Zur Ursprungseigenschaft aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführter Altkleider
Leitsatz
1. Der bestimmungsgemäße Gebrauch von Kleidungsstücken (wie das Tragen, Waschen und Bügeln) ist keine ursprungsbegründende Bearbeitung der Bekleidung im Sinne des Abkommens EG-Polen.
2. Die Feststellung, der Ausführer habe für eine nach Polen exportierte Warensendung die Ursprungserklärung auf der Rechnung zu Unrecht abgegeben, ist nicht durch einen an den Ausführer gerichteten Verwaltungsakt zu treffen (Bestätigung der Rechtsprechung).
Gesetze: FGO § 41Ursprungsprotokoll zum Europa Abkommen EG Polen Art. 2 Abs. 1Ursprungsprotokoll zum Europa Abkommen EG Polen Art. 5 Abs. 1Ursprungsprotokoll zum Europa Abkommen EG Polen Art. 6 Abs. 1Ursprungsprotokoll zum Europa Abkommen EG Polen Art. 7 Abs. 1Ursprungsprotokoll zum Europa Abkommen EG Polen Art. 21
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte in den Jahren 1998 und 1999 gebrauchte Kleidungsstücke nach Polen aus, die sie aus Textilsammlungen (Straßen-, Haus- und Containersammlungen) als wieder verwertbar aussortiert und deren Gemeinschaftsursprung sie auf den Rechnungen erklärt hatte. Eine spätere durch ein Nachprüfungsersuchen der polnischen Zollverwaltung veranlasste Prüfung führte zu dem Ergebnis, dass der Gemeinschaftsursprung der Kleidungsstücke nicht nachgewiesen werden konnte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt —HZA—) stellte daraufhin mit Bescheid vom…2000 die Unrichtigkeit der seitens der Klägerin abgegebenen Ursprungserklärungen fest.
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin neben der Aufhebung des Bescheids die Feststellung begehrt, dass ihre Lieferungen nach Polen präferenzbegünstigt waren, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, das HZA sei berechtigt gewesen, durch Verwaltungsakt festzustellen, dass die ausgeführten Kleidungsstücke keinen Gemeinschaftsursprung gehabt hätten. Die Rechtsgrundlage für einen solchen Verwaltungsakt ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang der Vorschriften des Protokolls Nr. 4 (Protokoll Nr. 4) zum Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits in der Fassung des Beschlusses Nr. 1/97 vom (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 221/1), die das System der Zusammenarbeit der Verwaltungen und die Verteilung der Aufgaben regelten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu einem ähnlichen Ursprungsprotokoll hätten die Zollbehörden des Einfuhrstaats bei der Erhebung der Einfuhrabgaben die Ergebnisse der Ursprungsprüfung durch den Ausfuhrstaat sowie hierzu im Ausfuhrstaat ergangene gerichtliche Entscheidungen zu berücksichtigen. Der EuGH gehe somit davon aus, dass im Ausfuhrstaat gegen die Ergebnisse der behördlichen Überprüfung der Ursprungseigenschaft ein Rechtsbehelf gegeben sei. Den Zollbehörden des Ausfuhrstaats müsse es deshalb möglich sein, eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung in Gestalt eines feststellenden Verwaltungsakts zu treffen, zumal sie nur auf diese Weise die Ursprungserklärung des Ausführers aus der Welt schaffen könnten. Anderenfalls liefe der Rechtsschutz ins Leere.
Das HZA habe auch zu Recht festgestellt, dass die auf den Rechnungen abgegebenen Ursprungserklärungen unzutreffend seien, denn bei den ausgeführten Kleidungsstücken habe es sich nicht um Ursprungswaren der Gemeinschaft gehandelt. Das Tragen und Waschen der Kleidung durch den Vorbesitzer verleihe den Ursprung ebenso wenig wie das Aussortieren der verwendbaren Kleidungsstücke aus den Textilsammlungen durch die Klägerin. Auch seien die Textilien durch ihren Einwurf in den Sammelcontainer nicht zu Abfall geworden, da die abfallrechtliche Betrachtungsweise insoweit unerheblich sei.
