Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BGB § 133; BGB § 157; BGB § 613a; KSchG § 1; KSchG § 15; KSchG § 17; KSchG § 18; BetrVG § 102; BetrVG § 103
Instanzenzug: vom ArbG Kobelnz, 1 Ca 1794/06 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über die Wirksamkeit dreier von der Beklagten wegen Betriebsstilllegung ausgesprochener Kündigungen.
Die Beklagte vertrieb nach näherer Maßgabe eines Vertrages vom für die M-Verlag GmbH (im Folgenden: MV-GmbH) Anzeigen im Anzeigenteil der "R-Zeitung" mit allen Unterausgaben. Der Kläger war seit als kaufmännischer Angestellter bei der Beklagten, zuletzt im Anzeigeninnendienst, beschäftigt. Er war seit 2005 Mitglied des für die Beklagte zuständigen "gemeinsamen Betriebsrats" der R-Zeitung. Die Beklagte beschäftigte regelmäßig ca. 24 Arbeitnehmer. Nachdem die MV-GmbH mit Schreiben vom den "Vertrag vom zum Vertrieb von Anzeigen im Anzeigenteil der R-Zeitung mit allen Unterausgaben einschließlich der abgeschlossenen Kommissionsvereinbarung" zum gekündigt hatte, teilte die Gesellschafterversammlung der Beklagten ihrem Geschäftsführer schriftlich mit, dass "die Gesellschafterversammlung der r GmbH & Co. KG in ihrer Sitzung am vorbehaltlich der Beteiligung des Betriebsrats die Stilllegung des Betriebs zum beschlossen" habe und dass "alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des Betriebsrats" dem Verantwortungsbereich des Geschäftsführers oblägen.
Mit Schreiben vom teilte der Geschäftsführer der Beklagten dem Betriebsrat ua. mit:
"die Gesellschafterversammlung der r GmbH & Co. KG hat am vorbehaltlich der Beteiligung des Betriebsrats die Betriebsstilllegung zum beschlossen.
Ich hatte Ihnen bereits die Kündigung des Kommissionsvertrags durch die M-Verlag GmbH zum Ablauf des mitgeteilt. Trotz meiner Bemühungen, einen neuen Vertrag für die Zeit ab dem zu erhalten, ist dies nicht gelungen, weshalb auch ich keine andere Möglichkeit als die der Betriebsschließung sehe. Ab dem wird unsere Gesellschaft keine Einnahmen mehr erzielen.
Betroffen sind alle Mitarbeiter der Gesellschaft. Die Anzahl, die Berufsgruppen, die Sozialdaten der einzelnen Mitarbeiter sowie deren Kündigungsfristen entnehmen Sie bitte der Anlage 1 zu diesem Schreiben. Alle Kündigungen müssen zeitnah noch möglichst im Juli ausgesprochen werden, da die meisten Mitarbeiter/innen eine lange Kündigungsfrist haben, wie sich aus der Anlage 1 zu diesem Schreiben ergibt. Eine Sozialauswahl kann nicht erfolgen, da alle Arbeitsplätze von der Betriebsschließung betroffen sind.
Da es sich um eine sozialplanpflichtige Maßnahme handelt, erhalten alle Mitarbeiter/innen, die nicht leitende Angestellte sind, eine Abfindung, die sich nach dem noch abzuschließenden Sozialplan richten wird."
Am richtete die Beklagte folgendes Schreiben an den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit, K:
"ich komme zurück auf unser soeben geführtes Telefonat.
Beigefügt übersende ich Ihnen die Kopie eines Schreibens, das ich heute, um 14.30 Uhr an den Vorsitzenden des Betriebsrates, Herrn J, nebst Anlagen, persönlich ausgehändigt habe.
Wir hatten darüber gesprochen, dass ein Vermittler Ihres Hauses möglichst kurzfristig mit mir Kontakt aufnimmt und zu einem Beratungsgespräch mit den betroffenen Arbeitnehmern hier im Hause zur Verfügung steht. Dabei sollen die entsprechenden Datenerhebungen der Betroffenen durchgeführt werden.
Ich wäre Ihnen für eine entsprechende Veranlassung dankbar."
Ab dem verhandelte die Beklagte mit dem Betriebsrat über den Abschluss eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans. Es kam zur Einrichtung einer Einigungsstelle. Diese stellte am das Scheitern der Interessenausgleichverhandlungen fest. Am wurde ein Sozialplan abgeschlossen.
Bereits mit einem Formularschreiben vom hatte die Beklagte der Agentur für Arbeit in K eine "Anzeige von Entlassungen gemäß § 17 KSchG" nebst Anlagen übersandt. Mit diesem Schreiben hatte die Beklagte ua. "für die vor Ablauf der einmonatigen Entlassungssperre geplanten Entlassungen die Zustimmung zur Abkürzung nach § 18 Abs. 1 KSchG" beantragt. Gleichzeitig hatte sie in der Massenentlassungsanzeige erklärt, dass der Betriebsrat "gemäß § 17 Abs. 2 KSchG über die Entlassungen schriftlich unterrichtet" worden sei, dessen Stellungnahme der Anzeige jedoch nicht beigefügt sei.
Mit Schreiben vom hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Klägers an. Am widersprach der Betriebsrat schriftlich dieser Kündigung. Dennoch kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom selben Tage ordentlich zum .
Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in K stimmte mit Bescheid vom den mit Schreiben vom angezeigten Entlassungen zu. In diesem Schreiben heißt es weiter:
"Die Entlassungen können daher wie angezeigt durchgeführt werden. Die Regelung zur so genannten Freifrist in § 18 Abs. 4 KSchG ist aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom ohne Anwendungsbereich. Bei Kündigungsfristen, die die Dauer von Entlassungssperre und Freifrist übersteigen, ist deshalb keine erneute Anzeige bei der Agentur für Arbeit erforderlich.
Davon unabhängig ist jedoch die Rechtswirksamkeit der Kündigung im Einzelfall. Der Arbeitgeber hat folglich die für die einzelnen Arbeitnehmer geltenden Kündigungsfristen und Kündigungsschutzbestimmungen - wie sie sich insbesondere für Schwerbehinderte, ältere Arbeitnehmer, werdende Mütter und Betriebsratsmitglieder ergeben - zu beachten.
Soweit weitere Entlassungen beabsichtigt sind, bedarf es unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 KSchG einer erneuten Anzeige."
Mit folgendem Schreiben vom wandte sich der Verleger der R-Zeitung, T, unter der Firma r und M GmbH & Co. KG an die Anzeigenkunden der R-Zeitung:
"Neuer Dienstleister für den Anzeigenservice der R-Zeitung
Sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten Sie heute darüber informieren, dass zukünftige Aufträge, ab sofort, von unserem neuen Dienstleister
M...
bearbeitet werden. Wenden Sie sich bitte für alle Neuaufträge ausschließlich an den M in R. Die Abwicklung bereits der r GmbH & Co. KG erteilter Aufträge verbleibt bei dieser.
Vielen Dank und auf weiterhin gute Zusammenarbeit."
In der Folgezeit kündigte die Beklagte dem Kläger nochmals mit Schreiben vom und vom . Auch gegen die Wirksamkeit dieser Kündigungen wendet sich der Kläger mit seiner Feststellungsklage.
Er meint, die Kündigung vom verstoße gegen den Gesellschafterbeschluss. Da mit diesem die Stilllegung des Betriebes zum "vorbehaltlich der Beteiligung des Betriebsrats" beschlossen worden sei, hätten die Kündigungen erst nach Abschluss der Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan ausgesprochen werden dürfen.
Die Kündigung vom sei auch deshalb unwirksam, weil die Beklagte gegen die §§ 17 ff. KSchG verstoßen habe. Insbesondere genüge das Informationsschreiben vom an den Betriebsrat nicht sämtlichen Anforderungen des § 17 Abs. 2 KSchG. Es sei für den Betriebsrat nicht erkennbar gewesen, dass es sich dabei um eine Anhörung zu einer Massenentlassung handeln solle.
Letztlich sei die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB rechtsunwirksam, weil sie wegen eines Betriebsüberganges ausgesprochen worden sei. Die MV-GmbH habe die "wirtschaftliche Einheit Anzeigenabteilung" in der zweiten Jahreshälfte 2006 neu geordnet. Diese wirtschaftliche Einheit sei unstreitig der "eigentliche Kern der Wertschöpfung" einer Tageszeitung. So habe das Anzeigengeschäft früher bei der MV-GmbH selbst gelegen und ein Teil der noch bei der "Stilllegung" bei der Beklagten Beschäftigten sei mit der Ausgliederung des Betriebsteils "Anzeigengeschäft" zu der neu gegründeten Beklagten im Jahre 1987 im Wege eines Betriebsübergangs übergegangen. Mit der Kündigung des Kommissionsvertrages am habe die MV-GmbH der Beklagten die Geschäftsgrundlage entzogen und damit faktisch die wirtschaftliche Einheit "Anzeigengeschäft" wieder zurückgenommen. Dieses Bemühen, den 1987 angewandten § 613a BGB im Jahre 2006 zu umgehen, sei rechtsmissbräuchlich.
Weiter führt der Kläger aus, die Belegstelle werde seit dem von der M wahrgenommen. Diese sei zuvor (seit September 2006) von der Fa. C betreut worden.
Außerdem seien die ehemaligen "Leistungsträger" der Beklagten, K und S, nunmehr bei der M als kaufmännischer Leiter (K) und "Leiter Media-Service" (S) tätig.
Der Kläger hat in der Revisionsinstanz beantragt, es wird festgestellt,
1. dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom nicht aufgelöst worden ist,
2. dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom nicht aufgelöst worden ist,
3. dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie macht geltend, die Kündigung vom verstoße nicht gegen den Gesellschafterbeschluss. Mit der Formulierung "vorbehaltlich der Beteiligung des Betriebsrats" habe lediglich klargestellt werden sollen, dass der Geschäftsführer nicht sofort kündigen dürfe, sondern vorher den Betriebsrat unterrichten und beteiligen müsse.
