Artikel 6 Widerrufsrecht
(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Verbraucher innerhalb einer Frist von 14 Kalendertagen den Vertrag widerrufen kann, ohne Gründe nennen oder eine Vertragsstrafe zahlen zu müssen. Bei Fernabsatzverträgen über Lebensversicherungen, die unter die Richtlinie 90/619/EWG fallen, und bei Fernabsatzverträgen über die Altersversorgung von Einzelpersonen wird diese Frist jedoch auf 30 Kalendertage verlängert.
Die Widerrufsfrist beginnt zu laufen:
am Tag des Abschlusses des Fernabsatzvertrags, außer bei den genannten Lebensversicherungen; bei diesen beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher über den Abschluss des Fernabsatzvertrags informiert wird;
oder an dem Tag, an dem der Verbraucher die Vertragsbedingungen und Informationen gemäß Artikel 5 Absatz 1 oder 2 erhält, wenn dieser Zeitpunkt später als der im ersten Gedankenstrich genannte liegt.
Die Mitgliedstaaten können zusätzlich zum Widerrufsrecht vorsehen, dass die Wirksamkeit von Fernabsatzverträgen über Geldanlagedienstleistungen für die Dauer der in diesem Absatz vorgesehenen Frist ausgesetzt wird.
(2) Das Widerrufsrecht ist ausgeschlossen bei
Finanzdienstleistungen, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Anbieter keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, wie z. B. Dienstleistungen im Zusammenhang mit
Devisen,
Geldmarktinstrumenten,
handelbaren Wertpapieren,
Anteilen an Anlagegesellschaften,
Finanztermingeschäften (Futures) einschließlich gleichwertiger Instrumente mit Barzahlung,
Zinstermingeschäften (FRA),
Zins- und Devisenswaps sowie Swaps auf Aktien- oder Aktienindexbasis (“equity swaps“),
Kauf- oder Verkaufsoptionen auf alle in diesem Buchstaben genannten Instrumente einschließlich gleichwertiger Instrumente mit Barzahlung. Zu dieser Kategorie gehören insbesondere die Devisen- und die Zinsoptionen;
Reise- und Gepäckversicherungspolicen oder bei ähnlichen kurzfristigen Versicherungspolicen mit einer Laufzeit von weniger als einem Monat;
Verträgen, die auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers von beiden Seiten bereits voll erfüllt sind, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt.
(3) Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass das Widerrufsrecht in folgenden Fällen ausgeschlossen ist:
bei einem Kredit, der überwiegend für den Erwerb oder die Erhaltung von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder einem bestehenden oder geplanten Gebäude oder zur Renovierung oder Aufwertung eines Gebäudes bestimmt ist; oder
bei einem Kredit, der entweder durch eine Hypothek auf einen unbeweglichen Vermögensgegenstand oder durch ein Recht an einem unbeweglichen Vermögensgegenstand gesichert ist; oder
bei Erklärungen von Verbrauchern, die unter Mitwirkung eines Amtsträgers abgegeben werden, unter der Voraussetzung, dass der Amtsträger bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers gemäß Artikel 5 Absatz 1 gewahrt wurden.
Das Recht auf eine Bedenkzeit zugunsten der Verbraucher mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, in dem ein solches Recht zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie besteht, bleibt von diesem Absatz unberührt.
(4) Die Mitgliedstaaten, die von der in Absatz 3 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen, teilen dies der Kommission mit.
(5) Die Kommission leitet die von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen an das Europäische Parlament und den Rat weiter und stellt sicher, dass diese auf Wunsch auch den Verbrauchern und Anbietern zur Verfügung stehen.
(6) Übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht aus, so teilt er dies vor Fristablauf unter Beachtung der ihm gemäß Artikel 3 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe d) gegebenen praktischen Hinweise in einer Weise mit, die einen Nachweis entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ermöglicht. Die Frist gilt als gewahrt, wenn die Mitteilung, sofern sie in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften dem Empfänger zur Verfügung stehenden und ihm zugänglichen Datenträger erfolgt, vor Fristablauf abgesandt wird.
(7) Dieser Artikel gilt nicht für Kreditverträge, die gemäß Artikel 6 Absatz 4 der Richtlinie 97/7/EG oder Artikel 7 der Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien [1] widerrufen wurden.
Wurde einem Fernabsatzvertrag über eine bestimmte Finanzdienstleistung ein anderer Fernabsatzvertrag hinzugefügt, der Dienstleistungen des Anbieters oder eines Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Anbieter betrifft, so wird dieser Zusatzvertrag ohne Vertragsstrafe aufgelöst, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht nach Artikel 6 Absatz 1 ausübt.
(8) Dieser Artikel berührt nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kündigung, die Auflösung oder die Unwirksamkeit eines Fernabsatzvertrags oder das Recht eines Verbrauchers, seine vertraglichen Verpflichtungen vor der in dem Fernabsatzvertrag festgesetzten Frist zu erfüllen. Dies gilt ungeachtet der Bedingungen für eine Aufhebung des Fernabsatzvertrags und deren rechtlicher Wirkungen.
Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
ZAAAD-29051
1Amtl. Anm.: ABl L 280 vom 29. 10. 1994, S. 83.