BSG Urteil v. - B 14/7b AS 8/07 R

Leitsatz

Der Mehrbedarf wegen Alleinerziehung ist auch für Personen zu berücksichtigen, die Pflegekinder in ihren Haushalt aufgenommen haben und allein betreuen.

Gesetze: SGB II § 7 Abs 3 Nr 4; SGB II F: § 11 Abs 1 S 2; SGB II F: § 11 Abs 1 S 3; SGB II § 21 Abs 1; SGB II § 21 Abs 3 Nr 1; SGB II § 22 Abs 1 S 1; SGB VIII § 33; SGB VIII § 39 Abs 1; SGB VIII § 39 Abs 6; EStG § 31; EStG § 32 Abs 1 Nr 2; EStG § 62

Instanzenzug: SG Speyer, S 10 AS 209/05 vom LSG Mainz, L 3 AS 24/06 vom

Gründe

I

Zwischen den Beteiligten ist im Revisionsverfahren noch die Höhe von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom bis zum streitig.

Der im Jahre 1954 geborene, geschiedene Kläger lebt mit zwei von ihm allein betreuten, 1993 und 1996 geborenen Pflegekindern in einer gemeinsamen Mietwohnung, für die im streitigen Zeitraum eine Kaltmiete in Höhe von 570,63 Euro sowie Kosten für Gas in Höhe von 183 Euro und sonstige Nebenkosten in Höhe von 64,80 Euro monatlich zu zahlen waren. Er bezieht eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Höhe von 387,51 Euro monatlich und erhält für beide Kinder Kindergeld in Höhe von jeweils 154 Euro monatlich. Die Stadt Kaiserslautern gewährt ihm für die Betreuung der Kinder Pflegegeld (Hilfe zur Erziehung in Vollzeitfamilienpflege) nach § 27 iVm § 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII). Die danach bewilligten Leistungen zum Unterhalt berechneten sich im streitigen Zeitraum für jedes Kind aus einem Grundbetrag in Höhe von 470 Euro und einem Betrag für Kosten der Erziehung in Höhe von 196 Euro, auf diese Leistungen wurde Kindergeld in Höhe von jeweils 38,50 Euro angerechnet. Zusätzlich wurde eine Ferienpauschale in Höhe von 23 Euro gezahlt, sodass sich für jedes Kind ein auszuzahlender Betrag in Höhe von 650,50 Euro ergab (Bescheide der Stadt Kaiserslautern vom und vom ).

Den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II lehnte die Beklagte mit Bescheid vom ab. Die dem Kläger gezahlte Rente, das anteilig bei ihm anzurechnende Kindergeld in Höhe von jeweils 115,50 Euro und der Erziehungsbeitrag in Höhe von 196 Euro für jedes Kind reichten abzüglich des Pauschalbetrages für Versicherungen in Höhe von 30 Euro zur Deckung des gesamten Bedarfs (606,74 Euro) aus. Widerspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom ; Urteil des Sozialgerichts [SG] Speyer vom ).

Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz die angefochtenen Bescheide und das Urteil des SG geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom bis zum ohne Berücksichtigung des Erziehungsbeitrags, der in dem ihm für seine Pflegekinder gewährten Pflegegeld enthalten sei, zu gewähren. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger sei gemäß § 7 Abs 1 SGB II leistungsberechtigt und dabei insbesondere hilfebedürftig gemäß § 9 Abs 1 SGB II. Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit sei der im Pflegegeld enthaltene Erziehungsbeitrag für seine beiden Pflegekinder nicht als Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen. Nicht zu beanstanden sei dagegen die Anrechnung des anteiligen Kindergeldes in Höhe von jeweils 115,50 Euro als Einkommen des Klägers. Sein Einkommen sei damit auf insgesamt 588,51 Euro zu beziffern. Die Berechnung des Bedarfs des Klägers durch die Beklagte - und dabei insbesondere die Aufteilung der Unterkunfts- und Heizungskosten nach Kopfteilen - sei nicht zu beanstanden. Es lägen keine besonderen Umstände vor, die es geböten, ausnahmsweise von einer Aufteilung nach Kopfteilen abzusehen. Die Stadt Kaiserslautern zahle für die Pflegekinder Leistungen nach § 39 SGB VIII, die der Deckung ihres gesamten Lebensbedarfs, also auch der Unterkunftskosten, dienten. Abzüglich des Erziehungsbeitrags und unter Berücksichtigung des den Kindern zugerechneten Kindergeldes stehe ihnen jeweils ein Betrag in einer Höhe zur Verfügung, der zur Deckung der Kosten des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten der Unterkunft (KdU) als ausreichend angesehen werden müsse. Es könne dahinstehen, ob die KdU angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II seien, sie seien im streitigen Zeitraum jedenfalls gemäß Satz 2 der genannten Regelung im vollen Umfang zu berücksichtigen. Insoweit bestehe zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Da der Bedarf des Klägers somit 606,74 Euro betrage, werde er nicht vollständig durch sein Einkommen gedeckt, sodass er einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts habe.

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. Er macht geltend, bei der Berechnung des Bedarfs komme eine Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen nicht in Betracht, wenn ein Alleinerziehender mit zwei Pflegekindern zusammen lebe, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörten. Die gesamten Aufwendungen seien vorliegend von ihm zu tragen und bei ihm anzusetzen. Die Wohnanteile in den nach § 39 SGB VIII gewährten Pauschalleistungen für den laufenden Unterhalt seien in den Pflegesätzen nach § 39 SGB VIII bisher nicht den Regelungen des SGB II angepasst worden. Jedenfalls soweit ein durch die gewährte Pflegepauschale ungedeckter Mietanteil verbleibe, müsse die Zuordnung der Unterkunftskosten abweichend vom Kopfteilprinzip erfolgen. Das Kindergeld sei insgesamt nicht beim Pflegeelternteil anzurechnen. Der nicht auf das Pflegegeld angerechnete Teil des Kindergeldes sei für die besonderen und schwierigen Erziehungsaufgaben eines Pflegekindes zweckgebunden und werde auch zur Abdeckung von Aufwendungen zur Lebens- und Freizeitgestaltung benötigt, sodass er nicht anrechenbar sei (Hinweis auf - info also 2005, 79; KI -). Es verbleibe damit bei dem Grundsatz, dass Einkommen von Kindern, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörten, nicht bei den Eltern angerechnet werden könne. Jedenfalls sei für das ältere der beiden Kinder nach § 39 Abs 6 SGB VIII das Kindergeld bis zur Hälfte auf die Pflegeleistung anzurechnen und könne damit allenfalls noch mit einem verbleibenden Anteil von 77 Euro angerechnet werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom bis zum höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend.

II

Die zulässige Revision des Klägers ist teilweise begründet. Dem Kläger standen im streitigen Zeitraum unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung höhere Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu, als vom LSG angenommen. Er kann allerdings mit seinem Vorbringen, es sei für ihn nicht lediglich der Kopfteil der KdU zu berücksichtigen und das für die Pflegekinder gezahlte Kindergeld sei als Einkommen insgesamt unbeachtlich, nicht durchdringen.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom . Da die Beklagte mit dem genannten Bescheid die Leistungsgewährung für den Zeitraum ab dem abgelehnt hat, wäre nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG) der streitige Zeitraum bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht zu erstrecken gewesen, also bis zum (vgl nur BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, jeweils RdNr 14 mwN). Der Kläger hat den zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Zeitraum jedoch vor dem SG zunächst auf den Zeitraum bis zum und sodann vor dem LSG weitergehend auf den Zeitraum bis zum zulässigerweise begrenzt, sodass das LSG zutreffend seine Entscheidung auf den Zeitraum vom bis zum beschränkt hat.

Weitergehende Einschränkungen des Streitgegenstandes haben die Beteiligten nicht vorgenommen. Mit den angefochtenen Ausgangsbescheiden hat die Beklagte die Gewährung von Leistungen an den Kläger unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt abgelehnt. Dem Vorbringen des Klägers in der Revisionsinstanz, er begehre nunmehr noch eine höhere Leistung unter Berücksichtigung bestimmter Rechtspositionen, mit denen er vor dem LSG nicht durchgedrungen ist, ist nicht zu entnehmen, er habe im Laufe des Verfahrens die Überprüfung seines Anspruches auf Arbeitslosengeld II (Alg II) auf bestimmte abtrennbare Teile dieser Leistung beschränken wollen. Im Rahmen der vorliegenden Anfechtungs- und Leistungsklage sind damit alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grund und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 15). Gegen den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) bestehen dabei - sofern die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen der Leistungen nach dem SGB II erfüllt sind - grundsätzlich keine Bedenken (vgl nur BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 16; BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, jeweils RdNr 15, jeweils mwN).

Die Beklagte ist weiterhin beteiligtenfähig nach § 70 Nr 2 SGG (vgl hierzu BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zwar § 44b SGB II als mit Art 28 und Art 83 GG unvereinbar erklärt (Urteile vom - 2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04 = BVerfGE 119, 331). Die gemäß § 44b SGB II gebildeten Arbeitsgemeinschaften können jedoch für eine Übergangszeit bis zum (BVerfG, aaO) auf der bisherigen Rechtsgrundlage tätig werden.

2. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II (idF der Norm durch das Kommunale Optionsgesetz vom - BGBl I 2014) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Das LSG hat diese Voraussetzungen nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen zutreffend bejaht.

Der Kläger war insbesondere hilfebedürftig gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II. Nach § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, ua nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Der Kläger bildet hier gemäß § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II allein für seine Person "eine Bedarfsgemeinschaft" (dazu BSGE 97, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2, jeweils RdNr 18 mwN). Die beiden Pflegekinder sind keiner der in den Nr 1 bis 4 des § 7 Abs 3 SGB II genannten Fallgruppen zuzuordnen. Kinder iS des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II sind nur leibliche und angenommene Kinder der in § 7 Abs 3 Nr 1 bis 3 genannten Personen (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 14). Eine Erweiterung auf Kinder, die als Pflegekinder oder Enkelkinder dauerhaft in den Haushalt aufgenommen sind (solche Fälle regeln zB § 56 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch und § 48 Abs 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch), fehlt im SGB II. Es ergibt sich kein systematischer Ansatzpunkt dafür, im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende abweichend von den übrigen Büchern des Sozialgesetzbuches zur Auslegung des Begriffes "Kind" nicht auf die Vorschriften über die Verwandtschaft nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, sondern auf §§ 32 Abs 1, 63 Einkommensteuergesetz (EStG) bzw § 2 Abs 1 Bundeskindergeldgesetz abzustellen (so aber Hänlein in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juni 2008, § 7 SGB II RdNr 58c; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Dezember 2008, K § 9 RdNr 91).

a) Die Beklagte ist bei der Berechnung des Alg II des Klägers zunächst zutreffend von einem durch die Regelleistung nach § 20 Abs 2 SGB II (hier in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 2954) für einen Alleinstehenden abgedeckten Bedarf in Höhe von 345 Euro ausgegangen.

aa) Zusätzlich ist für den Kläger nach § 21 Abs 3 Nr 1 SGB II als Alleinerziehender zweier unter 16 Jahre alten Kinder ein Mehrbedarf in Höhe von 124,20 Euro anzusetzen, was die Vorinstanzen und die Beklagte nicht beachtet haben. Der Kläger lebt nach den Feststellungen des LSG mit den beiden Pflegekindern zusammen in einer Haushaltsgemeinschaft und pflegt und erzieht sie seit seiner Scheidung ohne maßgebliche Hilfe Dritter allein, was er bereits mit seinen Angaben bei Antragstellung gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat. Damit sind die Voraussetzungen des § 21 Abs 3 Nr 1 SGB II erfüllt. Der Mehrbedarf wegen Alleinerziehung ist auch bei Pflege und Erziehung von Kindern zu berücksichtigen, mit denen der Begünstigte keine Bedarfsgemeinschaft bildet. Abweichend von § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II kommt es bei Prüfung des § 21 Abs 3 Nr 1 SGB II nur auf das Zusammenleben mit Kindern in einer Haushaltsgemeinschaft an (zu den Anforderungen an die Aufnahme von Kindern in einen gemeinsamen Haushalt zuletzt BSG SozR 3-2600 § 48 Nr 6 = juris RdNr 11 mwN), sodass etwa das Zusammenleben von einem Großelternteil allein mit seinen Enkelkindern bei dem Erziehenden den Anspruch auf einen Mehrbedarf begründen kann (Behrend in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 28; Lang/Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 28). Der Berücksichtigung des Mehrbedarfs steht schließlich die Gewährung von Leistungen nach § 39 SGB VIII nicht entgegen. Dem Gesetz lässt sich kein Anhalt dafür entnehmen, dass die Gewährung eines Erziehungsbeitrages nach § 39 Abs 1 Satz 2 SGB VIII den Mehrbedarf wegen Alleinerziehung schon dem Grunde nach entfallen lässt (aA offenbar Breitkreuz in Beck'scher Online-Kommentar, SGB II, Stand , § 21 RdNr 8; Löns/Herold-Tews, SGB II, § 21 RdNr 14).

bb) Als KdU iS des § 22 SGB II hat die Beklagte bei der Bedarfsberechnung zutreffend lediglich ein Drittel der tatsächlich für Unterkunft und Heizung angefallenen Kosten angesetzt.

Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, so sind die KdU im Regelfall unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind (stRspr, zuletzt B 14/7b AS 58/06 R - RdNr 33 mwN). Die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Familienmitglieder lässt in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für diese Wohnung nicht zu.

Besonderheiten, die ein Abweichen vom Prinzip der Aufteilung nach Kopfzahl rechtfertigen könnten, bestehen nicht. Das Bundesverwaltungsgericht ([BVerwG] vgl BVerwGE 79, 17) hat im Bereich der Sozialhilfe eine Korrektur des Grundsatzes der Pro-Kopf-Aufteilung zugelassen, wenn und soweit der Hilfefall durch sozialhilferechtlich bedeutsame Umstände gekennzeichnet war, die ohne weiteres objektivierbar waren. Das konnte sowohl ein über das normale Maß hinausgehender Bedarf des Hilfesuchenden als auch eines anderen Mitglieds der Haushaltsgemeinschaft sein. Genannt wurden insbesondere Fälle der Behinderung oder Pflegebedürftigkeit. Auch im Rahmen des § 22 SGB II kann in Sonderfällen ein Abweichen vom Grundsatz der Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfzahl gerechtfertigt sein (BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, jeweils RdNr 28). Einen solchen Ausnahmefall begründet aber nicht, dass Kinder auf Grundlage des § 33 SGB VIII zur Vollzeitpflege in den Haushalt des Hilfebedürftigen aufgenommen sind und der für sie bei den Leistungen nach dem SGB VIII berücksichtigte Unterkunftsbedarf hinter ihrem nach Kopfzahl ermittelten Anteil an den Wohnungskosten zurückbleibt, wie der Kläger meint (vgl zur Haushaltsgemeinschaft mit einem Ausbildungsförderung beziehenden Kind B 14/11b AS 55/06 R - RdNr 19). Es ist bereits nicht erkennbar, dass wegen der auf die Pflegekinder entfallenden Kopfteile der KdU Deckungslücken im SGB VIII bestehen. Die nach § 39 Abs 1 Satz 1 SGB VIII zu gewährenden Leistungen zur Sicherstellung des notwendigen Unterhalts der Pflegekinder - und damit auch die Kosten einer Unterkunft - gehen möglichen Ansprüchen der Kinder auf Sozialhilfe nach dem SGB XII vor, vgl § 10 Abs 4 SGB VIII. Dieser Vorrang schließt gleichzeitig ein, dass die Unterhaltsleistungen (mindestens) in Höhe und Umfang der Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren sind (W. Schellhorn in Schellhorn/Fischer/Mann, Kommentar zum SGB VIII, 3. Aufl 2007, § 10 RdNr 29; Fischer, ebenda, § 39 RdNr 12; Kunkel in LPK-SGB VIII, 3. Aufl 2006, § 39 RdNr 15). Sie gehen regelmäßig über das durch die Leistungen nach dem SGB XII geschützte sozio-kulturelle Existenzminimum hinaus, da sie einen Lebensstandard ermöglichen sollen, der dem der Pflegefamilie entspricht, und damit eine finanzielle Gleichstellung mit leiblichen Kindern nicht nur der unteren Einkommensschichten gewährleisten sollen (Kunkel aaO; Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl 2006, § 39 RdNr 31). Zwar sind die laufenden Unterhaltsleistungen, die den regelmäßig wiederkehrenden Bedarf abdecken sollen, grundsätzlich als Pauschalen zu gewähren (§ 39 Abs 2 und 4 SGB VIII), die nach § 39 Abs 5 SGB VIII von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden und in denen auch die Unterkunftskosten - insoweit anders als nach dem SGB II und SGB XII - pauschaliert enthalten sind. Soweit im Einzelfall bei Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII tatsächlich höhere Unterkunftskosten entstehen, kommt jedoch eine abweichende Bemessung der Leistungen nach § 39 Abs 1, Abs 2, Abs 4 Satz 1 SGB VIII in Betracht (dazu VG Braunschweig Beschluss vom - 3 B 165/06, NJW 2007, 940 = ZfF 2007, 86 = juris RdNr 22).

Wegen des vorzunehmenden Abzuges für die Warmwasserversorgung von den Kosten der Heizung in Höhe von 6,22 Euro (statt zuvor 10,98 Euro) für den allein stehenden Kläger (vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5) hat die Beklagte ein entsprechendes Teilanerkenntnis abgegeben, das der Kläger angenommen hat. Sein Anteil an den Kosten für Unterkunft und Heizung beträgt danach 266,59 Euro. Zutreffend hat das LSG die Prüfung, ob diese Kosten angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II waren, vor dem Hintergrund der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II dahin stehen lassen.

b) Dem Gesamtbedarf des Klägers steht ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen in Höhe von 588,51 Euro gegenüber, wovon das LSG zutreffend ausgegangen ist. Anrechenbar sind neben der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit in Höhe von 387,51 Euro monatlich auch die Anteile des an ihn gezahlten Kindergeldes, die nicht auf die für die Pflegekinder gezahlten Pflegeleistungen angerechnet worden sind. Von diesem Einkommen in Höhe von 618,51 Euro ist gemäß § 3 Abs 1 Nr 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V (idF vom , BGBl I 2622) ein Pauschbetrag von 30 Euro abzusetzen.

aa) Der Senat folgt insoweit dem 7b-Senat des BSG, der bereits in seinem Urteil vom (SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 22) für die hier maßgebliche Rechtslage entschieden hat, dass auch das für Pflegekinder ausgezahlte Kindergeld grundsätzlich als Einkommen des Kindergeldberechtigten heranzuziehen ist, soweit es nicht gemäß § 39 Abs 6 SGB VIII bei der Berechnung des Pflegegeldes auf den Bedarf des Kindes angerechnet wird. Dies folgt aus § 11 Abs 1 Satz 2 und Satz 3 SGB II in der bis zum geltenden Fassung (zur Änderung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II mit Wirkung ab vgl ua Wenner, SozSich 2005, 413). Danach ist das Kindergeld für minderjährige Kinder bei dem jeweiligen Kind anzurechnen, soweit es bei diesem minderjährigen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Im Übrigen verbleibt es bei der Anrechnung als Einkommen des (Pflege-)Elternteils. Aus dem Zweck des Kindergeldes folgt entgegen der klägerischen Auffassung keine von der Auszahlung unabhängige Zuordnung als Einkommen des Kindes (zuletzt B 14/7b AS 4/07 R - im Anschluss an = NJW 2004, 2541). Nach der steuerrechtlichen Regelung des Kindergeldes in §§ 31, 62 ff EStG fallen wegen eines Kindes in Höhe des Kindergeldes weniger Steuern an oder ist das Kindergeld eine Leistung zur Förderung der Familie und fließt in dieser Höhe Einkommen zu (BVerwGE 114, 339, 340). Zweck des Kindergeldes ist es mithin, die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes zu bewirken (§ 31 EStG). Mit diesem Zweck wird Kindergeld nicht dem Kind selbst (vertreten durch die Eltern) als Einkommen zur Sicherung seines Existenzminimums gewährt, sondern es bleibt der Teil des Einkommens der Eltern steuerfrei, den diese zur Existenzsicherung ihres Kindes benötigen. Eine Steuerfreistellung kann zu einem höheren Nettoeinkommen des Anspruchsberechtigten, nicht dagegen zu Einkommen des Kindes selbst führen, für das Kindergeld gewährt wird. Dabei ergibt sich keine Besonderheit daraus, dass die im Haushalt lebenden Kinder als Pflegekinder nach § 32 Abs 1 Nr 2 EStG und nicht als leibliche Kinder berücksichtigt werden (vgl bereits BSG aaO RdNr 23).

Wegen der Höhe des beim Kläger zu berücksichtigenden Kindergeldes ist Ausgangspunkt der Betrag, der nach den Berechnungen des Jugendamtes nach § 39 Abs 6 SGB VIII für den Lebensunterhalt des Kindes eingestellt worden ist. Dieses Einkommen dient iS des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II der Sicherung des Kindesunterhalts. Es braucht daher im sozialgerichtlichen Verfahren nicht überprüft zu werden, ob die Anrechnung des Kindergeldes nach § 39 Abs 6 SGB VIII der Höhe nach zutreffend erfolgt ist.

bb) Der Erziehungsbeitrag nach dem SGB VIII bleibt bei der Ermittlung des Einkommens als zweckbestimmte Leistung nach § 11 Abs 3 Nr 1 SGB II unberücksichtigt, wie das LSG zutreffend entschieden hat. Der Erziehungsbeitrag verfolgt einen anderen Zweck als die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist in erster Linie notwendiger Unterhalt des Pflegekindes. Die daneben nach allgemeiner Ansicht im Erziehungsbeitrag enthaltene "Anreizfunktion" dient ebenfalls nicht vorrangig dem Zweck, den Lebensunterhalt der pflegenden Personen sicherzustellen, sondern soll die Bereitschaft in der Bevölkerung zur Aufnahme von Pflegekindern stärken. Dieser Anreiz ist auch bei Personen gerechtfertigt, die im SGB II-Leistungsbezug stehen (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 3 RdNr 20). Da bei der Bemessung des Erziehungsbeitrages keine Berücksichtigung findet, ob der Pflegende die Kinder allein oder gemeinsam mit einem Partner erzieht, ist kein Gesichtspunkt erkennbar, weshalb für eine allein erziehende Pflegeperson anderes gelten sollte ( S1 B 235/07 - juris RdNr 4; Lang/Knickrehm, aaO).

c) Wegen der Rangfolge der Berücksichtigung von Einkommen gemäß § 19 Satz 2 SGB II (hier in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 2954) kann der Kläger bei einem nach Einkommensberücksichtigung verbleibenden ungedeckten Bedarf in Höhe von 147,28 Euro weder eine Regelleistung gemäß § 20 Abs 2 SGB II noch eine Leistung für Mehrbedarf wegen Alleinerziehung, sondern nur höhere anteilige KdU gemäß § 22 SGB II erhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
SAAAD-25848