Das vor Ausspruch der Kündigung vom an den Betriebsrat gerichtete Schreiben vom habe den Vorgaben des § 17 Abs. 2 KSchG entsprochen. Das Vorbringen des Klägers zum Vorliegen eines Betriebsüberganges oder Betriebsteilüberganges sei nicht substantiiert. So habe er nicht dargelegt, wann welche organisatorische Einheit auf welche Art und Weise von wem übernommen worden sei. Er trage auch nichts dazu vor, woraus sich in Abgrenzung zu einer reinen Funktionsnachfolge ein Betriebsübergang ergeben solle. So habe die C GmbH keine Betriebsmittel, Mitarbeiter oder Räume der Beklagten übernommen. Auch würden die Aufgaben der Belegstelle nicht seit dem von der M wahrgenommen. Im Übrigen hätten die Aufgaben der Belegstelle keinen eigenständigen Betriebsteil der Beklagten dargestellt. Die M habe mit den Mitarbeitern K und S keine "Leistungs- bzw. Know-how-Träger" der Beklagten übernommen. Die beiden Leistungs- und Know-how-Träger der Beklagten seien ihr Geschäftsführer und der Prokurist Sp gewesen.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom zum sein Ende gefunden hat. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Gründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die von der Beklagten mit Schreiben vom zum ausgesprochene ordentliche Kündigung beendet worden.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Vor Ausspruch der Kündigung habe ein ernstlicher und endgültiger Entschluss der Beklagten vorgelegen, ihren Betrieb stillzulegen. Die im Gesellschafterbeschluss enthaltene Formulierung "vorbehaltlich der Beteiligung des Betriebsrats" sei dahin auszulegen, dass der Stilllegungstermin nicht gefährdet werden sollte. Sinn und Zweck des Beschlusses habe darin bestanden, dem Geschäftsführer der Beklagten die Grundlage für die von diesem herbeizuführende Betriebsstilllegung zum zu vermitteln. Es könne nicht angenommen werden, dass sich der Verleger T so wie unstreitig geschehen verhalten hätte, wenn die Gesellschafterversammlung beschlossen hätte, die Betriebsstilllegung erst nach dem Scheitern der Verhandlungen in der Einigungsstelle zu betreiben.
Zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches hätten neben dem Entschluss zur Betriebsstilllegung auch weitere Umstände vorgelegen, welche die Prognose gerechtfertigt hätten, dass der Kläger bei Ablauf der Kündigungsfrist mangels Beschäftigungsbedarfes nicht mehr weiter beschäftigt werden könne. So habe die Beklagte insbesondere keine neuen Aufträge mehr angenommen. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte im Kündigungszeitpunkt einen rechtsgeschäftlichen Übergang des Betriebes oder eines Betriebsteiles geplant habe, seien dem Vorbringen der Parteien nicht zu entnehmen. Ein Betriebsteilübergang scheide allein deshalb aus, weil nicht ersichtlich sei, dass sich der Betrieb der Beklagten aus mehreren organisatorisch selbständigen Betriebsteilen zusammengesetzt habe. Auch lasse sich bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung nicht erkennen, dass der ganze Betrieb der Beklagten unter Identitätswahrung auf ein anderes Unternehmen übergehen sollte. Weder auf die MV-GmbH noch auf die C GmbH oder die M seien materielle und/oder immaterielle Betriebsmittel der Beklagten übergegangen. Die Anzeigenauftragsabwicklung, die nunmehr der M übertragen sei, habe nur einen Teil der Aufgaben der Beklagten betroffen. Es sei unstreitig, dass die M keine Anzeigen vertreibe und über keine Vertriebsorganisation verfüge. Des Weiteren führe sie keine Akquisition von Anzeigenaufträgen durch. Auf sie sei auch nicht der Reiseverkauf und die technische Betreuung der Kollektive und Sonderbeilagen übergegangen. Materielle und sächliche Betriebsmittel der Beklagten seien ebenfalls nicht auf die M übergegangen. Der vom Kläger angenommene "Rückbetriebsübergang" liege ebenfalls nicht vor. Dass die bisherigen Arbeitnehmer der Beklagten K und S nunmehr bei der M beschäftigt seien, stelle sich nicht als "Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals" dar, durch welche eine Identität der wirtschaftlichen Einheit gewahrt worden sei. Deshalb habe die Beklagte dem Kläger nicht wegen des Überganges eines Betriebes oder Betriebsteiles iSd. § 613a Abs. 4 BGB gekündigt.
Die Kündigung sei auch nicht wegen Verstoßes der Beklagten gegen ihre Verpflichtungen nach § 17 KSchG (Anzeigepflicht von Massenentlassungen) unwirksam. Die Beklagte habe sowohl gegenüber der Agentur für Arbeit als auch gegenüber ihrem Betriebsrat alle Verpflichtungen nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 KSchG erfüllt.
B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
Die von der Beklagten mit Schreiben vom zum ausgesprochene ordentliche Kündigung ist rechtswirksam.
I. Die Kündigung ist aus betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt nach § 1 Abs. 2 KSchG. Sie hat das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum aufgelöst.
1. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können, gehört die Stilllegung des gesamten Betriebes (allgemeine Meinung, vgl. Senat - 8 AZR 941/06 - mwN, AP BGB § 613a Nr. 332 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 86).
a) Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber muss endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen. Demgemäß ist von einer Stilllegung auszugehen, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen kann, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt. Die betreffenden betrieblichen Umstände müssen greifbare Formen angenommen haben. Diese liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung aufgrund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben. Eine Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers liegt allerdings dann nicht vor, wenn dieser seinen Betrieb veräußert. Die Veräußerung des Betriebes allein ist - wie sich aus der Wertung des § 613a BGB ergibt - keine Stilllegung, weil die Identität des Betriebes gewahrt bleibt und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfindet.
Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus. Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebes wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (Senat - 8 AZR 941/06 - mwN, AP BGB § 613a Nr. 332 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 86).
b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, zum Zeitpunkt der Kündigung habe der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit als betriebsbedingter Grund für die Kündigung des Klägers bereits greifbare Formen angenommen gehabt.
So hatte die Gesellschafterversammlung der Beklagten am endgültig beschlossen, den Betrieb der Beklagten zum zu schließen. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass dieser Stilllegungsbeschluss nicht unter dem Vorbehalt des Abschlusses der Verhandlungen mit dem Betriebsrat gestanden hat. Das Landesarbeitsgericht hat den Gesellschafterbeschluss vom , wie er dem Geschäftsführer der Beklagten schriftlich mitgeteilt worden war, dahingehend ausgelegt, dass aus der Formulierung "vorbehaltlich der Beteiligung des Betriebsrats" nicht gefolgert werden könne, die Gesellschafterversammlung habe beschlossen, die Betriebsstilllegung erst nach dem Scheitern der Verhandlungen in der Einigungsstelle zu betreiben.
Beschlüsse von Gesellschafterversammlungen sind nach §§ 133, 157 BGB auslegungsfähig (vgl. -; - VIII R 35/99 - BFHE 193, 264). Da es sich bei solchen Beschlüssen um nichttypische Willenserklärungen handelt, ist die Auslegung von Gesellschafterbeschlüssen durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar ( - AP Angestelltenkündigungsgesetz § 1 Nr. 2). Der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt allein, ob bei der Auslegung der Willenserklärung die Vorschriften der §§ 133, 157 BGB über die Auslegung richtig angewandt worden sind, ob der Tatsachenstoff vollständig verwertet oder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist (allgemeine Meinung, vgl. Senat - 8 AZR 574/01 - AP BGB § 628 Nr. 14 = EzA BGB § 628 Nr. 21).
Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die vom Landesarbeitsgericht gefundene Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom stand. Das Landesarbeitsgericht hat teilweise unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Auslegung durch das Arbeitsgericht aus dem Verhalten des Verlegers T und aus der Interessenlage der Beklagten (Vermeidung einer Verzögerung der Betriebsstilllegung durch Verhandlungen mit dem Betriebsrat) den Schluss gezogen, dass Sinn und Zweck des Gesellschafterbeschlusses war, dem Geschäftsführer der Beklagten die Grundlage für die von diesem herbeizuführende Betriebsstilllegung zum zu vermitteln. Im Gegensatz zur Meinung der Revision ist nicht erkennbar, dass diese Auslegung des Landesarbeitsgerichts "willkürlich" ist "und dem Sachverhalt nicht gerecht" wird.
Diesen Stilllegungsbeschluss hatte die Beklagte ihrem Geschäftsführer schriftlich mitgeteilt, der seinerseits den Betriebsrat mit Schreiben vom über die von der Gesellschafterversammlung beschlossene Betriebsstilllegung unterrichtet hat.
Grund für die Betriebsstilllegungsabsicht war die Kündigung des Vertrages vom durch die MV-GmbH zum , durch welche der Beklagten das Anzeigengeschäft für die R-Zeitung, deren Heimatausgaben und sonstigen Publikationen entzogen wurde. Die Erledigung der Aufträge aufgrund dieses Vertrages stellte die Betriebstätigkeit der Beklagten dar, so dass mit deren Wegfall keine sinnvolle Betriebstätigkeit mehr möglich war.
2. Weder zum Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses vom über die Stilllegung des Betriebes noch zum Zeitpunkt des Ausspruches der streitgegenständlichen Kündigung am war - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat - ein Betriebsübergang (§ 613a BGB) geplant oder absehbar.
a) Die Vorschrift des § 613a Abs. 1 BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteiles auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Eine solche besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel, wie Gebäude oder bewegliche Güter, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Überganges maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (st. Rspr. vgl. Senat - 8 AZR 1043/06 - AP BGB § 613a Nr. 325 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 74).
b) In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Falle anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, dass sein Vorgänger bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge. Eine Einheit darf nämlich nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Daher stellt der bloße Verlust eines Auftrages an einen Mitbewerber für sich genommen auch keinen Übergang iSd. Betriebsübergangsrichtlinie dar ( - AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 145).
c) In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen, wenn der Betriebsübernehmer Betriebsmittel des Vorgängers übernimmt. Sächliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer Auftragsneuvergabe wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhanges ausmacht und wenn sie somit unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind (Senat - 8 AZR 1043/06 - AP BGB § 613a Nr. 325 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 74).
d) Ob es sich bei dem Betrieb der Beklagten um einen betriebsmittelgeprägten Betrieb oder um einen solchen gehandelt hat, bei dem es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankam, kann im Streitfalle dahinstehen.
Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergibt sich nicht, dass ein Dritter - in Frage kämen die C GmbH, die MV-GmbH oder die M - einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals der Beklagten oder sächliche Betriebsmittel übernommen hat, die zur auftragsgemäßen Verrichtung des bislang von der Beklagten betriebenen Anzeigengeschäftes unverzichtbar waren.
aa) Unterstellt man zugunsten des Klägers, dass die MV-GmbH ihr Anzeigengeschäft an die Beklagte ausgegliedert hatte und durch die Kündigung des Vertrages vom zum wieder an sich gezogen hat, scheitert die Annahme eines Betriebsüberganges bereits daran, dass die MV-GmbH weder Personal noch Betriebsmittel der Beklagten übernommen hat. Bestehende Aufträge hat sie ebenfalls nicht übernommen, weil bestehende Altaufträge mit Kunden unstreitig noch von der Beklagten abgewickelt werden sollten, wie sich aus der Kundenmitteilung des Verlegers der R-Zeitung vom ergibt. Eine (Rück-)Übernahme des "Kundenstammes" der Beklagten durch die MV-GmbH scheidet ebenfalls aus, weil die Beklagte über einen solchen nicht verfügte. Sie bearbeitete lediglich die Aufträge der "Anzeigenkunden" der MV-GmbH. Damit könnte nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt allenfalls eine Funktionsnachfolge durch die MV-GmbH vorliegen, wenn sie nunmehr ihrerseits selbst als Abwicklerin des Anzeigengeschäftes aufträte. Eine solche Funktionsnachfolge würde aber keinen Betriebsübergang iSd. § 613a BGB darstellen.
bb) Ein Betriebsübergang auf die M im Wege der Auftragsnachfolge scheidet ebenfalls aus.
Ein solcher würde zwar nicht daran scheitern, dass keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen zwischen der M und der Beklagten bestehen. Der Begriff des Rechtsgeschäfts iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist weit zu verstehen und erfasst alle Fälle, in denen die für den Betrieb verantwortliche natürliche oder juristische Person, welche die Arbeitgeberverpflichtung gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher oder sonstiger rechtsgeschäftlicher Beziehungen wechselt, ohne dass unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen müssen (allgemeine Meinung, vgl. Senat - 8 AZR 827/98 - mwN, BAGE 92, 251 = AP BGB § 613a Nr. 197 = EzA BGB § 613a Nr. 187).
Die M hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Beklagten keine Sachmittel übernommen. Auch die Übernahme der beiden ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten, K und S, stellt sich nicht als die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teiles der Beklagten durch die M dar, welche eine reine Auftragsnachfolge ausschließen könnte. Ebenso fehlt es an der Übernahme eines Kundenstammes, weil die Beklagte einen solchen nicht besaß (vgl. oben B I 2 d aa).
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei diesen beiden Mitarbeitern nicht um sog. "Know-how-Träger" gehandelt hat. So hätten die entsprechenden Sachbearbeiter der Beklagten über das "Know-how" in der Anzeigenabwicklung verfügt. Der Arbeitnehmer S habe jedoch nicht in der Anzeigenabteilung gearbeitet. Der Prokurist K sei nur einer von zwei Prokuristen gewesen. Zu den Führungskräften der Beklagten hätten auch der Geschäftsführer Ka und der andere Prokurist Sp gehört. Diese seien aber nicht von der M übernommen worden. Damit fehle es auch an der Wahrung der "notwendigen Identität der wirtschaftlichen Einheit" durch die "Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals".
Diese Schlussfolgerung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die bloße Auftragsnachfolge stellt weder einen Betriebsübergang iSd. § 613a BGB dar noch den Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit iSd. Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG. Der Schutz der Arbeitnehmer ist dort geboten, wo die betriebliche Einheit fortbesteht. Die Neuvergabe eines Auftrags ist zunächst nur die Folge des Wettbewerbes auf dem freien Dienstleistungsmarkt. Der Übergang einer wirtschaftlichen Einheit setzt neben einer etwaigen Auftragsnachfolge die Feststellung zusätzlicher Umstände voraus, die in der Gesamtwürdigung die Annahme des Fortbestands der wirtschaftlichen Einheit rechtfertigen. Eine Tätigkeit ist noch keine wirtschaftliche Einheit. Dies gilt auch dann, wenn ein Dienstleistungsauftrag - wie im Streitfalle - der einzige Auftrag eines Betriebes ist. Zwar kann der Wegfall des einzigen Auftraggebers - hier der MV-GmbH - für ein Unternehmen und seine Arbeitsplätze existenzvernichtend sein, der Übergang einer wirtschaftlichen Einheit setzt jedoch den Fortbestand der organisatorischen Zusammenfassung und der funktionellen Verknüpfung von Ressourcen voraus (Senat - 8 AZR 158/07 -).
cc) Für eine Übernahme irgendwelcher Betriebsmittel der Beklagten durch die C GmbH ergeben sich aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Anhaltspunkte, so dass auch die Annahme eines Betriebs(teil)übergangs auf dieses Unternehmen ausscheidet.
3. Ein Betriebsteilübergang liegt - wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat - ebenfalls nicht vor. § 613a BGB setzt für einen Betriebsteilübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteiles hatten (st. Rspr. vgl. Senat - 8 AZR 331/05 - mwN, AP BGB § 613a Nr. 313). Da weder die C GmbH noch die MV-GmbH bzw. die M Betriebsmittel oder einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals der Beklagten übernommen haben, kommt ein Betriebsteilübergang nicht in Frage.
4. Da ein Betriebs(teil)übergang bereits deshalb ausscheidet, weil weder Betriebsmittel noch ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Teil des Personals der Beklagten auf einen Dritten übertragen worden sind, ist die Entscheidung des - C-466/07 - [Klarenberg], AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA Richtlinie 2001/23 EG-Vertrag 1999 Nr. 2) für den Streitfall nicht einschlägig. Die vom EuGH entschiedene Rechtsfrage betrifft nämlich nur die Fälle, in denen der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Übernehmer nicht bewahrt, nicht jedoch solche, in denen es zu keiner Übertragung gekommen ist.
II. Die Kündigung ist nicht wegen eines Verstoßes der Beklagten gegen die Anzeigepflicht nach § 17 KSchG unwirksam.
1. Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung geht das Bundesarbeitsgericht seit der Entscheidung des Zweiten Senats vom (- 2 AZR 343/05 - BAGE 117, 281 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 21 = EzA KSchG § 17 Nr. 16) nunmehr davon aus, dass "Entlassung" iSd. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG aufgrund der richtlinienkonformen (RL 98/59/EG vom ) Auslegung der Norm als "Ausspruch der Kündigung" zu verstehen ist. Nachdem es der Zweite Senat ( - 2 AZR 343/05 - aaO.) und der Sechste Senat ( - 6 AZR 198/06 - BAGE 119, 66 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 22 = EzA KSchG § 17 Nr. 17) zunächst offengelassen hatten, ob ein Verstoß gegen § 17 KSchG zur Unwirksamkeit der Kündigung führt, entspricht es jetzt der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass eine Kündigung dann rechtsunwirksam ist, wenn sie der Arbeitgeber vor einer nach § 17 Abs. 1 KSchG erforderlichen, den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Anzeige ausgesprochen hat ( - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 24; - 2 AZR 619/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 33; - 8 AZR 769/06 - AP BGB § 613a Nr. 324; - 2 AZR 554/05 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 156).
Unstreitig hat die Beklagte mit Anzeige vom der Agentur für Arbeit in K die beabsichtigten Entlassungen aller Beschäftigten wegen der beabsichtigten "vollständigen Betriebsschließung" angezeigt.
2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Kündigung nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte ihre Unterrichtungs- und Beratungspflicht gegenüber dem Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 KSchG nicht erfüllt hat.
Zunächst kann dahinstehen, ob ein Verstoß des Arbeitgebers gegen § 17 Abs. 2 KSchG zur Unwirksamkeit der Kündigung führt (so ErfK/Kiel 9. Aufl. § 17 KSchG Rn. 36; KR/Weigand 9. Aufl. § 17 KSchG Rn. 101 mwN; zweifelnd: - BAGE 84, 267 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 8 = EzA KSchG § 17 Nr. 6). Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, hat die Beklagte ihre Verpflichtungen nach § 17 Abs. 2 KSchG gegenüber dem Betriebsrat erfüllt. In ihrem Schreiben vom an den Betriebsrat hat sie über die in § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG genannten Umstände ordnungsgemäß unterrichtet. So hat sie als Grund für die geplanten Entlassungen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KSchG) die zum vorgesehene Betriebsstilllegung genannt, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer sowie die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 KSchG) durch Bezugnahme auf die Anlage 1 zu ihrem Schreiben mitgeteilt. Gleiches gilt für die Sozialdaten der betroffenen Mitarbeiter. Eine konkrete Angabe zu Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 KSchG) erübrigte sich deshalb, weil allen Arbeitnehmern gekündigt werden sollte. Das Erfordernis, dem Betriebsrat den Zeitraum mitzuteilen, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KSchG) hat die Beklagte dadurch erfüllt, dass sie dem Betriebsrat mitgeteilt hat, die Kündigungen sollten "möglichst im Juli ausgesprochen" werden und dass sie die Kündigungsfristen aller Arbeitnehmer in der Anlage 1 aufgeführt hat. Ihrer Verpflichtung, "die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien" mitzuteilen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 KSchG) hat die Beklagte dadurch genügt, dass sie auf den "noch abzuschließenden Sozialplan" verwiesen hat ( - BAGE 107, 318 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 14 = EzA KSchG § 17 Nr. 11).
Dadurch, dass die Beklagte den Betriebsrat im Schreiben vom eingeladen hat, an drei genannten Terminen im Juni 2006 und während der ersten Juliwoche "alle Möglichkeiten" zu beraten, "um Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und deren Folgen zu mildern", hat sie auch den Vorgaben des § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG genügt. Wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, kam es dann auch zwischen dem und dem zu Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat, so dass die Beklagte ihrem Verhandlungsangebot auch "Taten folgen ließ" und damit dem "Beratungsgebot" des § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG nachgekommen ist. Dass diese Beratungen bis zur Erstattung der Massenentlassungsanzeige am noch keinen Abschluss gefunden hatten, steht der Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige nicht entgegen. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG verlangt nicht, dass außer der Unterrichtung des Betriebsrats und der Beratung mit diesem auch eine Einigung über die Durchführung der Massenentlassungen erzielt worden ist ( - BAGE 119, 66 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 22 = EzA KSchG § 17 Nr. 17; Senat - 8 AZR 84/07 - NZA 2008, 753).
