Körperschaftsteuerlicher Verlustabzug nach § 8 Abs. 4 KStG
zur Anwendung der und
Eine Vielzahl von Einspruchsverfahren im Zusammenhang mit der Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG ruhte bisher wegen Zweifeln am verfassungsgemäßen Zustandekommen dieser Vorschrift (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO). Die zugrundeliegenden Verfahren sind inzwischen durch sowie durch Aufhebung des (BStBl II 2007, 793) erledigt (siehe hierzu auch das ). Zwar hat das BVerfG die Neufassung von § 8 Abs. 4 KStG für verfassungswidrig erklärt, mangels Evidenz dieses Verfassungsverstoßes ist die Vorschrift gleichwohl anwendbar. Die Bearbeitung der bisher ruhenden Einspruchsfahren kann mithin wieder aufgenommen werden; ausgenommen sind lediglich noch Fälle, die unter Hinweis auf das Verfahren I R 95/04 ruhen (vgl. hierzu Entscheidung des über die Einholung der Entscheidung des BVerfG, Az. 2 BvL 2/09).
Zu den Aussagen des o. a. BMF-Schreibens gebe ich folgende ergänzende Hinweise:
1. Für das Vorliegen einer schädlichen Betriebsvermögenszuführung kommt es nach dem (BStBl 1999 I, 455) darauf an, ob im konkreten Einzelfall ein Branchenwechsel vorliegt:
Liegt kein Branchenwechsel vor, so ist zu prüfen, ob das über Einlagen und Fremdmittel zugeführte Aktivvermögen das im Zeitpunkt der Anteilsübertragung vorhandene Aktivvermögen übersteigt (Tz. 9 des o. a. . Hier gilt also keine gegenständliche, sondern eine ausschließlich saldenmäßige Betrachtung.
In Fällen des Branchenwechsels wird die Betriebsvermögenszuführung hingegen nach der sog. gegenständlichen Betrachtungsweise ermittelt, bei der es auf die gegenständliche Zusammensetzung des Aktivvermögens vor bzw. nach dem Branchenwechsel ankommt (Tz. 10 des o. a. .
Die beiden und die diesbezüglichen Ausführungen in Abschnitt I des betreffen ausschließlich Fälle des Branchenwechsels und einem Branchenwechsel vergleichbare Sachverhalte. Hieraus folgt:
Liegt kein Branchenwechsel vor, sind unverändert die Grundsätze der o. a. Tz. 9 des anzuwenden.
Liegt ein Branchenwechsel vor, ergeben sich aus den beiden o. a. BFH-Urteilen im Prinzip keine neuen rechtlichen Gesichtspunkte, weil hier – wie oben dargestellt – eine weitestgehende Übereinstimmung zwischen der BFH-Rechtsprechung und der Verwaltungsauffassung besteht.
2. Hinsichtlich der Anwendung des Abzugsverbotes im Jahr der schädlichen Anteilsübertragung (Abschnitt II des BMF-Schreibens) ist unter verfahrensrechtlichen Aspekten wie folgt zu differenzieren:
Sind Anteilsübertragung und Betriebsvermögenszuführung vor Veröffentlichung der erfolgt, ist Einsprüchen und zulässigen Anträgen für den VZ der schädlichen Betriebsvermögenszuführung abzuhelfen. Gleichzeitig ist der Verlustabzug für den VZ des schädlichen Anteilseignerwechsels – außerhalb von § 164 Abs. 2 AO – regelmäßig gem. § 174 Abs. 4 S. 1 AO (innerhalb der in Satz 3 und 4 der Vorschrift genannten Frist) zu versagen.
Folgt der Anteilsübertragung die schädliche Betriebsvermögenszuführung erst nach Veröffentlichung der o. g. Urteile ist der VZ der schädlichen Anteilsübertragung i. d. R. nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern.
In beiden Fällen (a und b) ist zu beachten, dass in Folgejahren bisher ggf. abgezogene Verlustvorträge entsprechend zu korrigieren sind; VZ-übergreifende Änderungen bedürfen daher der einheitlichen Bearbeitung.
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Schädlicher Anteilseignerwechsel | |
Schädliche Betriebsvermögenszuführung | |
Verbleibender Verlustabzug | 400.000 € |
Verlust 2004 | 30.000 € |
Verbleibender Verlustabzug | 430.000 € |
Verlust 2005 | 50.000 € |
Verlustabzug vor Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG | 480.000 € |
Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG aufgrund der schädlichen Betriebsvermögenszuführung zum | 480.000 € |
Verbleibender Verlustabzug | 0 € |
Gewinn 2006 (keine Verlustverrechnung wg. § 8 Abs. 4 KStG) | 20.000 € |
Die GmbH legt gegen den Verlustfeststellungsbescheid zum Einspruch ein, macht die Anwendung der BFH-Rechtsprechung geltend und beantragt die Aussetzung der Vollziehung des Verlustfeststellungsbescheides (insoweit Grundlagenbescheid für die KSt-Bescheide der Folgejahre); daraufhin wurde AdV für die KSt 2006 gewährt.
Lösung:
Dem Einspruch ist stattzugeben und der Verlust zum antragsgemäß mit 480.000 € festzustellen.
Sodann ist der Verlustfeststellungsbescheid zum (Jahr des Anteilseignerwechsels) nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO zu ändern. Festzustellen ist ein Betrag von 0 €.
Anschließend ist der Verlustfeststellungsbescheid zum erneut zu ändern (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Festzustellen ist nunmehr ein Betrag von 50.000 € (Verlust 2005).
Für 2006 ergibt sich eine Verlustverrechnung in voller Höhe von 20.000 €. Neben der Verlustverrechnung ist erstmalig die Feststellung des vortragsfähigen Verlustes von 30.000 € zum vorzunehmen (die AdV endet dadurch).
Wenn es insgesamt (bei Betrachtung aller betroffenen VZ) nicht zu einer Schlechterstellung der Stpfl. kommt, ist § 176 Abs. 2 AO im Jahr der Versagung des Verlustabzugs regelmäßig nicht anzuwenden (keine VZ-bezogene Betrachtung). Sollte es durch die im Veräußerungsjahr vollzogene Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG ausnahmsweise im Saldo aller Jahre zu einer Schlechterstellung kommen, hat die betroffene Gesellschaft die Möglichkeit die Weitergeltung der alten Rechtsgrundsätze (Versagung des Verlustes im Jahr des Wegfalls der wirtschaftlichen Identität) zu beantragen.
3. Die Vertrauensschutzregelung nach Abschnitt III des kommt hinsichtlich der Bestimmung der Betriebsvermögenszuführung in Branchenwechselfällen nur in Ausnahmefällen zur Anwendung.
Dies gilt auch für die Fallgestaltungen, in denen die schädliche Betriebszuführung durch eine sog. Innenfinanzierung verwirklicht worden ist, die der BFH in Branchenwechselfällen ausdrücklich mit in die in Betrachtung einbezieht. Der BFH weicht hier nicht von der bisherigen Verwaltungsauffassung ab, da es nach Tz. 10 des anders als Tz. 9 außerhalb des Branchenwechsels – nicht darauf ankommt, dass das Betriebsvermögen durch Einlagen und Fremdmittel (von außen) zugeführt worden ist.
Wird in diesen Fällen die Anwendung der Übergangsregelung lt. Abschnitt III des beantragt, bitte ich um Abstimmung mit der OFD.
Daneben führt die Anwendung der Übergangsregelung insbesondere dann zu einer für die Stpfl. günstigeren Lösung, wenn ein im VZ der schädlichen Anteilsübertragung festgestellter Verlustvortrag in den VZ zwischen Anteilsübertragung und BV-Zuführung durch Verrechnung mit dort erwirtschafteten Gewinnen bis zum Zeitpunkt der BV-Zuführung vermindert wurde. Soweit die Anwendung der Vertrauensschutzregelung angezeigt erscheint, kann zur Abkürzung der Bearbeitung eine entsprechende hinreichend bestimmte (möglichst schriftliche) Antragstellung angeregt werden.
Bei der GewSt (§ 10a GewStG i. V. m. § 8 Abs. 4 KStG) ist nach gleichen Grundsätzen zu verfahren.
Oberfinanzdirektion Münster v. - S 2745 - 140 - St 13 - 33 (Ms)
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAD-28008