Berücksichtigung von später zurückgeforderten BAföG-Zuschüssen bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte und Bezüge; Ausgestaltung des Grenzbetrags als Freigrenze verfassungskonform; Vorliegen einer Abweichung
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, EStG § 32 Abs. 4 Satz 2, GG Art. 3 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhielt für seinen Sohn (S), der im Streitjahr 2005 studierte, bis einschließlich Mai 2005 Kindergeld. Die weitere Zahlung wurde auf Wunsch des Klägers wegen der noch nicht abzusehenden Höhe der Einkünfte und Bezüge des S ausgesetzt.
In den Monaten Januar bis August 2005 bezog S Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), die aus einem Darlehensanteil und einem Zuschussanteil bestanden. Diese BAföG-Leistungen zahlte S im Jahr 2007 aufgrund eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids vom zurück.
Nach einer Überprüfung der Einkünfte und Bezüge des S für 2005 teilte die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) dem Kläger durch Bescheid vom mit, der maßgebliche Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. für das Jahr 2005 (EStG) in Höhe von 7 680 € sei überschritten, sodass kein Anspruch auf Kindergeld bestehe. Bei der Berechnung der Bezüge hatte die Familienkasse nur den für acht Monate gezahlten Zuschussanteil in Höhe von monatlich 106 € (= 848 €) berücksichtigt. Der Einspruch blieb erfolglos.
Mit der Klage wendete sich der Kläger gegen den Ansatz der im Jahr 2007 zurückgezahlten BAföG-Zuschüsse.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger sinngemäß die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltend. Nach Ansicht des FG fließe die staatliche Zuwendung im Jahr der Rückzahlung ab. Das Urteil des FG stehe damit im Widerspruch zum (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst —DStRE— 2007, 89). Danach sei für die steuerliche Abziehbarkeit von Ausbildungsdarlehen der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die kreditfinanzierten Aufwendungen verausgabt worden seien. Darauf abzustellen, wann die Zuschüsse zurückgezahlt worden seien, widerspreche den Maßgaben der Entscheidung des (BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260). Denn bei einem Abstellen auf den Zeitpunkt des Abflusses der BAföG-Zuschüsse hänge die Gewährung des Kindergeldes vom Zufall ab, nämlich davon, in welchem Jahr die Zuschüsse zurückgefordert würden. Außerdem werde der maßgebliche Jahresgrenzbetrag nur um 107,05 € überschritten. Eine vollständige Versagung des Kindergeldes sei nicht verfassungskonform.
Der Senat hatte das Verfahren bis zu einer Entscheidung des BVerfG in dem Verfahren 2 BvR 1874/08, das die fehlende Härtefallregelung in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG betraf, ausgesetzt. Das (BFH/NV 2009, 1067) die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Substantiierung nicht zur Entscheidung angenommen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) bedarf es nicht. Denn eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung als der BFH oder ein anderes FG vertritt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2008, 802, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53, m.w.N.). Sowohl der dem Urteil des FG Nürnberg in DStRE 2007, 89 zugrunde liegende Sachverhalt als auch die rechtlichen Aussagen des FG Nürnberg haben aber keinen Bezug zum Streitfall.
Im Fall des FG Nürnberg ging es um die Abziehbarkeit von Ausbildungsdarlehen bei der Einkommensteuerveranlagung. Das FG Nürnberg hat ausgeführt, die Finanzierung des Studiums durch ein Darlehen sei steuerlich neutral. Der Erhalt des BAföG-Darlehens führe nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen, so dass auch die Rückzahlung nicht steuermindernd berücksichtigt werden könne. Bei der Tilgung des Darlehens handele es sich nicht um unmittelbare Aufwendungen für die Berufsausbildung des Steuerpflichtigen; diese seien —im Jahr der Verausgabung— in der Regel nur als Sonderausgaben abziehbar.
Der Streitfall betrifft aber nicht die Frage, ob BAföG-Darlehensbeträge als Bezug zu berücksichtigen, oder wann mit BAföG-Darlehen finanzierte Ausgaben abzuziehen sind. Denn die Familienkasse hat bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte und Bezüge nur die Zuschussanteile der BAföG-Leistungen angesetzt. Die Frage, ob —zu Unrecht erhaltene und deshalb zurückzuzahlende— BAföG-Zuschüsse im Jahr des Zuflusses als Bezug anzusetzen sind, steht mit dem Urteil des FG Nürnberg in DStRE 2007, 89 in keinem Zusammenhang.
2. Die Rechtsfrage, ob BAföG-Zuschüsse im Jahr des Zuflusses als Bezug zu berücksichtigen sind, auch wenn sie in einem späteren Jahr zurückgezahlt werden mussten, ist auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Durch die Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge eines Kindes i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG alle Einkünfte und Bezüge zu erfassen sind, die dem Kind im Laufe eines Jahres zufließen; Zuflüsse und Abflüsse in anderen Jahren —wie im Streitfall der Abfluss des Zuschusses im Jahr 2007— bleiben außer Betracht (z.B. , BFH/NV 2002, 1430, unter II. 2. a bb, m.w.N.).
3. Ebenso wenig ist die Frage der fehlenden Härtefallregelung von grundsätzlicher Bedeutung.
Durch die Rechtsprechung des BFH ist ebenfalls bereits geklärt, dass die Ausgestaltung des Grenzbetrags nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG als Freigrenze verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (z.B. , BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566; vom VIII R 66/99, BFH/NV 2005, 24, und vom VIII R 20/02, BFH/NV 2005, 36, jeweils m.w.N.). Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und in mehreren Verfahren die Zulassung der Revision mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache abgelehnt (z.B. Senatsbeschluss vom III B 96/06, BFH/NV 2007, 2274, m.w.N.). Zur Begründung im Einzelnen nimmt der Senat auf das BFH-Urteil in BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566 Bezug. Der Senat hat diese Rechtsprechung inzwischen erneut in seinem Beschluss nach § 126a FGO vom III R 54/06 (BFH/NV 2008, 1821) bestätigt. Der Kläger hat keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine erneute Prüfung und Entscheidung erforderlich machen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1809 Nr. 11
YAAAD-28276