3. Die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige scheitert auch nicht an § 17 Abs. 3 Satz 1 bis 3 KSchG.
Danach hat der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit mit der Massenentlassungsanzeige eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten, die zumindest die in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 KSchG vorgeschriebenen Angaben enthält (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG). Dieses Erfordernis hat die Beklagte dadurch erfüllt, dass sie bereits am der Agentur für Arbeit eine Kopie des Unterrichtungsschreibens vom selben Tage an den Betriebsrat zugesandt hatte.
Allerdings war der Massenentlassungsanzeige nicht - wie von § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG gefordert - die Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen beigefügt. Fehlt eine solche, so hat der Arbeitgeber nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG glaubhaft zu machen, dass er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG unterrichtet hat, und den Stand der Beratungen darzulegen. Dadurch, dass die Beklagte der Agentur für Arbeit das Unterrichtungsschreiben an den Betriebsrat vom zugesandt hatte und auf diesem ein schriftliches Empfangsbekenntnis des Betriebsratsvorsitzenden angebracht war, hat sie glaubhaft gemacht, dass sie den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor der Erstattung der Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG unterrichtet hatte. Für die Glaubhaftmachung iSd. § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG genügt nämlich, dass das Unterrichtungsschreiben nebst einem Empfangsbekenntnis des Betriebsratsvorsitzenden vorgelegt wird (HWK/Molkenbur 3. Aufl. § 17 KSchG Rn. 33; KR/Weigand 3. Aufl. § 17 KSchG Rn. 95; v. Hoyningen-Huene/Linck 14. Aufl.§ 17 KSchG Rn. 91; ErfK/Kiel 9. Aufl. § 17 KSchG Rn. 30; APS/Moll 3. Aufl. § 17 KSchG Rn. 118).
Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, der Umstand, dass die Beklagte der Agentur für Arbeit mit der Anzeige nicht, wie von § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG bei fehlender Stellungnahme des Betriebsrats gefordert, den Stand der Beratungen mitgeteilt hat, habe nicht zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung geführt. Die Vorschriften der §§ 17 ff. KSchG verfolgen einen arbeitsmarktpolitischen Zweck. Die Agentur für Arbeit soll in die Lage versetzt werden, vorausschauend Arbeitsvermittlungs- und andere Maßnahmen einzuleiten, um folgende Massenentlassungen von den betroffenen Arbeitnehmern möglichst abzuwenden ( - BAGE 84, 267 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 8 = EzA KSchG § 17 Nr. 6). Diese Rechtsprechung entspricht auch Art. 4 Abs. 2 der EWG-Richtlinie Nr. 98/59/EG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen. Danach besteht der Zweck der Anzeige darin, es der zuständigen Behörde zu ermöglichen, nach Lösungen für die durch die beabsichtigten Massenentlassungen aufgeworfenen Probleme zu suchen. Dafür muss die Behörde die 30-Tage-Frist des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie für die Suche nach solchen Lösungen nutzen ( - [Junk], slg 2005, I-885 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 18 = EzA KSchG § 17 Nr. 13).
Legt man diesen Gesetzeszweck zugrunde, so hat die nicht erfolgte Darlegung des Standes der Beratungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat zumindest dann keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Anzeige nach § 17 KSchG, wenn die Agentur für Arbeit nachträglich zu erkennen gibt, dass sie aufgrund der vom Arbeitgeber gemachten Angaben und der von ihm mitgeteilten Unterrichtung des Betriebsrats in der Lage war, sich ein ausreichendes Bild von den geplanten Massenentlassungen zu machen, um erforderliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zu ergreifen und/oder Entscheidungen nach § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 KSchG zu treffen. Dabei kommt der Tatsache, dass nach § 20 Abs. 3 KSchG der Entscheidungsträger der Agentur für Arbeit vor einer Entscheidung nach § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 KSchG den Arbeitgeber und den Betriebsrat anzuhören hat und diese die für die Beurteilung des Falles vom Entscheidungsträger für erforderlich gehaltenen Auskünfte zu erteilen haben, erhebliche Bedeutung zu. Dadurch kann sich die Agentur für Arbeit nämlich selbst ein Bild vom Stand der Beratungen verschaffen. Offensichtlich hat sich die Agentur für Arbeit im Streitfalle durch die fehlende Darlegung des "Standes der Beratungen" auch nicht von einer sachlichen Prüfung der Massenentlassungsanzeige abhalten lassen, was ebenfalls gegen die Annahme spricht, die Anzeige sei unwirksam (vgl. Senat - 8 AZR 565/00 - AP GG Art. 101 Nr. 59 = EzA GG Art. 101 Nr. 5).
Dass auch die Agentur für Arbeit die Darlegung des Standes der Beratungen durch den Arbeitgeber nicht als zwingend erforderliche Voraussetzung für die Entscheidungen im Rahmen der §§ 17 ff. KSchG betrachtet hatte, zeigt der von ihr erstellte Vordruck für die Anzeige von Entlassungen gemäß § 17 KSchG. Dort heißt es: "Fehlt die Stellungnahme des Betriebsrats, sollten Sie mit der Anzeige auch den Stand der Beratungen darlegen". Wie auch das Landesarbeitsgericht angenommen hat, ist davon auszugehen, dass die Agentur für Arbeit mit der Verwendung des Wortes "sollten" anstelle des Wortes "müssen" zu erkennen gibt, dass sie entgegen dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG die Darlegung des Standes der Beratungen nicht als unabdingbare Voraussetzung für eine wirksame Anzeige nach § 17 KSchG betrachtet. Stellt eine Behörde entgegen einer gesetzlichen Vorgabe für die Wirksamkeit einer Anzeige nur geringere als die gesetzlichen Anforderungen, so kann dies nicht dazu führen, dass ein Dritter, hier der Arbeitnehmer, sich mit Erfolg auf die Unwirksamkeit der Anzeige berufen kann, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Anzeige in erster Linie dazu dienen, der Behörde eine ordnungsgemäße Erledigung ihrer Aufgaben zu ermöglichen oder diese zumindest zu erleichtern. Dass sich die Agentur für Arbeit aufgrund der von der Beklagten ihr gegenüber gemachten Angaben - auch bezüglich der Beteiligung des Betriebsrats - in der Lage gesehen hat, die im Zusammenhang mit den beabsichtigten Massenentlassungen aufgeworfenen Probleme zu beurteilen, zeigt sich daran, dass sie der Beklagten mit Schreiben vom mitgeteilt hat, sie stimme den angezeigten Entlassungen zu.
4. Die Kündigung vom ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.
Die Beklagte hat den Betriebsrat mit Schreiben vom über die beabsichtigte Kündigung des Klägers zum wegen der zum beabsichtigten Betriebsstilllegung ordnungsgemäß iSd. § 102 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG angehört. Nachdem der Betriebsrat der Beklagten mit Schreiben vom erklärt hatte, er widerspreche der Kündigung des Klägers, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit diesem mit Schreiben vom selben Tage zulässigerweise gekündigt.
5. Die Kündigung des Klägers als Mitglied des für die Beklagte zuständigen Betriebsrats war gemäß § 15 Abs. 4 KSchG zulässig. Kündigungsgrund war die Stilllegung des Betriebes zum , so dass die Kündigung des Klägers frühestens zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen wäre. Die zum erklärte fristgemäße Kündigung entspricht demnach § 15 Abs. 4 KSchG. Einer Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung des Klägers nach § 15 Abs. 1 KSchG iVm. § 103 BetrVG bedurfte es für die Wirksamkeit der Kündigung nicht (allgemeine Meinung, vgl. - BAGE 45, 26 = AP KSchG 1969 § 15 Nr. 16 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 33; - 2 ABR 15/97 - BAGE 86, 298 = AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 35 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 46).
6. Bei der Kündigung vom zum hat die Beklagte die für das seit über 18 Jahren bestehende Arbeitsverhältnis geltende Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des Kalendermonats (§ 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BGB) eingehalten.
7. Auch § 18 Abs. 1 KSchG führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Nach § 18 Abs. 1 KSchG werden Entlassungen, die nach § 17 KSchG anzuzeigen sind, vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Massenentlassungsanzeige nur mit Zustimmung der Agentur für Arbeit wirksam. Eine nach erfolgter Anzeigeerstattung ausgesprochene Kündigung bleibt aber als Rechtsgeschäft grundsätzlich wirksam. Sie beendet, sofern der Kündigungstermin vor Ablauf dieser Sperrfrist liegen sollte, das Arbeitsverhältnis nur nicht zu dem in der Kündigungserklärung genannten Zeitpunkt, sondern erst mit Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige, wenn keine Zustimmung der Agentur für Arbeit zu einer früheren Beendigung (§ 18 Abs. 1 KSchG) erfolgt. Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 KSchG darf eine Kündigung schon unmittelbar nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit ausgesprochen werden. Die Fassung des Gesetzes verbietet den Ausspruch der Kündigung vor dem Ablauf der Sperrfrist nicht, auch wenn unter "Entlassung" iSd. § 18 Abs. 1 KSchG die Kündigung verstanden wird. Aus dem Gesetzeswortlaut lässt sich nur entnehmen, dass die Entlassung - auch bei ordnungsgemäßer Anzeige - grundsätzlich nicht ohne Einhaltung einer Mindestfrist von einem Monat vollzogen werden darf. Geregelt wird insoweit der Vollzug der Entlassung. Damit bezieht sich das "Wirksamwerden" iSd. § 18 KSchG auf den Eintritt der Rechtsfolgen der Kündigung. Diese treten mit dem Ablauf der Kündigungsfrist ein. Der Gesetzeswortlaut umschreibt nur einen "Mindestzeitraum", der zwischen der Anzeigenerstattung und der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegen muss. Dieses Ergebnis steht auch der Richtlinie 98/59/EG vom (Massenentlassungsrichtlinie) nicht entgegen ( - DB 2009, 515 mit eingehender Begründung).
Im Streitfall erlangt § 18 Abs. 1 KSchG keine Bedeutung, weil der Kündigungstermin () außerhalb der Sperrfrist des § 18 Abs. 1 KSchG liegt.
III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2009 S. 2029 Nr. 38
DB 2009 S. 2216 Nr. 41
ZIP 2010 S. 246 Nr. 5
WAAAD-28015
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein