Auslegung des Begriffs der Anlage i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG; keine steuerliche Begünstigung mehrerer miteinander verbundener KWK-Anlagen mit einer Nennleistung von zusammen mehr als 2 Megawatt
Leitsatz
1. Der Begriff der Anlage i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ist aus verbrauchsteuerrechtlicher Sicht eigenständig und funktionsbezogen auszulegen, so dass Begriffsbestimmungen in anderen Gesetzen nicht herangezogen werden können.
2. Ein Blockheizkraftwerk, das aus insgesamt drei in einem Gebäude installierten Aggregaten zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme sowie vier Heizkesseln besteht, und das von einem Betreiber zur Versorgung eines angrenzenden Stadtteils mit Strom und Fernwärme betrieben wird, ist als eine Anlage i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG anzusehen.
Gesetze: StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 3StromStG § 2 Nr. 2EEG § 3 Abs. 2KWKG § 3 Abs. 3
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in einem Gebäude ein wärmegeführtes Blockheizkraftwerk (BHKW) mit drei Aggregaten zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme sowie vier Heizkessel zur ausschließlichen Erzeugung von Wärme. Als Energieträger setzt die Klägerin Erdgas ein. Das BHKW versorgt den angrenzenden Stadtteil mit Fernwärme und die örtlichen Letztverbraucher über das Mittel- und Niederspannungsnetz der Klägerin mit Strom. Die Aggregate sind modular aufgebaut und bestehen aus einem Verbrennungsmotor mit einem angekoppelten Generator. Jedes der drei Module verfügt über eine eigene Steuerung, die es ermöglicht, die Aggregate je nach Bedarf zum Abdecken von Strom- und Wärmespitzen getrennt voneinander zu betreiben. Die verwendete Menge an Erdgas und die erzeugte Wärme werden gemeinsam gemessen. Dagegen wird der in den Modulen erzeugte Strom separat erfasst. Ab Mitte 2005 rüstete die Klägerin die Module zur Einhaltung der durch die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft verschärften Emissionsgrenzwerte mit Katalysatoren nach. Der durch die Katalysatoren erhöhte Abgasgegendruck erforderte einen Eingriff in die Motorsteuerung, der zu einer dauerhaften Leistungsreduzierung der Aggregate führte. Ursprünglich verfügten die Aggregate über eine elektrische Nennleistung von jeweils 0,792 Megawatt (MW). Nach der Umrüstung erreichte jedes Aggregat ab dem nur noch eine maximale elektrische Nennleistung von 0,65 MW, so dass alle Aggregate zusammen eine Gesamtnennleistung von 1,95 MW aufweisen.
Abweichend von den Stromsteueranmeldungen der Klägerin setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt —HZA—) die Stromsteuer für die Jahre 2004 und 2005 unter Anwendung des Regelsteuersatzes fest. Die nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes —in der für die Streitjahre geltenden Fassung (StromStG)— für Anlagen mit einer Nennleistung von bis zu 2 MW festgelegte Stromsteuerbefreiung wurde vom HZA mit der Begründung versagt, dass die drei Module aufgrund ihrer Montage in einem Gebäude und ihrer einheitlichen Funktion als eine Anlage anzusehen seien. Folglich müssten die erzeugten Strommengen addiert werden. Dabei sei auf die Nennleistung vor der Umrüstung abzustellen. Die auf diese Weise ermittelte Strommenge von 2,31 MW überschreite den in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG festgelegten Grenzwert von 2 MW, so dass eine Steuerbefreiung nicht in Betracht komme.