Mit ihrer Revision beruft sich die Klägerin auf das Urteil des erkennenden Senats vom VII R 55/04 (BFHE 212, 297, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern —ZfZ— 2006, 129) zu einem vergleichbaren Assoziierungsabkommen, demzufolge die Zollbehörden des Ausfuhrstaats nicht berechtigt sind, einen das Ergebnis ihrer Überprüfung beinhaltenden Feststellungsbescheid gegenüber dem Ausführer zu erlassen, und macht darüber hinaus geltend, dass die zum Ursprung der Textilien getroffenen Feststellungen des HZA auch unzutreffend seien. Bei den vom Verbraucher in die Sammelcontainer gegebenen Textilien handele es sich um Altwaren der Pos. 6309 des Harmonisierten Systems (HS), die somit beim Verbraucher einen Tarifsprung vom Kap. 61 HS zur Pos. 6309 HS durchlaufen hätten. Anders als das FG geurteilt habe, sei dieser Tarifsprung ursprungsbegründend, denn der Gebrauch eines Kleidungsstücks, indem es gewaschen, gebügelt und abgetragen werde, sei eine in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b Protokoll Nr. 4 nicht genannte Bearbeitung. Darüber hinaus sei die vom Verbraucher auf diese Weise hergestellte Altware Abfall im Sinne des bei der Tarifierung ebenfalls heranzuziehenden Abfallrechts, so dass nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. h Protokoll Nr. 4 ein Ursprungserzeugnis vorliege.
Das HZA schließt sich der Auffassung des FG an und meint, dass das Tragen von Textilien nicht eine Be- oder Verarbeitung im präferenzrechtlichen Sinn sei.
II.
Die Revision der Klägerin ist zum Teil begründet; sie führt zur Änderung der Vorentscheidung und Aufhebung des angefochtenen Feststellungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Im Übrigen ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat die gegen den Feststellungsbescheid vom gerichtete Klage zu Unrecht (1.), die Feststellungsklage dagegen zu Recht abgewiesen (2.).
1. Der Senat hält an seiner mit Urteil in BFHE 212, 297, ZfZ 2006, 129 vertretenen Rechtsauffassung fest, dass eine zollbehördliche Entscheidung i.S. des Art. 4 Nr. 5 des Zollkodex (ZK), deren Definition derjenigen des Verwaltungsakts nach nationalem Verfahrensrecht entspricht, mit der die Unrichtigkeit einer vom Ausführer abgegebenen Ursprungserklärung festgestellt wird, einer Rechtsgrundlage bedarf. Ebenso wenig wie das in jenem vom Senat entschiedenen Fall maßgebende Ursprungsprotokoll des Assoziierungsabkommens EG-Rumänien enthält das im Streitfall anzuwendende Protokoll Nr. 4 eine solche Rechtsgrundlage.
Wird zum Nachweis der Ursprungseigenschaft der Ware keine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 ausgestellt, sondern gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 21 Abs. 1 Protokoll Nr. 4 eine Ursprungserklärung auf der Rechnung durch den Ausführer abgegeben, können die Zollbehörden des Ausfuhrlands die Richtigkeit der Ursprungserklärung zwar prüfen (Art. 32 Abs. 1 bis 3 Protokoll Nr. 4) und das Ergebnis der Prüfung den Zollbehörden des Einfuhrlands mitteilen; sie haben aber weder nach den Regelungen des Protokolls Nr. 4 noch nach allgemeinen zollrechtlichen Vorschriften die Möglichkeit, das Ergebnis ihrer Prüfung durch einen Verwaltungsakt gegenüber dem Ausführer verbindlich festzustellen.
