BFH Beschluss v. - VI B 46/08

Honorareinnahmen für wahlärztliche Leistungen eines Chefarztes als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit; BFH hält an seiner Rechtsprechung fest

Gesetze: EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, EStG § 18 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG), die nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegen, liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Das ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661; vom VI R 59/91, BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303; vom X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass der Arbeitnehmerbegriff sich nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen lässt. Das Gesetz bedient sich nicht eines tatbestandlich scharf umrissenen Begriffs. Es handelt sich vielmehr um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist deshalb anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Hierzu hat der BFH im Urteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661 zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die für die bezeichnete Abgrenzung Bedeutung haben können. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Diese Aufgabe obliegt in erster Linie den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz. Die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar (BFH-Beschlüsse vom VI B 53/03, BFH/NV 2004, 42; vom VI B 150/03, BFH/NV 2005, 347; vom VI B 74/06, BFH/NV 2007, 235; , BFH/NV 2007, 426; jeweils m.w.N.).

b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Chefarzt eines Krankenhauses wahlärztliche Leistungen selbständig oder unselbständig erbringen. Ob das eine oder das andere im Einzelfall zutrifft, beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse; insbesondere danach, ob wahlärztliche Leistungen innerhalb oder außerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden (, BFHE 211, 249, BStBl II 2006, 94). Bei der danach erforderlichen Gewichtung und Abwägung der für und gegen ein Arbeitsverhältnis sprechenden Merkmale ist daher u.a. bedeutsam, ob die Tätigkeit zur Erbringung der wahlärztlichen Leistungen zu den dem Krankenhausträger vertraglich geschuldeten Dienstaufgaben gehört, ob der Arzt nach dem Dienstvertrag —mit Ausnahme der rein ärztlichen Tätigkeit— den Weisungen des Krankenhausträgers unterliegt, ob der Chefarzt hinsichtlich der Erbringung der wahlärztlichen Leistungen in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden ist und inwieweit Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko vorliegen bzw. fehlen (vgl. dazu Deutsches Steuerrecht 2006, 1041).

c) Die Vorinstanz ist in der angefochtenen Entscheidung von den genannten Grundsätzen ausgegangen. Das Finanzgericht (FG) hat nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entschieden. Es ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Honorareinnahmen für wahlärztliche Leistungen als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren waren. Diese Würdigung des FG ist möglich. Sie verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze; der Senat ist daran gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden (BFH-Urteil in BFHE 211, 249, BStBl II 2006, 94, am Ende).

d) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Frage aufwirft, „ob und inwieweit die der Durchführung wahlärztlicher Leistungen zu Grunde liegende Rechtsnatur des Krankenhausaufnahmevertrages zwischen dem jeweiligen Krankenhausträger und dem jeweiligen Privatpatienten allein ausschlaggebend für die steuerliche Einordnung der darauf beruhenden Einnahmen des liquidationsberechtigten Chefarztes ist oder ob demgegenüber allein —im Innenverhältnis— die Zuordnung der wahlärztlichen Tätigkeiten zu den Dienstaufgaben des jeweiligen Chefarztes für die steuerliche Einordnung der jeweiligen Einnahmen als selbständige und unselbständige Einkünfte ausschlaggebend ist”, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision. Denn ob im Einzelfall der Arbeitnehmerbegriff erfüllt ist, entscheidet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. In diesem Zusammenhang ist zwar von besonderer, aber nicht ausschlaggebender Bedeutung, ob die wahlärztlichen Leistungen zu den vertraglichen Dienstaufgaben des Chefarztes gehören. Vielmehr kommt es auch dann, wenn dies —wie im Streitfall— im Einzelfall zu bejahen ist, auf die Gewichtung und Abwägung aller (übrigen) für und gegen ein Arbeitsverhältnis sprechenden Kriterien an. Davon ist auch das FG Düsseldorf in seiner vom Kläger zitierten Entscheidung vom 3 V 1703/07 A (L) ausgegangen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1814 Nr. 11
RAAAD-29314