Die nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das HZA die Stromsteuerbefreiung nur für die Zeit vor der Umrüstung zu Recht versagt habe. Die einzelnen Module bildeten in ihrer Gesamtheit eine einheitlich zu beurteilende Anlage i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG. Die Strom- und Wärmeerzeugungskapazitäten seien zur Optimierung des Wirkungsgrades aufeinander abgestimmt. Zur Abdeckung von Bedarfsspitzen sei der Betrieb separater Heizkessel erforderlich. Die einzelnen Komponenten des BHKW seien mit der Folge in ein Gesamtkonzept eingebettet, dass das BHKW zusammen mit den übrigen Bestandteilen nur als eine Einheit in Form einer Gesamtanlage angesehen werden könne. Aus den Gesetzesmaterialien lasse sich eine andere Deutung des Anlagebegriffs nicht entnehmen. Das Auslegungsergebnis werde durch die Definition des Begriffs des Eigenerzeugers in § 2 Nr. 2 StromStG bestätigt. Danach sei derjenige als Eigenerzeuger anzusehen, der kein Versorger sei und eine Stromerzeugungsanlage mit einer Nennleistung von jeweils mehr als 2 MW betreibe. Ohne die in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG angelegte Steuerbefreiung hätte die Leistung von Strom aus Anlagen mit einer Nennleistung von unter 2 MW gemäß § 5 Abs. 2 i.V.m. § 2 Nr. 1 StromStG zur Steuerpflicht des Anlagenbetreibers als Versorger geführt. Schließlich weise auch die mit Wirkung zum in Kraft getretene Bestimmung des § 12a der Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) darauf hin, dass sich der Begriff der Anlage nicht auf einzelne der Stromerzeugung dienende Maschinen beschränken lasse. Da das von der Klägerin betriebene BHKW nach der Umrüstung nur noch eine Gesamtnennleistung von 1,95 MW erreiche, seien die Voraussetzungen, unter denen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG eine Stromsteuerbefreiung gewährt werden könne, zumindest ab dem erfüllt.
Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin eine Teilaufhebung des erstinstanzlichen Urteils und die Erstreckung der Steuerbefreiung auch auf den vor dem in den Jahren 2004 und 2005 erzeugten Strom. Das FG habe den in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG verwendeten Begriff der Anlage rechtsfehlerhaft ausgelegt. Nach dem allgemeinen Verständnis des Anlagebegriffs handele es sich bei dem BHKW um drei getrennte Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlagen). Entscheidend sei nicht, dass einzelne technische Objekte der Stromerzeugung dienten, sondern dass einzelne Komponenten zur Stromerzeugung erforderlich seien. Würden drei Aggregate betrieben, sei eine Antriebs-Generator-Einheit zur Erzeugung von Strom in den anderen beiden Einheiten nicht erforderlich. Folglich sei jede Einheit getrennt zu betrachten. Auf ein solches Verständnis des Anlagebegriffs weise die Befreiung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern hin. Nach § 2 Nr. 7 StromStG sei die Befreiung ausgeschlossen für Wasserkraftwerke mit einer installierten Generatorleistung über 10 MW. Im Gegensatz zu einer Anlage handele es sich bei einem Wasserkraftwerk um die Verbindung mehrerer Stromerzeugungseinrichtungen. Daher habe der Gesetzgeber auch auf die installierte Generatorleistung abgestellt. Zur Auslegung des stromsteuerrechtlichen Anlagebegriffs seien die anlagebezogenen Definitionen in § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG), in § 3 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) und in § 2 Nr. 5 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes heranzuziehen. Danach seien Anlagen alle zur Stromerzeugung technisch erforderlichen Einrichtungen. Auch sei zu berücksichtigen, dass das EEG und das KWKG im Gegensatz zum StromStG ausdrückliche Regelungen enthielten, nach denen mehrere kleine Anlagen an einem Standort als eine KWK-Anlage gälten. Auf den Streitfall könne die entsprechende Regelung in § 12a StromStV noch nicht angewandt werden.
Der vom Gesetzgeber bezweckte Ausbau einer dezentralen und effektiven Stromversorgung stehe der vom FG angestellten Gesamtbetrachtung —unter Berücksichtigung der Wärmeerzeugung und der technischen Abstimmung der einzelnen Komponenten— entgegen. Schließlich lege die Definition des Eigenerzeugers in § 2 Nr. 2 StromStG entgegen der Auffassung des FG in Bezug auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG kein enges Normverständnis nahe.
Das HZA ist der Ansicht, dass jede Anlage nach ihrem jeweiligen Gesamtbild beurteilt werden müsse. Im Streitfall sei zu berücksichtigen, dass die drei BHKW-Module in einem Gebäude untergebracht seien, eine einheitliche Funktion erfüllten, zur Optimierung des Wirkungsgrades aufeinander abgestimmt seien und infolgedessen nur als Bestandteile einer Gesamtanlage angesehen werden könnten. Für die Auslegung des Anlagebegriffs seien Definitionen in anderen rechtlichen Bestimmungen außerhalb des StromStG unmaßgeblich.
II.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin vor der am erfolgten Umrüstung eine aus drei Aggregaten bestehende KWK-Anlage mit einer Gesamtnennleistung von über 2 MW betrieb, so dass für den streitbefangenen Zeitraum eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG nicht in Betracht kommt. Die Auslegung des in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG verwendeten Anlagebegriffs durch das FG erweist sich als zutreffend.
1. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ist Strom unter der Voraussetzung von der Steuer befreit, dass er in Anlagen mit einer Nennleistung bis zu 2 MW erzeugt und in räumlichem Zusammenhang zu dieser Anlage entnommen und von demjenigen, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, geleistet wird. Das StromStG setzt den Begriff der Anlage voraus, ohne ihn näher zu definieren. In § 2 StromStG hat der Gesetzgeber nähere Bestimmungen lediglich für die Begriffe Versorger, Eigenerzeuger, Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft sowie für Strom aus erneuerbaren Energieträgern getroffen. Zur näheren Konkretisierung des Anlagebegriffs finden sich im StromStG auch keine ausdrücklichen Bezugnahmen auf außerhalb des Stromsteuerrechts liegende Rechtsvorschriften. Somit bedarf es einer Auslegung des Anlagebegriffs, die sich an dem im Befreiungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willen des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, zu orientieren hat.
a) Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter einer Anlage eine Gesamtheit technischer Einrichtungen verstanden, die einem bestimmten Zweck dient. Dieser Zweck kann in der Herstellung oder in der Ver- bzw. Bearbeitung von Waren, in der Erzeugung von Energie oder im Transport von Gütern liegen. Diese Auslegung führt indes nicht weiter, wenn es um die konkrete Festlegung der räumlichen Ausdehnung einer Sachgesamtheit technischer Einrichtungen zur Bestimmung der Anlageeigenschaft geht. Denn welche technischen Bestandteile als zur Sachgesamtheit zugehörend zu betrachten sind, so dass sie als eine einzige Anlage anzusehen sind, lässt sich nicht abstrakt ohne Berücksichtigung des mit der Verwendung des Anlagebegriffs verfolgten Zwecks festlegen. Vielmehr erschließt sich die Bedeutung des Anlagebegriffs erst aus dem jeweiligen Kontext, in den er —z.B. durch den Gesetzgeber— gestellt worden ist.
b) Der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG lässt sich entnehmen, dass die durch das Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom (BGBl I 1999, 2432) mit Wirkung vom vorgenommene Anhebung der Erzeugergrenze von ursprünglich 0,7 MW auf 2 MW in Zusammenhang mit der Änderung der Definition des Eigenerzeugers (§ 2 Nr. 2 StromStG) und der Regelung von sog. Contracting-Fällen stand. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Fälle, in denen der Betreiber der Anlage den Strom nicht selbst verbraucht, sondern ihn aufgrund vertraglicher Beziehungen einem Letztverbraucher, bei dem die Anlage installiert wird, zur Verfügung stellt. Der Vertragspartner erspart sich durch diese Konstruktion, bei der der Strom objektbezogen erzeugt und geleistet wird, den Bau von Energieversorgungsanlagen und die damit verbundenen hohen Investitionen. Durch die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG wird erreicht, dass die Steuerbefreiung für Kleinanlagen selbst dann gewährt wird, wenn der Strom vom Anlagenbetreiber nicht selbst entnommen und verbraucht, sondern an andere Letztverbraucher geleistet wird. Ohne den Befreiungstatbestand wäre der Betreiber der Energieerzeugungsanlage als Versorger anzusehen, so dass er den erzeugten Strom nach § 5 StromStG versteuern müsste (Senatsurteil vom VII R 44/03, BFHE 205, 566). Die steuerliche Förderung der objektbezogenen Stromerzeugung im Rahmen des sog. Contractings soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers zur Dezentralisierung der Stromversorgung beitragen (BTDrucks 14/2044).