Anders als das FG meint, ergibt sich aus dem C-23 bis 25/04 —Sfakianakis— (Slg. 2006, I-1265, ZfZ 2006, 154) nichts anderes. Zum einen betrifft jene Entscheidung die Rücknahme durch das Ausfuhrland erteilter Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 und nicht vom Ausführer abgegebene Ursprungserklärungen, zum anderen ist das System der Zusammenarbeit der Verwaltungen und die Verteilung der Aufgaben zwischen den Zollverwaltungen des Einfuhr- und des Ausfuhrlands Gegenstand des EuGH-Urteils, nicht aber die rechtlichen Beziehungen des Ausführers zu den Behörden des Ausfuhrlands. Zu diesem Verhältnis der Zollbehörden der beteiligten Länder zueinander hat der EuGH entschieden, dass die Zuständigkeit für die Bestimmung des Ursprungs von Erzeugnissen grundsätzlich bei den Zollbehörden des Ausfuhrlands liegt und dass die Zollverwaltung des Einfuhrlands an die von den Behörden des Ausfuhrlands rechtmäßig vorgenommene Beurteilung gebunden ist und insoweit auch hierzu im Ausfuhrland ergangene Gerichtsentscheidungen zu berücksichtigen hat.
Für die im Streitfall zu beantwortende Frage der Rechtsgrundlage für einen Feststellungsbescheid lässt sich aus jenem EuGH-Urteil auch nicht mittelbar etwas herleiten. Zwar wird man mit dem FG annehmen können, dass das Ergebnis der Prüfung einer vom Ausführer abgegebenen Ursprungserklärung durch die Zollbehörden des Ausfuhrlands für die Behörden des Einfuhrlands ebenso verbindlich ist wie die vom EuGH mit jenem Urteil beurteilte nachträgliche Prüfung von Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1. Dass die Behörden des Einfuhrlands dieses Prüfungsergebnis bei der Frage nach der Präferenzberechtigung der Einfuhrware zu berücksichtigen haben, bedeutet jedoch nicht, dass deshalb auch eine Regelungsbefugnis der Zollbehörden des Ausfuhrlands gegenüber dem Ausführer besteht bzw. sinnvollerweise bestehen müsste. Keineswegs hat der EuGH —wie das FG meint— mit Urteil in Slg. 2006, I-1265, ZfZ 2006, 154, die Behörden aufgefordert, rechtsmittelfähige Entscheidungen zu treffen, gegen die der Ausführer rechtlich vorgehen kann.
Weder das FG noch Duric (ZfZ 2006, 306; 2007, 38), auf den sich das FG u.a. beruft, nennen eine Rechtsgrundlage für einen feststellenden Verwaltungsakt, wie er im Streitfall vom HZA erlassen worden ist, sondern es wird zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes für den Ausführer für erforderlich gehalten, dass ihm das HZA einen Bescheid über das Ergebnis seiner Prüfung erteilt, und die rechtliche Grundlage hierfür wird im Gesamtzusammenhang der Vorschriften bzw. in einer analogen Anwendung des Art. 8 ZK gesehen. Wie der erkennende Senat bereits am Ende seines Urteils in BFHE 212, 297, ZfZ 2006, 129 ausgeführt hat und wie gerade der Streitfall zeigt, hängt jedoch der gerichtliche Rechtsschutz für den Ausführer nicht davon ab, dass ihm die Zollbehörde ihr Prüfungsergebnis in Gestalt eines Verwaltungsakts mitteilt. Kommt die prüfende Zollbehörde zu dem Ergebnis, dass die vom Ausführer auf den Rechnungen abgegebenen Ursprungserklärungen unzutreffend waren, kann der Ausführer die streitige Frage der Ursprungseigenschaft der Ausfuhrwaren im Wege der Feststellungsklage einer gerichtlichen Klärung zuführen.
Es trifft somit nicht zu, dass —wie das FG meint— ohne eine behördliche Feststellung in Gestalt des Verwaltungsakts der Rechtsschutz für den Ausführer oder gar das Assoziierungsabkommen insgesamt ins Leere liefe. Auch ist nicht erkennbar, weshalb das FG meint, dass die Feststellungsklage keinen umfassenden Rechtsschutz böte. Vielmehr zeigt gerade der vorliegende Fall, dass sich die zwischen der Klägerin und dem HZA streitige Frage der Ursprungseigenschaft der ausgeführten gebrauchten Kleidungsstücke im Rahmen einer Feststellungsklage beantworten lässt. Das für eine Feststellungsklage nach § 41 Abs. 1 FGO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin ist —wie das FG zutreffend ausgeführt hat— zweifellos gegeben. Wollte man ein schützenswertes wirtschaftliches Interesse des Ausführers an der gerichtlichen Feststellung für zweifelhaft halten oder gar verneinen, stellte sich die Frage, weshalb es dann —wie das FG meint— zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes überhaupt erforderlich ist, dass die Zollbehörde gegenüber dem Ausführer einen anfechtbaren Feststellungsbescheid erlässt.
Diese Betrachtungsweise hindert die Zollbehörde des Ausfuhrlands weder an der gemäß Art. 32 Protokoll Nr. 4 vorgeschriebenen Prüfung der vom Ausführer abgegebenen Ursprungserklärungen noch an der Mitteilung des Ergebnisses ihrer Prüfung an die Zollbehörden des Einfuhrlands. Dass die prüfende Zollbehörde des Ausfuhrlands ihr Prüfungsergebnis in die Form eines gegenüber dem Ausführer zu erlassenden feststellenden Verwaltungsakts kleiden muss, ist weder vorgeschrieben noch nach dem Sinn und Zweck des Protokolls Nr. 4 erforderlich.
2. Somit ist die Feststellungsklage der Klägerin zulässig, da sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat und ihre Rechte nicht im Wege der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage verfolgen kann (§ 41 FGO). Die Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Bei den ausgeführten gebrauchten Textilien handelte es sich nicht um präferenzbegünstigte Ursprungswaren der Gemeinschaft.
a) Da sich nicht feststellen lässt, dass die gesammelten Textilien vollständig in der Gemeinschaft gewonnen oder hergestellt worden sind (Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Protokoll Nr. 4), könnten sie allein unter den Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Protokoll Nr. 4 Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft sein. Dann müssten sie in der Gemeinschaft aus Vormaterialien ohne Gemeinschaftsursprung durch eine ausreichende Be- oder Verarbeitung i.S. des Art. 6 Protokoll Nr. 4 hergestellt worden sein. Nach Art. 6 Abs. 1 Protokoll Nr. 4 gelten Vormaterialien als in ausreichendem Maß be- oder verarbeitet, wenn die Bedingungen der Liste des Anhangs II des Protokolls Nr. 4 erfüllt sind; in dieser Liste sind für alle unter das Assoziierungsabkommen fallenden Erzeugnisse die Be- oder Verarbeitungen festgelegt, die an den bei der Herstellung der Erzeugnisse verwendeten Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft vorgenommen werden müssen.
Im Streitfall kommen insoweit allein die in Anhang II des Protokolls Nr. 4 aufgeführten „Altwaren” ex Kap. 63 HS, d.h. Altwaren der Pos. 6309 HS, in Betracht. Diese müssten, um Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft zu sein, in der Gemeinschaft aus Vormaterialien einer anderen Position des HS hergestellt worden sein.
Nach der Anm. 3 Satz 2 zu Kap. 63 HS werden Textilwaren von der Pos. 6309 HS nur dann erfasst, wenn sie augenscheinlich gebraucht sind und lose in Massenladungen oder in Ballen, Säcken oder ähnlichen Verpackungen gestellt werden. In den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zur Pos. 6309 Rz. 05.0 wird hierzu näher ausgeführt, dass es sich um größere Sendungen handeln muss, die in der Regel für Altwarenhändler bestimmt und gewöhnlich weniger sorgfältig verpackt sind, als es bei der Verwendung neuer Waren üblich ist. Dass die von der Klägerin nach Polen ausgeführten Kleidungsstücke diese Voraussetzungen erfüllten, es sich also um Altwaren der Pos. 6309 HS handelte, ist nicht streitig. Jedoch hat die Klägerin diese Altwaren nicht i.S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 1 Buchst. a Protokoll Nr. 4 aus Waren einer Pos. des Kap. 61 HS „hergestellt”, weil die von ihr ausgeführte Tätigkeit des Aussortierens noch verwendbarer Kleidung aus den in Containern gesammelten Textilien gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b Protokoll Nr. 4 eine sog. Minimalbehandlung ist, die nicht ausreicht, um die Ursprungseigenschaft zu verleihen (vgl. —Euro Tex—, Slg. 2007, I-4859, ZfZ 2007, 184).
Anders als die Klägerin meint, haben die Kleidungsstücke auch nicht bereits zuvor beim Verbraucher einen Tarifsprung von Kap. 61 HS zur Pos. 6309 HS durchlaufen. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass aus Haushalten stammende gebrauchte Bekleidung in der Regel nicht —wie es Anm. 3 Satz 2 zu Kap. 63 HS fordert— in größeren Massenladungen abgegeben wird (vgl. , nicht veröffentlicht; und nachgehend Senatsbeschluss vom VII B 180/07, BFH/NV 2008, 832). Auch wenn nach den Feststellungen des FG die gesammelten gebrauchten Kleidungsstücke im Regelfall in Kunststoffbeutel bzw. -säcke verpackt waren, wird doch die aus Verbraucherhaushalten stammende Bekleidung normalerweise nicht in größeren Massenladungen, wie sie in ErlHS zur Pos. 6309 Rz. 04.0 und 05.0 beschrieben sind, in die Sammelcontainer gegeben bzw. an den Straßenrand gestellt.
Darüber hinaus wird Bekleidung —entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht— auch nicht durch das Tragen, Waschen und Bügeln zu Altware mit Ursprung in der Gemeinschaft, wobei es offenbleiben kann, ob auch diese Handlungen —wie das FG meint— als Minimalbehandlungen i.S. des Art. 7 Abs. 1 Protokoll Nr. 4 anzusehen sind. Art. 1 Buchst. a, Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Anhang II Protokoll Nr. 4 verlangen für die Verleihung der Ursprungseigenschaft einen durch eine Be- oder Verarbeitung bewirkten Tarifsprung. Der bestimmungsgemäße Gebrauch einer Ware —wie bei Kleidungsstücken das Tragen, Waschen und Bügeln, das im Übrigen nicht unbedingt in der Gemeinschaft stattgefunden haben muss— ist jedoch weder eine Bearbeitung noch eine Verarbeitung. Eine Bearbeitung ist ein Einwirken auf eine Ware i.S. einer qualitativen Veränderung im Rahmen eines Produktionsprozesses, wobei die Ware gegenständlich erhalten bleibt, während bei einer Verarbeitung die Ausgangsstoffe so umfassend umgestaltet oder wichtige Merkmale derart verändert werden, dass in der Regel eine neue Ware entsteht (vgl. zum nichtpräferenziellen Ursprung: Harings in Dorsch, Zollrecht, Art. 24 ZK Rz 9; Witte/Prieß, Zollkodex, 5. Aufl., Art. 24 Rz 6 f.). Mit dem lediglich bestimmungsgemäßen Gebrauch einer Ware werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt.
Schließlich ist auch nicht der von der Revision vertretenen Ansicht zu folgen, dass die vom Verbraucher in die Sammelcontainer gegebenen gebrauchten Kleidungsstücke Abfall sind und gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. h Protokoll Nr. 4 als vollständig in der Gemeinschaft gewonnen gelten. Abgesehen davon, dass —anders als die Revision meint— abfallrechtliche Definitionen insoweit nicht heranzuziehen sind (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2008, 832), werden von dieser Ursprungsregelung gesammelte Altwaren erfasst, die nur zur Gewinnung von Rohstoffen verwendet werden können. Dies ist bei den gebrauchten Kleidungsstücken, die aus den Sammlungen als noch verwendbar aussortiert und ausgeführt werden, gerade nicht der Fall. Diese Kleidungsstücke sind dazu bestimmt, weiterhin als Bekleidung und nicht zur Gewinnung von Rohstoffen verwendet zu werden. Der abschließende Nebensatz des Art. 5 Abs. 1 Buchst. h Protokoll Nr. 4 „die [...] als Abfall verwendet werden können”, auf den sich die Revision zur Begründung ihrer Auffassung beruft, bezieht sich eindeutig allein auf die in der Regelung ebenfalls angeführten gebrauchten Reifen, nicht aber auf die zu Anfang genannten gesammelten Altwaren.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1753 Nr. 10
BFH/PR 2009 S. 489 Nr. 12
DB 2009 S. 2194 Nr. 41
DStRE 2009 S. 1216 Nr. 19
HFR 2009 S. 1017 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 35/2009 S. 2718
StB 2009 S. 344 Nr. 10
StBW 2009 S. 7 Nr. 18
IAAAD-27000