Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BGB § 133; BGB § 157; BGB § 242; BGB § 397; HGB § 74 Abs. 2; HGB § 74a Abs. 1; HGB § 74b; ArbGG § 73; ArbGG § 74 Abs. 1; InsO § 80 Abs. 1; InsO § 117 Abs. 1; InsO § 179 Abs. 2; InsO § 180 Abs. 2; ZPO § 240; ZPO § 249 Abs. 1; ZPO § 250
Instanzenzug: LAG Hamm, 3 Ca 1387/01 vom ArbG Bochum, 7 Sa 356/02 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger für die Monate März 2001 bis August 2002 Karenzentschädigung iHv. 118.040,70 Euro zusteht.
Der Kläger war bei der ursprünglichen Beklagten (Schuldnerin) und deren Rechtsvorgängerin vom bis zum als Leiter des Trade Marketings und Stellvertreter des Marketingdirektors gegen ein festes Bruttojahresgehalt iHv. zuletzt 300.000,00 DM zuzüglich Tantiemen beschäftigt. In § 20 des schriftlichen Anstellungsvertrags vom (Anstellungsvertrag) vereinbarten die Rechtsvorgängerin der Schuldnerin und der Kläger für die Dauer von 18 Monaten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und im Falle arbeitgeberseitiger Kündigung für die Dauer von 18 Monaten nach dem Zugang der Kündigungserklärung ein Wettbewerbsverbot. Gemäß § 21 Satz 1 des Anstellungsvertrags erhält der Kläger für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung iHv. 50 Prozent der zuletzt bezogenen Vergütung.
Während des Arbeitsverhältnisses kam es zwischen der Rechtsvorgängerin der Schuldnerin und dem Kläger zu Meinungsverschiedenheiten. Eine Klage des Klägers gegen seine Versetzung in die Zentrale nach H hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Nach seiner Wahl in den Betriebsrat wurde der Kläger stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und Mitglied des Konzernbetriebsrats. Ein Antrag der Rechtsvorgängerin der Schuldnerin, die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Klägers zu ersetzen, hatte vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg. Nach dem rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens scheiterten Bemühungen, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden und das Wettbewerbsverbot aufzuheben.
Nach dem Eintritt der Schuldnerin in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs schloss sie mit dem Kläger am eine Vergleichs-/Abfindungsvereinbarung (Vergleich). Der Vergleich hat folgenden Wortlaut:
"...
II.
Die Parteien sind sich darüber einig, daß das zwischen ihnen bestehende Anstellungsverhältnis auf arbeitgeberseitige Veranlassung aus betriebsbedingten Gründen mit Wirkung zum endet.
III.
Bis zum wird das Anstellungsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet und sich aus der Abrechnung ergebende Beträge bis spätestens zum an Arbeitnehmer ausgezahlt.
IV.
Die offenstehenden Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers von 21,5 Urlaubstagen sind auf der Basis des Bruttomonatsgehaltes von 25.000,00 DM abzugelten. Die Abgeltung ist mit Fälligkeit der Vergütung für den Monat Februar 2001 spätestens mit dem fällig.
V.
Arbeitgeber zahlt an Arbeitnehmer zum Ausgleich des Verlustes des sozialen Besitzstandes analog §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz i.V.m. § 3 Ziffer 9 EStG als Abfindung einen Betrag iHv. 725.000,00 DM (in Worten: siebenhundertfünfundzwanzigtausend Deutsche Mark) brutto, wobei der sich daraus ergebende Nettobetrag ebenfalls spätestens am fällig ist.
VI.
Arbeitgeber übereignet Arbeitnehmer entschädigungslos das vom Arbeitnehmer derzeit genutzte Dienstfahrzeug, Opel Vectra, derzeitiges amtl. Kennzeichen HH. Arbeitnehmer verpflichtet sich, binnen 3 Werktagen nach Abschluß der Vergleichs-/Abfindungsvereinbarung und Übergabe des Fahrzeugbriefes, der ebenfalls bis zum an Arbeitgeber auszuhändigen ist, das Fahrzeug beim zuständigen Strassenverkehrsamt auf seinen Namen umzumelden. Zum Zwecke der steuerlichen Bemessung geben die Parteien den Wert des Fahrzeuges mit geschätzt 5.000,00 DM.
...
VIII.
Die Parteien sind sich des weiteren darüber einig, daß Arbeitgeber verpflichtet ist, die Rechnungen der Firma Opel B GmbH & Co. vom über 4.023,96 DM bzw. 42,20 DM auszugleichen, wobei ein Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers gegen Arbeitnehmer nicht besteht. Auch evtl. weitergehende Ansprüche der Firma Opel B GmbH & Co. durch Einschaltung der RAe He pp. zur Realisierung der vorgenannten Forderungen sind - auch soweit sie gegen Arbeitnehmer geltend gemacht werden sollten - von Arbeitgeber auszugleichen. Soweit Arbeitnehmer durch Firma Opel B GmbH & Co. und/oder die RAe He pp. in Anspruch genommen werden sollte, verpflichtet sich Arbeitgeber, Arbeitnehmer von den Kosten einer solchen evtl. Inanspruchnahme freizustellen.
IX.
Die Parteien sind sich im weiteren darüber einig, daß Arbeitnehmer - ohne Rückforderungsanspruch gegen Arbeitgeber - verpflichtet ist, die Rechnung der Firma A GmbH & Co. vom über 559,96 DM bis spätestens zum an Firma A GmbH & Co. direkt auszugleichen. Für den Fall, daß bei fristgerechter Zahlung des Rechnungsbetrages von 559,96 DM per an Firma A die Firma A dennoch berechtigterweise Mahnkosten und/oder Verzugszinsen geltend machen sollte, gehen diese zu Lasten des Arbeitgebers.
Sie sind auf entsprechenden Nachweis von Arbeitgeber an Arbeitnehmer umgehend auszugleichen.
X.
Arbeitnehmer wird Arbeitgeber sämtliche in seinem Besitz befindlichen Arbeitsunterlagen und/oder zur Verfügung gestellten Arbeitsmaterialien/Gegenstände (Handy, Firmenschlüssel) bis spätestens zum herausgeben und verpflichtet sich auch fürderhin, über ihn ggf. bekanntgewordene Betriebsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren.
XI.
Mit Abschluß und Erfüllung dieser Vereinbarung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleichgültig ob bekannt oder unbekannt, erledigt. Erledigt ist damit insbesondere auch der Rechtsstreit, 2 Ca 3235/00, des Arbeitsgerichts Bochum. Arbeitnehmer verpflichtet sich, die zu vorgenanntem Aktenzeichen erhobene Klage zum Arbeitsgericht Bochum bis spätestens zum zurückzunehmen.
XII.
Der vorstehende Vergleich wird seinem gesamten Inhalt nach erst dann wirksam, wenn Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Vergütungsanspruchs, der Urlaubsabgeltungsansprüche und der Abfindung fristgerecht durch Zahlungseingang auf Konto des Arbeitnehmers bei ... vollständig erfüllt hat und ebenso fristgerecht - eingehend bis spätestens zum - Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Erteilung des Zeugnisses in der oben angegebenen Form entsprechend Anlage erfüllt hat.
Wird auch nur eine der vorgenannten Verpflichtungen nicht fristgerecht und/oder unvollständig erfüllt, setzt sich das Arbeitsverhältnis gem. Anstellungsvertrag vom i.V.m. dem Urteil des Arbeitsgerichts Bochum, 2 Ca 1199/98, auch über den unverändert fort.
..."
Die Schuldnerin erfüllte ihre Verpflichtungen aus dem Vergleich.
Der Kläger hat gemeint, er habe das im Anstellungsvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot eingehalten und habe deshalb für die Zeit vom bis zum Anspruch auf Karenzentschädigung iHv. monatlich 12.500,00 DM bzw. 6.391,15 Euro. Das Wettbewerbsverbot sei durch die Ausgleichsklausel im Vergleich nicht aufgehoben worden.
Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt,
1. die Schuldnerin zu verurteilen, an ihn 86.084,95 Euro nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz aus 6.391,15 Euro ab dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem , aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem und aus weiteren 6.391,15 Euro seit dem zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Schuldnerin verpflichtet ist, dem Kläger bis zum Karenzentschädigung unter Anrechnung anderweitigen Erwerbs gemäß § 74c HGB in Höhe von monatlich 6.391,15 Euro zu zahlen.
Die Schuldnerin hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, das im Anstellungsvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot sei durch die qualifizierte Ausgleichsklausel im Vergleich aufgehoben worden. Mit dieser sei ein Schlussstrich unter die arbeitsrechtlichen Beziehungen gezogen worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert, der Klage stattgegeben und die Revision zugelassen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts wurde der Schuldnerin am zugestellt. Mit wurde an diesem Tag um 12:00 Uhr wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter ernannt. Mit einem am beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom hat Rechtsanwalt K für die Schuldnerin Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts eingelegt und diese zugleich begründet. Dieses Revisionsverfahren wurde unter dem Geschäftszeichen - 10 AZR 386/02 - geführt.
Der Kläger hat unter der laufenden Nr. 22 des Gläubigerverzeichnisses in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin 86.084,95 Euro Karenzentschädigung für die Monate März 2001 bis März 2002 und 31.955,75 Euro Karenzentschädigung für die Monate April 2002 bis August 2002 angemeldet. Der Beklagte hat diese Forderungen im Prüftermin bestritten. Mit einem am beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom hat Rechtsanwalt K ua. angezeigt, dass er den Beklagten vertritt, für diesen den Rechtsstreit wegen der vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche mit den in der Revisionsbegründung vom angekündigten Anträgen aufnimmt und im Hinblick auf die durch die Insolvenzeröffnung geänderte Verfahrenslage ergänzend beantragt,
den Widerspruch des Beklagten gegen die Forderungsanmeldung des Klägers unter der laufenden Nummer 22 des Gläubigerverzeichnisses in dem Insolvenzverfahren der B GmbH für begründet zu erklären.
Hilfsweise wurde im Schriftsatz vom ergänzend beantragt,
den Widerspruch des Beklagten gegen die Forderungsanmeldung des Klägers unter der laufenden Nummer 22 des Gläubigerverzeichnisses in dem Insolvenzverfahren der B GmbH hinsichtlich der Ansprüche auf Karenzentschädigung von insgesamt 118.040,70 Euro und der auf die Karenzentschädigung entfallenden Zinsen von 5.131,02 Euro für begründet zu erklären.
Der Schriftsatz vom wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am zugestellt. Mit einem per Telefax am eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag hat Rechtsanwalt K die Revision unter Bezugnahme auf die Revisionsbegründung vom vorsorglich nochmals begründet. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Widerspruch gegen die dem Kläger vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Ansprüche auf Karenzentschädigung und die Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Kläger beantragt, die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Unrecht Karenzentschädigung zugesprochen.
I. Die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Beklagten ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 73, 74 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ArbGG).
1. Allerdings konnte die Schuldnerin nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen am mit dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom nicht mehr selbst Revision gegen das ihr am zugestellte Urteil des Landesarbeitsgerichts einlegen. Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Damit verliert der Schuldner grundsätzlich auch die Prozessführungsbefugnis in Bezug auf das insolvenzbefangene Vermögen ( - AP InsO § 117 Nr. 1 = EzA ZPO 2002 § 240 Nr. 4; vgl. - 2 AZR 563/05 - BAGE 120, 27, 29). Der Insolvenzschuldner kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur gegen ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangenes Urteil mit einem Rechtsmittel geltend machen, das Verfahren sei infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Urteilsverkündung nach § 240 ZPO unterbrochen worden, wenn das mit der Sache befasste Gericht diese Rechtsfolge außer Acht gelassen und ein Urteil verkündet hat, durch das der Insolvenzschuldner materiell beschwert ist ( - mwN, AP InsO § 117 Nr. 1 = EzA ZPO 2002 § 240 Nr. 4). Ein solcher Fall eines während der Unterbrechung des Verfahrens ergangenen Urteils liegt hier nicht vor.
2. Auch erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 117 Abs. 1 InsO grundsätzlich eine vom Schuldner erteilte Vollmacht, die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht. Das gilt auch für entsprechende Prozessvollmachten ( - mwN, AP InsO § 117 Nr. 1 = EzA ZPO 2002 § 240 Nr. 4).
3. Maßgeblich ist jedoch, dass der Beklagte mit dem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom nicht nur die Aufnahme des durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Verfahrens nach § 240 Satz 1 ZPO iVm. § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 2 InsO erklärt hat, sondern ausdrücklich auf die Revisionseinlegung und Revisionsbegründung in dem von seinem Prozessbevollmächtigten unterzeichneten Schriftsatz vom Bezug genommen und damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er sich diese Revisionsbegründung zu eigen macht. Es bedeutete eine bloße Förmelei, vom Beklagten zu fordern, dass die von seinem Prozessbevollmächtigten unterzeichnete Revisionsbegründung vom erneut mit anderer Datumsangabe eingereicht wird.
4. Jedenfalls ist die Frist von zwei Monaten für die Begründung der Revision (§ 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) durch die am per Telefax beim Bundesarbeitsgericht eingegangene Revisionsbegründung gewahrt. Gemäß § 249 Abs. 1 ZPO hat die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt. Nach § 250 ZPO erfolgt die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens durch Zustellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes. Der Schriftsatz des Beklagten vom , mit dem dieser die Aufnahme des Verfahrens erklärt hat, ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nach seinem Empfangsbekenntnis am zugestellt worden. Mit dieser Zustellung ist das unterbrochene Verfahren aufgenommen worden mit der Folge, dass gemäß § 249 Abs. 1 ZPO die volle Frist von zwei Monaten für die Begründung der Revision von neuem zu laufen begann. Die am selben Tag per Telefax beim Bundesarbeitsgericht eingegangene Revisionsbegründung vom wahrt diese Frist.
II. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stünde die beanspruchte Karenzentschädigung gemäß § 74 Abs. 2, § 74b HGB iVm. §§ 20, 21 des Anstellungsvertrags zu. Die Parteien hätten das Wettbewerbsverbot nicht einvernehmlich aufgehoben. Der Vergleich weise ausdrücklich eine derartige einvernehmliche Regelung nicht auf. Dass eine ausdrückliche einvernehmliche Aufhebung nicht gewollt gewesen sei, verdeutlichten die sonstigen Absprachen der Parteien zur Urlaubsabgeltung, zur Übereignung des Firmenfahrzeugs an den Kläger, zur Übernahme von Kosten für die Anmietung und Reparatur von Fahrzeugen, zur Übernahme von Nebenkosten, zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses und zur Herausgabe betrieblicher Unterlagen. Zwar hätten die Parteien das nachvertragliche Wettbewerbsverbot jederzeit durch mündliche Vereinbarung aufheben können. Eine derartige Abrede folge jedoch nicht ohne Weiteres aus der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Sie sei auch nicht erkennbar aus der ausführlichen und umfassenden Regelung der das Arbeitsverhältnis berührenden Fragen. Die Erklärungen der Parteien im Vergleich seien nicht darauf ausgerichtet gewesen, den ursprünglichen Arbeitsvertrag abzuändern, sondern ihn im Hinblick auf die bevorstehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzuwickeln.
Der Kläger habe auf die Karenzentschädigung nicht verzichtet. Die Parteien hätten verabredet, dass der Vergleich erst mit fristgerechter Zahlung seitens der Schuldnerin rechtswirksam wird und dass dann erst sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis sowie seiner Beendigung - ob bekannt oder unbekannt - erledigt sind. Trotz dieser umfassenden Erklärung hätten die Parteien damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass zwischen ihnen für die Zukunft keinerlei Rechte und Pflichten mehr bestehen sollen. Ausgleichsklauseln in Aufhebungsverträgen seien zwar im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen. Dennoch sprächen die Gesamtumstände gegen einen Verzicht auf die Karenzentschädigung. Die Parteien hätten zwar die Modalitäten der Abwicklung des Vertragsverhältnisses bis zum Beendigungszeitpunkt detailliert geregelt. Dies könnte die Absicht erkennen lassen, im beiderseitigen Interesse einen Schlussstrich ziehen zu wollen. Beide Parteien seien auch arbeitsrechtlich fachkundig beraten worden. Sie hätten Gelegenheit gehabt, ihre Rechtspositionen zu überprüfen und in die Vergleichsverhandlungen einzubringen. Dennoch sei die Formulierung "sämtliche gegenseitigen Ansprüche in Verbindung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erledigt" nicht dazu geeignet, den Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung zu erfassen. Für die Auslegung der Vergleichsklausel sei auch der Verlauf des Arbeitsverhältnisses, insbesondere ein früherer Versuch zur einvernehmlichen Beendigung, einzubeziehen. Als der Kläger das aus seiner Sicht erheblich gestörte Arbeitsverhältnis habe beenden wollen, sei er aufgrund einer in Aussicht gestellten Anschlusstätigkeit daran interessiert gewesen, sich vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu lösen. Deshalb habe er eine klare Regelung in den von ihm vorformulierten Vertragstext aufgenommen, um der Rechtsvorgängerin der Schuldnerin deutlich vor Augen zu halten, dass die Verwertung der erworbenen Kenntnisse nicht verhindert werden könnte. Hieran sei die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht interessiert gewesen.
Auch die Höhe der vereinbarten Kündigungsschutzabfindung müsse in die Auslegung der Ausgleichsklausel einbezogen werden. Um das nachvertragliche Wettbewerbsverbot abkaufen zu können, hätte die Beklagte mindestens ein weiteres Dreivierteljahresgehalt hinzurechnen müssen.
III. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht stand. Dem Kläger steht die beanspruchte Karenzentschädigung nicht zu. Die Auslegung der Ausgleichsklausel in Nr. XI des Vergleichs führt zu dem Ergebnis, dass die Ausgleichsklausel das nachvertragliche Wettbewerbsverbot erfasst hat. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann von den Arbeitsvertragsparteien jederzeit aufgehoben werden ( - AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 48 = EzA HGB § 74 Nr. 64; - 10 AZR 513/01 - BAGE 102, 103).
1. Vereinbarungen von Arbeitsvertragsparteien in einem außergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleich sind in der Regel nichttypische Erklärungen ( - AP HGB § 74 Nr. 82 = EzA HGB § 74 Nr. 70; - 10 AZR 349/05 - BAGE 117, 218). Allerdings hat der Senat in den angeführten Entscheidungen dahinstehen lassen, ob das auch für häufig verwendete Ausgleichsklauseln gilt, zB die Klausel: "Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleichgültig welchen Rechtsgrundes, seien sie bekannt oder unbekannt, erledigt." Die Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Zu Gunsten des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Erklärungen in Nr. XI des Vergleichs um nichttypische, individuelle Vertragserklärungen handelt, deren Auslegung durch das Berufungsgericht vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft wird, ob die Auslegung gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist (st. Rspr., vgl. - mwN, AP ZPO § 278 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 779 Nr. 3). Auch dieser eingeschränkten Kontrolle hält die Auslegung der Regelung in Nr. XI des Vergleichs durch das Landesarbeitsgericht nicht stand.
2. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang die in einer Ausgleichsklausel abgegebenen Erklärungen haben, ist nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Als rechtstechnische Mittel für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehung zu bereinigen, kommen insbesondere der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) ist dann anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllen betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSv. § 397 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen. Ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis ist anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen ( - AP BGB § 305 Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 35; vgl. - 10 AZR 349/05 - BAGE 117, 218; - 5 AZR 880/06 - AP BGB § 397 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 397 Nr. 2). Maßgebend ist das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers. Dieser ist nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (vgl. - mwN, NZA 2007, 816, 817). Zu berücksichtigen ist ferner der Grundsatz der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung ( - aaO.). Bei dieser ist allerdings auch zu beachten, dass Ausgleichsklauseln in Aufhebungsverträgen im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen sind ( - AP HGB § 74 Nr. 82 = EzA HGB § 74 Nr. 70; - 10 AZR 351/07 - AP BGB § 305 Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 35; - 5 AZR 755/05 - AP EntgeltFG § 5 Nr. 9; - 10 AZR 174/03 - mwN, AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 50 = EzA BGB 2002 § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 2). In der Regel wollen die Parteien das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig ob sie bei Abschluss des Aufhebungsvertrags an diese dachten oder nicht. Von Ausgleichsklauseln werden allerdings solche Forderungen nicht erfasst, die objektiv außerhalb des von den Parteien Vorgestellten liegen und bei Abschluss des Aufhebungsvertrags subjektiv unvorstellbar waren.
3. Daran gemessen haben der Kläger und die Schuldnerin das nachvertragliche Wettbewerbsverbot aufgehoben. Bei der Abrede in Nr. XI Satz 1 des Vergleichs handelt es sich um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSv. § 397 Abs. 2 BGB. Der Wille der Schuldnerin und des Klägers war darauf gerichtet, alle bekannten und unbekannten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zum Erlöschen zu bringen, sofern bestimmte Ansprüche nicht ausdrücklich ausgenommen wurden.
a) Die Schuldnerin und der Kläger haben in Nr. XI Satz 1 des Vergleichs vereinbart, dass mit Abschluss und Erfüllung der Vereinbarung sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleichgültig ob bekannt oder unbekannt, erledigt sind. Nach ihrem Wortlaut erfasst die Ausgleichsklausel alle Ansprüche "aus dem Arbeitsverhältnis" und damit auch das nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben ( - ZInso 2009, 1312). Maßgeblich ist dabei der Entstehungsbereich des Anspruchs, nicht aber seine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage. Entscheidend dafür, ob ein Anspruch dem Geltungsbereich einer Klausel unterfällt, die alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfasst, ist die enge Verknüpfung eines Lebensvorgangs mit dem Arbeitsverhältnis (vgl. - AP BPersVG § 46 Nr. 18 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 99). Da das nachvertragliche Wettbewerbsverbot und die vom Arbeitgeber zu zahlende Karenzentschädigung ihren Grund in der arbeitsvertraglichen Beziehung haben, sind die Ansprüche auf Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots und auf Zahlung der Karenzentschädigung Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und müssen deshalb in einer Ausgleichsklausel, die sich auf die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erstreckt, nicht ausdrücklich erwähnt werden ( - AP HGB § 74 Nr. 82 = EzA HGB § 74 Nr. 70). Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht deshalb aus dem Umstand, dass die Schuldnerin und der Kläger das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht ausdrücklich aufgehoben haben, abgeleitet, dass sie das Wettbewerbsverbot nicht aufheben wollten.
b) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die sonstigen Absprachen der Parteien zur Urlaubsabgeltung, zur Übereignung des Firmenfahrzeugs an den Kläger, zur Übernahme von Kosten für die Anmietung und Reparatur von Fahrzeugen, zur Übernahme von Nebenkosten, zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses und zur Herausgabe betrieblicher Unterlagen verdeutlichten, dass sie das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht aufheben wollten, hat es anerkannte Auslegungsgrundsätze außer Acht gelassen. Wenn die Vergleichsparteien bestimmte Ansprüche, zB Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers, Ansprüche der Schuldnerin auf Herausgabe von Arbeitsmaterialien und Ansprüche der Vergleichsparteien im Zusammenhang mit der Anmietung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, im Vergleich ausdrücklich von der Abgeltungsklausel ausgenommen haben, darf daraus nicht abgeleitet werden, dass die Vergleichsparteien das Wettbewerbsverbot nicht aufheben wollten. Vielmehr spricht der Umstand, dass die Vergleichsparteien besondere Vereinbarungen über bestimmte, vor allem geldwerte Ansprüche getroffen haben, dafür, dass ihr Wille darauf gerichtet war, alle anderen Ansprüche zum Erlöschen zu bringen und deshalb auch die Ansprüche aufgrund des vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots abgegolten und erledigt sein sollten.
c) Das Landesarbeitsgericht hat zwar mit Recht angenommen, dass Ausgleichsklauseln in Aufhebungsverträgen im Interesse klarer Vertragsverhältnisse grundsätzlich weit auszulegen sind. Es hat im Ausgangspunkt auch zutreffend erkannt, dass die Parteien mit dem Vergleich im beiderseitigen Interesse einen Schlussstrich unter ihre Beziehungen ziehen wollten, vor dem Abschluss des Vergleichs fachkundig beraten waren und Gelegenheit hatten, ihre Rechtspositionen zu überprüfen und in die Vergleichsverhandlungen einzubringen. Es hat dann jedoch rechtsfehlerhaft aus der Abfindungssumme von 725.000,00 DM abgeleitet, dass die Schuldnerin dem Kläger das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht "abgekauft" habe. Die Erwägung des Landesarbeitsgerichts, die Schuldnerin hätte mindestens ein weiteres Dreivierteljahresgehalt zahlen müssen, um dem Kläger das nachvertragliche Wettbewerbsverbot "abkaufen" zu können, trägt nicht. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot liegt vor allem im Interesse des Arbeitgebers und ist nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB unverbindlich, wenn es nicht zum Schutze seines berechtigten geschäftlichen Interesses dient. Selbst wenn der Kläger das nachvertragliche Wettbewerbsverbot einhalten wollte, um Karenzentschädigung zu erhalten, war zu berücksichtigen, dass der Kläger nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots in seiner Tätigkeit und seinem Fortkommen nicht mehr beschränkt war.
d) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht aus dem Umstand, dass die Rechtsvorgängerin der Schuldnerin und der Kläger sich im März 1999 nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots einig wurden, zu Unrecht gefolgert, das nachträgliche Wettbewerbsverbot sei von der Ausgleichsklausel in Nr. XI Satz 1 des Vergleichs vom nicht erfasst worden. Wenn die Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots bereits Gegenstand der vom Kläger und der Rechtsvorgängerin der Schuldnerin im März 1999 geführten Verhandlungen war und die gegenseitigen Ansprüche aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nicht auf Wunsch des Klägers von der Ausgleichsklausel in Nr. XI des Vergleichs ausgenommen wurden, kann daraus allenfalls geschlossen werden, dass die Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots und die damit verbundene mögliche Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit durch den Kläger in seinem Interesse lagen.
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