BGH Urteil v. - 5 StR 207/09

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StGB § 73; StGB § 73d

Instanzenzug: LG Hamburg, vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe sowie von Munition und mit unerlaubtem Besitz eines Butterflymessers, sowie wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Den Angeklagten B. hat es wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben in nicht geringer Menge, wegen Urkundenfälschung und wegen tateinheitlich begangener zweifacher Verschaffung von falschen amtlichen Ausweisen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Außerdem wurde die Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel, Waffen und Munition sowie weiterer Gegenstände angeordnet.

Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen wirksam auf die Nichtanordnung des erweiterten Verfalls beschränkt. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen bedarf es deshalb nicht.

I.

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte S. verkaufte gegenständlich eine geringe Menge Haschisch, ferner rund 5,6 kg Marihuana und schloss - grenzüberschreitend - ein Betäubungsmittelgeschäft in der Größenordnung von rund 40.000 EUR ab. Ferner bot er ein Kilogramm eines Betäubungsmittels unbekannter Art zum Verkauf an. Im Schlafzimmer einer von ihm mitbenutzten Wohnung befanden sich eine nicht geringe Menge Kokain sowie eine geladene Pistole Luger Kaliber 9 mm und Munition, im dazu gehörenden Keller eine zum Verkauf bestimmte nicht geringe Menge Haschisch. Der Angeklagte B. unterstützte S. bei dem Verkaufsangebot als Gehilfe. Zudem hielt er in einem Lagerraum knapp 850 g Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf bereit. Er verfügte über die typischen Utensilien eines Rauschgifthändlers. Beide Angeklagten betätigten sich mindestens im Tatzeitraum Mitte des Jahres 2008 über die verfahrensgegenständlichen Taten hinaus im gewerbsmäßigen unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln.

Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte S. seit langer Zeit (UA S. 6), der Angeklagte B. jedenfalls im Tatzeitraum (UA S. 11) arbeitslos gewesen ist. Gleichwohl sah sich S. in der Lage, eine Betäubungsmittelmenge zu einem Einkaufspreis von 38.000 EUR zu beschaffen (UA S. 15). Nach dem Inhalt eines Telefongesprächs erwartete er hierfür im April 2008 "eine Menge Geld", "sechzig-, siebzigtausend" (UA S. 40). S. nutzte einen Pkw der Marke BMW, B. einen solchen der Marke Mercedes Benz. Jedenfalls bei B. wurden Geldbeträge sichergestellt (UA S. 88).

II.

Zur Frage der Verfallsanordnung hat das Landgericht ausgeführt (UA S. 105):

"Die Anordnung des beantragten Verfalls nach § 73 StGB kam nach den von der Kammer getroffenen Feststellungen hinsichtlich beider Angeklagter nicht in Betracht. In keinem der zur Verurteilung führenden Fälle konnten hinreichende Feststellungen über von den beiden Angeklagten tatsächlich aus Betäubungsmittelgeschäften erzielte Einkünfte getroffen werden. Vor diesem Hintergrund konnte die Kammer auch nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen, ob oder in welcher Höhe die Voraussetzungen des erweiterten Verfalls vorlagen."

Diese Begründung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie lässt besorgen, dass das Landgericht das Rechtsinstitut des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB verkannt hat. § 73d StGB erweitert die Zugriffsmöglichkeit über das aus verfahrensgegenständlichen Taten Erlangte hinaus auf sonstige Vermögenswerte deliktischer Herkunft. Die betreffenden Taten müssen dabei weder Gegenstand der Anklage noch bewiesen sein; es genügt, wenn das Gericht von der Herkunft des Erlangten aus (irgendwelchen) rechtswidrigen Taten überzeugt ist (BGHSt 40, 371 ). Liegen - wie hier (§ 33 Abs. 1 BtMG) - die Voraussetzungen einer Rückverweisungsklausel vor, so ist die Verfallsanordnung grundsätzlich obligatorisch.

Das Landgericht hätte sich im Einzelnen damit auseinandersetzen müssen, ob von den Angeklagten erzielte Einkünfte und sonstige Vermögenswerte aus anderen rechtswidrigen Taten herrühren. Hierfür bestehen nach Lage des Falls gewichtige Anhaltspunkte. Namentlich nutzten beide Angeklagten trotz ihrer Arbeitslosigkeit hochwertige Kraftfahrzeuge und wurden bei B. Geldbeträge sichergestellt.

Das Fehlen der gebotenen Erörterung stellt vor diesem Hintergrund einen Sachmangel dar, der zur Aufhebung des Urteils führt, soweit die Anordnung des erweiterten Verfalls unterblieben ist.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
WAAAD-29240

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