Leitsatz
[1] Klauseln in Allgemeinen Emissionsbedingungen, nach denen der Emittent von Optionsscheinen die Bedingungen ändern kann, soweit ihm dies angemessen und erforderlich erscheint, um dem wirtschaftlichen Zweck der Bedingungen gerecht zu werden, falls die Änderung dazu dienen soll, einen offensichtlichen Irrtum zu berichtigen, sind gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.
Gesetze: BGB § 242; BGB § 307 Abs. 1; BGB § 307 Abs. 2; BGB § 308; BGB § 398; BGB § 793 Abs. 1
Instanzenzug: OLG Frankfurt am Main, 16 U 183/07 vom LG Frankfurt am Main, 2 O 271/06 vom
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht auf restlichen Barausgleich nach Ablauf von ihr emittierter Call-Optionsscheine auf Gold in Anspruch.
Die Beklagte emittierte am auf Gold bezogene, am endfällige "knock out"-Optionsscheine. Nach den Produktbedingungen erhielten die Inhaber der Optionsscheine keine Bezahlung von der Beklagten, falls der Preis für eine Feinunze Gold während der Laufzeit auf oder unter 450 US-Dollar fiel ("knock out"). Andernfalls hatte die Beklagte einen Barausgleichsbetrag in Höhe der Differenz zwischen dem Goldpreis bei Fälligkeit der Optionsscheine und dem Betrag von 450 US-Dollar, multipliziert mit dem Bezugsverhältnis zwischen einem Optionsschein und einer Feinunze Gold zu zahlen. Das Bezugsverhältnis war mit 1 angegeben. Die Allgemeinen Emissionsbedingungen enthielten in Nr. 5.4 folgende Klausel:
"Änderungen
Die Emittentin kann, soweit nach dem jeweils anwendbaren Recht zulässig, die Bedingungen ohne Zustimmung einzelner oder aller Gläubiger ändern, soweit ihr dies angemessen und erforderlich erscheint, um dem wirtschaftlichen Zweck der Bedingungen gerecht zu werden, falls die Änderung die Interessen der Gläubiger nicht wesentlich nachteilig beeinflusst oder formaler, geringfügiger oder technischer Art ist oder dazu dienen soll, einen offensichtlichen Irrtum zu berichtigen oder eine mangelhafte Bestimmung dieser Bedingungen zu heilen, zu korrigieren oder zu ergänzen. Die Gläubiger werden von solchen Änderungen gemäß Nr. 4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen unterrichtet; das Ausbleiben der Unterrichtung oder ihres Zugangs berührt die Wirksamkeit der Änderung jedoch nicht."
Der Zedent Z. erwarb am außerbörslich von der Beklagten 63 Optionsscheine zum Kurs von 1,62 EUR und am über die ... Börse 700 Optionsscheine zum Kurs von 1,52 EUR. Die Zedentin A. GbR, zu deren Gesellschaftern Z. gehört, erwarb am 10. und über die ... Börse 500 bzw. 1.000 Optionsscheine zu Kursen von 1,61 EUR bzw. 1,55 EUR.
Die Beklagte änderte am unter Berufung auf einen offensichtlichen Irrtum im Sinne von Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen durch einen Nachtrag zum Verkaufsprospekt das Bezugsverhältnis auf 0,1 und zahlte den Zedenten nach einem Anstieg des Goldkurses und dem Eintritt der Endfälligkeit einen auf dieser Grundlage errechneten Barausgleich in Höhe von 7.472,43 EUR.
Die Klägerin, der die Zedenten ihre Ansprüche am 25. Februar/ abgetreten haben, ist der Auffassung, die Beklagte sei zur Änderung des Bezugsverhältnisses nicht berechtigt gewesen und schulde einen unter Zugrundelegung eines Bezugsverhältnisses von 1 errechneten Barausgleich in Höhe von 74.724,26 EUR. Die Beklagte hingegen hat geltend gemacht, die Angabe des Bezugsverhältnisses von 1 beruhe auf einem offensichtlichen Irrtum. Der in ihrem Haus für die Optionsscheine zuständige Händler habe am bei Eingabe der Emissionsdaten in ein Computersystem die Angabe des Bezugsverhältnisses vergessen. Die T. , der er die Daten übermittelt habe, habe diese irrtümlich um das für Silber-Optionsscheine geltende Bezugsverhältnis von 1 anstatt das für Gold-Optionsscheine maßgebliche Bezugsverhältnis von 0,1 ergänzt. Bei der Preisermittlung am Ausgabetag habe der Händler das richtige Bezugsverhältnis von 0,1 zugrunde gelegt.
