Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 130a
Instanzenzug: LAG München, 8 Sa 151/08 vom ArbG München, 27 Ca 1271/07 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 450.000,00 Euro brutto im Zusammenhang mit der geplanten Veräußerung von Geschäftsanteilen einer GmbH.
Der Kläger war vom bis zum Wirksamwerden einer Aufhebungsvereinbarung vom bei der Beklagten beschäftigt. Nach Ziff. 3 dieser Vereinbarung sollte der Kläger für die Mitwirkung bei der Veräußerung der Geschäftsanteile an einem Unternehmen, zu dessen Geschäftsführer er ab dem berufen worden war, eine Erfolgsvergütung in Form eines Anteils am Verkaufspreis erhalten. Im Juni 2006 beschloss die Gesellschafterversammlung, die Geschäftsanteile an diesem Unternehmen nicht zu verkaufen. Der Kläger erhielt keine Erfolgsvergütung und verlangt diese mit der vorliegenden Klage.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der erst- und zweitinstanzliche Vertreter des Klägers, Rechtsanwalt Dr. S, mit eigenhändig unterschriebenem Schriftsatz vom Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung vom schließt auf der letzten Seite mit einem Faksimile-Stempel der Unterschrift des Rechtsanwalts Dr. S und einem Zusatz in Druckschrift "Dr. S Rechtsanwalt" ab. Dieser Schriftsatz ist am Dienstag nach Ostern, dem , per Post beim Landesarbeitsgericht eingegangen. An diesem Tag lief die Berufungsbegründungsfrist ab.
Das Landesarbeitsgericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den anberaumt und hierzu einen Zeugen geladen. Im Zuge der Erörterungen der Formalien des Rechtsmittels erklärte der Klägervertreter, dass der Berufungsbegründungsschriftsatz von ihm eigenhändig mit dem Faksimile-Stempel versehen worden sei, was der Beklagtenvertreter mit Nichtwissen bestritt. Das Gericht beraumte sodann einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den an und gab dem Kläger auf, auf einen Schriftsatz der Beklagten vom zu erwidern, in dem diese nach Einsicht in die Gerichtsakte gerügt hatte, dass die Unterschrift unter der Berufungsbegründung nicht ordnungsgemäß sei. Der Klägervertreter erwiderte darauf mit Schriftsatz vom , den er eigenhändig unterschrieb und sowohl per Fax als auch per Post an das Landesarbeitsgericht versandte.
Er trug darin vor, er habe nicht selbst den Faksimile-Stempel unter den Schriftsatz gesetzt. Er sei am nicht in D gewesen. Am Vormittag dieses Tages habe er seiner Sekretärin, die den mit dem Kläger zuvor abgestimmten Berufungsbegründungsschriftsatz fertig gestellt habe, nach abschließender Durchsicht des ihm per Telefax und E-Mail in sein häusliches Büro übersandten Schriftsatzes angewiesen, das Dokument von D aus per Telefax an das Gericht zu übermitteln. Dabei habe die Sekretärin den Schriftsatz auf seine Anweisung mit seinem Unterschriftsstempel versehen, auf den sie und er allein Zugriff hätten und den die Sekretärin nur nach konkreter Einzelanweisung nutzen dürfe. Auf diesen Schriftsatz hat die Beklagte nochmals am erwidert.
Der Kläger ist der Ansicht, die Berufung sei zulässig. Er trägt hierzu weiterhin vor, dass die Sekretärin seines Prozessbevollmächtigten am Tag vor Karfreitag, dem , sechsmal erfolglos versucht habe, den Schriftsatz per Telefax zu übersenden. Dies sei auch am , dem Tag nach Ostermontag, nicht gelungen. Sie habe erfahren, dass das Faxgerät des Gerichts überlastet gewesen sei. Man habe ihr mitgeteilt, die Berufungsbegründung sei bereits eingegangen, so dass ein weiterer Versand per Telefax nicht erforderlich sei.
Der Kläger meint, die Voraussetzungen des § 130 Nr. 6 ZPO lägen vor. Die mit einem Abdruck der eigenhändigen Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Klägers versehene Berufungsbegründungsschrift werde den gesetzlichen Formanforderungen gerecht. Zum einen handele es sich bei der Vorschrift des § 130 Nr. 6 ZPO lediglich um eine Sollvorschrift. Jedenfalls aber seien die Voraussetzungen des § 130 Nr. 6 1. Alt. ZPO erfüllt. Der Sachverhalt unterscheide sich nicht von der Übersendung eines Schriftsatzes mit eingescannter Unterschrift per Computerfax, die der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes am als zulässig angesehen habe. Auch beim Computerfax werde nicht jedes Mal aufs Neue eine Originalunterschrift eingescannt. Die in einer Bilddatei gespeicherte Unterschrift werde vielfach verwendet, ohne dass ein weiterer Bezug zu einer irgendwann in der Vergangenheit geleisteten Originalunterschrift bestehe oder der Rechtsanwalt den zu unterzeichnenden Schriftsatz sehen müsse. Die Bilddatei mit der gescannten Unterschrift füge typischerweise nicht der Anwalt, sondern die den Computerfaxschriftsatz schreibende Sekretärin bei. Die gespeicherte Grafikdatei mit der Abbildung der Unterschrift des Rechtsanwalts müsse als einem Stempel verwandt angesehen werden, weil er von einer Vorlage gefertigt wurde und der Schriftzug beliebig oft reproduziert werden könne. Das Einscannen sei mit der Herstellung eines Stempels vergleichbar. Technische Umstände und Voraussetzungen rechtfertigten keine Ungleichbehandlung. Auch beim Computerfax sei es theoretisch möglich, den Schriftsatz auszudrucken, zu unterschreiben und sodann eingescannt und elektronisch an das Telefaxgerät des Gerichts zu übermitteln. Sinn und Zweck des § 130 Nr. 6 ZPO, nämlich die Klarstellung, dass es sich bei dem Schriftstück nicht um einen bloßen Entwurf handele, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden sei und der Unterzeichner die Verantwortung dafür trage, sei sowohl durch das Computerfax als auch durch einen Faksimile-Stempel gleichermaßen zu erreichen. Im Gegenteil bestehe bei der Übermittlung eines Computerfaxes viel eher die Gefahr, dass ein Entwurf versandt werde, da hierfür ein einziger Knopfdruck genüge. Die Verwendung eines Stempels bedürfe hingegen mehrerer Arbeitsschritte. Eine eingescannte Unterschrift biete auch keine größere Gewähr für die Urheberschaft des Rechtsanwalts als die Übermittlung eines mit Unterschriftstempel versehenen Schriftsatzes per Telefax. Jeder, der Zugriff auf die gespeicherte Datei habe, könne ein entsprechendes Schriftstück anfertigen. Es bestehe nicht die Pflicht, das Original der Faxvorlage vorzulegen. Es sei daher nicht möglich, festzustellen, ob das Original vor Versendung mit einer eigenhändigen Unterschrift oder nur mit einer eingescannten Unterschrift oder einem Stempel versehen worden sei. Der Bundesgerichtshof habe sogar die Kopie der Kopie einer Unterschrift als zulässig erachtet, nämlich dann, wenn ein Rechtsanwalt einen Schriftsatz in Original unterschreibe, er diesen dann an seine Kanzlei faxe und seine Mitarbeiter das in der Kanzlei empfangene Fax dann per Telefax an das Gericht übermittelten. Ein Faksimile-Stempel begründe keineswegs in erhöhtem Maße Zweifel an der Urheberschaft. Die Verwendung des Faksimile-Stempels sei mit der Verwendung einer Blanko-Unterschrift vergleichbar, die dann die gesetzlichen Formerfordernisse erfülle, wenn der Rechtsanwalt seiner Bürokraft einen inhaltlich genau bestimmten Text übermittele und diese ihn dann auf einem mit einer Blanko-Unterschrift versehenen Papier ausdrucke.
Anhaltspunkte für die fehlende Authentizität oder Ernsthaftigkeit seien im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Das Fehlen einer Unterschrift sei unschädlich, wenn sich aus anderen Umständen ergebe, dass die Berufungsbegründung von dem beauftragten Prozessbevollmächtigten herrühre und von diesem mit Wissen und Wollen in den Verkehr gebracht worden sei. Zwar habe Rechtsanwalt Dr. S die Sekretärin angewiesen, den Schriftsatz per Telefax zu übersenden, was nicht gelungen sei. Von den vergeblichen Versuchen habe er erst durch das Urteil des Berufungsgerichts erfahren. Dies spiele aber keine Rolle. Die Berufungsbegründung verfüge über den gleichen Briefkopf und das gleiche Spezialpapier wie der vorangegangene Schriftsatz, mit dem die Berufung eingelegt worden sei und bei dem es sich ebenfalls nicht um einen Entwurf gehandelt habe. Auch aus dem Inhalt des Schriftsatzes ergebe sich die Echtheit und Ernsthaftigkeit der Berufungsbegründung. Im erstinstanzlichen Verfahren habe der Klägervertreter den letzten Schriftsatz vom ebenfalls mit einem Faksimile-Stempel versehen und vorab per Telefax an das Arbeitsgericht übersandt. Auch dieser sei mit Wissen und Wollen des Klägervertreters erstellt und versandt worden.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 450.000,00 Euro brutto nebst acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Antrag, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, vorgetragen, es liege keine formgültige Unterschrift unter der Berufungsbegründung vor. Im Übrigen sei die Klage unbegründet.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass nach der ständigen Rechtsprechung aller obersten Gerichtshöfe des Bundes bestimmende Schriftsätze grundsätzlich eigenhändig von einer postulationsfähigen Person unterschrieben sein müssten. Die Unterschrift solle die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Es solle sichergestellt werden, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handele. Dem werde ein Faksimile-Stempel nicht gerecht. Zwar möge ein Computerfax mit eingescannter Unterschrift auf den ersten Blick einem Schriftsatz mit Faksimile-Stempel vergleichbar erscheinen. Es sei jedoch auch im Hinblick auf die mittlerweile eingetretenen Rechtsänderungen in der ZPO schon nicht mehr eindeutig, dass dem noch gefolgt werden könne. Trotz Kenntnis des Beschlusses des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes sei die von diesem entschiedene Variante des Computerfaxes nicht ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen worden. Die Erleichterungen bei der Unterschriftsleistung im Hinblick auf Telegramm, Telefax und Computerfax seien den technischen Umständen und Voraussetzungen geschuldet. Aus den bisher zugelassenen Ausnahmen im Bereich der fortwährenden technischen Entwicklung könne nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift für die auf normalen Weg übersandten Schriftsätze aufgegeben worden sei. Dies führe nicht zu einer Ungleichbehandlung. Auch der Zugang zur jeweiligen nächsten Instanz werde nicht unzumutbar erschwert. Da nahezu alle Schriftsätze des Klägervertreters mit eigenhändiger Unterschrift versehen worden seien, müsse es zudem zweifelhaft sein, ob tatsächlich der Berufungsbegründungsschriftsatz mit seinem Wissen und Wollen die Kanzlei verlassen habe. Ein Begleitschreiben oder ein eigenhändiger Beglaubigungsvermerk fehle.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, weil die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet worden ist. Es fehlt an der eigenhändigen Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Klägers und damit an einem Formerfordernis der Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz iSv. § 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 520 Abs. 3, § 130 Nr. 6 ZPO.
1. Sowohl das Bürgerliche Gesetzbuch (§§ 126, 126a) als auch die Zivilprozessordnung unterscheiden zwischen der Schriftform und der elektronischen Form. Wo die Schriftform vorgeschrieben ist, wie für die Berufungsschrift (§ 519 Abs. 1 ZPO) und die Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 ZPO) "genügt" dieser Form nach § 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO und § 46c ArbGG die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn dieses für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist. § 126 Abs. 3 BGB regelt - insofern genauer - dass die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden kann. Die elektronische Form iSv. § 46c ArbGG, § 130a ZPO wurde für die Berufungsbegründung nicht gewählt, sondern der Schriftsatz wurde per Post versandt.
2. Die Schriftform wurde nicht eingehalten.
a) Nach ständiger Rechtsprechung sämtlicher oberster Gerichtshöfe des Bundes muss die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufungsbegründung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss ( - Rn. 15 mwN, NJW 2005, 2086).
b) Diesen Anforderungen entspricht ein Unterschriftsstempel nicht. Ein solcher ist keine eigenhändige Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet iSd. § 130 Nr. 6 ZPO. Es besteht kein Anlass, dies aufgrund der fortgeschrittenen technischen Entwicklung und der dieser geschuldeten zahlreichen Ausnahmen vom eigenhändigen Unterschriftserfordernis anders zu sehen.
aa) Zwar enthält § 130 ZPO im Eingangssatz die Formulierung "die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten ...", dies ist jedoch bezüglich des Unterschriftserfordernisses in Nr. 6 immer als "müssen" interpretiert worden. In Kenntnis der einhelligen Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat der Gesetzgeber auch bei Änderungen des Gesetzes keinen Anlass gesehen, ein anderes Verständnis in irgendeiner Form auszudrücken. Vielmehr hat der Gesetzgeber bei der im Jahre 2001 in Kraft getretenen Änderung des § 130 Nr. 6 ZPO in seiner Begründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Neufassung der Vorschrift das Unterschriftserfordernis für Schriftsätze beibehalte. Eine Korrektur der umfangreichen Rechtsprechung hierzu sei nicht geboten und auch nicht beabsichtigt (BT-Drucks. 14/4987 S. 23 f.).
bb) In der Vergangenheit sind im Hinblick auf den technischen Fortschritt in einem erheblichem Umfang Ausnahmen vom eigenhändigen Unterschriftserfordernis zugelassen worden. Dies ist dem Gedanken geschuldet, dass dieses kein Selbstzweck ist, sondern dem im Rechtsverkehr erforderlichen Interesse der Sicherheit und dem Vertrauen auf die Urheberschaft dient.
(1) So hat die Rechtsprechung bereits früh die Übermittlung einer Rechtsmittelschrift und anderer bestimmender Schriftsätze durch ein Telegramm oder mittels Fernschreiben für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise bei GmS OGB - GmS-OGB 1/98 - BGHZ 144, 160, 162 ff.). Auch die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig. Diese Dokumente werden vom Gesetz zu den schriftlichen, nicht den elektronischen Dokumenten gezählt. Maßgeblich für deren Wirksamkeit ist allein die auf Veranlassung des Absenders am Empfangsort (Gericht) erstellte körperliche Urkunde. Die Speicherung tritt nicht an die Stelle der Schriftform. § 130 Nr. 6 ZPO trägt der elektronischen Übermittlungsform nur insofern Rechnung, als er an die Stelle der grundsätzlich zwingenden Unterschrift auf der Urkunde die Wiedergabe dieser Unterschrift in der bei Gericht erstellten Kopie genügen lässt ( - NJW 2008, 2649).
(2) Für eine durch Computerfax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes am entschieden (- GmS-OGB 1/98 - BGHZ 144, 160), dass in Prozessen mit Vertretungszwang bestimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verlässlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung ebenfalls gewahrt werden könne. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen, so sei die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, dass seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.
(3) Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass eine Berufungsbegründung in schriftlicher Form eingereicht sei, sobald dem Berufungsgericht ein Ausdruck der als Anhang einer elektronischen Nachricht übermittelten, die vollständige Berufungsbegründung enthaltenen Bilddatei (PDF-Datei) vorliege. Sei die Datei durch Einscannen eines vom Prozessbevollmächtigten unterzeichneten Schriftsatzes hergestellt, sei auch dem Unterschriftserfordernis des § 130 Nr. 6 ZPO genügt. Der Gesetzgeber habe zwar die Wiedergabe der Unterschrift nur für den Fall der Übermittlung durch einen Telefaxdienst ausdrücklich zugelassen. Nehme das Gericht aber einen auf andere Weise elektronisch übermittelten Schriftsatz entgegen, behindere es den Zugang zu Gericht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise, würde die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie in diesem Fall nicht für ausreichend erachtet. Der Gesetzgeber habe dies nicht ausschließen wollen, als er § 130a ZPO schuf. Vielmehr gehe aus dem Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäfteverkehr (BT-Drucks. 14/5561 S. 20), das am verabschiedet wurde, hervor, dass die neuen Vorschriften die durch die vom Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes bereits vorbehaltlos für zulässig erachteten elektronisch übermittelten Dokumente wie Telefax und Computerfax nicht berühren sollten, sondern nur für elektronische Dokumente mit elektronischer Signatur eine zusätzliche Möglichkeit schaffen wollten ( - NJW 2008, 2649).
Das Landesarbeitsgericht hat dies in Zweifel gezogen. Die Frage kann aber für den vorliegenden Rechtsstreit dahinstehen, da der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten kein Computerfax übersandt hat, sondern einen in Papier ausgedruckten Schriftsatz, der per Post versandt worden ist.
cc) Diese Ausnahmen zwingen nicht dazu, die eigenhändige Unterschrift durch einen Faksimile-Stempel ersetzbar zu machen.
(1) In der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom war es noch für zulässig gehalten worden, die Unterschrift durch den Hinweis zu ersetzen, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom (- XI ZR 128/04 - Rn. 17, NJW 2005, 2086) in Frage gestellt, ob dies nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO, wonach für das Telefax ausdrücklich "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie" verlangt wird, noch aufrechterhalten werden könne. Angesichts des eindeutigen Gesetzestextes spreche sehr viel dafür, dass die Ersetzung der Unterschrift durch einen Vermerk nicht mehr als zulässig angesehen werden könne. Dafür spreche auch, dass die Unterschrift beim Computerfax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden könne, so dass kein überzeugender Grund bestehe, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten. Die Frage ist in der zitierten Entscheidung jedoch nicht abschließend entschieden worden. In jedem Fall wird deutlich, dass das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift im Zuge der technischen Entwicklung nicht allmählich aufgeweicht werden soll, sondern weiterhin fortbesteht und ernst zu nehmen ist.
(2) In der Rechtsprechung ist es bisher auch nur dort für verzichtbar gehalten worden, einen Schriftsatz mit eigenhändiger Unterschrift zu versehen, wo die technischen Hilfsmittel es soweit wie möglich sicherstellen, dass der Schriftsatz auch tatsächlich vom Urheber herrührt. So wurde beim Fernschreiben darauf abgestellt, dass ein solches nur derjenige absenden könne, wer von der Deutschen Bundespost zum Fernschreibverkehr zugelassen und wem von ihr eine Telex-Nummer zugeteilt worden war. Damit sei die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unbefugter tätig werde, gering. Auch die Möglichkeit, dass es sich bei dem Fernschreiben nur um einen Entwurf handele, könne der Empfänger in aller Regel ausschließen. Der Text eines Fernschreibens beginne und ende mit der sog. Kennung des Absenders und des Empfängers, durch sie stelle der Absender bewusst die Verbindung zum Empfänger her. Wenn es sich um eine Rechtsmittelbegründungsschrift handele, müsse der Empfänger für deren Entgegennahme zuständig sein ( - Rn. 9, 10, BGHZ 97, 283).
(3) Auch wenn sich durch die Zulassung moderner Telekommunikationsmittel die Gestaltungs- und Manipulationsmöglichkeiten für Parteien und Parteienvertreter vergrößert haben, ist dies kein Grund, auf das Unterschriftserfordernis auch dann zu verzichten, wenn die Technik der Übermittlung den Verzicht nicht erfordert, und auf diese Weise zusätzlich zu den bestehenden noch weitere Manipulationsmöglichkeiten zu eröffnen ( - Rn. 25, AP ZPO § 518 Nr. 67 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 21).
(a) Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom (- X ZB 8/08 - NJW 2008, 2649) darauf hingewiesen, dass es bei Telekopien und Bilddateien kaum noch möglich sei, zu überprüfen, ob der Schriftsatz tatsächlich von demjenigen autorisiert sei, von dem er autorisiert zu sein scheine. In der Literatur werden angesichts der zahlreichen Ausnahmen vom Grundsatz, dessen dogmatischer Herleitung und der nach Ansicht der Verfasser nicht nachvollziehbaren Handhabung in verschiedenen Verfahrensordnungen Bedenken sogar gegen die Aufrechterhaltung des Unterschriftserfordernisses als solchem erhoben (zB Zöller/Greger ZPO 27. Aufl. § 130 Rn. 21 f. mwN).
(b) Diese sind jedoch nicht gerechtfertigt. Auch der 10. Zivilsenat des BGH hat in der zitierten Entscheidung vom ausdrücklich keinen Widerspruch zu der Annahme des 11. Zivilsenats in dessen Beschluss vom (- XI ZB 40/05 - NJW 2006, 3784) gesehen, wonach eine eingescannte Unterschrift in einem bestimmenden Schriftsatz nicht den Formerfordernissen des § 130 Nr. 6 ZPO genüge, wenn der Schriftsatz nicht unmittelbar aus dem Computer, sondern mit Hilfe eines normalen Faxgeräts versandt werde. Es komme nur darauf an, ob es von einer eigenhändig unterzeichneten Urkunde gewonnen worden sei. Es sei unzulässig, einen bestimmenden Schriftsatz mit einer Faksimile-Unterschrift über ein herkömmliches Faxgerät zu versenden, daher könne es ebenso wenig zulässig sein, denselben Schriftsatz mittels eines Scanners aufzunehmen und über den Computer zu versenden. In beiden Fällen fehle es nämlich an der technischen Notwendigkeit, eine Faksimile-Unterschrift genügen zu lassen. Werde der Schriftsatz mittels eines Faxgeräts übermittelt, könne er zuvor ohne Weiteres von dem Prozessbevollmächtigten unterschrieben werden.
(c) In der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegen diesen Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass die hinsichtlich des Computerfaxes bestehende Ausnahme nicht dazu zwinge, sie noch auf weitere Fälle zu erstrecken. Die Beschränkung der Ausnahme auf das Computerfax werde vielmehr durch einen tragfähigen, aus dem Normzweck des § 130 Nr. 6 ZPO folgenden Sachgrund gerechtfertigt. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auf dem Original des verfahrensbestimmenden Schriftsatzes vermöge am wirkungsvollsten sicherzustellen, dass der Berechtigte das Schreiben autorisiert habe. Die eigenhändige Unterschrift gewährleiste, dass der Schriftsatz dem Berechtigten vor der Übermittlung vorgelegen habe und er diesen überprüfen konnte. Bei der eingescannten Unterschrift sei dies nicht in gleicher Weise gegeben. Die in Dateiform gespeicherte Unterschrift könne dem Ausdruck vielmehr von jeder Person beigefügt werden, und zwar ohne dass diese Person im Nachhinein erkennbar sei. Deshalb begegne auch das von den Gerichten gewählte Differenzierungskriterium, das auf die technische Möglichkeit der Beifügung einer eigenhändigen Unterschrift abstelle, keinen Bedenken. Das Differenzierungskriterium begrenze aber die Ausnahme von der Regel des § 130 Nr. 6 ZPO auf diejenigen Fälle, in denen dem Unterschriftserfordernis tatsächlich nicht genügt werden könne. Diese Differenzierung sei sachgerecht, weil sie Ausnahmen und damit Abstriche an der Zielsetzung des § 130 Nr. 6 ZPO auf das unumgängliche Mindestmaß begrenze. Dabei könne offenbleiben, ob weitere Abstriche möglicherweise vertretbar oder gar zweckmäßig wären ( - NJW 2007, 3117).
(4) Ein Faksimile-Stempel kann auch nicht deshalb die eigenhändige Unterschrift ersetzen, weil in der Rechtsprechung eine eigenhändige Blanko-Unterschrift für zulässig erachtet worden ist ( - NJW 2005, 2709). Eine Blanko-Unterschrift erfüllt aber nur dann die gesetzlichen Formerfordernisse, wenn der Rechtsanwalt seiner Bürokraft einen inhaltlich genau bestimmten Text übermittelt und diese ihn dann auf einem mit einer Blanko-Unterschrift des Rechtsanwalts versehenen Papier ausdruckt. Es ist zweifelhaft, ob eine Blanko-Unterschrift die Formerfordernisse erfüllen kann, da durch sie nicht ohne Weiteres erkennbar wird, dass der Rechtsanwalt eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durcharbeitung des Streitstoffs vorgenommen hat und durch seine Unterschrift die Verantwortung für das Rechtsmittel übernimmt (vgl. - NZA 1992, 664). Die Frage kann aber dahinstehen, da eine - immerhin eigenhändige - Blanko-Unterschrift einem Faksimile-Stempel nicht gleichsteht.
dd) Die vorstehenden Erwägungen treffen auch auf die Unterschriftsleistung im vorliegenden Fall zu. Es gab mehrere Möglichkeiten, eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung zu übermitteln. Auch wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers am letzten Werktag vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht am Ort der Kanzlei war, hätte er den Schriftsatz nach Bearbeitung an sein Büro schicken und einem der dort ansässigen ca. 30 Anwälte nochmals die Prüfung und die Unterschriftsleistung übertragen können, worauf der Schriftsatz dann mit dessen Unterschrift an das Gericht hätte übermittelt werden können. Er hätte den Schriftsatz auch durch einen der in München, am Sitz des Landesarbeitsgerichts, zur Kanzleigemeinschaft des Prozessbevollmächtigten gehörenden ca. 57 Anwälten übermitteln lassen können. Er hätte auch den Schriftsatz eigenhändig unterschreiben und als Bilddatei oder als Telefax von seinem häuslichen Arbeitsplatz an das Gericht versenden können. In jedem dieser Fälle läge eine eigenhändige Unterschrift vor und die Berufungsbegründungsfrist wäre gewahrt worden.
Aus diesem Grund hätte es auch nicht ausgereicht, wie es der Klägervertreter zunächst angewiesen hatte, den Schriftsatz als Telefax zu versenden, denn auch in diesem Fall hätte der Übersendung per Telefax nur eine Faksimile-Unterschrift zugrunde gelegen.
ee) Es bestehen auch keine Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift, die eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten des Klägers bieten sowie seinen Willen belegen, für ihren Inhalt die Verantwortung zu übernehmen. Die Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits rechtzeitig Berufung gegen das landesarbeitsgerichtliche Urteil eingelegt hat, reicht ebenso wenig hierfür aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz. Beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, dass das Schriftstück von einer beim Berufungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist ( - Rn. 23, NJW 2005, 2086).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2009 S. 3596 Nr. 49
QAAAD-29203
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein