Zusätzlich zur Grundmiete vereinnahmte Nebenkosten sind in den Durchschnittssatzgewinn einzubeziehen
Leitsatz
Umlagen und Nebenentgelte, die ein Landwirt mit Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen als Vermieter einer zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörenden Wohnung zusätzlich zur Grundmiete vereinnahmt, sind in die Berechnung des Durchschnittssatzgewinns einzubeziehen.
Gesetze: EStG § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4BGB § 535 Abs. 1 und 2
Instanzenzug: (EFG 2007, 1681) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Den Gewinn ermittelt er nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr (1. Juli bis 30. Juni). Außerdem vermietet er ein mit einem Dreifamilienhaus bebautes Grundstück. In den Mieteinnahmen waren Nebenkostenvorauszahlungen und Umlagen enthalten.
In den Steuererklärungen für die Streitjahre (2000 und 2001) erfasste der Kläger die Mieteinnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) nicht. Der Kläger reichte, nachdem er sich dieser Beurteilung angeschlossen hatte, berichtigte Gewinnermittlungen für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ein. Dabei vertrat er die Auffassung, dass ab dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 nach § 13a Abs. 3 EStG nur noch die Mieteinnahmen ohne Nebenkosten anzusetzen seien. Das FA erfasste demgegenüber auch die Nebenkostenvorauszahlungen als Mieteinnahmen und ließ lediglich die Schuldzinsen zum Abzug zu.
Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, das FA sei zu Recht davon ausgegangen, dass dem Durchschnittssatzgewinn aus Land- und Forstwirtschaft jeweils die vom Kläger für die Überlassung des Grundstücks als solchem vereinnahmten Beträge (Grundmiete) zuzüglich der als Nebenkostenvorauszahlungen bzw. Umlagen vereinnahmten —der Höhe nach unstreitigen— Betriebskosten und sonstigen Nebenkosten hinzuzurechnen seien. Dies folge aus der Auslegung des Begriffes der vereinnahmten Mietzinsen i.S. des § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 EStG. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1681 veröffentlicht.
Der Kläger beantragt,
das aufzuheben,
die Einkommensteuerbescheide für 2000 und für 2001 jeweils vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin abzuändern, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Kalenderjahr 2000 von 37 547 DM auf 30 335 DM und die Einkünfte für das Kalenderjahr 2001 aus Land- und Forstwirtschaft von 38 221 DM auf 31 649 DM herabgesetzt werden, sowie
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Nebenkosten, die ein Landwirt mit Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) als Vermieter einer zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörenden Wohnung zusätzlich zur Grundmiete vereinnahmt, sind in die Berechnung des Durchschnittssatzgewinns einzubeziehen.
1. Nach § 13a Abs. 3 Satz 1 EStG ist der nach Durchschnittssätzen zu ermittelnde Gewinn die Summe aus dem Grundbetrag (Abs. 4), den Zuschlägen für Sondernutzungen (Abs. 5), den nach Abs. 6 gesondert zu ermittelnden Gewinnen, den vereinnahmten Miet- und Pachtzinsen (Abs. 3 Nr. 4) und —seit der Ergänzung durch das Steueränderungsgesetz 2001 vom (BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4)— bestimmten Kapitalerträgen (Abs. 3 Nr. 5). Nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung sind als Betriebsausgaben lediglich verausgabte Pachtzinsen und diejenigen Schuldzinsen und dauernden Lasten abzusetzen, die Betriebsausgaben sind (§ 13a Abs. 3 Satz 2 EStG).
a) Der Durchschnittssatzgewinn umfasst nach § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 EStG die vereinnahmten Miet- und Pachtzinsen in voller Höhe (, BFHE 201, 175, BStBl II 2003, 345). Darunter fallen die Entgelte für die Überlassung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens wie z.B. Grund und Boden, Gebäude, Mietwohnungen, bewegliche oder immaterielle Wirtschaftsgüter, ohne dass es auf die Bezeichnung in den vertraglichen Vereinbarungen ankommt (, BFHE 220, 79, BStBl II 2008, 425, unter II.1.b der Gründe; R 13a.2 Abs. 4 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien 2005; vgl. auch Blümich/ Selder, § 13a EStG Rz 17; Märkle/Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 9. Aufl., Rz 26 ff.).
b) Zu den Entgelten für die Überlassung einer Miet- oder Pachtsache zählen alle Einnahmen des Vermieters/Verpächters, die mit der Überlassung in einem objektiven wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang stehen und somit durch sie veranlasst sind. Umlagen und Nebenentgelte, die der Vermieter für die Nebenkosten oder Betriebskosten erhebt, sind durch das jeweilige Mietverhältnis veranlasst (BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 831, unter 1.a der Gründe). Sie gehören daher zu den Miet- und Pachtzinsen i.S. des § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 EStG (gl.A. Blümich/Selder, § 13a EStG Rz 18; Spiegels in Bordewin/ Brandt, § 13a EStG Rz 21; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, C Rz 241c; Schild in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 13a Rz 117; Kube in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 13a Rz 9; a.A. Kleeberg in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 13a Rz D 3; Schmidt/Kulosa, EStG, 28. Aufl., § 13a Rz 23; krit. Märkle/Hiller, a.a.O., Rz 27).
c) Diese Beurteilung entspricht der zivilrechtlichen Ausgangslage. Nach § 535 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in der Fassung des Mietrechtsreformgesetzes vom (BGBl I 2001, 1149) hat der Vermieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten; er hat auch die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen. Der Mieter ist demgegenüber verpflichtet, die vereinbarte Miete zu entrichten (§ 535 Abs. 2 BGB). Die Miete deckt alle Leistungen des Vermieters ab; der Begriff „Miete” umfasst dem entsprechend auch Nebenkosten (vgl. Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 535 Rz 208; Erman/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 535 Rz 75 f.; MünchKommBGB/Häublein, 5. Aufl., § 535 Rz 153; Palandt/Weidenkaff, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl., § 535 Rz 70, 72 und 87; ebenso zur früheren Gesetzesfassung Emmerich, in: Staudinger, 12. Aufl. (1978), BGB, §§ 535, 536 Rz 106; ähnlich Soergel/Heintzmann, BGB, 1997, §§ 535, 536 Rz 230, wonach lediglich Heiz- und Warmwasserkosten aus der Bruttomiete herauszurechnen sind; begrifflich anders, im Ergebnis jedoch ähnlich Palandt/Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch, bis zur 59. Aufl. [2000], § 535 Rz 30, 37a).
d) Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des IX. Senats des BFH in BFH/NV 2000, 831 rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Zwar trifft es zu, dass der BFH darin —ebenso wie die damalige Kommentierung im Palandt/Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch, 58. Aufl., § 535 Rz 30— zwischen Miet- oder Pachtzinsen einerseits und sonstigen durch das Mietverhältnis veranlassten Einnahmen andererseits unterschieden hat. Der BFH hat diese Unterscheidung der steuerlichen Beurteilung jedoch nicht zu Grunde gelegt; er hat vielmehr auch die sonstigen Einnahmen den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet (siehe oben unter II.1.b).
e) Im Ergebnis richten sich die Einwände des Klägers gegen die Hinzurechnung der Bruttoeinnahmen aus der Vermietung im Rahmen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 EStG). Für sich gesehen führt diese zwar zu einer Überbesteuerung der Miet- und Pachteinnahmen. Das ist jedoch angesichts der Besonderheiten der Gewinnermittlung nach § 13a EStG, die in der Regel nicht zu einer vollständigen Erfassung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft führt und im Übrigen vom Steuerpflichtigen abgewählt werden kann, hinzunehmen. Der Senat verweist dazu auf die ausführliche Begründung im Urteil in BFHE 201, 175, BStBl II 2003, 345 (unter 3. der Gründe). Soweit der Kläger dagegen einwendet, die Möglichkeit der Wahl einer anderen Gewinnermittlungsart helfe im Nachhinein nicht, macht er letztlich Billigkeitserwägungen geltend, die eine andere Gesetzesauslegung nicht rechtfertigen können.
f) Über die Frage, ob und inwieweit sich eine Einbeziehung der Nebenkosten in die vom vermietenden Landwirt zu versteuernden Mieteinnahmen vermeiden lässt, indem der Mieter diese unmittelbar entrichtet (vgl. dazu das BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 831, unter 2.a der Gründe), ist vorliegend nicht zu entscheiden.
2. Die angefochtene Entscheidung entspricht diesen Grundsätzen. Die dagegen erhobenen Einwände des Klägers greifen nicht durch.
3. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Zuständig ist
daher das FG als Gericht des ersten Rechtszuges (vgl. u.a.
, BFHE 191, 505, unter 4. der Gründe; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 139 Rz 121, jeweils m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2009 II Seite 900
BFH/NV 2009 S. 1518 Nr. 9
BFH/PR 2009 S. 412 Nr. 11
BStBl II 2009 S. 900 Nr. 22
DB 2009 S. 1681 Nr. 32
DStRE 2009 S. 1052 Nr. 17
DStZ 2009 S. 665 Nr. 18
EStB 2009 S. 301 Nr. 9
FR 2009 S. 1163 Nr. 24
HFR 2009 S. 1084 Nr. 11
KÖSDI 2009 S. 16628 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2009 S. 2459
StB 2009 S. 297 Nr. 9
StBW 2009 S. 3 Nr. 16
StuB-Bilanzreport Nr. 15/2009 S. 588
XAAAD-25936