Die Klage auf Zahlung von (74.724,26 EUR - 7.472,43 EUR =) 67.251,83 EUR nebst Zinsen ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Gründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte sei zwar nicht gemäß Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen berechtigt gewesen, das Bezugsverhältnis zu Lasten der Zedenten zu ändern. Sie könne der Klageforderung gemäß § 793 Abs. 1 Satz 1, § 398 BGB aber den Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB entgegenhalten.
Die Zedenten hätten nach den ursprünglichen Optionsbedingungen Optionsscheine mit einem Bezugsverhältnis von 1 erworben. Diese Bedingungen könnten, selbst wenn die Zedenten einen diesbezüglichen Irrtum der Beklagten erkannt hätten oder hätten erkennen können, nicht dahin ausgelegt werden, dass das Bezugsverhältnis 0,1 betrage.
Die Beklagte habe das Bezugsverhältnis nicht gemäß Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen ändern können. Sie habe zwar einen Irrtum im Sinne dieser Klausel schlüssig vorgetragen. Dieser sei aber nicht offensichtlich gewesen. Mit Rücksicht auf die Funktionsfähigkeit des Wertpapierhandels und die Fungibilität von Schuldverschreibungen seien die Anlagebedingungen von Schuldverschreibungen für alle Stücke einheitlich und unter Außerachtlassung von Besonderheiten in der Person des einzelnen Inhabers auszulegen. Dabei seien außerhalb der Urkunde liegende Umstände nur zu berücksichtigen, wenn sie jedem Inhaber bekannt oder erkennbar seien. Vor diesem Hintergrund scheide eine Offensichtlichkeit des von der Beklagten behaupteten Irrtums aus. Der Irrtum sei allenfalls durch einen Vergleich des inneren Wertes der Optionsscheine, d.h. der Differenz zwischen dem aktuellen Goldkurs und dem Basispreis von 450 US-Dollar, und dem für die Optionsscheine bezahlten Preis feststellbar gewesen. Diese außerhalb der Optionsbedingungen liegenden Umstände hätten aber nicht jedem Inhaber der Optionsscheine gleichermaßen zur Kenntnis zur Verfügung gestanden. Dass das Bezugsverhältnis von 1 nach Auffassung der Beklagten von dem marktgängigen Bezugsverhältnis bei Optionsscheinen auf Gold abweiche, führe zu keiner anderen Beurteilung, weil jedenfalls nicht ausgeschlossen sei, dass ein Optionsschein mit einem Bezugsverhältnis von 1 auf den Markt gebracht werde.
Dass die Beklagte das Bezugsverhältnis nicht gemäß Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen habe ändern können, hindere sie nicht, der Klägerin wegen besonderer Umstände und Kenntnisse in der Person der Zedenten nach § 404 BGB den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenzuhalten. Der Grundsatz der Fungibilität der Wertpapiere stehe dem nicht entgegen, weil die Klägerin die Beklagte nicht als ehemalige Inhaberin der Optionsscheine, sondern aufgrund einer Abtretung in Anspruch nehme.
Von einer unzulässigen Rechtsausübung sei auszugehen, weil die Zedenten den Irrtum der Beklagten erkannt oder sich der Kenntnisnahme treuwidrig entzogen hätten und die Durchführung der ursprünglich geschlossenen Verträge für die Beklagte schlechthin unzumutbar sei.
Die Beklagte habe Umstände dargelegt, die eine positive Kenntnis der Zedenten von einem Irrtum der Beklagten nahe legten. Danach sei die Zedentin A. GbR, deren Gesellschafter der Zedent Z. sei, auf derivative Hebelprodukte spezialisiert. Dies lege die Annahme nahe, dass sie über einschlägiges Fachwissen verfüge. Dass sie das Marktgeschehen an der ... Börse am beobachtet und die Änderung des Bezugsverhältnisses festgestellt habe, deute darauf hin, dass sie eine entsprechende Änderung erwartet habe. Außerdem hätten die Zedenten der Beklagten die Optionsscheine am 15. und zu Preisen von 18 EUR bzw. 19,70 EUR angeboten. Dies lasse erkennen, dass sie in der Lage waren, unter Berücksichtigung des Anstiegs des Goldpreises und unter Zugrundelegung eines Bezugsverhältnisses von 1 einen realistischen Preis anzusetzen. Das Rücknahmeangebot lege außerdem die Annahme nahe, dass den Zedenten bewusst war, dass der Beklagten ein Fehler unterlaufen war, der bei Einlösung der Optionsscheine zu einem Gewinn in Höhe des Zehnfachen des gezahlten Preises führen würde. Dafür spreche schließlich auch, dass die Zedenten unter Androhung von Publicity versucht hätten, den zehnfachen Marktwert der Optionsscheine gegenüber der Beklagten zu realisieren.
Ob die Zedenten positive Kenntnis von einem Irrtum der Beklagten gehabt hätten, könne letztlich offen bleiben, weil es für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ausreiche, dass der Irrtum sich den fachkundigen Zedenten geradezu aufdrängen musste. Der Markt für "knock out"-Optionsscheine sei in seinen Strukturen übersichtlich. Aufgrund eines Vergleichs zwischen innerem Wert und Preis der Optionsscheine sowie angesichts des ungewöhnlichen Bezugsverhältnisses hätte sich der Irrtum der Beklagten den Zedenten geradezu aufdrängen müssen. Selbst wenn verbriefte Derivate keinen fairen Wert haben sollten, habe es für die Zedenten geradezu auf der Hand gelegen, dass die Beklagte ihre Produkte nicht zu einem Zehntel ihres momentanen Wertes verkaufen wollte.
Den Zedenten hätte sich ferner aufdrängen müssen, dass die Vertragsdurchführung für die Beklagte schlechthin unzumutbar sei. Diese gerate dadurch zwar nicht in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Fehler der Beklagten sei aber von einigem Gewicht und habe weit reichende Folgen. Er führe dazu, dass die Klägerin statt eines Gewinns von etwa 110% eine Rendite von mehr als 2.000% erziele. Dies sei auch in dem spekulativen Umfeld der Anlage vollkommen unverhältnismäßig und verstoße gegen das Übermaßverbot. Das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sei, auch unter Berücksichtigung des Risikos eines Totalverlustes für die Zedenten im Falle des Erreichens der "knock out"-Schwelle, für die Beklagte unzumutbar.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch gemäß § 793 Abs. 1 Satz 1, § 398 BGB kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Beklagte der Klageforderung nicht entgegenhalten kann, sie habe gemäß Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen das Bezugsverhältnis wirksam von 1 auf 0,1 geändert.
a) Dies kann indes entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht damit begründet werden, die Voraussetzungen, unter denen Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen eine Änderung zulasse, seien nicht erfüllt, weil der von der Beklagten unter Vorlage eines von ihr eingeholten Sachverständigengutachtens behauptete und von der Klägerin unter Berufung auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten eines anderen Sachverständigen bestrittene Irrtum nicht offensichtlich im Sinne der Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen gewesen sei.
Die Allgemeinen Emissionsbedingungen der streitgegenständlichen Optionsscheine, die als Schuldverschreibungen anzusehen sind (vgl. Horn, ZHR 173 (2009), 12, 20 f.; Bredow/Vogel, ZBB 2009, 153, 154) stellen, wie Anleihebedingungen generell (Senat BGHZ 163, 311, 314 m.w.N.), Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Für ihre Auslegung gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Horn, aaO, S. 37). Da ihr Anwendungsbereich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinausgeht, kann der Senat sie selbständig und ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts auslegen (BGHZ 144, 245, 248; 163, 321, 323 f. ). Ausgangspunkt der gebotenen objektiven, nicht am Willen der konkreten Vertragsparteien zu orientierenden Auslegung (st.Rspr., BGHZ 102, 384, 389 f. ; Senat , Urteil vom - XI ZR 331/07, WM 2008, 1350, Tz. 15) ist der Wortlaut einer Klausel. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragsparteien beachtet werden muss (, WM 2007, 2078, Tz. 23 m.w.N.).
Die Auslegung von Schuldverschreibungen hat im Interesse der Verkehrsfähigkeit der Kapitalmarktpapiere und der Funktionsfähigkeit des Wertpapierhandels für alle Stücke einheitlich und ohne Rücksicht auf Besonderheiten in der Person des einzelnen Inhabers zu erfolgen (BGHZ 28, 259, 265; 163, 311, 317). Dies hindert indes nicht die Berücksichtigung außerhalb der Urkunde liegender Umstände (BGHZ 28, 259, 263 f.). Bei der Auslegung von Schuldverschreibungen ist nämlich die allgemeine Verkehrsauffassung zu beachten, die sich nicht nur anhand der urkundlich niedergelegten Bedingungen bildet, sondern auch die Begleitumstände, Anlass und Zweck der Ausgabe der Papiere berücksichtigt. Maßgeblich ist die Beurteilung, die in den beteiligten Wirtschaftskreisen Papieren der vorliegenden Art im Zeitpunkt ihrer Ausgabe allgemein zuteil wird (BGHZ 28, 259, 264).
Hiernach kann auf der Grundlage des Tatsachenvortrags der Beklagten die Offensichtlichkeit des von ihr behaupteten Irrtums nicht verneint werden. Aus der Sicht der typischerweise an Geschäften mit Optionsscheinen beteiligten Verkehrs- und Wirtschaftskreise sind bei der Auslegung des Begriffs der Offensichtlichkeit verständiger- und redlicherweise die Umstände zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Papiere durch diese Kreise von maßgeblicher Bedeutung sind. Dazu gehört entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch der Kurs des Bezugsobjekts, d.h. der Feinunze Gold, und der Preis eines Optionsscheines im Zeitpunkt der Emission sowie das marktgängige Bezugsverhältnis bei Optionsscheinen auf Gold. Aus diesen Umständen ergibt sich aber nach dem Vortrag der Beklagten und dem von ihr eingeholten Sachverständigengutachten die Offensichtlichkeit des Irrtums. Die Verkehrsfähigkeit der Optionsscheine und die Fungibilität des Wertpapierhandels werden durch diese Auslegung nicht berührt, weil sie ohne Rücksicht auf Besonderheiten in der Person einzelner Inhaber für alle Stücke einheitlich gilt und die Änderung der Optionsbedingungen durch einen Nachtrag zum Verkaufsprospekt öffentlich bekannt gemacht worden ist.
b) Eine Änderung des Bezugsverhältnisses nach Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen war aber deshalb nicht möglich, weil diese Klausel, jedenfalls soweit sie eine Änderung der Produktbedingungen zur Berichtigung eines offensichtlichen Irrtums zulässt, gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist. Die Allgemeinen Emissionsbedingungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen, wie Anleihebedingungen allgemein, ungeachtet der eingeschränkten Einbeziehungskontrolle (Senat BGHZ 163, 311, 314 ff.), einer gerichtlichen Inhaltskontrolle (vgl. BGHZ 119, 305, 312 ; OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, 1379 ; OLG Frankfurt WM 1993, 2089; Horn, aaO, S. 38; jeweils m.w.N.).
aa) Nach § 308 Nr. 4 BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Dies ist aufgrund einer Abwägung zwischen den Interessen des Klauselverwenders an der Möglichkeit einer Änderung seiner Leistung und denen des anderen Vertragsteils an der Unveränderlichkeit der vereinbarten Leistung zu beurteilen. Dabei erscheint ein Änderungsvorbehalt, der sich nicht nur auf die Umstände der Leistungserbringung oder auf Nebenpflichten bezieht, sondern auch Inhalt und Umfang der Hauptleistung betrifft, als besonders nachteilig für den anderen Vertragsteil (, WM 2008, 308, Tz. 21). Insbesondere eine Änderung des Äquivalenzverhältnisses zwischen den beiderseitigen Leistungen kann ein Indiz für die Unzumutbarkeit des Änderungsvorbehalts sein (Staudinger/Coester-Waltjen, BGB (2006), § 308 Nr. 4 Rn. 7 aE; MünchKomm/Kieninger, BGB, 5. Aufl., § 308 Nr. 4 Rn. 7 aE; Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, AGB-Recht, 10. Aufl., § 308 Nr. 4 Rn. 9). Die Änderungsklausel muss ferner dem Grundsatz der Erforderlichkeit genügen (Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, AGB-Recht, 5. Aufl., § 308 Nr. 4 Rn. 24). Ein rechtfertigender Grund für eine solche Klausel fehlt, wenn der Verwender bei ordnungsgemäßer Geschäftsführung dem Vertragspartner bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Leistung in der geänderten Form hätte versprechen können (Staudinger/Coester-Waltjen, BGB (2006), § 308 Nr. 4 Rn. 7 unter e; vgl. für § 10 Nr. 3 AGBG: , WM 1987, 426, 429). Weiterhin ist erforderlich, dass die Klausel in ihren Voraussetzungen und Folgen für den anderen Vertragsteil zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderung gewährleistet (, WM 2008, 308, Tz. 21 m.w.N.). Zu bedenken ist schließlich, dass Änderungsvorbehalte für den Kunden gefährlicher als Rücktrittsvorbehalte oder sonstige Befreiungsklauseln sind, weil er die geänderte Leistung annehmen und bezahlen muss, ohne Schadensersatz verlangen oder vom Vertrag zurücktreten zu können (Ulmer/Brandner/Hensen/ H. Schmidt, AGB-Recht, 10. Aufl., § 308 Nr. 4 Rn. 1).
bb) Gemessen hieran ist Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen unwirksam, soweit sie eine Änderung der Produktbedingungen zur Berichtigung offensichtlicher Irrtümer zulässt.
Die Klausel betrifft nicht nur Nebenpflichten oder einzelne Umstände der Leistungserbringung, sondern einschränkungslos den gesamten Inhalt und Umfang der Hauptleistung der Beklagten und ermöglicht dieser, wie der vorliegende Fall zeigt, die grundlegende Veränderung des vertraglich vereinbarten Wertverhältnisses zwischen den gegenseitigen, im Austauschverhältnis stehenden Leistungen. Ein rechtfertigender Grund für ein so weitreichendes Änderungsrecht fehlt, weil die Beklagte bei sorgfältiger Kontrolle ihrer Produktbedingungen offensichtliche Irrtümer bereits vor Vertragsschluss erkennen und ihren Vertragspartnern die Leistung von Anfang an in der eigentlich gewollten Form versprechen konnte.
Die Klausel bietet Vertragspartnern auch kein ausreichendes Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderungen. Sie macht das Änderungsrecht lediglich von einem offensichtlichen Irrtum abhängig, grenzt aber die zulässigen Änderungen inhaltlichgegenständlich in keiner Weise ein. Der Vertragspartner, der ebenso wie die Beklagte den Irrtum übersehen hat, muss deshalb ohne jede Einschränkung mit umfassenden Änderungen der gesamten von der Beklagten geschuldeten Leistung rechnen. Auch die Folge des Änderungsrechts, d.h. die geänderte Form der Leistung, wird in der Klausel nicht konkretisiert.
Außerdem weicht die Klausel vom gesetzlichen Leitbild der Irrtumsanfechtung ab. Während der Vertragspartner nach einer Anfechtung wegen eines in § 119 BGB bezeichneten Irrtums nicht mehr an den Vertrag gebunden ist, müssen Kunden der Beklagten nach einer Leistungsänderung wegen eines nicht näher eingegrenzten offensichtlichen Irrtums die geänderte Leistung annehmen und bezahlen, ohne sich vom Vertrag lösen oder Schadensersatz verlangen zu können. Darin unterscheidet sich die Klausel auch von sogenannten "Mistrade"-Klauseln, die den Parteien eines Wertpapierkaufs die eng befristete Möglichkeit eröffnen, sich einseitig vom Vertrag zu lösen, wenn das Geschäft zu einem nicht marktgerechten Preis abgeschlossen wurde (vgl. hierzu Senat , Urteil vom - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1689; OLG Frankfurt WM 2009, 1032, 1034; Fleckner/Vollmuth, WM 2004, 1263, 1264; Koch, ZBB 2005, 265, 266; Fridrich/Seidel, BKR 2008, 497).
Unter Abwägung dieser Gesamtumstände ist die in Nr. 5.4 der Allgemeinen Emissionsbedingungen getroffene Vereinbarung eines Rechts der Beklagten, ihre Leistung in Fällen offensichtlicher Irrtümer zu ändern, gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam. Dies gilt auch, soweit die Beklagte die Allgemeinen Emissionsbedingungen gegenüber Unternehmern verwendet (§ 310 Abs. 1 Satz 2 BGB). Aufgrund der genannten, insgesamt unzumutbaren Auswirkungen, die die Klausel für Vertragspartner der Beklagten mit sich bringt, ist im kaufmännischen Verkehr, der in besonderer Weise auf eine exakte Einhaltung der vereinbarten Leistung angewiesen sein kann (Staudinger/Coester-Waltjen, BGB (2006), § 308 Nr. 4 Rn. 11), von einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 und 2 BGB auszugehen. Das Bedürfnis des Kapitalmarkts nach einem einheitlichen, standardisierten Inhalt der Optionsscheine (vgl. Senat BGHZ 163, 311, 317) wird deshalb durch die Unwirksamkeit der Klausel nicht berührt.
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagte könne der Klägerin einen Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB durch eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung der Klageforderung entgegenhalten.
a) aa) Allerdings wendet die Revision gegen die Anwendbarkeit des § 242 BGB ohne Erfolg ein, die Beklagte berufe sich auf einen Erklärungsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 BGB, ohne eine Anfechtungserklärung abgegeben zu haben. Dieser Einwand greift jedenfalls deshalb nicht durch, weil die Beklagte keinen Irrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 BGB geltend macht. Ein Irrtum in der Erklärungshandlung im Sinne des § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB setzt voraus, dass schon der äußere Erklärungstatbestand nicht dem Willen des Erklärenden entspricht (Palandt/ Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 119 Rn. 10). Davon ist etwa auszugehen, wenn der Erklärende seine Erklärung entsprechend seinem tatsächlichen Willen in ein Computersystem eingibt und diese ursprünglich richtige Erklärung auf dem Weg zum Empfänger durch eine unerkannt fehlerhafte Software verfälscht wird (, WM 2005, 659, 660). Ein solcher Fehler liegt hier aber nicht vor. Der Mitarbeiter der Beklagten, der die Emissionsdaten in das Computersystem eingegeben hat, hat nach der Darstellung der Beklagten nicht an das Bezugsverhältnis gedacht. Er ist insoweit keinem Irrtum erlegen und hat hierzu auch keine Erklärung abgegeben. Die Mitarbeiter der T. haben ein Bezugsverhältnis von 1 eingegeben und wollten eine solche Erklärung auch abgeben. Der zugrunde liegende Irrtum, die Verwechslung des Bezugsverhältnisses von Gold-Optionsscheinen mit dem von Silber-Optionsscheinen, ist weder ein Erklärungsirrtum noch ein Inhaltsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum (vgl. Senat , Urteil vom - XI ZR 590/07, WM 2009, 66, Tz. 24).
bb) Eine unzulässige Rechtsausübung kommt entgegen der Auffassung der Revision nicht nur hinsichtlich der Optionsscheine, die die Zedenten unmittelbar von der Beklagten gekauft haben, sondern auch hinsichtlich der an der Börse erworbenen Optionsscheine in Betracht. Der von der Beklagten behauptete Irrtum betrifft nicht den Kaufpreis, sondern die Ausgestaltung der Optionsscheine durch die Produktbedingungen. Die damit begründete Unzulässigkeit der Rechtsausübung kann jedem Anspruch aus einem Optionsschein gemäß § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegengehalten werden.
b) Das Berufungsgericht ist entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum einseitigen Kalkulationsirrtum (BGHZ 139, 177 ff. ) zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine unzulässige Rechtsausübung gegeben sein kann, wenn der Empfänger eines Vertragsangebotes dieses annimmt und auf der Durchführung des Vertrages besteht, obwohl er weiß oder sich treuwidrig der Erkenntnis entzieht, dass das Angebot auf einem Kalkulationsirrtum beruht, und die Vertragsdurchführung für den Erklärenden schlechthin unzumutbar ist. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung hat das Berufungsgericht aber, wie die Revision zu Recht rügt, verfahrensfehlerhaft festgestellt, weil es unter Verletzung des § 286 ZPO wesentliche Teile des Sachvortrages und Beweisanträge der Klägerin unberücksichtigt gelassen hat.
aa) Das Berufungsgericht ist bei der Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung von einem Irrtum bzw. Fehler der Beklagten ausgegangen, obwohl es an anderer Stelle seines Urteils zutreffend ausführt, dass die Klägerin den von der Beklagten behaupteten Fehler bestritten hat. Die Klägerin hat die hausinternen Vorgänge, die nach dem Vortrag der Beklagten zur Angabe eines Bezugsverhältnisses von 1 in den Produktbedingungen geführt haben sollen, mit Nichtwissen bestritten. Sie hat ferner unter Bezugnahme auf das von ihr vorgelegte Gutachten eines Sachverständigen geltend gemacht, die Produktbedingungen enthielten auch aus Sicht eines im Handel mit Optionsscheinen erfahrenen Verkehrsteilnehmers lediglich neutrale Informationen über die Ausgestaltung der Optionsscheine, aber keinen Fehler in den Parametern des Wertpapiers. Allenfalls liege ein Fehler in der Preisbildung vor, der die zeitlich begrenzte Möglichkeit zur Rückabwicklung der Verträge nach den sogenannten "Mistrade"-Regelungen eröffnet habe. Hierzu haben die Parteien Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten.
Auch bei seiner Annahme, der Irrtum bzw. Fehler der Beklagten habe sich den fachkundigen Zedenten geradezu aufdrängen müssen, diese hätten sich treuwidrig der Erkenntnis verschlossen, dass die Beklagte ihre Produkte nicht zu einem Zehntel ihres momentanen Wertes verkaufen wolle, hat das Berufungsgericht wesentlichen Sachvortrag übergangen. Es hat außer Acht gelassen, dass die Klägerin unter Beweisantritt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgetragen hat, angesichts der Vielzahl der Bewertungsfaktoren sei eine unterstellte Unangemessenheit des Optionspreises bereits objektiv, jedenfalls aber für die Zedenten, nicht erkennbar gewesen. Soweit das Berufungsgericht annimmt, das Fachwissen der Zedenten habe insbesondere die Preisbildung bei Optionsscheinen und den sogenannten "inneren Wert" solcher Wertpapiere betroffen, hat es unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin ein solches Fachwissen der Zedenten unter Benennung von Zeugen bestritten hat.
bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision hingegen gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, bei Vorliegen des von der Beklagten geltend gemachten Fehlers in den Produktbedingungen sei der Beklagten die Vertragsdurchführung schlechthin unzumutbar. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass es hierfür nicht entscheidend darauf ankommt, ob die Beklagte bei Durchführung des Vertrags in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geriete (vgl. BGHZ 139, 177, 185) . Die nach dem Vortrag der Beklagten durch die fehlerhafte Angabe des Bezugsverhältnisses bedingte Steigerung des geschuldeten Barausgleichs um das Zehnfache und die damit verbundene exorbitante Gewinnsteigerung für die Zedenten reicht hierfür aus, zumal die Beklagte gewärtigen muss, auch von den Inhabern anderer Optionsscheine in dieser Höhe in Anspruch genommen zu werden.
III.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung zu treffen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2009 S. 1701 Nr. 32
NJW-RR 2009 S. 1641 Nr. 23
WM 2009 S. 1500 Nr. 32
ZIP 2009 S. 1558 Nr. 33
UAAAD-26290
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja