Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB VI § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 4; SGB VI § 77 Abs 2 Satz 2; SGB VI § 77 Abs 2 Satz 3
Instanzenzug: SG Berlin, S 7 R 5635/06 vom
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die der Klägerin bewilligte Hinterbliebenenrente mit dem ungeminderten Zugangsfaktor von 1,0 oder mit einem Zugangsfaktor von 0,988 ("Abschlag" von 1,2 %) zu berechnen ist.
Der am geborene Ehemann der Klägerin (im Folgenden: der Versicherte) ist am verstorben; eine ihm ab September 2001 bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde nicht mehr ausbezahlt. Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom ab dem große Witwenrente. Laut Anlage 6 des Bescheids wurde der Zugangsfaktor von 1,0 um 0,012 auf 0,988 vermindert; der Rentenberechnung wurden dementsprechend an Stelle von 59,2583 Entgeltpunkten (EP) nur 58,5472 EP zu Grunde gelegt. Dies hatte eine Absenkung der Rentenhöhe um 1,2 % zur Folge, wodurch sich (ab ) ein monatlicher Zahlbetrag von 889,24 Euro (brutto) ergab. Zugleich wurde der Berechnung eine Zurechnungszeit von insgesamt 30 Monaten zu Grunde gelegt. Weitere Bescheide betreffen den Abzug von Beitragsanteilen zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Anrechnung von Erwerbseinkommen.
Im Juli 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Neuberechnung ihrer Witwenrente unter Hinweis auf das Urteil des 4. Senats des = BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3). Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids vom mit Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ab, weil die Voraussetzungen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht erfüllt seien. Der 4. Senat habe nicht über die Abschläge bei Hinterbliebenenrenten entschieden.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin (SG) mit Urteil vom abgewiesen und die Sprungrevision zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Hinterbliebenenrente. Die Regelungen des § 77 Abs 2 Satz 2 und 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien so zu verstehen, dass sich der Zugangsfaktor bei einer Hinterbliebenenrente (um höchstens 10,8 %) auch dann mindere, wenn der Versicherte vor Vollendung seines 60. Lebensjahrs verstorben sei. Zwar ließe § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB VI bei isolierter Anwendung eine Verminderung des Zugangsfaktors bis auf 0 zu. Um dies zu verhindern, begrenze jedoch § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI den Abschlag auf maximal 10,8 %. Eine weitere Begrenzung des Rentenabschlags ergebe sich durch die Verlängerung der Zurechnungszeit iVm der Übergangsvorschrift des § 264c SGB VI. § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI verhindere die rentenmindernde Wirkung auf eine zweite Rente, wenn der Versicherte in früheren Lebensjahren eine erste Erwerbsminderungsrente zeitlich befristet bezogen habe. § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI enthalte keine inhaltliche Modifikation der allgemeinen Regelung des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB VI; eine solche hätte gesetzestechnisch wesentlich einfacher in § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB VI aufgenommen werden können. Die Absenkung des Zugangsfaktors sei Teil eines gesetzgeberischen Gesamtpakets und durch die Verlängerung der Zurechnungszeit abgemildert worden. Diese Auffassung werde auch durch die Gesetzesbegründung zum Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom (BGBl I 554) bestätigt. Die entgegenstehende Auffassung des 4. Senats des BSG werde nicht geteilt. Die sich aus dieser Gegenmeinung ergebende Minderung der laufenden und zunächst ungekürzt zu zahlenden Hinterbliebenenrente, wenn der Versicherte das 60. Lebensjahr vollende, verstoße gegen den Grundsatz des § 88 SGB VI. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Inhalt des § 77 Abs 2 SGB VI bestünden nicht. Ein Verstoß gegen Art 14 Abs 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) könne nicht vorliegen, da Hinterbliebenenrenten diesem Schutz nicht unterfielen. Auch eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG) liege nicht vor, weil eine Zwangsversicherung die allgemeine Handlungsfreiheit der Versicherten, nicht aber die ihrer Hinterbliebenen tangiere. Schließlich liege auch kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor. Alle Empfänger von Hinterbliebenenrenten, bei denen der Versicherte vor dem 60. Lebensjahr verstorben sei, würden gleich behandelt, wobei die Klägerin gegenüber den Hinterbliebenen, deren Rente ab Januar 2004 beginne, durch die Vorschrift des § 264c SGB VI privilegiert werde. Im Hinblick auf andere Versichertengruppen sei es nicht willkürlich, sondern sachgerecht, auf das jeweilige Lebensalter des Versicherten bei Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen. Bei der Verschlechterung der Rechtslage gegenüber den bereits vor dem Jahre 2001 in Anspruch genommenen Hinterbliebenenrenten sei zu berücksichtigen, dass die Abschlagsregelung und die erweiterte Anrechnung der Zurechnungszeit als "Paketlösung" schrittweise eingeführt worden seien, sodass den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit Genüge getan sei.
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 4, Satz 2 und 3 SGB VI. Danach sei ein Zugangsfaktor nicht abzusenken, wenn der Versicherte vor dem 60. Lebensjahr verstorben sei. Diese Rechtsauffassung werde durch das Urteil des 4. Senats vom gestützt. Das SG übersehe, dass die Beklagte § 77 Abs 3 Satz 1 SGB VI in der Praxis nur anwende, wenn die Folgerente nahtlos an die frühere Rente anschließe. Setze § 77 Abs 3 Satz 1 SGB VI Nahtlosigkeit voraus, so sei jedoch eine ergänzende Regelung durch § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI zu Renten, die vor dem 60. Lebensjahr mit anschließender Rentenpause bezogen würden, nicht erforderlich. Die Auslegung des BSG werde zudem durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-Reformgesetz) vom (BGBl I 1827) gestützt. Hinzu komme, dass die Verlängerung der Zurechnungszeiten die Abschläge, die durch die Verminderung des Zugangsfaktors bedingt seien, nicht ausglichen. Die Abschläge fielen unter Anrechnung der Zurechnungszeit umso niedriger aus, je jünger ein Erwerbsminderungsrentner sei. Dieses Ergebnis entspreche gerade nicht der Zielsetzung des § 63 Abs 5 SGB VI, nämlich Vor- und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer zu vermeiden. Ein Rückschluss auf die Zulässigkeit von Abschlägen für unter 60-jährige könne nicht gezogen werden. Auch der Hinweis auf das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz überzeuge nicht, da dem Gesetzgeber die Möglichkeit offen gestanden habe, die Rechtsunsicherheit, die auf Grund des Urteils des 4. Senats aufgekommen sei, durch eine gesetzliche Klarstellung der Regelungen des § 77 Abs 2 Satz 2 und 3 SGB VI aus der Welt zu schaffen. Die mit dem Gesetz geschaffene Neuregelung des § 100 Abs 4 SGB VI, mit der zukünftig Nachzahlungen im Zusammenhang mit dem § 44 SGB X eingeschränkt werden sollen, deute vielmehr darauf hin, dass der Gesetzgeber eine Bestätigung des Urteils des 4. Senats für möglich halte und deshalb finanzielle Auswirkungen für die Beklagte in Grenzen halten wolle. Im Übrigen sei die Problematik der Hinterbliebenenrenten im Gesetzentwurf zum EM-Reformgesetz 20/12 nicht erörtert worden. Allein das (nicht ausdrücklich benannte) systematische Argument der Akzessorietät der Hinterbliebenenrente sei nicht ausreichend, um Abschläge zu rechtfertigen. Die Absenkung des Zugangsfaktors sei auf die Fälle beschränkt, in denen die Rente nach Vollendung des 60. Lebensjahrs des Versicherten beginne. Im Übrigen verstoße das Urteil des SG gegen Art 2 Abs 1 GG sowie Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 GG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom zu verurteilen, der Klägerin unter Abänderung des Bescheids vom Witwenrente ab dem unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors von 1,0 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend und führt im Wesentlichen aus: Aus dem Gesamtkontext des § 77 Abs 1 und 2 SGB VI und unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsmaterialien ergebe sich, dass es sich bei der Regelung des § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI um ein "rettendes Netz" handele, das bewirke, dass abweichend von der Grundaussage in § 77 Abs 1 SGB VI ausnahmsweise nicht das Alter des Versicherten bei seinem Tod maßgeblich sei. Der Auffassung des 4. Senats des BSG könne nicht gefolgt werden, da diese zur Konsequenz habe, dass die Hinterbliebenenrente der Klägerin nur bis Juli 2006 (Kalendermonat, in dem der Versicherte das 60. Lebensjahr vollendet hätte) abschlagsfrei zu zahlen gewesen wäre und erst danach einem Abschlag unterlegen wäre. Im Übrigen sei die Modifizierung des § 59 SGB VI (ggf iVm § 253a SGB VI) zu beachten, die dazu dienen solle, die Abschläge abzumildern. Die Praxis der Beklagten verletze auch nicht die Grundrechte der Klägerin, da nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 97, 271) davon ausgegangen werden müsse, dass Ansprüche von Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Versorgung ihrer Hinterbliebenen nicht dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 GG unterlägen. Auch Art 2 Abs 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) könne nicht als Prüfungsmaßstab herangezogen werden. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) liege ebenfalls nicht vor, da eine Gleichbehandlung mit der Versichertengruppe, die Erwerbsminderungsrenten nach dem bezögen, geboten sei. Beiden Rentenarten sei das Ziel der Kompensation von ungewollten Risiken gemeinsam. Ein geminderter Zugangsfaktor gleiche bei diesen "Risiko-Renten" die längere Rentenbezugsdauer aus und sei daher aus denselben Gründen gerechtfertigt wie die Anpassung des Zugangsfaktors an den Rentenbeginn bei der Altersrente.
II
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen. Er sieht sich daran jedoch durch das Urteil des 4. Senats vom (B 4 RA 22/05 R - BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3) gehindert; würde er die Rechtsauffassung, auf der dieses Urteil beruht, auch im vorliegenden Fall zugrunde legen, wären auf die Revision der Klägerin das angegriffene Urteil aufzuheben, die angefochtenen Bescheide abzuändern und der Klage damit stattzugeben. Obwohl das jetzige Verfahren eine andere Rentenart betrifft als dasjenige des 4. Senats, folgt die Berechnung der streitigen Witwenrente den gleichen Regeln wie die der Entscheidung des 4. Senats zu Grunde liegende Berechnung der Erwerbsminderungsrente. Dies macht die aus dem Entscheidungssatz ersichtliche Anfrage gemäß § 41 Abs 3 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erforderlich.
1. Die Sprungrevision ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 161 Abs 1 SGG sind erfüllt, da die Zustimmung der Beklagten der Revisionsschrift der Klägerin beigefügt war und die Beklagte in diesem Schreiben (vom ) ausdrücklich ihr Einverständnis zur Einlegung der Sprungrevision erteilt hat (zum Erfordernis der Zustimmung zur "Einlegung" - und nicht lediglich zur "Zulassung" - BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 7 S 15).
Die Klägerin ist auch beschwert. Ihr stünde ein höherer Monatsbetrag der Rente zu, wenn der Rentenberechnung an Stelle des Zugangsfaktors von 0,988 ein solcher von 1,0 zu Grunde zu legen wäre. Bezogen auf den aktuellen Rentenwert bewirkt die Absenkung des Zugangsfaktors eine Rentenminderung um 11,21 Euro, die durch die gleichzeitig mit der gesetzlichen Regelung erfolgte Verlängerung der Zurechnungszeit nicht ganz ausgeglichen wird. Die Neuregelung hat insgesamt in der Auslegung durch die Beklagte eine Rentenminderung um (aktuell) 1,30 Euro zur Folge.
2. Die Sprungrevision der Klägerin ist nach Auffassung des Senats unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage auf Zahlung einer höheren Witwenrente zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Witwenrente unter Zugrundelegung des Zugangsfaktors 1,0. Die Rechtsanwendung der Beklagten, den Zugangsfaktor für eine Hinterbliebenenrente auch dann vom Rentenbeginn an zu mindern, wenn der Versicherte vor Vollendung des 60. Lebensjahres verstorben ist, ist nicht zu beanstanden.
Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich gemäß § 63 Abs 6, § 64 Nr 1 bis 3 SGB VI, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Der Zugangsfaktor ist ein Berechnungselement der persönlichen EP.
Nach § 77 Abs 1 SGB VI in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom (RRErwerbG - BGBl I 1827; zur Gesetzesentwicklung Blüggel in Wannagat, SGB VI, § 77 RdNr 6 f, Stand 7/2007; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 77 SGB VI RdNr 1 ff, Stand 12/2005) richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang EP bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche EP zu berücksichtigen sind. Der Zugangsfaktor ist für EP, die noch nicht Grundlage von persönlichen EP einer Rente waren, gemäß § 77 Abs 2 Nr 4 Buchst a SGB VI bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat zwischen dem Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, und dem Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres des Versicherten um 0,003 niedriger als 1,0. So liegt der Fall bei der Klägerin. Der Ehemann der Klägerin ist im Alter von 54 Jahren und 7 Monaten verstorben.
Ist der Versicherte wie hier vor Vollendung des 60. Lebensjahres verstorben, so bestimmt § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI, dass die Vollendung des 60. Lebensjahres für die "Bestimmung des Zugangsfaktors" der dann zu zahlenden Hinterbliebenenrente maßgebend ist. Davon abweichend regelt § 264c SGB VI (idF des RRErwerbG; zur Neufassung ab dem s Art 1 Nr 72 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung = RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom , BGBl I 554), dass bei der Ermittlung des Zugangsfaktors an Stelle der Vollendung des 60. Lebensjahres die Vollendung des in Anlage 23 zum SGB VI (in der bis geltenden Fassung; zur Aufhebung der Anlage 23 ab dem s Art 1 Nr 83 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) angegebenen Lebensalters maßgebend ist, wenn eine Rente wegen Todes vor dem beginnt. Die Voraussetzungen dieser Übergangsvorschrift liegen bei der Klägerin vor; entsprechend der Anlage 23 zum SGB VI und dem Rentenbeginn am hat die Beklagte bei der Absenkung des Zugangsfaktors 4 Monate berücksichtigt (vom zu unterstellenden Lebensalter von 62 Jahren und 8 Monaten bis zur Erreichung des 63. Lebensjahres) und deshalb einen Zugangsfaktor von 0,988 ermittelt. Gleichzeitig legte die Beklagte entsprechend § 253a SGB VI iVm der Anlage 23 (idF des RRErwerbG) eine Zurechnungszeit von insgesamt 30 Monaten zu Grunde. Vom Todeszeitpunkt bis zum 55. Geburtstag wären es noch 5 Monate gewesen. Die übrige Zeit bis zur hypothetischen Vollendung des 60. Lebensjahres war nach Anlage 23 zu 22 Vierundfünfzigstel als Zurechnungszeit anzurechnen, das sind aufgerundet 25 Monate. Ohne die Übergangsregelung wären vom Todestag bis zum insgesamt 65 Monate zu berücksichtigen gewesen. Aufgrund des früheren Rechts hätte die Zurechnungszeit insgesamt nur 25 Monate betragen (§ 59 Abs 3 SGB VI in der bis zum geltenden Fassung).
Die Regelung des § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI (ggf iVm § 264c SGB VI und der Anlage 23 zum SGB VI in der bis geltenden Fassung) ist nach Auffassung des 5. Senats als Berechnungsregel zu verstehen, mit der Folge, dass beim Tod des Versicherten vor Vollendung des 60. Lebensjahres der Zugangsfaktor für die Rente wegen Todes um maximal 0,108 (36 Kalendermonate x 0,003) zu mindern ist. Hierdurch ergibt sich in diesen Fällen ein Zugangsfaktor von 0,892. Der Senat vermag sich der entgegenstehenden Rechtsauffassung des 4. Senats im Urteil vom nicht anzuschließen (ablehnend auch die überwiegende Rechtsprechung der Instanzgerichte, vgl insbesondere - alle veröffentlicht in Juris - Hessisches Landessozialgericht [LSG] vom - L 5 R 228/06, derzeit anhängig beim BSG; LSG Niedersachsen-Bremen vom - L 2 R 415/07, derzeit anhängig beim BSG; , derzeit anhängig beim BSG; , derzeit anhängig beim BSG; , derzeit anhängig beim BSG; SG Detmold vom - S 20 R 83/07; , derzeit anhängig beim BSG; ; SG Duisburg vom - S 21 R 145/07, derzeit anhängig beim BSG; SG Freiburg vom - S 6 R 886/07; ; SG Aachen vom - S 13 Kn 9/07; SG für das Saarland vom - S 14 R 82/07; SG Augsburg vom - S 3 R 26/07; der Auffassung des 4. Senats angeschlossen haben sich hingegen insbesondere , derzeit anhängig beim BSG; LSG für das Saarland vom - L 7 R 40/06; SG Mannheim vom - S 9 R 2887/07; SG Lübeck vom - S 14 R 191/07; in der Literatur ist die Auffassung des 4. Senats weitgehend auf Ablehnung gestoßen, vgl insbesondere Bredt, NZS 2007, 192 ff; von Koch/Kolakowski, SGb 2007, 71 ff; Ruland, NJW 2007, 2086 ff; Mey, RVaktuell 2007, 44 ff; Plagemann in jurisPR-SozR 20/2006 Anm 4).
Für die Auffassung des erkennenden Senats sprechen Wortlaut und systematische Stellung des § 77 SGB VI wie auch Sinn und Zweck, systematischer Gesamtzusammenhang und Entstehungsgeschichte dieser Norm.
a) Nach seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung ist § 77 SGB VI eine Norm, die Berechnungsregeln zur Umsetzung der allgemeinen Grundsätze zur Rentenhöhe iS des § 63 Abs 5 iVm § 64 Nr 1 SGB VI enthält (so auch stellvertretend: Bredt, NZS 2007, 193; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 77 SGB VI RdNr 1, Stand 12/2005; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, § 77 SGB VI Anm 1, Stand 5/2005; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 77 RdNr 4, Stand 2/2002).
aa) Nach § 77 Abs 1 SGB VI richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang EP bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche EP zu berücksichtigen sind. Durch diese Grundregel fließt zum einen das Alter des Versicherten in die Rentenberechnung mit ein, und zum anderen wird die Funktion des Zugangsfaktors als Berechnungskomponente bei der Ermittlung der persönlichen EP deutlich. Für die Bestimmung des Zugangsfaktors ist nach dieser Grundregel somit das Alter des Versicherten zum Zeitpunkt des Eintritts des versicherten Risikos maßgebend, der bei Hinterbliebenenrenten durch den Tod des Versicherten ausgelöst wird. Damit bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass der Zugangsfaktor für die gesamte Dauer des ununterbrochenen Rentenbezugs und auch für eine sich daran anschließende Rente einheitlich zu bestimmen ist - die nach § 77 Abs 2, 3 SGB VI zu ermittelnden "Abschläge" oder "Zuschläge" also für die gesamte ununterbrochene Rentenlaufzeit gelten (vgl - Juris RdNr 281 ff; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 77 RdNr 10, Stand 2/2002; Blüggel in Wannagat, SGB, § 77 SGB VI RdNr 18, Stand 7/2007; Ohsmann/Stolz/Thiede, DAngVers 2003, 171).
bb) § 77 Abs 2 SGB VI enthält sodann Regelungen zur Berechnung der Höhe des Zugangsfaktors; für Hinterbliebenenrenten gilt Satz 1 Nr 4 Buchst a. Danach richtet sich die Minderung des Zugangsfaktors nach der Zeitspanne zwischen dem Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, und dem Ablauf des Kalendermonats der (hypothetischen) Vollendung des 63. Lebensjahres des Versicherten. Für jeden Kalendermonat dieser Zeitspanne ist der Zugangsfaktor um 0,003 niedriger anzusetzen als 1,0. Isoliert betrachtet, würde § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 4 Buchst a SGB VI bei einem Tod des Versicherten in jungen Jahren den Zugangsfaktors auf Null absenken. Zur Vermeidung dieses Ergebnisses bestimmt jedoch § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI, dass die Vollendung des 60. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend sein soll, wenn bei einer Hinterbliebenenrente der Versicherte bereits vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres verstorben ist. Dadurch beginnt die für das Ausmaß der Rentenminderung maßgebende Zeitspanne frühestens mit Vollendung des 60. Lebensjahres und wird entsprechend verkürzt. Entgegen der Grundregel des § 77 Abs 1 SGB VI, wonach sich der Zugangsfaktor nach dem (tatsächlichen) Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder Tod bestimmt, ordnet das Gesetz eine fiktive Rentenberechnung unter der Annahme an, der Versicherte habe das 60. Lebensjahr bereits vollendet, um auf diese Weise die Minderung des Zugangsfaktors entsprechend der 36 Monate zwischen dem vollendeten 60. und dem vollendeten 63. Lebensjahr auf maximal 0,108 zu begrenzen (so auch Ruland, NJW 2007, 2087; Mey, RVaktuell 2007, 46; Bredt, NZS 2007, 194; Blüggel in Wannagat, SGB, § 77 SGB VI RdNr 28, Stand 7/2007; Kreikebohm in BeckOK, § 77 SGB VI RdNr 5, Stand 9/2007; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, § 77 SGB VI Anm 3b, Stand 5/2005; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 77, RdNr 28, Stand 2/2002; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 77 SGB VI RdNr 16, Stand 12/2005; Polster in Kasseler Kommentar, § 77 SGB VI RdNr 12, Stand 9/2006). Eine weitere Herabsetzung des Zugangsfaktors für die Monate des Rentenbezugs, die vor der - fiktiven - Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten liegen, ist somit ausgeschlossen; dadurch ist sichergestellt, dass der Zugangsfaktor nicht unter 0,892 absinkt und die Rente somit niemals um mehr als 10,8 % zu mindern ist (36 Kalendermonate x 0,003 = 0,108). Dass es bei der Bezugnahme auf das 60. Lebensjahr des Versicherten um eine fiktive Rechengröße für die Bestimmung des Zugangsfaktors und nicht etwa um die Festlegung des Beginns der Rentenminderung geht, wird insbesondere im vorliegenden Fall einer Hinterbliebenenrente deutlich. Andernfalls müsste dem Gesetz unterstellt werden, es wolle eine Minderung der Witwenrente für die Zeit anordnen, nachdem der verstorbene Versicherte das genannte Lebensalter erreicht haben würde.
§ 77 Abs 2 Satz 2 und 3 SGB VI dienen ausschließlich der Berechnung des Zugangsfaktors. Die vom 4. Senat diesen Vorschriften entnommene Anordnung, dass eine Absenkung des Zugangsfaktors erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erfolgen dürfe, weil der Zugangsfaktor bis dahin vom Lebensalter unabhängig bleibe und der Rentenbezug nicht als "vorzeitige Inanspruchnahme" gelte (BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3, jeweils RdNr 22 ff), wird weder für Erwerbsminderungsrenten noch für Hinterbliebenenrenten von der Gesetzessystematik gestützt. Das Konzept der "vorzeitigen Inanspruchnahme" im Sinne des zeitlich beschränkten Bezugs einer Rente bis zu einem bestimmten Lebensalter lässt sich mit den Voraussetzungen von Renten wegen Erwerbsminderung oder Todes nicht in Einklang bringen. Die "vorzeitige" Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung im Sinne einer freien Entscheidung des Versicherten, vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu wollen, ist nicht möglich, da der Leistungsfall (Eintritt der Erwerbsminderung) in der Regel unabhängig vom Willen des Versicherten eintritt (vgl insoweit auch die Kritik des Deutschen Gewerkschaftsbundes und des VdK im Rahmen der 57. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am , Prot 14/57 S 18, 26). Streng genommen kann somit im Hinblick auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht von einer vorzeitigen, sondern allenfalls von einer früheren oder späteren Inanspruchnahme gesprochen werden (in diesem Sinne auch Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, § 63 SGB VI Anm 6, Stand 12/2005). Für Renten wegen Todes ist der Begriff der Vorzeitigkeit vollends unpassend, weil er ein Regelalter für diesen Versicherungsfall und - auch hier - eine Einflussmöglichkeit des Renten-berechtigten suggeriert. Konsequenterweise spricht das Gesetz in § 77 Abs 2 und Abs 3 SGB VI von einer "vorzeitigen" Inanspruchnahme nur im Zusammenhang mit Renten wegen Alters (Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a und Satz 4, Abs 3 Satz 3 Nr 1); bei Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten wird dieser Begriff nicht verwendet (Abs 2 Satz 1 Nr 3 und Nr 4 Buchst a sowie Satz 2).
Dass dem Gesetzgeber diese Differenzierung bewusst war, bestätigt nicht nur die Auseinandersetzung im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung (aaO), sondern auch die Änderung des Wortlauts des § 63 Abs 5 SGB VI, welcher vom bis auf Grund des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom (BGBl I 2998) folgende Fassung hatte: "Bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente oder bei Verzicht auf eine Altersrente nach dem 65. Lebensjahr werden Vorteile oder Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer durch einen Zugangsfaktor vermieden." Mit der Einführung des abgesenkten Zugangsfaktors auch bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen werden, durch das RRErwerbG vom (BGBl I 1827) wurde § 63 Abs 5 SGB VI entsprechend neu gefasst: "Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer werden durch einen Zugangsfaktor vermieden." Der Begriff der "Vorzeitigkeit" ist somit entfallen. Danach gilt, dass bei allen Rentenarten Vorteile oder Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer durch einen Zugangsfaktor vermieden werden sollen.
cc) Im Zusammenhang mit Hinterbliebenenrenten bestätigt § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI dieses Ergebnis und nicht die Auffassung des 4. Senats. Die Anordnung, dass die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme "gilt", kann sich nicht auf Hinterbliebenenrenten beziehen. Auf die Bedenken, die sich aus dem Begriff der "Vorzeitigkeit" ergeben, wurde bereits hingewiesen; allerdings gelten diese - wie ausgeführt - in abgeschwächter Form auch für Erwerbsminderungsrenten. Hinterbliebenenrenten können jedoch in § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI aus weiteren Gründen nicht gemeint sein. Abgesehen davon, dass Satz 3 - anders als Satz 2 - Hinterbliebenenrenten nicht erwähnt, knüpfen alle anderen in § 77 SGB VI zu Hinterbliebenenrenten getroffenen Regelungen an den Zeitpunkt des Todes des Versicherten an (vgl § 77 Abs 1, Abs 2 Nr 4 Buchst a, Abs 2 Satz 2), und nicht wie in Satz 3 an den Zeitpunkt der Inanspruchnahme, der (bzw an seiner Stelle derjenige des Rentenbeginns) bei Alters- und Erwerbsminderungsrenten maßgebend ist (vgl § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 1, Nr 2, Nr 3 und Nr 4 Buchst b, Abs 2 Satz 2, Abs 2 Satz 4, Abs 3 Satz 3). Überdies kann sich die Wendung "Bezug einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten" nicht auf einen bereits verstorbenen Versicherten beziehen, was aber im Zusammenhang mit einer Hinterbliebenenrente der Fall wäre. Da es somit ausgeschlossen ist, § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI als eine Regelung für Hinterbliebenenrenten zu verstehen, kann auch in Bezug auf Erwerbsminderungs- und Erziehungsrenten nicht dieselbe Rente gemeint sein, deren Zugangsfaktor in Abs 2 Satz 2 - für alle Renten einschließlich derjenigen wegen Todes im selben Sinne - geregelt ist. Vielmehr handelt es sich um eine Erwerbsminderungsrente, die der Versicherte früher bezogen hatte und für die gemäß § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3, Satz 2 SGB VI ein abgesenkter Zugangsfaktor ermittelt worden war (was in dem allerdings missverständlichen Begriff der "vorzeitigen" Inanspruchnahme angedeutet wird). Anders als im Fall einer sich nahtlos anschließenden Folgerente soll der einer früheren Rente zugrunde gelegte abgesenkte Zugangsfaktor nach einem vollständigen Wegfall dieser Rente für eine spätere Rente nicht mehr gelten (§ 77 Abs 3 Satz 1 SGB VI), sodass deren Höhe in Ausnahme zu § 77 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI zu bestimmen ist, als hätten die EP des Versicherten noch keiner Rente zugrunde gelegen.
Durch die Fiktion des § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI wird mithin gewährleistet, dass sich der geminderte Zugangsfaktor bei einem Wegfall der Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres (zB bei einem Rentenbezug zwischen dem 42. und 44. Lebensjahr) auf eine spätere Rente (neue Erwerbsminderungsrente, Hinterbliebenenrente oder Rente wegen Alters ab dem 65. Lebensjahr bzw ab dem nach Erreichen der Regelaltersgrenze) nicht mehr auswirkt. § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI statuiert insoweit eine Ausnahme zu dem Grundsatz (vgl § 77 Abs 3 Satz 1 SGB VI), dass ein früherer Zugangsfaktor auch für spätere Renten maßgeblich bleibt (ebenso Ruland, NJW 2007, 2087; Bredt, NZS 2007, 194; Mey, RVaktuell 2007, 46 f; Blüggel in Wannagat, SGB, § 77 SGB VI RdNr 30 ff, Stand 7/2007; Kreikebohm SGB VI, 2. Aufl 2003, § 77 RdNr 16; Polster in Kasseler Kommentar, § 77 SGB VI RdNr 21, Stand 9/2006; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 77 RdNr 47 mit Beispiel, Stand 2/2002; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 77 SGB VI RdNr 18 f mit Beispiel, Stand 12/2005; unklar hingegen Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, § 77 SGB VI Anm 4, Stand 5/2005). Insoweit handelt es sich um eine "Schutzvorschrift" zu Gunsten des Versicherten, die es ihm ermöglicht, bei Inanspruchnahme einer späteren Rente einen höheren Zugangsfaktor als den bei der früher gewährten Rente zu erhalten, und ihn vor einem "immerwährenden Abschlag" schützt.
Infolge des § 77 Abs 2 Satz 3 SGB VI bestimmt sich der Zugangsfaktor für eine spätere Rente demnach wiederum allein nach § 77 Abs 2 Satz 1 SGB VI. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über das 60. Lebensjahr hinaus bezogen wird und sich daran nahtlos eine Folgerente anschließt. Zwar handelt es sich bei Folgerenten um eigenständige Leistungsansprüche mit eigenen, ggf neu zu ermittelnden Berechnungsfaktoren. Damit aber die Dauerwirkung des Abschlags aus der Vorrente gewährleistet bleibt, ordnet § 77 Abs 3 Satz 1 SGB VI die Übernahme des bisherigen Zugangsfaktors in die Berechnung der Folgerente an (vgl hierzu im Einzelnen Schmitz, LVA Rheinprovinz Mitteilungen 2003, 142 ff).
dd) Gestützt wird dieses Normverständnis durch die Regelung des § 77 Abs 3 Satz 3 Nr 2 SGB VI. Danach wird der Zugangsfaktor für EP, die Versicherte bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 60. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003 je Kalendermonat erhöht. Die Normierung dieses "Zuschlags" nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 60. Lebensjahres bei einem Zugangsfaktor "kleiner als 1,0" wäre sinnlos, hätte die gesetzgeberische Absicht tatsächlich darin bestanden, die Minderung des Zugangsfaktors bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf die Zeit ab dem 60. Lebensjahr zu beschränken (zutreffend Mey, RVaktuell 2007, 47).
b) Auch Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für die Auffassung, dass in § 77 Abs 2 SGB VI "Rentenabschläge" in Folge der Minderung des Zugangsfaktors auch für Zeiten des Bezugs einer Hinterbliebenenrente vor der hypothetischen Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten geregelt sind. Die vom Gesetzgeber mit § 77 SGB VI in Bezug auf Renten wegen Todes verfolgten Zwecke sind dabei mit denjenigen identisch, die für die Absenkung der Alters- und Erwerbsminderungsrenten maßgebend sind; da es sich bei Renten wegen Todes um abgeleitete Renten handelt, deren Höhe von denselben EP abhängt, die den Renten wegen Alters oder wegen Erwerbsminderung zu Grunde zu legen sind, folgt ihre Behandlung dem gesetzgeberischen Gesamtkonzept, Vor- und Nachteile unterschiedlicher Rentenbezugsdauer bei den Versichertenrenten durch einen variablen Zugangsfaktor auszugleichen.
§ 77 SGB VI wurde neu gefasst durch Art 1 Nr 22 RRErwerbG vom (BGBl I 1827). Nach der bisherigen Fassung waren EP bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Renten wegen Todes in vollem Umfang (Zugangsfaktor 1,0) zu berücksichtigen. Einen "Abschlag" sah das Gesetz nur bei der vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrenten vor.
Mit dem RRErwerbG wurde das Ziel verfolgt, die Höhe der Erwerbsminderungsrenten an die Höhe der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten anzupassen, und zwar bei gleichzeitiger Verlängerung der Zurechnungszeit bis zum 60. Lebensjahr (vgl BT-Drucks 14/4230 S 23 f, II Nr 3). Mit der Umsetzung dieses Ziels folgte der Gesetzgeber einer Aufforderung des Bundesrates, der bereits im Jahr 1989 in seiner Stellungnahme zum RRG 1992 die Bundesregierung aufforderte, eine Änderung des Rechts der Erwerbsminderungsrenten vorzubereiten, die verhindern sollte, dass die im RRG 1992 angeordnete Heraufsetzung der Altersgrenzen unterlaufen wird (vgl BR-Drucks 120/89 S 8). Dabei ging es dem Gesetzgeber des RRErwerbG nur um eine "Anpassung" und nicht um eine "Gleichbehandlung"; denn bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente kann der "Abschlag" bis zu 18 % betragen (vgl zur Anhebung der Altersgrenzen bei der Altersrente BSG SozR 4-2600 § 237 Nr 1 mwN). Dass der Gesetzgeber nur eine Anpassung, nicht aber eine Gleichbehandlung der Erwerbsminderungsrenten mit den vorzeitigen Altersrenten beabsichtigte, findet seinen Ausdruck zum einen darin, dass die maximale Rentenabsenkung durch den geminderten Zugangsfaktor nur 10,8 % beträgt. Zum anderen wird der Versicherte mit Hilfe der Erhöhung der Zurechnungszeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres (vgl §§ 59 Abs 1 und 2, 253a SGB VI) jetzt so gestellt, als ob er bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres weitergearbeitet hätte; dann aber hätte er - bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente - einen Abschlag von bis zu 18 % in Kauf nehmen müssen (vgl BT-Drucks 14/4230 S 23, II Nr 3).
Mit der Anpassung der Höhe der Erwerbsminderungsrenten an die Höhe der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten wollte der Gesetzgeber zwar einerseits Ausweichreaktionen in die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entgegenwirken, wie sich in der Gesetzesbegründung zu § 77 SGB VI zeigt (vgl BT-Drucks 14/4230 S 26 zu Nr 22). Andererseits sollten die Vorteile eines längeren Rentenbezuges durch einen verminderten Zugangsfaktor ausgeglichen werden, dessen Wirkung jedoch für erwerbsgeminderte Versicherte und deren Hinterbliebene durch die Verlängerung der Zurechnungszeit gemildert werden sollte (vgl § 59 Abs 2 Satz 2, § 63 Abs 5 SGB VI idF des RRErwerbG; BT-Drucks 14/4230 S 26 zu Nr 16). Der Vorteil einer früheren Inanspruchnahme einer Rente liegt (statistisch gesehen) darin, dass die Rentensumme desto höher ist, je länger die Rentenlaufzeit insgesamt ist. Ein früher Renteneintritt bedeutet somit eine Mehrbelastung der Versichertengemeinschaft, die durch einen abgesenkten Zugangsfaktor begrenzt werden soll. Ziel ist es, dass der Gesamtwert der lebenslangen Rente unabhängig vom Rentenbeginn im statistischen Durchschnitt gleich hoch ist (vgl Ohsmann/Stolz/Thiede, DAngVers 2003, 172; Ruland in GK-SGB VI, § 63 RdNr 53 f, Stand 9/2006). Denn die möglichst frühzeitige Inanspruchnahme einer Rente entspricht nicht dem eine Versicherung prägenden Prinzip der Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung. Eine wesentliche Durchbrechung dieses Äquivalenz- bzw Versicherungsprinzips lag im früheren Recht darin, dass Versicherte die Altersrente ohne Abschlag bis zu fünf Jahren vor der regulären Altersgrenze erhalten konnten und durch den "statistisch" verlängerten Rentenbezug die insgesamt zu zahlende Rentensumme beträchtlich erhöhten. Das Äquivalenzprinzip kommt durch die Neuregelung des § 63 Abs 5 SGB VI durch das RRErwerbG deutlicher zum Ausdruck als bisher (vgl Ruland, aaO vor §§ 63 ff RdNr 14 ff, Stand 9/2006). Dass die Stärkung des Äquivalenzprinzips auf die Fälle des Rentenbezugs nach Vollendung des 60. Lebensjahres beschränkt und der Vorteil einer längeren Rentenbezugsdauer erst ab diesem Zeitpunkt ausgeglichen werden sollte, lässt sich weder dem Wortlaut des § 63 Abs 5 SGB VI noch sonstigen Anhaltspunkten im Gesetz entnehmen.
Die Anpassung der Höhe der Erwerbsminderungsrenten an die Höhe der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten wird durch die Verlängerung der Zurechnungszeit nach § 59 Abs 2 Satz 2 SGB VI begrenzt (vgl die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ruland im Rahmen der 57. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am , Prot 14/57 S 8; BT-Drucks 14/4230 S 23 f, II Nr 3). Bei Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung im Alter von 56 Jahren und acht Monaten ergibt sich danach bei einem "Eckrentner" eine um 3,3 % niedrigere Rente. Je mehr sich der Versicherte der Altersgrenze von 60 Jahren nähert, desto höher ist der effektive Abschlag bis maximal 10,8 %. Gerade bei diesen altersrentennahen Versicherten sind zusätzliche Anträge auf Erwerbsminderungsrente zu befürchten, um der maximal 18-prozentigen Minderung einer vorzeitigen Altersrente auszuweichen. Es wäre jedoch insbesondere vor dem Hintergrund des Art 3 Abs 1 GG nicht gerechtfertigt, die längere Rentenbezugsdauer nur bei der Gruppe der altersrentennahen Versicherten zu berücksichtigen, sodass sich die allmähliche Steigerung der Rentenminderung, je näher sich die Betroffenen der Vollendung des 60. Lebensjahres nähern, und ihre Verringerung, je länger das 60. Lebensjahr bereits hinter dem Versicherten liegt, ein in sich schlüssiges Konzept darstellt (ebenso Mey, RVaktuell 2007, 48).
c) Der weitere systematische und rechtspolitische Gesamtzusammenhang spricht ebenfalls für dieses Normverständnis. Die Anhebung des Renteneintrittsalters, beginnend mit dem RRG 1992, und die Minderung des Zugangsfaktors ist Teil einer Gesamtstrategie zur Sicherung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung und Reaktion auf die demografische Entwicklung (vgl diesbezüglich die Begründung zum RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz, BT-Drucks 16/3794 S 1). Die stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters dient einer sozial angemessenen und finanziell tragfähigen Alterssicherungspolitik und ist nach Ansicht der Bundesregierung ein wichtiger Beitrag zu mehr Wachstum und Beschäftigung (vgl dazu Nationaler Strategiebericht Sozialschutz und soziale Eingliederung vom der Bundesregierung, BR-Drucks 583/06 S 33). Die Absenkung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme von Renten wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres bei gleichzeitiger Verlängerung der Zurechnungszeit ist Teil dieser Gesamtstrategie. Bei den § 59 Abs 2 Satz 2, § 63 Abs 5, §§ 77, 253a, 264c SGB VI handelt es sich um ein aufeinander abgestimmtes "Gesamtpaket" (vgl Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 253a RdNr 2; Stahl in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 264c RdNr 4 f). Dies findet auch seinen Ausdruck in der Anlage 23, die übergangsweise sowohl für die Bestimmung des Zugangsfaktors (§ 264c SGB VI) als auch für die Anhebung der Zurechnungszeit (§ 253a SGB VI) anzuwenden ist. Danach mindert sich der Zugangsfaktor je nach Rentenbeginn in abgestuften Schritten, die jeweils der ebenfalls stufenweise angeordneten Verlängerung der Zurechnungszeit entsprechen.
Aus einem weiteren Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den abgesenkten Zugangsfaktor bei Hinterbliebenenrenten erst ab dem Zeitpunkt hat einführen wollen, in dem der früher verstorbene Versicherte das 60. Lebensjahr vollendet hätte. Ungeachtet möglicher verfassungsrechtlicher Bedenken, verstieße die Minderung einer laufenden Hinterbliebenenrente ab fiktiver Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten bereits gegen den Grundsatz des § 88 Abs 2 Satz 1 SGB VI, wonach die in einer zuvor festgestellten Rente des Versicherten ermittelten EP auch für eine Hinterbliebenenrente zu übernehmen sind, wenn diese innerhalb von 24 Kalendermonaten nach der Versichertenrente beginnt (vgl auch von Koch/Kolakowski, SGb 2007, 73; Plagemann in jurisPR-SozR 20/2006 Anm 4), wie auch gegen den Grundsatz des § 88 Abs 2 Satz 2 SGB VI, wonach bei nachfolgenden Hinterbliebenenrenten die bisherigen EP zugrunde zu legen sind, wenn nicht mehr als 24 Kalendermonate nach dem vorangegangenen Bezug einer solchen Rente liegen. Demnach bleibt es bei derselben Rentenberechnung nicht nur im Falle der fortlaufenden Zahlung, sondern auch dann, wenn sich eine Hinterbliebenenrente nach dem Tod des Versicherten an eine Rente wegen Erwerbsminderung oder eine Altersrente anschließt. Bei einer vom Gesetzgeber gewollten Durchbrechung dieser Grundsätze wären deutliche Hinweise, wenn nicht im Gesetzeswortlaut, so zumindest in der Gesetzesbegründung zu erwarten gewesen.
Als Fortführung der ursprünglichen gesetzgeberischen Intention ist auch die Einfügung von Abs 4 in § 77 SGB VI durch Art 1 Nr 23 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom (BGBl I 554) ab dem zu werten (vgl zum Inkrafttreten Art 27, zur Neufassung des § 264c SGB VI s Art 1 Nr 72 des genannten Gesetzes), der in der ab geltenden Fassung (nF) lautet: "Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt." In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu (vgl BT-Drucks 16/3794 S 36 zu Nr 23): "In Anlehnung an die Regelung für Versicherte, die nach 45 Pflichtbeitragsjahren abschlagsfrei in die neue Altersrente für besonders langjährig Versicherte gehen können, wird für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine besondere Regelung für Versicherte getroffen, die 40 Pflichtbeitragsjahre zurückgelegt haben. Für sie verbleibt es beim bisherigen Recht. Entsprechendes gilt für Hinterbliebenenrenten. Übergangsregelung ist § 264c."
Wollte man der Auffassung des 4. Senats folgen (vgl nochmals BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3, jeweils RdNr 37), wonach der "Rentenabschlag" bei Erwerbsminderungsrenten erst ab Vollendung des 60. Lebensjahres greifen soll, so würde die Vertrauensschutzregelung des § 77 Abs 4 SGB VI nF in ihr Gegenteil verkehrt: Versicherte mit mindestens 40 Pflichtbei-tragsjahren würden durch die Herabsetzung des 62. auf das 60. Lebensjahr nicht begünstigt, sondern benachteiligt, obwohl es für diesen Personenkreis beim bisherigen Recht bleiben soll.
3. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstößt die Regelung des § 77 Abs 2 SGB VI nicht gegen das GG.
a) Eine Verletzung des Grundrechts der Klägerin aus Art 14 Abs 1 GG (Eigentumsgarantie) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil Hinterbliebenenrenten nicht dem Eigentumsschutz unterliegen ( und 1 BvR 1484/86 - BVerfGE 97, 271, 284 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1 S 5).
b) Die Regelungen des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 4 Buchst a und Satz 2 SGB VI verstoßen nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (stellvertretend BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN); Entsprechendes gilt für eine Gleichbehandlung trotz Bestehens gewichtiger Unterschiede.
Bei der Absenkung des Zugangsfaktors für Hinterbliebenenrenten knüpft das Gesetz an das Alter des Versicherten zum Todeszeitpunkt und nicht an das Alter des Berechtigten zu Beginn der Rente an. Dadurch können Witwen oder Witwer bei gleichem Alter und bei durchschnittlich gleichem Arbeitsentgelt des Versicherten Anspruch auf unterschiedlich hohe Witwen- oder Witwerrenten haben, obwohl sie - statistisch gesehen - eine gleich lange Lebenserwartung haben und deshalb gleich lang Hinterbliebenenrente beziehen können. Insofern ist der in § 63 Abs 5 SGB VI aufgestellte Grundsatz, dass der Zugangsfaktor Vorteile oder Nachteile unterschiedlicher Rentenbezugsdauer vermeiden soll, bei der Hinterbliebenenrente nicht verwirklicht. Das hängt jedoch mit deren besonderer Funktion zusammen, die finanziellen Nachteile abzumildern, die durch den Tod des "Ernährers" für den Unterhalt der Familie regelmäßig entstehen, sodass die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung gleichwohl verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Die (ihrerseits verfassungsrechtlich unproblematische) Entscheidung des Gesetzgebers für die Einführung von Hinterbliebenenrenten ist nach ihrem Grundkonzept eine Entscheidung für eine vom versicherungsrechtlichen Status des verstorbenen Versicherten abgeleitete Versorgung. Da diese Versorgung auf dessen Beitragsleistung beruht, ist es keinesfalls sachwidrig, wenn sie sich in der Höhe an den vom Verstorbenen erworbenen Anwartschaften ausrichtet und die einer Hinterbliebenenrente zugrunde zu legenden EP dieselben sind, auf denen eine Rente an den Versicherten beruhen würde, wenn er noch lebte. Eine eigene "Rentenformel" der Hinterbliebenenrente mit eigenen EP und eigenem Zugangsfaktor würde dem Grundkonzept der abgeleiteten Versorgung nicht entsprechen. Unter dem Blickwinkel der abgeleiteten Versorgung betrifft die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung keine im Wesentlichen gleichen Sachverhalte, wenn die Versicherten nicht im selben Alter verstorben sind. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass der jünger verstorbene Versicherte - bei im Übrigen identischen versicherungsrechtlichen Merkmalen - eine geringere Gesamtbeitragsleistung erbracht hat als der in höherem Alter Verstorbene. Mit Rücksicht auf die Abhängigkeit der Hinterbliebenenrente vom Status des Versicherten ist für die Grundregel, dass Vor- und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer vermieden werden sollen, nach dem Tode des Versicherten kein Raum mehr. Im Übrigen wäre es nahezu widersinnig, den Zugangsfaktor bei der Hinterbliebenenrente nach dem Alter des Hinterbliebenen zu bestimmen und alle anderen Berechnungselemente - beispielsweise auch die Zurechnungszeit - auf den Status des Versicherten zu beziehen.
Soweit die Witwenrente der Klägerin anders berechnet wird als Hinterbliebenenrenten, die vor dem begonnen haben (vgl §§ 253a, 264c SGB VI iVm Anlage 23 in der bis geltenden Fassung), ist auch diese Unterscheidung durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Insofern gilt nichts anderes als für die Versichertenrenten, von denen die Hinterbliebenenrenten abgeleitet werden. Die Absicht des Gesetzgebers, Erwerbsminderungsrenten abzusenken, um den Unterschied zu den bereits abgesenkten vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten nicht allzu groß werden zu lassen (vgl Senatsbeschlüsse vom - B 5a/5 R 32/07 R, B 5a R 88/07 R), rechtfertigt auch die Absenkung der Hinterbliebenenrenten. Denn es wäre kaum nachzuvollziehen, wenn eine Hinterbliebenenrente nach einer vorzeitigen Altersrente des Versicherten mit einem um bis zu 18 % abgesenkten Zugangsfaktor zu berechnen wäre, während sie nach einer um bis zu 10,8 % geminderten Erwerbsminderungsrente in voller Höhe zu leisten wäre.
c) Auch aus anderen Gründen war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht gehindert, die angegriffene Regelung zu erlassen.
Der Schutzbereich des Art 2 Abs 1 GG ist nicht berührt. Das käme im Zusammenhang mit dem geminderten Witwenrentenanspruch der Klägerin nur in Betracht, wenn sie selbst vorher durch die Anordnung von Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflichten in ihrer Betätigungsfreiheit durch Einschränkung von deren wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht unerheblich eingeengt worden wäre (BVerfGE 97, 271, 286 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1 S 7 mwN). Da lediglich der Versicherte der Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung unterworfen war, trifft diese Voraussetzung auf die Klägerin von vorneherein nicht zu. Selbst wenn man unterstellt, die Klägerin sei in ihrer Betätigungsfreiheit (mit-)betroffen gewesen, weil das Familieneinkommen durch die Versicherungsbeiträge des pflichtversicherten Ehemannes gemindert worden sei, oder wenn man aus anderen Gründen die Grundrechtsbetroffenheit der Klägerin bejaht, ergibt sich daraus kein Grundrechtsverstoß, weil der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Vertrauensschutzprinzip gewahrt sind.
Die Notwendigkeit des Eingriffs ergibt sich aus den Erwägungen, die den Gesetzgeber dazu bewogen haben, Erwerbsminderungsrenten in ähnlicher (abgemilderter) Form zu kürzen wie vorzeitig in Anspruch genommene Altersrenten, und die in den weiteren Senatsbeschlüssen vom (B 5a/5 R 32/07 R, B 5a R 88/07 R) näher dargelegt sind, sowie aus dem bereits dargestellten Abhängigkeitsverhältnis von Hinterbliebenen- zu Versichertenrenten. Die hier für den Eingriff - Absenkung des Zugangsfaktors - maßgebliche Regelung des § 77 Abs 2 Nr 3 SGB VI idF des RRErwerbG greift nicht im Sinne einer (echten) Rückwirkung zu Ungunsten der Klägerin in eine Rechtsposition ein, die diese bereits vor Inkrafttreten am (vgl Art 24 Abs 1 RRErwerbG) inne hatte. Im Übrigen ist hierbei zu berücksichtigen, dass der Bundesrat bereits im April 1989 die Bundesregierung aufgefordert hatte, der Gefahr zu begegnen, dass die im RRG 1992 vorgesehene Heraufsetzung der Altersgrenzen unterlaufen wird. Die Änderung der Rechtslage war für die Berechtigten daher nicht völlig überraschend. Durch die Übergangsregelung der §§ 253a, 264c SGB VI wird erreicht, dass sich die Absenkung des Zugangsfaktors für sich genommen etwa im Fall der Klägerin und bezogen auf den nur mit rund 11 Euro im Monat auf die Rente auswirkt, während es andernfalls über 100 Euro gewesen wären; bei Berücksichtigung der (jeweils) verlängerten Zurechnungszeit sinken die Kürzungsbeträge auf 1,25 Euro bzw - ohne Übergangsregelung - auf knapp 28 Euro. Damit ist auch unter diesem Gesichtspunkt ein ausreichender Vertrauensschutz gewährleistet; die Übergangszeit vom bis zum ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Rentenkürzung trifft die Klägerin dank Übergangsregelung mit unter 0,2% nicht unverhältnismäßig. Das gilt aber auch unabhängig vom Übergangsrecht. Mit einer maximalen Kürzung um 10,8 % bei einem Versicherungsfall im Alter von 60 Jahren ist einerseits die Annäherung an die 18 %-ige Minderung der vorzeitigen Altersrente genügend deutlich, um ein zu weites Auseinanderklaffen der verschiedenen Rentenarten zu vermeiden. Andererseits wird berücksichtigt, dass der Berechtigte es bei Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrenten nicht in der Hand hat, wann der Versicherungsfall eintritt, während die vorzeitige Altersrente in der Regel eine Option darstellt, zu deren Inanspruchnahme sich der Versicherte allerdings - etwa durch Arbeitslosigkeit - stark gedrängt fühlen kann.
4. Unter Zugrundelegung der hier vertretenen Auffassung wäre die Revision der Klägerin mithin zurückzuweisen. Eine Entscheidung in diesem Sinne ist dem Senat jedoch nicht ohne Abweichung von dem Urteil des 4. Senats vom (BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3) möglich.
In dem vom 4. Senat entschiedenen Fall hatte die im August 1960 geborene Klägerin ein Recht auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und begehrte von der Beklagten für Bezugszeiten ab dem die Berechnung der Rente unter Zugrundelegung des Zugangsfaktors 1,0. Sie beanstandete, dass die Beklagte den Zugangsfaktor auf 0,919 abgesenkt hatte. Der 4. Senat hat der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage auf Zahlung einer höheren Rente stattgegeben. Dabei hat er ua ausgeführt (aaO, RdNr 21 ff):
"Nach dieser Vorschrift gibt es drei Gruppen von Erwerbsminderungsrentnern:
- Erstens die 63- bis 65-Jährigen, die keine Kürzung ihrer Vorleistung hinnehmen müssen ...
- Zweitens ältere Rentner, bei denen der Versicherungsfall der 'Erwerbsminderung' zwar vor Vollendung des 63. Lebensjahres, aber erst eingetreten ist, als sie älter als 35 Jahre und zwei Monate waren. Diese müssen für jeden Monat der 'vorzeitigen Renteninanspruchnahme' eine Minderung des Zugangsfaktors ('Rentenabschlag') um 0,003 hinnehmen.
- Drittens die Versicherten, die im Alter von 35 Jahren und zwei Monaten oder früher nach Erfüllung der Wartezeit einen der Versicherungsfälle der Sparte der Erwerbsminderungsversicherung erleiden; sie erhalten keine Rente. Denn bei ihnen ist gemäß § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI idF des RRErwerbG (333,3 Periode an Kalendermonaten mal 0,003 = 1) der gesamte Zugangsfaktor abgeschmolzen und deshalb überhaupt keine Vorleistung mehr anzurechnen (Zugangsfaktor 0,0) mit der Folge, dass dieses Recht (als nudum ius) keinen Geldwert mehr hat.
Diese Regelung ist schon deshalb in sich schlechthin objektiv willkürlich, wenn man sie nicht verfassungskonform auf die Anordnung reduziert, dass zwischen einer 'Regelerwerbsminderungsrente', die nach Vollendung des 63. Lebensjahres (anders als die flexible AlR nach § 36 SGB VI) 'abschlagsfrei' zusteht, und 'vorzeitigen Erwerbsminderungsrenten' zu unterscheiden ist. § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI stellt somit klar, dass es 'vorzeitige' Erwerbsminderungsrenten bei Rentenbeginn 'vor' dem 64. Lebensjahr gibt, lässt aber offen, wann der 'Vorzeitigkeitszeitraum' beginnt.
Den Beginn der 'Vorzeitigkeit' regelt ausdrücklich § 77 Abs 2 Satz 2 (und Satz 3 - dazu sogleich) SGB VI idF des RRErwerbG. Die Vorschrift legt - wie bei den AlRn - den frühesten Beginn der 'Vorzeitigkeit' auf die Vollendung des 60. Lebensjahres fest.
... Das Gesetz schließt ausdrücklich einen verringerten Zugangsfaktor ('Rentenabschlag') für Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus.
... Vielmehr legt dieses fest, dass Erwerbsminderungsrenten erst dann eine 'Bestimmung des Zugangsfaktors' (also einer von 1,0 abweichenden Festsetzung) unterworfen sind, wenn der Rentner 'das 60. Lebensjahr vollendet hat' und damit erstmals ein Ausweichen vor Abschlägen bei Altersrenten überhaupt theoretisch möglich wird."
Diese Auffassung ist für die Entscheidung des 4. Senats insoweit tragend, als dieser die Anfechtungsklage für zulässig und begründet erachtet hat. Die Rechtsauffassung des 4. Senats ist mit der Rechtsauffassung des erkennenden Senats auch insoweit nicht zu vereinbaren, als der 4. Senat über eine Erwerbsminderungsrente entschieden hat und im jetzigen Rechtsstreit über eine Witwenrente zu entscheiden ist. Denn mit Rücksicht auf die gemeinsame Regelung von Erwerbsminderungsrenten und Hinterbliebenenrenten in § 77 Abs 2 Satz 2 SGB VI und deren aufgezeigte Abhängigkeit voneinander erscheint eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung als ausgeschlossen. Deshalb würde die Auffassung des 4. Senats bedeuten, dass auf die Revision der Klägerin das aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen wäre, eine höhere Rente unter Zugrundelegung des Zugangsfaktors 1,0 zu leisten.
5. Zwar kann der 4. Senat wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit Wirkung zum mit dieser Rechtsfrage nicht mehr befasst werden. Der 13. Senat ist aber nach dem Geschäftsverteilungsplan in der ab gültigen Fassung wie auch der erkennende Senat an die Stelle des 4. Senats getreten. Der erkennende Senat kann somit nicht allein die bisherige Rechtsprechung des 4. Senats aufgeben, sodass gemäß § 41 Abs 3 Satz 1 und 2 SGG beim 13. Senat des BSG anzufragen ist, ob dieser an der Rechtsauffassung des 4. Senats festhält.
Fundstelle(n):
WAAAD-26499