Die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG korrespondiert mit § 2 Nr. 2 StromStG. Durch die Beschränkung des Eigenerzeugerbegriffs wird erreicht, dass Betreiber von Kleinanlagen mit einer Nennleistung von bis zu 2 MW keiner Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 StromStG bedürfen und nicht Steuerschuldner werden (§ 5 Abs. 1 Satz 2 StromStG). Die durch § 2 Nr. 2 und § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG bewirkte steuerliche Freistellung von Anlagen mit geringer Stromerzeugung dient insbesondere der Verwaltungsvereinfachung und der Begünstigung der dezentralen Stromerzeugung in Kleinanlagen (Teichner/Alexander/Reiche, Mineralölsteuer und Erdgassteuer, Stromsteuer, Mineralölzoll, § 2 StromStG Rz 3 und § 9 StromStG Rz 6). Bei einer engen Auslegung des Anlagebegriffs, der zu einer isolierten Betrachtung jedes einzelnen stromerzeugenden Moduls führt, würden diese gesetzgeberischen Ziele unterlaufen. Denn stünde es Stromerzeugern zur Erlangung der Steuerbefreiung frei, an einem Standort beliebig viele KWK-Anlagen mit einer jeweiligen Nennleistung von bis zu 2 MW zu errichten und zusammen zu betreiben, könnte dies der vom Gesetzgeber angestrebten Dezentralisierung der Stromversorgung gerade entgegenwirken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Anlage mit einer Nennleistung von 2 MW geeignet wäre, den Strombedarf von ca. 2 000 bis 3 000 Haushalten abzudecken (vgl. Siebold/Otto, Der Stromsteuerbefreiungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromsteuergesetz, Zeitschrift für Neues Energierecht, 2002, S. 14, 16 Fn. 21). Eine steuerliche Begünstigung mehrerer miteinander verbundener KWK-Anlagen, die zusammen eine Nennleistung von weit mehr als 2 MW aufweisen, ließe sich mit der Zielsetzung des Gesetzgebers nicht vereinbaren, die objektbezogene Stromerzeugung in Kleinanlagen im Rahmen des sog. Contractings zu fördern.
Darüber hinaus sprechen auch fiskalpolitische Gründe gegen eine Ausweitung des als Ausnahmeregelung konzipierten Befreiungstatbestands. Denn neben den mit einigen stromsteuerrechtlichen Bestimmungen verfolgten Regelungszwecken, wie z.B. der steuerlichen Förderung von hocheffizienten KWK-Anlagen oder der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern, dient das StromStG insbesondere der Einnahmenerzielung. Die Verwirklichung dieses gesetzgeberischen Anliegens wäre jedoch durch die extensive Auslegung eines Begünstigungstatbestands gefährdet, die zu einer in ihrem Umfang nicht abzuschätzenden Ausweitung des Steuervorteils und damit zu einer unkalkulierbaren Schmälerung des erwarteten Steueraufkommens führte.
Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist daher von einem funktionsbezogenen Anlagebegriff auszugehen, der eine isolierte Betrachtung einzelner Module verbietet. Vielmehr ist auf die Gesamtheit der einzelnen technischen Einrichtungen und auf den Funktionszusammenhang abzustellen. Als Kriterien können u.a. die räumliche Anordnung und Unterbringung der Module, die messtechnische Erfassung der eingesetzten Energieträger und des erzeugten Stroms sowie der erzeugten Wärme, die Steuerungsmöglichkeiten oder die Leitungsführung herangezogen werden. Starke, wenn auch nicht allein ausschlaggebende Indizien für das Vorliegen einer Gesamtanlage, sind die räumliche Zusammenfassung mehrerer Aggregate an einem Standort, z.B. in einem Gebäude, sowie der Betrieb eines BHKW durch einen Betreiber und die Versorgung eines bestimmten Abnehmerkreises mit Strom und Wärme.
2. Einem solchen Verständnis des Anlagebegriffs steht der Wortlaut des § 2 Nr. 7 StromStG nicht entgegen. Diese Vorschrift nimmt Wasserkraftwerke von der Steuerbefreiung für aus erneuerbaren Energieträgern erzeugten Strom aus, die eine installierte Generatorleistung von über 10 MW aufweisen. Die Regelung trägt den besonderen Verhältnissen bei der Stromerzeugung durch Wasserkraft Rechnung. Da in diesem Bereich ein einzelnes Aggregat bei der Erzeugung großer Strommengen für gewöhnlich nicht eingesetzt wird, hat der Gesetzgeber eine realitätsgerechte Formulierung des speziellen Ausschlusstatbestands gewählt. Für die Auslegung des in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG verwendeten Begriffs der Anlage lässt sich daraus nichts entnehmen.
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Anlagebegriff in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG aus verbrauchsteuerrechtlicher Sicht eigenständig auszulegen, so dass Begriffsbestimmungen in außersteuerrechtlichen Vorschriften zur Deutung des stromsteuerrechtlichen Anlagebegriffs nicht herangezogen werden können. Dies gilt insbesondere für die Anlage-Definitionen in § 3 Abs. 2 des am in Kraft getretenen EEG und in § 3 Abs. 3 KWKG. Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen der gesetzlichen Regelungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtsordnung nur einen einzigen Anlagebegriff kennt. Ziel des EEG ist es, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen und den Beitrag erneuerbarer Energien an der Stromversorgung deutlich zu erhöhen (§ 1 EEG). Zweck des KWKG ist es, durch den befristeten Schutz und die Modernisierung von KWK-Anlagen einen Beitrag zur Minderung der jährlichen Kohlendioxid-Emissionen zu leisten (§ 1 Abs. 2 KWKG). Wie bereits ausgeführt, war die Einführung der Stromsteuer in erster Linie fiskalpolitisch motiviert (u.a. sollte die Stromsteuer einen Ausgleich für den Wegfall des sog. Kohlepfennigs schaffen). Demgegenüber können die zugleich verfolgten umweltschutzdienlichen Regelungszwecke nicht als Hauptanliegen des Gesetzgebers angesehen werden. Aus diesen Gründen verbietet sich eine unbesehene Übernahme der Begriffsbestimmungen des EEG und des KWKG auf das StromStG. Dies gilt auch für die Regelungen in § 3 Abs. 2 EEG und § 3 Abs. 3 KWKG, nach denen mehrere Anlagen, die unmittelbar verbunden sind, als eine Anlage gelten. Der Umstand, dass der Gesetzgeber in das StromStG keine derartige Fiktion aufgenommen hat, bedeutet allerdings nicht, dass sich bei der Auslegung des stromsteuerrechtlichen Anlagebegriffs eine im Ergebnis gleiche Wertung verbietet.
4. Unter Berücksichtigung des Gesamtbildes und der Funktion des von der Klägerin betriebenen BHKW stellen sich die drei stromerzeugenden Aggregate als eine KWK-Anlage dar. Für diese Einstufung sprechen die Existenz eines einzigen Betreibers, die räumliche Unterbringung der Module in einem Gebäude, also an einem Standort, die gemeinsame Erfassung der zum Betrieb eingesetzten Erdgasmengen und die gemeinsame Messung der erzeugten Wärme, die technischen Verbindungen zwischen den einzelnen Modulen, die Funktionsweise und die technische Abstimmung der einzelnen Komponenten (Aggregate und Heizkessel) sowie die Abgabe der erzeugten Kraft und Wärme ausschließlich an Letztverbraucher im angrenzenden Stadtteil. Daraus folgt, dass für die Ermittlung der Nennleistung der Anlage die Leistungen der drei Aggregate zusammenzurechnen sind. Vor der am erfolgten Umrüstung ergibt sich somit eine Nennleistung von über 2 MW, so dass das FG eine Begünstigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zu Recht versagt hat. Die Revision ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1720 Nr. 10
BFH/PR 2009 S. 488 Nr. 12
DB 2009 S. 2250 Nr. 42
DStRE 2009 S. 1212 Nr. 19
HFR 2009 S. 1104 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 35/2009 S. 2718
StB 2009 S. 342 Nr. 10
StBW 2009 S. 8 Nr. 18
SAAAD-27001