht (vgl. dazu im Einzelnen Senatsurteil vom - VII ZR 82/08, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
aa)
Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftspartner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (st. Rspr.: , BGHZ 121, 379; Urteil vom - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037; Urteil vom - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25, jeweils m.w.N.).
bb)
Die Kalkulation eines Unternehmers wird grundsätzlich nicht Geschäftsgrundlage, selbst wenn sie dem Besteller offengelegt wird (, NJW 2002, 2312, 2313). Es ist Sache des Unternehmers, wie er den Preis eines Bauvertrags kalkuliert. Er trägt allgemein das Risiko einer auskömmlichen Kalkulation (, BGHZ 139, 177, 180 f.; Urteil vom - VII ZR 107/86, BauR 1987, 683, 684 = ZfBR 1987, 237, 238; Urteil vom - VII ZR 11/79, BauR 1980, 63, 65; Urteil vom - VII ZR 47/63, WM 1964, 1253, 1254). Besondere Gründe, die die Annahme rechtfertigen, der Auftraggeber habe die Kalkulation in seinen Geschäftswillen ungeachtet des Umstandes aufgenommen, dass es grundsätzlich Sache und Risiko des Unternehmers ist, wie er kalkuliert (vgl. , BauR 1986, 334 = ZfBR 1986, 128), sind nicht ersichtlich. Der Auftraggeber hat keinen Anlass, die ihm in der Regel nicht bekannten Kalkulationsgrundlagen in seinen Geschäftswillen aufzunehmen.
cc)
An der allgemeinen Risikozuordnung für Änderungen der Kalkulationsgrundlagen ändert sich nichts, wenn der Bieter einer Bindefristverlängerung zustimmt. Damit erklärt er, dass der angebotene Preis bei unveränderter Leistung bis zum Ablauf der Bindefrist, die zugleich Zuschlagsfrist ist, gilt. Das Risiko etwaiger Unwägbarkeiten wegen der Kalkulationsgrundlagen ist ihm unverändert zuzuordnen. Will er dieses Risiko nicht übernehmen, darf er der Bindefristverlängerung nicht zustimmen (vgl. dazu auch Senatsurteil vom - VII ZR 82/08, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
d)
Ein Anspruch auf Vertragsanpassung oder zusätzliche Vergütung ergibt sich auch nicht, wenn vergaberechtliche Grundsätze verletzt sein sollten. Zwar kommt bereits mit der Anforderung der Ausschreibungsunterlagen zwischen Auftraggeber und Bieter ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis zustande, das die Parteien zu gegenseitiger Rücksichtnahme und Sorgfalt verpflichtet. Bei schuldhafter Verletzung dieses Vertrauensverhältnisses durch den Ausschreibenden können nach den Grundsätzen einer Haftung für Verschulden bei den Vertragsverhandlungen Schadensersatzansprüche des Bieters entstehen, die grundsätzlich auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sind (, BGHZ 139, 259, 261). Daraus lässt sich weder ein Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Nr. 5 VOB/B noch ein Vertragsanpassungsanspruch nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 Abs. 1 BGB, ableiten. Dies gilt auch dann, wenn die Verzögerung der Zuschlagserteilung teilweise dadurch bedingt ist, dass die Ausschreibung entgegen § 16 Nr. 1 VOB/A erfolgte, weil mangels Bereitstellung der Haushaltsmittel die Finanzierung des Vorhabens noch nicht gesichert und deshalb nicht sicher war, dass innerhalb der angegebenen Frist mit der Ausführung würde begonnen werden können.
III.
Der von der Beklagten angeregten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 EG zur Klärung der Frage, ob es sich mit der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauverträge vereinbaren lässt, dass der Bieter, dem in einem Vergabeverfahren aufgrund öffentlicher Ausschreibung nach VOB/A der Zuschlag nach Verlängerung der Bindefrist später als in der Ausschreibung vorgesehen erteilt worden ist, einen Mehrvergütungsanspruch nicht allein darauf stützen kann, dass sich im Hinblick auf den verspätet erteilten Zuschlag die Kalkulationsgrundlagen geändert haben, bedarf es nicht. Die Richtlinie verfolgt ausweislich der Erwägungsgründe das Ziel, die Öffnung des öffentlichen Auftragswesens für den gemeinschaftlichen Wettbewerb umzusetzen und zu diesem Zweck Möglichkeiten einer wirksamen und raschen Nachprüfung herbeizuführen, wenn es zu Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften kommt, die in Umsetzung dieses Rechtes ergangen sind. Die Richtlinie befasst sich dementsprechend nur mit der Ausgestaltung des Nachprüfungsverfahrens; mit Vergütungsansprüchen des Bieters, der den Zuschlag erhalten hat, beschäftigt sie sich nicht. Im Gegenteil ergibt sich aus Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie, dass sich sogar die Wirkungen der Ausübung der in Art. 2 Abs. 1 für das Nachprüfungsverfahren festgelegten Befugnisse auf den nach Zuschlagserteilung geschlossenen Vertrag nach dem einzelstaatlichen Recht richten.
IV.
Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
1.
Eine neue Vergütung ist in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B zu ermitteln (, aaO). Schon daraus ergibt sich, dass die zu § 2 Nr. 5 VOB/B entwickelten Grundsätze nicht uneingeschränkt, sondern nur insoweit Anwendung finden, als dies mit den Besonderheiten des zu beurteilenden Sachverhalts zu vereinbaren ist. Ein Fall, in dem der Auftragnehmer Preisrisiken aus der Verlängerung einer Bindefrist zu tragen hat, ist nicht ohne weiteres vergleichbar dem von § 2 Nr. 5 VOB/B umfassten Fall, in dem er solche Risiken nicht trägt, wie etwa bei einer Änderung des Bauentwurfs oder einer anderen Anordnung nach § 2 Nr. 5 VOB/B.
Maßgeblich für die Ermittlung der Höhe der an die Klägerin zu zahlenden Mehrvergütung sind diejenigen Mehrkosten, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind. Sie ergeben sich im rechtlichen Ausgangspunkt aus der Differenz zwischen den Kosten, die bei der Klägerin für die Ausführung der Bauleistung tatsächlich angefallen sind und den Kosten, die sie bei Erbringung der Bauleistung in dem nach der Ausschreibung vorgesehenen Zeitraum hätte aufwenden müssen. Vorliegend begründet die Klägerin ihren Mehrvergütungsanspruch mit einer Erhöhung der Einkaufspreise für Baustoffe, Material und Nachunternehmerleistungen. Das Landgericht wird in Anwendung des obigen Grundsatzes den tatsächlich angefallenen Einkaufspreisen also diejenigen Preise gegenüberstellen, welche die Klägerin bei Einhaltung der ursprünglich vorgesehenen Bauzeit hätte zahlen müssen.
Diese Preise entsprechen nicht notwendig den in der Angebotskalkulation angesetzten Beschaffungskosten. Zwar ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Preise für die ausgeschriebene Bauzeit kalkuliert und angeboten hat. Aus diesen Angebotspreisen ergeben sich mithin die Preisgrundlagen, die nach den Grundsätzen des § 2 Nr. 5 VOB/B Ausgangspunkt für die Bildung eines neuen Preises unter Berücksichtigung der Mehrkosten sind. In welchem Umfang es zu Erhöhungen der Einkaufspreise gekommen ist, die bei der Bildung des neuen, diese Mehrkosten umfassenden Preises zu berücksichtigen sind, hängt indes jedenfalls im vorliegenden, durch die Besonderheiten eines verzögerten Vergabeverfahrens beeinflussten Fall nicht von den kalkulatorischen Annahmen der Klägerin ab. Diese Annahmen gehören, wie ausgeführt, nicht zur Geschäftsgrundlage. Der Bieter trägt das Risiko, dass sie infolge einer Verzögerung des Vergabeverfahrens hinfällig werden und er Material und Fremdleistungen zu höheren Preisen einkaufen muss. Dieses Risiko geht nicht deshalb auf den Auftraggeber über, weil sich durch die Vergabeverzögerung zugleich die Bauzeit verschiebt. Für die Ermittlung der durch Preissteigerungen bedingten Mehrkosten, mit der die Klägerin ihre Angebotspreise zur Ermittlung des neuen Vertragspreises beaufschlagen darf, kann deshalb nicht auf die Einkaufspreise abgestellt werden, die sie in ihre Kalkulation eingerechnet hat; maßgebend sind vielmehr die Preise, die sie bei Einhaltung der geplanten Bauzeit hätte zahlen müssen.
2.
Die für die Berechnung der Preissteigerung auf der einen Seite relevanten Aufwendungen für Baustoffe, Material und Nachunternehmerleistungen, welche die Klägerin bei Einhaltung der geplanten Bauzeit hätte tragen müssen, können in Ermangelung gegenteiliger tatsächlicher Anhaltspunkte den Marktpreisen im Zeitpunkt des geplanten Baubeginns entsprechen. Soweit die Klägerin schlüssig darzulegen vermag, dass sie bei geplantem Bauablauf - der Üblichkeit entsprechend oder aufgrund besonderer Umstände im konkreten Einzelfall - Baustoffe, Material und/oder Nachunternehmerleistungen zu einem früheren Zeitpunkt oder zu anderen Preisen eingekauft hätte, ist dies maßgeblich.
Demgegenüber wird sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen können, durch Preisabsprachen mit ihren Lieferanten und Nachunternehmern bis zum Ablauf der Bindefrist gesicherte Einkaufspreise in ihr Angebot eingestellt zu haben, die sie wegen der verzögerten Vergabe nicht habe halten können. Ein geschütztes Vertrauen in die Realisierbarkeit der Angebotskalkulation besteht aus den genannten Gründen nicht. Es entsteht auch nicht dadurch, dass der Bieter seine kalkulatorischen Ansätze für Beschaffungskosten durch entsprechende Preisabsprachen mit seinen Zulieferern und Nachunternehmern absichert. Soweit er gleichwohl mit ihnen kalkuliert, muss er in Kauf nehmen, dass sich seine Kalkulation bei einer Verzögerung der Vergabe über die ursprüngliche Bindefrist hinaus nicht umsetzen lässt.
V.
Das Landgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben und den Parteien Gelegenheit geben müssen, zum Anteil des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens im Revisionsverfahren Stellung zu nehmen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2010 S. 522 Nr. 8
BAAAD-29931
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja